Wenn man in der Forumssuche nach "Aggressivität" sucht findet man Stand heute sieben Trefferseiten, die meisten Treffer betreffen den Straßenverkehr - ein leider häufig diskutiertes Thema.
Die meisten Threads befassen sich meinem Eindruck nach neben Schilderungen von Erlebnissen mit den Themen Radwegbenutzung, Strafanzeigen, eigener Fahrweise und Entwicklung der Aggressivität (Zunahme vs. Abnahme).
Ich möchte mit diesem Thread gerne ein anderes Thema in den Vordergrund stellen, nämlich wie man am Besten persönlich mit der massiven und häufigen Erfahrung von Aggressivität im Straßenverkehr umgehen kann, ohne selbst dabei allzu großen psychischen Schaden zu nehmen.
Natürlich liegt dem auch wieder ein konkreter Anlass zu Grunde. Ich bin heute eine eig. ganz nette 123km Velomobilrunde nördlich von Berlin gefahren und ca. 15km bevor ich wieder zu Hause war (nördlicher Stadtrand Berlins) wurde ich gleich 2x oder 3x angehupt, teils mehrfach, natürlich gepaart mit engem überholen. Zudem einmal aus einem Autofenster angepöbelt. Eig. Standart, aber bislang vor allem auf dem Weg Richtung Innenstadt, weniger auf dem Weg raus.
Von einem Auto habe ich mir das Nummernschild gemerkt. Werde mich hier vlt mal in Thema Anzeigen einlesen, aber eig. habe ich im Leben besseres zu tun als nach jeder Radtour zwei Anzeigen aufzugeben. Ich will doch einfach nur in Ruhe fahren bzw. von A nach B kommen.
Ich weiß nur bedingt, wie es in anderen Regionen in Europa aussieht, aber in Berlin passiert mir das oft, um nicht zu sagen andauernd.
Früher reagierte ich auch teilweise mit Stinkefinger und zurück rufen. Was ich heute noch krasser finde als damals schon war, dass damals jemand echt aus seinem Auto ausstieg und mir als kleinen Schüler breitbeinig vor Wut tobend die Straße versperrte. Aber auch mit Mitte 20 noch (d.h. vor wenigen Jahren) als ich nach solch einem Vorfall an der Ampel wartete (normales Fahrrad) schlug mir plötzlich jemand von hinten auf den Kopf. Nicht sonderlich stark und ich hatte ja einen Helm auf (soviel zu den Helmdiskussionen hier, glaube des Aspekt ist noch wenig beleuchtet), aber so deutlich diese Schwelle von psychischer zu körperlicher Gewalt zu durchbrechen fand ich schon krass. Wie weit ist es dann noch zum Messer oder mutwillig an- oder gar umfahren?
Denke dieses durchaus ja zur Eskalation beitragende eigene Verhalten habe ich mir ganz gut abgewöhnt und bei solch Vorfällen wie heute ist das Geschehen ja ohnehin rein unidirektional, ich bin daran eig. völlig unbeteiligt, abgesehen davon, dass es sich auf mich richtet.
Schlimmer als die wenigen besonders krassen Fälle die über Jahre in Erinnerung bleiben ist aber glaube ich die zermürbende Daueraggression.
Neben dem häufigen Hupen gibt es noch viel häufiger "das kleine Hupen", d.h. Motor beim Überholen laut aufhäulen lassen. Neulich habe ich das sogar innerorts erlebt als ein offensichtlich älterer Herr Richtung Supermarkt und Bushaltestelle wohl nicht schnell genug die Straße überquert hatte.
Leider muss ich zunehmend feststellen, dass ich an diesen massiven Erfahrungen von Aggressivität zunehmend leide. Ich pöbel doch auch nicht andauernd Leute an oder gefärde gar deren Leben!
