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Optima Baron

(jenne, 13.04.2001]

Habe nur ca. 2 Monate gewartet, hatte auch wegen der Sonderfarbe eher mit 3 Monaten gerechnet. Entweder Optima hat nun weniger Arbeit im Winter oder die haben an Personal aufgestockt.

Rahmen:

Sehr schöner Rahmen, sauber verarbeitet, gut lackiert, genau die Farbe , die ich haben wollte: Türkisblau, hell. Die Konstruktion halte ich für ein ideales Allround-Rennrad. Die Sitzhöhe holt noch nicht den letzten Rest an Aerodynamik heraus [31 cm SH ohne Polster, Lenker nicht sehr hoch (Ellenbogen etwas tief), dafür gute Sicht, Scheibenbremsen» recht dicke Gabel (asymetrisch) und viele Speichen], dafür ist sie aber ein praktikabler Kompromiss, man hat freien Lenkeinschlag, Hinterradantrieb und doch immerhin schon eine gute Aerodynamik (Sitzwinkel 20-25°, 55 cm Tretlagerhöhe). Das Gewicht meiner Discus-Version liegt mit ein paar Kleinigkeiten (Kettenblattschutz, Spiegel, Funktacho (Alti414 M), Flaschenhalter, Sitzpolster und kleiner „Satteltasche“, aber ohne Gepäckträger) bei 13,9 kg (digitale Badezimmerwaage). Damit ist die Discus-Version wohl die schwerste Baron-Version und liegt ca. 1,2 kg über der Pro-Version, die aber nur Rennbremsen hat. Rahmenfarbe (türkis hell) setzt sich schön von schwarzen Felgen (auf Wunsch, normalerweise silber), Gabel, Vorbau (alles schwarz) ab. Die Schrift „Baron“ wurde silber, auch gut, obwohl ich schwarz erwartet habe (hatte da aber keinen Wunsch geäussert). Der Rahmen erscheint auf dem Hometrainer ziemlich seitensteif zu sein, er schaukelt weniger als ich es von anderen Liegern her kenne (M5, Flux, Dalli). Dennoch ist er in Längsrichtung (also bei Bodenunebenheiten) recht weich, man kann ein leichtes Nachgeben des Rahmens beim Hinsetzen bemerken, wenn man genau darauf achtet. Ich sehe dies als Vorteil, da der Fahrkomfort damit gewinnt.

Der Gepäckträger ist von Bor Yueh, mit einem Spezialteil für das Baron (160,- komplett). Er ist recht breit und etwas weit hinten, aber ok. und mit grossem Reflektor. Er wiegt ca. 700 gr..

Das Tretlager ist Shimano Tiagra, schweres Geschütz (über 1 kg in dreifach, also Innenlager, Kurbeln und Blätter). Update 13.04.01: Inzwischen habe ich das Tretlager und Innenlager ausgetauscht, auf 2fach-Ultegra(42/53)/Dura Ace. Nun noch einmal gewogen, aber mit 2 Flaschenhaltern, original SRAM9.0-Schnellspanner (zuvor vom Tacx Hometrainer, der 60 gr. mehr wiegt) und ohne Sitzpolster (ca. 300 gr.) kam ich auf 13,0 kg. Zieht man noch das Gewicht für Kettenblattschutz, Spiegel, Funktacho (mit 3 Batterien!), Tasche und 3 Riemen ab, kommt man pur wohl auf unter 12,5 kg. Das ist schon ganz ok..

