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Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Erfahrungsbericht Cab-Bike Speedster

(Autor: Peter N. / April 2006)

Anlass dieses Berichtes ist die Tatsache, dass ich gerade mit meinem Cab-Bike die runde 20.000 km-Marke erreicht habe. (April 2006)

Nachdem meine alte Cab-Bike Haube durch einen heruntergefallenen Ast beschädigt wurde, hatte ich irgendwie die Lust am Velomobil verloren, die Begeisterung war dahin. Ich hegte sogar Verkaufsabsichten, kam aber glücklicherweise wieder zur Vernunft.

Nach 13.000 km mit dem geschlossenen Cab-Bike liebäugelte ich mit der Speedster-Version, die ich auf der Spezi 2005 ausgiebig testen durfte. Das war´s! Der Speedster-Umbau macht praktisch ein neues Fahrzeug aus dem Alten, wobei ich zum Vorteil bereits mit der Technik des „Alten“ gut vertraut bin. Ein völlig anderes Konzept, das „Kopf-draussen-Konzept“ polarisiert die Velomobilfahrer. Verfechter des „Kopf-drinnen-Konzeptes“ können sich kaum vorstellen mit ungeschütztem Kopf durch die Kälte zu fahren. Und doch funktioniert das. Weiter unten mehr davon.

Bei der Testfahrt auf der Spezi fiel mir sofort das geringe Gewicht der Haube beim Öffnen auf. Der Fahrtwind vermittelt einem ein höheres Gefühl der Geschwindigkeit. Durch das niedrigere Gesamtgewicht und dem niedrigeren Schwerpunkt gegenüber dem geschlossenen Cab-Bike ergibt sich ein wesentlich agileres Fahrgefühl.

Ich bestellte sofort den Umbausatz und konnte ihn kurz darauf abholen.

Mittlerweile bin ich 7.000 km mit dem Speedster gefahren, u.a. komplett durch den langen Winter 2005/2006.

Hier nun die Auffälligkeiten im Vergleich zur geschlossenen Cab-Bike Version:

  • Der Wind pfeift bei der ersten Fahrt über die glatte Haube gelenkt direkt auf das Gesicht. Ein tolles Gefühl, aber sicher nur, solange es noch Sommer ist. Eine winzige kleine Scheibe als Windabweiser wird angebaut und bringt ungeheuren Nutzen. Ich kann auf eine winddichte Brille verzichten, sogar im Winter ist das Fahren ohne Brille möglich.
  • Berghoch: Da spüre ich das Mindergewicht der leichteren Haube sofort, ich kann ein kleineres Ritzel hinten montieren.
  • Geradeaus/Bergab: Der Speedster ist deutlich schneller, es ist aber schwer Zahlen zu nennen. Ich schätze, dass ich auf gerader Strecke etwa 5 km/h herausholen kann. Das ist nicht wenig! Bergab ist der Unterschied grösser. Auch deshalb, da ich wegen des kleineren Ritzels nun besser mittreten kann. Der Speedster wackelt nicht mehr so sehr wegen der nun niedrigeren Trittfrequenz.
  • Seitenwind ist nicht mehr so schlimm. Natürlich gibt es Windböen, die mir das Leben schwer machen. Die Seitenwindempfindlichkeit hat aber spürbar nachgelassen.
  • Die Sitzposition kann viel niedriger eingestellt sein, da der Blick nach vorne besser wurde. Jetzt liege ich so tief im Speedster, dass ich, falls die alte Haube wieder montiert würde, nicht mehr die Strasse vor mir sehen sehen könnte. Klar, dass sich die Fahrsicherheit (Kurvengeschwindigkeit) erhöht hat.
  • Das niedrigere Erscheinungsbild macht einen im Strassenverkehr leider weniger gut sichtbar. Nur mit einem Wimpel ist man durch die Scheiben eines Autos hindurch zu erahnen. Durch die hohen Bordwände ringsum habe ich immer noch ein gutes Gefühl des „geschützt seins“.
  • Innengeräusch: Fahrgeräusche, die Kette, die Rohloff-Nabe, all das hört man immer noch, auch wenn der Kopf draussen ist. Aber erheblich leiser. Endlich kann man sich mit anderen Radlern während der Fahrt unterhalten. Die Montage des Regendaches verstärkte die Geräusche wieder etwas.
  • Kommunikation: Mir fällt auf, dass am Strassenrand zwar immer noch ÜBER mich gesprochen wird, aber in verstärktem Masse nun auch MIT mir. Man ist leichter ansprechbar, offener. Im geschlossenen Cab-Bike sitzt man dagegen wie in einem Auto von der Umwelt abgeschottet.
  • Nach den ersten Regenfahrten stelle ich fest, dass erheblich weniger Regen auf den Körper trifft, als ich angenommen hatte. Der Wetterschutz ist wirklich gut. Hängt evt. davon ab, wie klein man die Öffnung für den Kopf gemacht hat. Das Gesicht wird -trotz Windabweiser- allerdings richtig nass. Auf die Haube auftreffende Wassertropfen zerplatzen und diese Gischt nässt den Kopf schnell ein. Mit Schildmütze kann man es im Regen besser aushalten. Es ist aber nicht mehr schön, wenn Wasser im Genick anfängt den Rücken herunterzulaufen. Ich muss sagen, bei leichtem Regen ist das alles kein Problem. Dennoch: Während ich mit dem geschlossenen Cab-Bike gerne im Regen Halt mache, besteht im offenen Speedster der Drang möglichst weiterzufahren. Wassertropfen auf dem Windabweiser nehmen tagsüber leicht die Sicht, sind nachts richtig störend. Da der Windabweiser so klein ist, kann ich bei sehr schlechter Sicht mich etwas recken und dann sehe ich einfach darüber hinweg. Den Fahrbahnrand links und rechts kann ich jederzeit gut sehen, da ist keine Scheibe im Weg.

Ich beschloss, etwas gegen den Regen zu tun:

Der schnell einsteckbare Schirm pendelte im Fahrtwind leider so stark, das war nicht die Lösung. Für Notfälle (dann fährt man halt langsamer) war der Schirm schon klasse. Besser als geduscht zu werden. Auch als Sonnenschirm habe ich ihn eingesetzt, das war eine grosse Schau unterwegs.

Die nächste Überlegung war ein feststehendes Dach, damit ich den Speedster auch im Regen draussen stehen lassen konnte. Das Dach hat einige Evolutionsstufen hinter sich (zuerst gewölbt, dann flach, dann nach vorne immer länger werdend mit verschiedenen Stabilisierungsmassnahmen). Mit der jetzigen Ausführung bin ich von der Funktion her absolut zufrieden.

Auch bei schneller Fahrt gelangt (fast) keine Feuchtigkeit mehr auf das Gesicht, das Dach wiegt nicht viel und ist schnell demontierbar. Über die Optik streiten sich die Geister (besonders Nachbarn und Arbeitskollegen…). Das Dach hat sich bei mir in der Praxis voll bewährt.

Wetterbedingungen allgemein: Bei starkem Schneefall ist der Windabweiser schnell zugesetzt, dann bleibt vorübergehend nur die Sicht obendrüber oder seitlich vorbei übrig. Leider bekommt man dann auch den Schnee und die Kälte ins Gesicht. Bei Schneefall ein Scheibenwischer - das wäre die Krönung! Das (neben den Traktionsproblemen) war meine unangenehmste Situation im Winter. Gegen Kälte hilft ein „kleinmachen“, sodass der Kopf möglichst weit in die warme Luft der Kabine eintauchen kann. Mit Stirnband, Buff und Schirmmütze habe ich die Kälte sehr gut überstanden. Ich habe gehofft, dass ich es mit dem Speedster über den Winter „aushalten“ könne, tatsächlich ging es viel besser als ich dachte.

