Wie wintertauglich sind Velomobile wirklich?

B

Baulchen

Hallo @alle
um Erfahrungen zu sammeln, bevor ich mir ein eigenes Velomobil kaufe, habe ich mir ein Alleweder (altes Modell mit 8 Gängen)ausgeliehen. Mein Weg zur Arbeit hin und zurück beträgt 120Km täglich und hat leider einige Steigungen.
Hauptsächlich zwei Dinge sind mir sehr negativ aufgefallen. Bei über 13% habe ich Probleme bei Nässe. Durch den unrunden Tritt, der sich zwangsläufig einstellt, rutscht das Hiterrad immer wieder durch. Der Strassenbelag ist eine Asphalt Spritzdecke, also relativ rauh. Ich fahre ohne Gepäck und wiege "fahrfertig" unter 70 Kilo. Für den Winter mit Schnee und Eis sehe ich da echte Probleme.
Die andere unangenehme Sache: Schon nach der ersten Steigung bin ich an der Sitzfläche und am Rücken tropfnass geschwitzt. Aber auch auf flachen Strecken dauert es nicht lange, bis ich trotz kurzer Hose und Trikot "praktisch in einer Pfütze sitze".
Was sagen die "alten Hasen" dazu? Liegt das auch am Fahrzeugmodell? Schwitzt man in einem geschlossenen Modell nicht noch mehr?

Grüße
Baulchen
 
Hallo Paulchen

>Mein Weg zur Arbeit hin und zurück beträgt 120Km täglich und hat leider einige Steigungen.

Das ist enorm. Respekt. Ich glaube, diese Strecke könnte ich nicht täglich fahren, da brauche ich auf jeden Fall Erholungstage dazwischen.

>Hauptsächlich zwei Dinge sind mir sehr negativ aufgefallen. Bei über 13% habe ich Probleme bei Nässe.

Diesbezüglich habe ich mich auch ein wenig umgehört. Angeblich soll das Alleweder weniger Traktion besitzen und das Cab-Bike etwas besser abschneiden. Zahlen fehlen mir aber. 15% Steigungen auf Asphalt bei Nässe stellen kein Problem dar, auf Kopfsteinpflaster habe ich dagegen keine Chance.
Die unterschiedliche Sitzposition bzw. anderes Gewicht im Heck bringen auch unterschiedliche Traktion.

>Durch den unrunden Tritt, der sich zwangsläufig einstellt, rutscht das Hiterrad immer wieder durch.

Wird evt. durch mehr als 8 Gänge besser, auf jeden Fall sind Klickpedale eine wesentliche Verbesserung. Hatte das Alleweder Klickpedale?

>Für den Winter mit Schnee und Eis sehe ich da echte Probleme.

Ich wohne an einem recht steilen Berg und hatte auch Bedenken wegen des Winters. Glücklicherweise muss ich ganz früh morgens nur den Berg hinunter fahren, bis ich wieder nach Hause fahre ist immer gut geräumt/gestreut.
Auf Neuschnee ist die Traktion um einiges besser als auf einer festgefahrenen Schneedecke. Eis und Dauerschneedecke gibt es bei uns auf der Strasse nirgends, nur auf den Radwegen und im Feld wird nicht geräumt/gestreut. "Meine" Radwege liegen aber alle in der Ebene, sodaß ich damit auch keine Probleme hatte.

Es kommt sehr auf die lokale Begebenheit an, evt. sind nicht geräumte Straßenabschnitte wirklich der k.o.-Punkt in Fragen Velomobil oder nicht.

Du solltest unbedingt ein Cab-Bike zur Probe fahren, evt. kannst Du eines für eine Woche leihen? Kommst Du auf das Velomobil-Treffen am 27/28.9. in Biebertal?

Im letzten Winter musste ich auf Eis an einem leichten Berg einmal aussteigen und schieben, da ich nach einer Notbremsung nicht mehr anfahren konnte.
Ich bin gespannt, ob mein breiterer Hinterradreifen (mit weniger Luftdruck) in diesem Winter eine Verbesserung bringt.

>Die andere unangenehme Sache: Schon nach der ersten Steigung bin ich an der Sitzfläche und am Rücken tropfnass geschwitzt. Aber auch auf flachen Strecken dauert es nicht lange, bis ich trotz kurzer Hose und Trikot "praktisch in einer Pfütze sitze".