Zum Fahren:

Die ersten Meter dachte ich: Ist es die gleiche Geometrie wie beim probierten Baron Pro? Meins hat ja mit der Scheibenbremse eine andere, etwas längere Gabel (Discus-Version). Denke aber, es fährt sich doch gleich. Mir kam es im ersten Moment etwas unruhig vor, da ist wohl noch der M5 Lowracer im Blut, der ja sehr viel Nachlauf hat. Die Betätigungskräfte der Lenkung sind also gering, aber es ist sehr präzise zu lenken. Nach vielleicht 5 km wichen die Zweifel dem Fahrspass. Die Lenkung erfordert vielleicht ein etwas ruhiges Händchen, aber das Ding wirkt auch spritzig, d.h. man fühlt sich sehr dynamisch auf dem Rad. Für Kriterium dürfte es sogar ideal sein, in Kurven hat man ein sehr präzises Fahrgefühl und traut sich problemlos in weite Schräglagen, soweit man den Reifen und der Strasse traut. Trotz niedriger Betätigungskräfte läuft das Baron auch bei 50 km/h (mehr konnte ich bisher nicht probieren) noch ganz ruhig und ist gut zu beherrschen. Schiebt man das Rad am Sitz, so stellt man fest, dass die Lenkung kein bisschen abkippt. Meine groben Messungen lagen bei ca. 73° Lenkwinkel und 2 cm Gabelvorlauf. Der Nachlauf liegt damit laut www.kreuzotter.de bei ca. 51 mm. Freihändigfahren ist ohne Treten ab 20 km/h gut möglich, darunter wird es schwieriger. Jedoch kann man freihändig schlecht um Kurven lenken, wie es mit Upright funktioniert. Einhändig fahren (Trinkflasche ziehen) war mit M5 Lowracer etwas leichter, weil da die Betätigungskräfte ja höher sind und man nicht so leicht verreissen kann. Klappt aber auch mit Baron ganz passabel.

Die Clara-Scheibenbremsen sind Spitze, nichts quietscht, perfekte Dosierbarkeit und Power. Nach Zwischensetzen von feinen Distanzscheiben schleift jetzt auch nichts mehr. Aufgrund der Bremsenposition, kann das Bremskabel vorne besser verlegt werden als bei Rennbremsen am Baron. Mit solchen steht das Bremskabel nämlich etwas weit ab nachdem man einmal weit nach links gelenkt hat. Dann hat man eine leichte Berührung von Bein und Bremskabel. Mit Scheibenbremsen tritt dies nicht auf, da das Kabel enger liegt.

Die Kettenführung finde ich sehr gut. Man hat freien Einschlag, aber einen sehr feinen Kettenlauf in Vorwärtsrichtung, da nur eine Umlenkrolle im Zugtrum liegt. Dreht man die Kurbel rückwärts ist da jedoch ein Geräusch festzustellen, da die Kette im Leertrum dann etwas schräg auf die obere schmale Umlenkrolle läuft. Aber das ist ja nicht entscheidend, das Röllchen ist auf Vorwärtsrichtung eingestellt. Rückwärts kann auch die Kette vom grossen Kettenblatt nach innen fallen, evtl. ein Nachteil an der Ampel, wenn man das grosse Blatt geschaltet hat und zur Startposition rückwärts dreht. Auf dem mittleren oder kleinen Blatt tritt dies nicht auf.

Der Lenker ist anders als M5. Breiter, niedriger. Sicher nicht ganz so aerodynamisch wie beim Lowracer, dafür ist die Sicht auf die Strasse besser, evtl. auch wegen des 7 cm höheren Sitzes. Die Kabel sind innenverlegt und stören die Sicht kaum. Die Ellenbogen liegen evtl. etwas im Wind, aber die Hände sind so breit wie die Schultern. Bei dieser Lenkerbreite würde ein höherer Lenker die Aerodynamik möglicherweise verschlechtern, da die Hände dann über Schulterniveau lägen. Der Tiller (Vorbau) ist ziemlich lang, man berührt mit den Beinen etwas beim starken Einlenken (langsame Fahrt), was es nicht unbedingt wendiger macht, aber es ist noch ok.. Im Gegensatz zum „Flux-Lenker“ (Griffe aussen neben den Beinen), kann man hier ja die Beine zur Seite abspreizen, was bei engen Kurven mit Treten auch nötig sein kann, z.B. bei 4 m Wendekreis. Vorbeugen geht an Kreuzungen etwas, aber man kann sich nicht so weit vorbeugen, das man bequem im Stand auf dem Rad vorgebeugt sitzen kann. Insbesondere mit dicken Radcomputern, z.B. Ciclomaster Alti414 M mit Funkteil, ist das Vorbeugen noch etwas mehr eingeschränkt. Ich denke aber, es geht noch besser als bei einem Challenge Jester, welches ein höheres Tretlager hat und damit den Lenker noch etwas näher vor der Brust platziert haben müsste. Praktisch ist, dass man bei dem Baronlenker den Radcomputer gut bedienen kann. Beim Alti414 soll der Empfänger jedoch max. 60 cm vom Sender an der Gabel entfernt sein, doch beim Baron sind es bei mir 65 cm, geht aber trotzdem.