Und wenn es draussen richtig warm wird? Dann wird man im Speedster schön gargekocht. Ein Abstandhalter, welcher die Haube im geschlossenen Zustand etwas aufgestellt lässt, tut Wunder. Zusätzliche Lufteintrittsöffnungen an der Front sind nötig.

Gegenprobe:

Um den Speedster objektiver beurteilen zu können, habe ich nochmals die alte Haube zum Vergleich montiert und bin damit 3 Mal zur Arbeit gefahren. Als erstes fällt die aufrechtere Sitzposition auf, daran gewöhne ich mich schnell. Was mir sehr fehlt, ist die „Kopfstütze“, die sich durch den hinteren Rand der Kopföffnung beim Speedster ergab. Der Innengeräuschpegel ist erheblich höher als im Speedster, dennoch macht sich ein angenehmes, geschütztes „Wohngefühl“ breit. Kleidungswechsel während der Fahrt geht einfacher. Der Körper kann besser belüftet werden. Ich mache ständig von der Möglichkeit Gebrauch, die Seitenfenster bzw. das Frontfenster öffnen und schliessen zu können. Bei grosser Steigung komme ich trotz der längeren Übersetzung gut den Berg hoch, da hätte ich mir nun Probleme vorgestellt. Anscheinend bin ich etwas stärker geworden.

Bergab kann ich wegen der längeren Übersetzung mit wenig Wackeln treten, die grössere Seitenwindempfindlichkeit bekomme ich jedoch sofort unangenehm zu spüren. In Kurven bemerke ich keine stärkere Kippneigung, wahrscheinlich ist mein Fahrverhalten schon unbewusst darauf eingestellt, kein Problem. Der Sitz wackelt stärker hin- und her als in der flachen Speedster-Einstellung, das ist unangenehm und kommt von den längeren Lehnenstreben. Das Cab-Bike wirkt beim Beschleunigen träger, der schlechtere Kontakt zur Umwelt bringt ein schlechteres Geschwindigkeitsgefühl mit sich. Bei geöffneten Scheiben zieht es mir leicht in den Nacken. bei geschlossenen Scheiben und bei schneller Fahrt brauche ich manchmal ein Stirnband für die Ohren. (Aussentemperatur 7 Grad). Durch Regen bin ich auch gekommen, der prasselt schöner als im Speedster. Der Scheibenwischer arbeitete gut. Da ich im Hellen gefahren bin, gab es keinerlei Sichtprobleme.

Insgesamt war der Umstieg zum vollverkleideten Cab-Bike einfacher als ich dachte, es lässt sich auch damit gut fahren.

Mein Fazit:

Mit dem Speedster, (ganz besonders nun wegen des selbstgebauten Daches), habe ich ein absolut alltagstaugliches Velomobil. Viel besser im Winterbetrieb als ich es zuvor für möglich hielt. Die fehlenden Scheiben rundum sind im Dunkeln bei Nässe ein riesiger Vorteil. Für höhere Aussentemperaturen besteht bei den Lüftungsöffnungen des Speedsters noch Verbesserungspotenzial. Im Sommer fahre ich bei regenfreien Tagen mit dem Normalrad.

Bei nächtlichen längeren Strecken (wegen Sicht) und generell wegen der höheren Agilität bevorzuge ich nun die Speedster-Ausführung. Bei Fahrten im Hellen, bei kürzeren Wegstrecken und bei hohen Aussentemperaturen habe ich nichts gegen die geschlossene Ausführung . Die gefällt mir optisch besser, wirkt im Strassenverkehr „erwachsener“ als mein primitiv bedachter Speedster. Das geschlossene Cab-Bike ist das gemütlichere Fahrzeug, der Speedster das sportlichere.

velomobil/berichte/fahrberichte_a-z/cab-bike_speedster.1206956026.txt.gz · Zuletzt geändert: 2013/10/27 14:00 (Externe Bearbeitung)