Im Winter habe ich ein dickes Schaf-fell auf dem Sitz. Das saugt (wie ein Fensterleder) unglaubliche Mengen an Wasser auf, mein Rücken ist niemals naß. Nach spätestens 2 bis 3 Tagen muß ich das Fell in der Wohnung komplett trocknen lassen, wie das nach 60km Fahrt am Stück aussieht, weiss ich nicht.
Im Sommer ist mir das Fell zu dick, zu warm. Auch mag ich den "direkten" Kontakt zum Fahrzeug. Dann allerdings ist mein Rücken auch immer klatschnass geschwitzt.
Viele Liegeradler schwören auf luftdurchlässige Kunststoffmatten auf dem Sitz, habe ich noch nicht getestet.
Gegen Schwitzen habe ich noch ein Mittel, was ich selbst anwende.
(Ist je nach "verlorener" Zeit allerdings nicht immer möglich):
Da fahre ich einfach deutlich langsamer.

Meine Erfahrungen im letzten Winter findest Du auch meiner Homepage.

Gruss

Peter
 
Hallo Peter,
danke für die schnelle und ausführliche Antwort.
Die 120 Km bin ich bisher nur mit dem MTB bei gutem Wetter gefahren. Inzwischen geht es auch 5x die Woche. Anfangs habe ich auch Ruhetage eingelegt ;-)
Mit dem Alleweder bin ich diese Strecke noch nicht gefahren, da ich noch keine Liegeraderfahrung habe und deshalb meine Beine auch nicht die etwas andere Belastung gewöhnt sind. Zur Zeit habe ich Urlaub und versuche fleissig Erfahrungen und Kilometer mit dem Velomobil zu sammeln ohne mich dabei gleich zu übernehmen. Also fahre ich nur einen Teil der Strecke. Das Maximum waren 80 Km am Stück, als ich es abgeholt und zu mir nach Hause gefahren habe. Klickpedale habe ich gleich vor der ersten Fahrt montiert. Nur damit kann ich so treten und ziehen, dass ich die steilen Abschnitte schaffe. Für meinen Anwendungsfall hätte ich gerne mehr als 8 Gänge. Feiner gestuft und mit einen größeren Bereich. Das Rutschen am Berg liegt vielleicht auch am Alter des Reifens. Evtl. ist er ist etwas hart geworden. Es ist übrigens ein Schwalbe.
Kannst du mir bitte ein paar Infos zu dem Treffen schicken? (Baulchen@gmx.de)Ich würde gerne kommen. Ist bestimmt auch eine gute Gelegenheit, mehr über Velomobile zu erfahren. Ob die Anreise mit dem Alleweder geht, hängt von der Enfernung ab. Ich wohne in Augsburg, das ist ca. 60 Km nördlich von München.
Biebertal muss ich erst mal auf der Karte suchen. Ich hoffe, das ist nicht schlimm, oder ist es so etwas wie das Mekka für Velomobilfreunde? Mein erstes Velomobil in Natura habe ich vor kurzem auf der WM in Friedrichshafen gesehen. Also hab Nachsicht mit einem Neuling.

Grüße
Baulchen
 
Re: Wie wintertauglich sind Velomobile wirklich?, Treffen

Hallo Baulchen,

Unter http://www.cab-bike.com/deutsch/paginaframed.htm

dann "Neues" und "Meeting 2003"

findest Du die offizielle Ankündigung des Treffens.

Ich finde als potentieller Käufer sollte man sich dort mal umsehen.

Mehr dazu in meiner folgenden E-Mail an Dich.

Gruss


Peter
 
Hallo Baulchen,
auch ich versuche bei jedem Wetter mit dem Velomobil zu fahren und hab durch unser Geschäft auch mehr Möglichkeiten unterschiedliche Fahrzeuge zu fahren.
Deine Erfahrungen mit dem Alleweder in Bezug auf die Traktionsprobleme kann ich nur bestätigen. Es ist aber wie bei anderen Fahrzeugen (auch Cab-Bike) aber sehr abhängig von der Sitzposition. Im letzten Winter konnte ich beste Erfahrungen mit der Leitra (fest definierte Sitzposition) sammeln. Sie war bis zu minus 14° im Einsatz und auch unsere Steigungen (max bis 15 %) konnte ich bei feuchtem bis glattem Wetter noch gut fahren. Mit den Reifen habe ich mehrere ausprobiert. Ein grober Stollen bringt natürlich mehr, aber ein breiter Marathon war schon hilfreich.

Zum nassen Rücken: hier kann ich nur die Empfehlung mit dem Fell zurückgreifen, ist in der kühlen Jahreszeit eine klasse Lösung. Für den Sommer ist meine Sitzauflage eine grobporige Matte und darauf einfach ein Handtuch. Hatte ich bei anderen Liegeradlern schon mal gesehen, aber nie als ernsthafte Lösung in Betracht gezogen, bis ich es selbst probiert hatte. Preiswert und mit sehr gutem Erfolg. Bei mir heißt das, statt Pfütze in der ich sitze , nur noch feucht und das auch bei Langstrecke (300 km) im Sommer.

