Entwurf für ein Titan-High Racer

Ich hätte in meinem Halbwissen jetzt so gedacht: Grade 5 Titanium hat eine Zugfestigkeit von mindestens 895N/mm, 10.9 Stahl von 1000. Warum hält das 6,5 mm Gewinde eine M8-Schraube mehr als 10 mm Titangewinde?
Die Schraube zieht maximal mit der Streckgrenze am Gewinde der Mutter, die Gewindegänge werden jedoch abgeschert, d.h. hier braucht man die Scherfestigkeit, typischerweise 0,8xStreckgrenze. Dann sind die Scherzylinder von Mutter und Bolzen unterschiedlich groß. Berechnung ist erklärt in der VDI 2230 Blatt 1 (2015) Seite 97-100, insbesonders Formel 210.

Jemand anderes hier im Forum, der offensichtlich auch technisch versierter ist als ich, hatte geschrieben, dass es wahrscheinlich nicht zu einem Bruch kommen wird, ich höchstens Probleme mit sich ständig lösenden Schrauben bekommen werde.
Das Internet ist geduldig, da kann man viel schreiben. Es gibt auch fast nur Experten, die brauchen auch keinerlei Qualifikation oder Expertise. Meine kenne ich, 20 Jahre Berufserfahrung im Schraubengeschäft.

Richtig wäre gewesen, erst kommt lockern, dann der Bruch. Ein sehr häufiges Versagensbild ist eine Schraube mit geringer Restvorspannkraft. Beispiel M14 Schraube:

image.jpg
Die kleine Fläche rechts kommt vom Gewaltbruch, als die Schraube fast durchgerissen war = geschätzt 5% Restvorspannkraft
Wieso hat eine Linsenkopfschraube eine geringere Tragfähigkeit? Die Auflagefläche ist doch vergleichbar mit einem Sechskantkopf.
Es geht um den niedrigen Kopf mit Innenangriff. Dadurch entsteht eine kegelige Bruchfläche. Hat gar nichts mit der Auflagefläche zu tun.
Deine Aussage liest sich jetzt so, als ob es ohne vorherige Ankündigung zu einem Totalversagen kommen wird. Habe ich das richtig verstanden? Was könnte passieren, dass das Gewinde ausreißt oder die Schraube bricht?

Hängt von ab wie fehlertolerant dein System ist und wie versiert Du bist. Der typische Laie fährt trotz Geräuschen weiter, bis es bricht.

Nehmen wir mal an, niedrig vorgespannte Schraube, weil falsch montiert. Hohe Setzverluste wegen kurzer Klemmlänge = fast lose Schraube. Es kommt zum Rutschen in der Verbindung, dann brauchst evtl. nur 2000 Zyklen bis zum Biegedauerbruch, weil Schrauben böse gekerbte Bauteile sind.

Versagensmöglichkeit dann: Zwei Schrauben sind angerissen. Tiefes Schlagloch = Überhöhung der Last ungefähr um Faktor 4. Eine Schraube reißt ganz ab, dann versagt unmittelbar danach die zweite angerissene Schraube, dann klappt Dein Flansch auf und du liegst auf der Straße. Muss sich nicht ankündigen.
 
Direkt dort ist auch die Schweissnaht der nicht stufenlos verstellbaren Sitzaufnahme.

Die Sitzaufnahme ist stufenlos verstellbar. Da kommt letztendlich eine zweistufige Adapterlösung zum Tragen. Die erste Ebene hat ein Langloch für die Längenverstellung, die zweite Ebene für die Winkelverstellung.
 
