AW: Herstellung u. Verwendung von Holzleim (Kaseinkleber) Sammelthread
Hallo Patrick,
Servus,
da das Wissen über die Holzverleimung mittlerweile über zig Threads verstreut ist, möchte ich hier mal einen Sammelthread zu dem Thema aufmachen.
Ja und ich werde als bekennender Purist natuerlich auch mein Schaerflein beitragen.
Meist sind ja nur kleine Mengen Leim noetig ... und wir Menschen haben ein fuer "Natuerliche Substanzen" mehr als ausrechendes Sensorium mitbekommen. Deshalb, und weil ich bei der vermittlung meiner Kaseinleimpraxis einiges gelernt habe, hier das "Traditionelle Rezept".
Ich benutze folgende Geraete ...
-2Alte Teeloeffel, die ich den Haushaltkreislauf entfremdet habe ...
-Eine kleine Reibeschale 10cm Durchmesser ( Moerser mit Pistill ) die ich in der Werkstatt vielseitig verwende, auch zum Anreiben von farbigen Erden und Smalten fuer Pigmente ... und das Aufreiben alter hartgetrockneter Olfarbenrester um die teueren Pigmente zu recyceln. Wer sich auf die Arbeit mit natuerlichen Materialien einlassen will, dem sollten die 10Euro fuer eine Reibeschale in der Apotheke keine Geldverschwendung sein.
-Ein oder zwei alkalifeste Pinsel ... weil die recht teuer sind, und immer schwieriger zu bekommen sind, binde ich die aus den Plastikborsten eines 1Euro Billighanfegers selbst ...
-Ich empfehle eine A3 grosse Unterlage aus Wachstuch, der Leim ist alkalisch und auch der Weisskalk macht Flecken ...
Ich verwende ganz einfach den billigsten Sauermilchquark aus dem Supermarkt wichtig ist das
Sauermilch und
Magerstufe draufsteht.
Die zweite Zutat ist Kalkhydrat, das ist "Loeschkalk" dem das Kalkwasser nach dem loeschen entzogen wurde, der aber dadurch haltbar ist.
Ich kaufe 1x im Jahr eine 50Kg Sack fuer 5Euro, und fuelle mir einige Kg in ein ganzes Rudel Schraubdeckelglaeser. Das Kalkhydrat bindet sonst aus der Luft CO2 und wird nach und nach wieder zu Kalziumkarbonat, und ist dann fuer die Leim und Farbenherstellung nicht mehr zu gebrauchen.
Der Rest des Sackes wird bei mir in Haus und Garten, ueber das Jahr fuer Desinfektion, Pflanzenschutz, zur Renovierung und Ausbesserungsabeinen verbraucht, aber nun sind 5Euro fuer so einen Sack auch nicht der enorme Preis ...
Fuer "Gleich und Sofort" ist das schon ausreichend, wenn man aber eine laengere Topfzeit des Leimes, ueber mehrere Stunden benoetigt,
ist es ganz gut eine Flasche Natrium-Wasserglasloesung bereit zu haben.
Die Vorgehensweis ist folgendermassen:
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Man nehme eine
gestrichen Teeloeffel Kalkhydrat und gebe das in die Mitte der Reibeschale,
an den Rand Klebt man sich eine
gehaeuften Teeloeffel Quark, einfach so ohne auszupressen, nur abtropfen lassen langt ...
Die Temperatur der Zutaten sollte bei Zimmertemperatur, keinesfalls aber unter 12°C liegen.
Nun verreibt man schoen von aussen nach innen, eine kleinen Teil des Quarkes ca 1/4 mit dem Pulver ...
Es sollte sich sehr schnell ein ammonikalischer Geruch entwickeln und die Masse gummiartig werden und dem Pistill hinterherziehen,
knallende und schmatzende Blasen sind ein Indiz das der Aufschluss richtig laeuft. Nun nimmt man nach und nach etwas von Quark mit unter die Masse, sie wird immer zaeher und fester fast wie weichgekauter Kaugummi ... und irgendwann kippt sie um und wird wie Griessbrei.