Den Sitzwinkel habe ich sofort auf 20° runtergelegt. Für 25° ist der Lenker nicht ideal, finde ich, er liegt dann zu tief » Ellenbogen abstehender, Lenker näher am Körper. 20° sind ganz angenehm. Es erscheint nur beim Sitzen im Stand ein wenig anstrengend für die vorderen Halsmuskel, aber, wenn man fährt, fällt es nicht auf. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Das Polster ist recht dick und lässt den Sitzwinkel evtl. steiler wirken, da es unterm Popo ja mehr zusammengedrückt ist als am oberen Rücken. Dies bringt übrigens etwas „Federweg“ und das Rad macht somit einen recht komfortablen Eindruck für ein ungefedertes Bike. Man sollte den Sitz nur fast-ganz-runter einstellen, da in Anschlag-Position der Sitz den Rahmen berührt und man beim Festhalten/Tragen am Sitz ein leichtes Geräusch spürt bzw. hört.

Die Übersetzung mit 52/11 finde ich etwas knapp. Wahrscheinlich werde ich bergab etwas Gänge vermissen (26„ HR und längere Kurbeln als zuletzt am Lowracer), daher rüste ich dann wohl auf etwas grössere Blätter und 2fach um, denn hinten hatte ich extra 32-11 bestellt. Im Moment kann ich sogar überflüssige 1:1 (32-32 Zähne) schalten &-). Update 13.04.01: Jetzt 2fach noch 42-32 als kleinster Gang. Bisher hat's überall (Raum Hamburg-Harburg) gereicht.

Reifen habe ich gleich schmale Contis genommen, bei der Discus-Gabel ist aber auch Platz für etwas breitere Schlappen. Die Gabel ist übrigens ganz asymetrisch, links fett und etwas ausladend, rechts superschmal. Klar, rechts läuft die Kette entlang, links ist die Power-Scheibe dran. Stört aber optisch nicht.

Optima hat übrigens auch eine Klingel mitgeliefert. Sehr sinnvoll bei einem Tieflieger :-).

Ein Trinkflaschenhalter-Plätzchen habe ich lange gesucht und nun im Schulterbereich oben Löcher in den Carbonsitz gebohrt und Halter angeschraubt. Ist brauchbar während der Fahrt zu erreichen (Armnach hinten-oben). Baut man den Flaschenhalter in den Nierenbereich, so muss man den Arm sehr weit anwinkeln, um die Flasche herausziehen zu können. Ausserdem liegt sie im Schulterbereich weniger in der Stirnfläche, daher meine Entscheidung zugunsten der obigen Position. Gewindeösen im Rahmen wären nicht schlecht gewesen. Ich weiss nicht, warum Optima keine Ösen einbaut. Sie lägen in der Nierengegend niedriger und damit besser erreichbar als, wenn man in den Sitz bohrt.

Insgesamt gefällt mir das Rad soweit ziemlich gut, macht echt Laune! Note 2+



(Ralf S.)