Ich habe mit einer Muffenlösung kein gutes Gefühl. Mein Performer Titan High Racer hat ein Ausleger mit einem Adapter. Der hat serienmäßig aber nicht genau genug gepasst, als dass sich das Tretlager nicht verstellt hat. Ich habe mir dann Alubleche in 10tel mm Abstufungen geholt, die ich dann abwechselnd zwischen Adapter und Rahmen gesteckt haben. Funktioniert inzwischen perfekt, aber der Abstand zwischen "bewegt sich" und "ich kriege das Tretlager nicht mehr reingesteckt" ist ziemlich minimal. Ein Freund von mir hat letzten für sein Selbstbauprojekt das umgekehrte Problem. Der hat dann in aufwändiger Handarbeit das Rohr abgeschliffen... Wenn ich den Rahmen mal habe, möchte ich mich auf den Aufbau konzentrieren.;)
Da sich als einzige Stelle das Stück zwischen Sitz und Steuerrohr anbieten würde, hätte ich auch Angst, dass ich mal voll reintrete und sich dadurch während der Fahrt das Gelenk verdreht. Beim Tretlager ist das egal, aber hier würde sich noch mehr Drehmoment aufbauen, da das Rohr fast 45° zur Kraftrichtung hat.
Und außerdem möchte ich die Kabel im Rahmen verlegen. Wenn ich den Rahmen dann immer 15 cm auseinanderziehen muss, wird es schon schwierig, die überschüssige Länge im Rahmen unterzubringen.
Die Passgenauigkeit des Einschubs müsste man ja nur einmal herstellen.
Wenn ich das ständig raus und reinstecken müsste würde mich das auch nerven. Ich dachte es geht um sowas wie „ich fahr einmal im Jahr damit in Urlaub und noch 4-5 Mal zu ner Sportveranstaltung“.
10-30 cm Lichtkabel wären für mich kein Ausschlusskriterium im Verhältnis zur gewonnen Sicherheit.
Ich glaube die vermeintliche Verdrehung kann man besser bändigen als die Wechselbelastung in einem Flansch.

Mein persönliches Problem bei der Sache wäre, ich habe einen „Schuss“ und der muss perfekt sicher werden. Nachbesserung geht ja kaum bis gar nicht. Das wäre dann immer „neuer Rahmen“.

Auch für mich persönlich, die Fehlertolanranz.
Ich gehöre zu der Fraktion „ Bis nach Hause wird es schon halten“. Mehr als einmal stand ich dann irgendwann, irgendwo bastelnd am Straßenrand.
Wie oben von @jensNBG beschrieben, ist hier die Frage ob man nach einem plötzlichen Bruch noch stehen kann.

Alles persönliche Risikobewertungen. Kann gut gehen, muss aber nicht.
Für meine Person zuviel „Wenns und aber“.
Vielleicht sieht es bei Dir ganz anders aus!


Ach ja, nen Flansch an so einem schönen schnittigen Rad finde ich auch maximal hässlich… aber das ist ja ne ganz andere „Baustelle“
 
Das
D.h. eine Zylinderkopfschraube hat das Problem nicht?
Der klassische Zylinderkopf ist von der Höhe her ausreichend.

Ich bin kein Fan von klassischen Innensechskant, der macht schon mal Probleme. Aber besser ist sowieso den Kopf halten und die Mutter drehen.
 
OK, wechsel zur Variante mit durchgehender Schraube und Mutter. Dass sich damit einfacher hohe Zugkräfte erreichen lassen, ist ein unbestreitbarer Vorteil. Und ständig lösende Schrauben will man natürlich auch nicht, ich erinnere mich noch mir Schrecken an mein Reiserad mit italienischen Gewinde.
Zudem musste ich die Verbindung eh neu designen, weil sie zu breit und damit der Kettenlinie im Weg war. Und zu dicht am Rand wollte ich kein Gewinde, auf dem dann noch starke Kräfte wirken, haben.
Aber es tut mit in der Seele weh, da will man ein Ferrari designen und muss sich aus der Kiste für Landmaschinen bedienen. :eek: Selbst an Einstiegs-Rennrädern sieht man keine Sechskantschrauben. Keine Ahnung, wo es die überhaupt noch gibt. Vielleicht an Baumarkträdern aus den 90ern. Ich weiß, manche sehen das anders, aber für mich sollte ein Fahrrad mehr sein als "Funktioniert doch".
Ich hatte kurzfristig auch noch überlegt, ob man nicht eine Hülsenmutter verwenden könnte, aber die scheinen schlecht bei Zugbelastungen zu sein. Zwar bin ich auch auf diese Untersuchung gestoßen (https://www.roadsidepooledfund.org/wp-content/uploads/2021/02/TRP-03-412-19.pdf), aber die meisten anderen Quellen besagen, dass das nicht gut ist. Weiß jemand mehr, gibt es vielleicht doch zugoptimierte Hüslenmuttern?
Ansonsten, werde ich mich mit brünierten schwarzen Schrauben und Muttern behelfen. Kennt jemand vielleicht noch eine Quelle für besonders hochwertig aussehende Schrauben, aus Titan gib es da welche mit sehr glatter Oberfläche - sowas in 10.9 Stahl wäre interessant.