Das ist das Haltsignal, nun kein weiterer Quark dazu, sondern langsam weiterreiben, nach ca. 5Minuten beginnt sich die Masse in der Schale vom Boden und vom Pistill zu loesen, nun wartet man noch ein/zwei Minuten reibt kurz durch, und gibt wieder Quark dazu ... hat man den Quark komplett untergeruehrt, und die Masse bleibt auch nach 5Minuten wie Griesbrei, dann ist bei dem angegebenem Verhaeltniss, der Kalk schon zu schwach, oder der Hersteller hat beim Gerinnen des Quarkes mit Essig nachgeholfen.
also nimmt man die Masse etwas beiseite und gibt 1Messerspitze Kalk in den Moerser und reibt nun sukzessive nach nund nach die grieslige Masse dazu, sie loest sich nun recht flott vom Boden und wird zu einer Kaugummiartigen Masse, nach einer weitern Minute beginnt die Masse wider schmatzende und knallende Blasen zu schlagen. Hebt man nun die Ruehrkeule aus dem Leim sollte ein Faden nach unten laufen, der idealerweise immer duenner wird und ohne "Knoten" nach unten rinnt, wie das bei gutem Bienenhonig der Fall ist. Ist die Masse etwas zu "fest" dann gibt man noch eine Messerspitze Kalk hinzu, ist sie zu duenn dann noch dieselbe Messerspitze Quark.
Nun laesst man den Lein noch 1/4Stunde ruhen, und sollte ihn innerhalb eine Stunde verarbeiten.
Wuenscht man etwas mehr Topfzeit, dann gibt man 2-3Tropfen Wasserglasloesung dazu.
Der Leim sollte ruhig und zugedeckt stehen, nicht auf der Werkbank, Klopfen Vibrationen, kraeftige Erschuetterungen loesen gern vorzeitiges gerinnen/gelieren aus.
Der Leim ist dann hinueber und sollte auf keinen Fall nochmals verduennt werden.
Verduennen ist sowieso problematisch. Wenn die erste Anruehrung zu fest wird, d.h. die Zutaten sind optimal, dann kann man ganz zum Anfang der 2.Mischung ja einen Teeloeffel Wasser mit zum Kalk geben.
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Fehlerquellen ...
-Es riecht beim Anruehren nach faulen Eiern, dann hat man "Suessgeronnenen" Quark erwischt, der Leim wird nicht brauchbar sein.
-Es riecht beim Aruehren seifig, und der Leim wird nicht Gelblich sondern bleibt weiss, dann ist der Quark fetthaltig und es wird kein guter Leim werden. Man wirft die Mischung besser weg. den restlichen Quark kann man essen, oder aber um ihn zu "retten" ein Tuch in einen Topf geben reichlich lauwarmes Wasser dazu, alles gut durchruehren und nun den Quark im Tuch aus dem Wasser heben und abpressen.
-der Leimpinsel bekommt Locken, und danach Glatze ... Leim und Pinsel wegwerfen die Aufgeloesten Borsten verschlechtern die Klebkraft des Leimes.
-die Hoelzchennehm-Fingerschmiermethode vermeiden, der alkalische Leim loest die Hornhaut, und der Effekt ist derselbe, mal abgesehn davon das wunde und glattgeaetzte Fingespitzen dem Musiker zum Feierabend nicht erfreuhen werden ... das dauert einige Tage bis es heilt, also lasst es. Nehmt einen Pinsel aus Weidenbast, Sisalfasern oder alkalifesten Plastikborsten.
-Um Ueberraschungen zu vermeiden, und mich beim Luft-Schwimm- Fahrzeugbau sicherer zu fuehlen, verleime ich aus 2Kloetzerln, aus jeder Ruehrung mindestens 1nen, fuer lebenswichtige Verbindungen 2Pruefkoerper, die dann jeweils beschriftet, glagert, oder gleich nach 3Tagen dem Kerbschlagtest unterzogen werden.
-Das AundO ist die Klebeflaechenvorbereitung, die Klebeflaechen muessen eben und (auch in den Poren) staubfrei sein, der Klebespalt sollte auf aller Faelle im Bereich von 1/10mm bleiben, die Kotzgrenze sind 3/10 und sollte an keiner Stelle ueberschritten sein. Das aufrauhen mit einem Zahnhobel hilft zwar gegen das "wegschwimmen" unter der Presse, aber die Zahnung muss auf alle flache kleiner als 2/10 bleiben weil schon bei bester Oberflaechenpraezision(1/10 Fehler in der Flaeche) die Spalten fuer den Leim zu gross wird, deshalb empfehle den Zahnhobel deshalb nicht, ich das sichen mit verbleibenden Duebeln oder zu entfernenden Stahlstiften vor dem Pressen.
-Kaseinverleimungen, auch Zapfen und Zinken sollten moeglichst kraeftig gepresst werden, die Presszeit sollte 5Stunden betragen. Nach 24Stunden kann weitergearbeitet werden, nach 3-5 Tagen erreicht der Leim die volle Festigkeit.
Bis dahin sollten die geleimten Teile auf aller Faelle in einerm Raum waermer als 12°C aber zumindest frostfrei gelagert werden
Bilder zum Leim und eine kleine Anleitung zum Schaeften von Sperrholzplatten mit Kaseinlein findet Ihr
HIER
viel Spass und Erfolg beim Basteln,
mfG
Matthias