Das Meiste hat jenne weiter oben schon geschrieben, von mir noch ein paar Anmerkungen, insbesondere vom und für Liegerad-Neulinge: Als ausgesprochener Rennradfahrer (unübertroffene Effizienz und Allroundtauglichkeit) war ich mit meinen bisherigen Liegern nie zufrieden. Das Dreirad zu träge, das hohe Liegerad nicht wendig und beherrschbar genug, mein Eigenbau-Carbontieflieger nicht Richtungsstabil genug. Deshalb habe ich über einige Jahre verteilt nur sehr wenig Liegeraderfahrung (<500km) und sehe mich darum als Neuling.

Als jenne hier den Baron vorstellte dachte ich sofort: Das isser! Nach Verkauf eines meiner Rennräder kam also der Baron in Quietschgelb, mit Scheibenbremsen.

Der superlange Tiller war auf den ersten Metern extrem gewöhnungsbedürftig. Die Bedienkräfte liegen bei Null, wer zu fest hinlangt hat verloren. Nach dem zweiten Anhalten und loslassen war's aber vorbei: Die Hände locker auf dem Lenker(chen) lassen das Rad sauber und wendig manöverieren. Auf der zweiten Minirunde die ersten Vollbremsungen, Wenden auf enger Straße, etc. Alles kein Problem. Die dritte Fahrt schon mit Tochter im Anhänger.

Die erste Überlandfahrt zeigte, daß die anfänglich überschätzte Gefahr des „Übersehenwerdens“ nicht besteht, im Gegenteil. Fahren die Autos am Rennrad mit 2cm Abstand vorbei, so halten sie beim Baron einen extrem großen Abstand ein und scheren früh aus (anfänglich panische Blicke in den Rückspiegel - sieht der mich auch? ;-)). Die Trinkflaschenproblematik an einem ausgewiesenen Rennlieger ist sehr unschön und muß von Optima noch behoben werden (Gewindebuchsen). Bei einem solch ausgreiften Rad auf die Bastelwilligkeit des Kunden zu hoffen ist nicht angebracht.

Durch den langen Radstand hat die hintere Bremse nur sehr beschränkte Wirkung, die Scheibenbremse kann man getrost gegen eine leichtere Rennbremse austauschen. Vorne kann man dafür richtig zuziehen, die Verzögerung ist einfach klasse.

Man sollte sich als Rennradler nicht gleich auf den Geschwindigkeitsgewinn durch die bessere Aerodynamik freuen, die Umgewöhnung der Muskeln dauert eine gewisse Zeit. Trotzdem ist mir, wie auch jenne, die maximale Übersetzung mit 52/11 zu klein, ich fahre in der Ebene fast ausschließlich auf dem großen Blatt bei irgendwas um die 15-18 Zähnen hinten. Ich denke eine Abstufung 56/42/32 zu einem Zahnkranz 11-23 stellen auch einen nicht trainierten vor keine allzugroße Herausforderung am Berg.

Eine Heckhutze werde ich mir über kurz oder lang zulegen bzw. bauen, da sie für mich drei wesentliche Vorteile bringt:

1. Transport: Leichter, regenfester Stauraum für Klamotten, Butterbrote und den Camelback.

2. Aerodynamik: Als absoluter Flachländer (Rheinische Tiefebene) ist die Aerodynamik gegenüber dem Mehrgewicht bedeutend.

3. Sichtbarkeit: Mit einem (wahrscheinlich ebenfalls in Knallgelb) gehaltenen Bürzel wird die Sichtbarkeit nochmals wesentlich erhöht, da der schwarze Carbonsitz die schon sehr kleine Silouette bestimmt.

Alles in allem macht das Rad sehr viel Spaß, ist leicht und agil zu fahren und auch für einen Anfänger zu empfehlen.

Ich denke eine 1- ist für das Rad angemessen, das Minus für den fehlenden Trinkflaschenhalter.

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