Und dann noch eine Frage: was denkt ihr wie viel "Fleisch" brauch man um die Bohrung am Verbindungselement. Die Dicke beträgt 10 mm.
Bildschirmfoto 2024-03-14 um 00.10.08.png
Eingezeichnet sind hier Zylinderschrauben (8 mm Schaft, 13 mm Kopf). Aus optischen Gründen sollte das natürlich klein sein, aber aus technischen wohl nicht zu klein.
 
Funktioniert besser. Im Idealfall Schrauben nach DIN 34802, da ist der Innenangriff eine Nummer größer als bei den anderen Schraubennormen. Sind aber schwer zu beschaffen.

Torx ist nur noch eine Wortmarke, die Patente sind ausgelaufen. Offiziell heißt es jetzt Innensechsrund, genormt in der EN ISO 10664.
 
Also ab 4mm finde ich Inbus gut, darunter dreht man sie häufiger Rund…
Es geht glaube ich um die Materialstärke an der Stelle, an der die Last aus dem Schraubenkopf in den Schaft übertragen wird. Da ist bei Antrieb außen (Sechskant) deutlich mehr Material als bei Antrieb innen (Inbus und Torx).
Gut an Inbus/Torx ist an engen Stellen, dass man keinen Platz für den Schlüssel neben dem Kopf braucht. Aber wie ist denn hier die Lastverteilung auf der Schweißnaht, wenn die Schrauben sehr eng am Rohr sitzen, spielt das eine Rolle, oder ist der Flansch aufgrund seiner Dicke sowieso quasi "unendlich steif" und verteilt den Zug?
 
Also ab 4mm finde ich Inbus gut, darunter dreht man sie häufiger Rund…
Achte mal darauf in welchen Inbus-Schrauben sich der Inbus gern in der Regel rund dreht. Über 90% werden A2-70* Senkkopf- und Linsenkopfschrauben sein. Bei A4-70 (oder 8.8, 10.9, 12.9) Schrauben passiert es selten.

*wenn VA Schrauben nicht auf dem Schraubenkopf markiert sind, kannst du davon ausgehen das es A2-70 oder gar weichere Schrauben sind
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber wie ist denn hier die Lastverteilung auf der Schweißnaht, wenn die Schrauben sehr eng am Rohr sitzen, spielt das eine Rolle, oder ist der Flansch aufgrund seiner Dicke sowieso quasi "unendlich steif" und verteilt den Zug?
Ich mache am Wochenende mal eine FE Rechnung. War ja eine Zeichnung im Thread. Aber nur zwei Rohre mit Flansch und 4 Schrauben, nicht den ganzen Rahmen. Gibt es einen Vorschlag für die Kraft durch Kettenzug und Biegemoment durch das Gewicht des Liegenden?
 
@Gasi hatte vor einiger Zeit ein B2B-Knicklenker-Tandem als Module gebaut. Ich bin eigentlich überrascht, das sich das nicht verdreht - ist mir aber sympatischer als eine Schraubverbindung.
Das Razz Fazz ist gesteckt. Mit 4 oder 6 Schrauben wird der Sitz angeschraubt und dabei Rahmen und "Schwinge" verschraubt. Hinterradbremse und Lenker wird abgeschraubt. Dann in eine Velotasche. Dauer 5 Minuten. Der Rahmen ist im Querschnitt ein auf dem Bauch liegendes D. Bilder: Rahmenteile.
 