Zur Zeit fahre ich Mango, aber Aussagen zur Traktion kann ich erst im Winter machen. Bei nasser Strasse geht´s.

Gruß Mikus

http://www.mikusliegerad.de
 
Hallo Baulchen, hallo Mikus,

die Leitra hat zwar eine feste Sitzposition, für mich war das aber eher ein nachteiliger Punkt. Zum einen kann man nur mit Einschränkungen andere Personen damit fahren lassen (Abstand Sitz zum Tretlager ist fest vorgegeben bzw. nur in engen Grenzen und mit div. Nachteilen einstellbar.)
Zum anderen hat die Leitra einen recht kurzen Radstand. Ich selbst bin sehr groß, die Sitzposition ist bei allen Leitragrößen fest, sodaß meine langen Beine viel Gewicht "nach vorne" bringen. Beim scharfen Bremsen kratzt da schon eher mal die Nase auf der Straße. Der Geradeauslauf ist wegen des kurzen Radstandes auch etwas unruhiger, aber natürlich kann man trotzdem damit gut fahren.
Ich muß gestehen, ich bin die Leitra aber nur einmal gefahren, würde ich jetzt (mit meinen Erfahrungen) gerne nochmal testen.

Für mich ist das Cab-Bike die bessere Wahl. Mit meiner Körpergröße muss ich den Sitz weit nach hinten stellen, bekomme so natürlich auch mehr Traktion. Auf geteerten Strassen (auch sehr steile) hatte ich noch keine Probleme, auf Schotter und Blaubasalt musste ich allerdings schon 2 mal aussteigen.

Könnte schon sein, dass für relativ kleine Personen die Leitra, für größere Personen das Cab-Bike im Bezug auf die Traktion günstiger ist.

Für eine Probefahrt in der Leitra sprichst Du am besten mal den netten Jürgen Eick an, Tel. 06142/31276, J.Eick@t-online.de
(Könnte gut sein, dass er ebenfalls nach Biebertal kommt).

Eine Probefahrt im Cab-Bike ist jederzeit in Gießen beim Hersteller zu haben.

Für das Cab-Bike spricht auch, daß man die Frontscheibe mit einer schnellen Bewegung wegschieben kann und daß ich auch mit aufgeklappter Haube noch etwas sehe ich so sogar fahren kann.

Das Hauptproblem bei mir ist eigentlich nicht das Schwitzen oder die Traktion sondern die schlechte Sicht im Dunkeln bei Regen.

Ich glaube hier im Forum hat Cab-Bike diesbezüglich eine Neuerung angekündigt, ich tippe auf eine Art "Überdach", sodass bei teilweise versenkter Frontscheibe trotzdem kein Regen ins innere kommt.

Ah, ich habs gefunden.
Am 22.05.03 schrieb German:
"Wir haben eine interessante Lösung hierfür, die du beim nächsten Velomobil-Meetings anschauen solltest. Die obere vodere Blende wurde vergrößer. Das vordere Fenster wurde abgekürzt. Nun, wenn das Wetter sehr unangenehm ist (regnerisch, kalt, dunkel, langsam) kann man das vordere Fenster ganz hoch ziehen. Es bleibt dann eine Spalte zw. dem Fenster und den Lüftungskannal, durch den man sehen kann. Dabei kommt der Regen in den Kannal rein (bzw. das meiste davon). Es ist auf jedem Falle eine zusätztlche Lösung darstellen."

@Mikus
Kannst Du mir sagen, inwieweit die Fahrwerkskomponenten beim Alleweder und beim Cab-Bike (und auch beim Quest) gleich sind? Sind z.B. die Stoßdämpfer untereinander austauschbar?

Gruss

Peter
 
Wirklich prima dieses Forum. Sehr informativ und schnelle Antworten.
Besonderen Dank an Peter und Mikus.
Ich werde den Tipp mit dem Schaffell heute testen.
Die Leitra ist vermutlich ein sehr gutes Gefährt für die Kurzstrecke und den städtischen Bereich. Für meine Zwecke lege ich den größten Wert auf geringes Gewicht und gute Aerodynamik. Werdet ihr sicher verstehen, bei der Strecke mit über 90% Landstrasse und 120 Km am Tag.
Ich bin 1,73 m groß und wiege mit Trikot und Schuhen keine 70 Kg.
Ich hoffe, das ist nicht zu klein und zu leicht?
Gestern war es hier sehr windig und das Alleweder wurde bei höheren Geschwindigkeit wirklich ganz schön nervös. Mit mehr Erfahrung und Routine sollte das kein größeres Problem sein. Aber schon wieder ein Punkt, bei dem man die verschiedenen Fahrzeuge genauer betrachten sollte.

@Mikus
Wie sind deine Erfahrungen zur Seitenwindanfälligkeit der verschiedenen Modelle?