Ich mache am Wochenende mal eine FE Rechnung. War ja eine Zeichnung im Thread. Aber nur zwei Rohre mit Flansch und 4 Schrauben, nicht den ganzen Rahmen. Gibt es einen Vorschlag für die Kraft durch Kettenzug und Biegemoment durch das Gewicht des Liegenden?
Bei mir würde Worst Case mit Gepäcktaschen am Sitz 100 kg zusammenkommen. Vor 20 Jahren an der Beinpresse habe ich so 300 kg mit beiden Beine gedrückt. Fahre aktuell 155er Kurbel mit 48er Kettenblatt, also vielleicht 2000 N rechnen, eher weniger.
Ich schätze mal, dass die Belastung durch das Gewicht deutlich hoher liegt, weil die Kette dicht an der Stelle vorbeiläuft. Die Verbindungsstelle ist noch etwas nach vorne gewandert. Hier der neueste Entwurf: f0babef09a05c89f118fc016a64aa8b5.png
 
also vielleicht 2000 N rechnen, eher weniger
Zug an der rechten Kurbel müssten wir dazu nicht noch addieren, oder?
Wie klein kann denn das kleinste Blatt werden? Das ist ganz unabhängig von der Kraft im Rahmen auch eine Frage für die vordere Leertrumrolle, scheint mir.
 
Zug an der rechten Kurbel müssten wir dazu nicht noch addieren, oder?
Wie klein kann denn das kleinste Blatt werden? Das ist ganz unabhängig von der Kraft im Rahmen auch eine Frage für die vordere Leertrumrolle, scheint mir.
Von der Biegekraft eher der Tritt auf die linke Kurbel, weil sich da die Kräfte addieren.
Das Rad ist als 1x12 konzipiert, deswegen kein kleines Kettenblatt.
 
Bei mir würde Worst Case mit Gepäcktaschen am Sitz 100 kg zusammenkommen. Vor 20 Jahren an der Beinpresse habe ich so 300 kg mit beiden Beine gedrückt. Fahre aktuell 155er Kurbel mit 48er Kettenblatt, also vielleicht 2000 N rechnen, eher weniger.
Ich schätze mal, dass die Belastung durch das Gewicht deutlich hoher liegt, weil die Kette dicht an der Stelle vorbeiläuft. Die Verbindungsstelle ist noch etwas nach vorne gewandert. Hier der neueste Entwurf:
Rechne bitte das Biegemoment [Nm] aus Gewichtskraft Fahrer und Taschen aus. Also Abstand der Kraft zum Flansch x Kraft. Dann brauche ich noch die Maße von Rohr und Flansch incl. Abstände der Bohrungen und Dicken der Bauteile, gerne auch als PN.
 
Bei mir würde Worst Case mit Gepäcktaschen am Sitz 100 kg zusammenkommen. Vor 20 Jahren an der Beinpresse habe ich so 300 kg mit beiden Beine gedrückt. Fahre aktuell 155er Kurbel mit 48er Kettenblatt, also vielleicht 2000 N rechnen, eher weniger.
Ich schätze mal, dass die Belastung durch das Gewicht deutlich hoher liegt, weil die Kette dicht an der Stelle vorbeiläuft. Die Verbindungsstelle ist noch etwas nach vorne gewandert. Hier der neueste Entwurf:
Rechne bitte das Biegemoment [Nm] aus Gewichtskraft Fahrer und Taschen aus. Also Abstand der Kraft zum Flansch x Kraft. Dann brauche ich noch die Maße von Rohr und Flansch incl. Abstände der Bohrungen und Dicken der Bauteile, gerne auch als PN.

Dann bitte noch Extremlast durch Stoß wenn das HR durch ein Schlagloch fährt.

Ohne Lasten, keine Berechnung.
 
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