Ich werde versuchen zu dem Treffen nach Biebertal zu kommen. Geht aber nur mit dem Auto. Leider hab ich da ein kaputtes Radlager. Da das Ersatzteil heute noch nicht da ist, wäre die Reparatur eigentlich am nächsten Samstag geplant. Aber es wird sich schon eine Lösung finden.

Grüße
Baulchen
 
Hallo Peter und Baulchen
die vordere Radaufhängung ist bei Alleweder Quest und Mango und so weit ich weiß, auch beim CabBike identisch. Unterschiedlich ist aber z.B. die Position des Sitzes im Abstand zur Lenkstange (und natürlich den Vorderrädern) dadurch veränderst du sicher auch das Fahrverhalten erheblich. Beim Alleweder haben gewichtigere Fahrer eher das Problem mit den Beinen die Lenkstange zu streifen (sehr unangenehm auf Dauer). Beim Mango, Quest und CabBike konnte ich das nicht feststellen. Die hintere Radaufhängung ist unterschiedlich konstruiert (Quest und Mango Einarmschwinge), wohl aber mit dem gleichen Grunddämpfer (andere Befestigung beim Alleweder). CabBike ist mir nicht bekannt, welcher Dämpfer hinten eingebaut wird.
Zur Windempfindlichkeit: Die hab ich bei mehreren Velomobilen vor allem im hohen Geschwindkeitsbereich feststellen können. Am besten zu beherrschen war es meiner Meinung nach bei der hinten ungefederten Leitra mit etwas längerem Radstand.Die gefederte reagiert sensibler auf Seitenwind. Durch seitliche Lenkhebel bei der Leitra finde ich es aber besser beherrbar.
Wir haben in unserem Fahrzeugpark zwei Leitras, eine kurze gefederte (3 Räder),
eine nur vorne gefederte etwas längere. Die ungefederte Leitra wird mittlerweile leider nicht mehr gebaut... schade, denn ich race damit so gerne durch den Schnee. Das ist mit der Kleinen vollgederten etwas schwieriger.
Zur Einstellung der Länge: Leitra bietet auch Tretlagerverstellung und Kettenumlenkung an, so daß eine Längenverstellung möglich ist.
Wichtig: das Scheibenproblem ...gibt es bei der Leitra nicht. Es ist Glas !!
Sehr gute fast perfekte Belüftung auf die Scheibe !!
Also bitte die Leitra unbedingt anschauen. Kann man vielleicht auch für das CabBike mal als Gedanken aufnehmen ? Ich denke gute Sachen sollte man übernehmen.

Gruß Mikus

http://www.mikusliegerad.de
 
Hallo Mikus und Peter,

hab inzwischen ein Lammfell als Sitzunterlage ausprobiert. Ist bei mir nach einer Stunde so nassgeschwitzt, dass ich wieder klatschnass sitze. Wie macht ihr das bloß, dass ihr beim Fahren nicht so schwitzt? Ich will mir gar nicht ausmalen, wie sich das in einer geschlossenen Kabine mit noch weniger Luftzirkulation auswirken würde. Vermutlich wie in einer Sauna und alle Scheiben ständig beschlagen.
Überrascht mich, dass es beim Fahrwerk so viele Gemeinsamkeiten bei den verschiedenen Herstellern gibt. Um so mehr als die vorderen Dämpfer beim Alleweder als obere Radführung benutzt werden, obwohl mir die Lagerung der Kolbenstange längerfristig nicht sonderlich dafür geeignet erscheint. Da scheint reichlich Spiel in der Radführung vorprogrammiert.

Grüße
Baulchen
 
Hallo Baulchen,
betr.: Federelement
schau mal auf die Seite www.velomobil.nl/ Mango und dort unter Fahrer, dann wirst du sehen, daß es Leute gibt die mehrere zig-tausend Kilometer gefahren sind.... ohne die von dir erwarteten Probleme.

betr.: Schwitzen
ich hatte geschrieben daß ich im Sommer die Lösung gut durchlüftete Matte ( z.B Novosport) + Handtuch darüber bevorzuge. Ich bin dann nicht mehr nass, sondern nur noch feucht. Im Herbst/Winter dann das Schaffell.

Beschlagen der Scheiben ist bei der Leitra nur bei geringen Geschwindigkeiten z.B. Berauf gegeben. Ich hatte die hervorragende Belüftung ja schon erwähnt. Die Luft strömt direkt von unten an die Scheibe (Glas) Deshalb hatte ich selbst bei hohen Minustemperaturen noch die Möglickeit zu fahren. Ich fahre übrigens 3 x in der Woche 68 km , in den Bergen (Rheingaugebirge). Zum CabBike kann ich da leider nichts sagen.

Gruß Mikus

http://www.mikusliegerad.de
 
Zurück
Oben Unten