Angst habe ich merkwürdigerweise gar keine, trotz durchaus realer Gefahren im Straßenverkehr. Stattdessen merke ich aber, wie ich zunehmend daran verbittere und wie es mich traurig stimmt, solch eine kranke Gesellschaft zu erleben. Es stellt sich auch nach all den unzähligen Malen und den vielen Jahren kein erkennbarer Gewohnheitseffekt ein. Ich will mich daran auch nicht gewöhnen, ich will, dass es aufhört. Das wird es aber leider nicht, nicht in den kommenden Jahrzehnten. Ich versuche mich durchaus in Gelassenheit, versuche mehr das Positive zu sehen,... Leider nicht mit ausreichendem Erfolg. Es verdirbt mir zunehmend die Freude am Velomobil- und Fahrradfahren. Ich meide zunehmend den Konflikt, fahre z.B. zur Arbeit pro Richtung extra 3km Umweg unter anderem um eine Stelle zu umfahren, an der ich gefühlt jedes zweite Mal angepöbelt werde (Straßenverjüngung, wo ich dann "im Weg" bin). Ich nutze teilweise sogar Radwege in abenteuerlichem Zustand, die ich vor wenigen Jahren noch auf jeden Fall vermieden hätte.
Ich weiß von einigen Leuten, dass sie das sozusagen als Sport auffassen ("heute wurde ich 5x angehupt") und sich vlt irgendwelche Handlungen dazu überlegen, wie z.B. Strafanzeigen zu stellen oder zurück zu pöbeln.
Sicherlich gibt es viele Leute, die versuchen, das irgendwie an sich abperlen zu lassen.
Und sicherlich gibt es auch Leute, die das auch wirklich trifft, nach dem Motto steter Tropfen höhlt den Stein. Dazu gehöre wohl leider ich.
Was sind eure Herangehensweisen oder gar Strategien damit umzugehen?
- Nur noch ÖPNV fahren und bestenfalls mal ab und an eine gesellschaftlich akzeptierte Sonntagsradtour fernab der großen Straßen und mit max 15km/h machen?
- Sich der Realität verweigern und krampfhaften Optimismus erzwingen ("nach Corona wird nichts wieder wie vorher und fridays for future werden den Planten retten")?
- Irgendwo in eine Hütte mitten im Wald ziehen und die Menschheit meiden?
- ... ?
Ich würde mich über ein paar Hinweise freuen, wie ihr damit umgeht.
Friedvolle Grüße
Tobias
Die meisten Threads befassen sich meinem Eindruck nach neben Schilderungen von Erlebnissen mit den Themen Radwegbenutzung, Strafanzeigen, eigener Fahrweise und Entwicklung der Aggressivität (Zunahme vs. Abnahme).
Ich möchte mit diesem Thread gerne ein anderes Thema in den Vordergrund stellen, nämlich wie man am Besten persönlich mit der massiven und häufigen Erfahrung von Aggressivität im Straßenverkehr umgehen kann, ohne selbst dabei allzu großen psychischen Schaden zu nehmen.
Natürlich liegt dem auch wieder ein konkreter Anlass zu Grunde. Ich bin heute eine eig. ganz nette 123km Velomobilrunde nördlich von Berlin gefahren und ca. 15km bevor ich wieder zu Hause war (nördlicher Stadtrand Berlins) wurde ich gleich 2x oder 3x angehupt, teils mehrfach, natürlich gepaart mit engem überholen. Zudem einmal aus einem Autofenster angepöbelt. Eig. Standart, aber bislang vor allem auf dem Weg Richtung Innenstadt, weniger auf dem Weg raus.
Von einem Auto habe ich mir das Nummernschild gemerkt. Werde mich hier vlt mal in Thema Anzeigen einlesen, aber eig. habe ich im Leben besseres zu tun als nach jeder Radtour zwei Anzeigen aufzugeben. Ich will doch einfach nur in Ruhe fahren bzw. von A nach B kommen.
Ich weiß nur bedingt, wie es in anderen Regionen in Europa aussieht, aber in Berlin passiert mir das oft, um nicht zu sagen andauernd.
Früher reagierte ich auch teilweise mit Stinkefinger und zurück rufen. Was ich heute noch krasser finde als damals schon war, dass damals jemand echt aus seinem Auto ausstieg und mir als kleinen Schüler breitbeinig vor Wut tobend die Straße versperrte. Aber auch mit Mitte 20 noch (d.h. vor wenigen Jahren) als ich nach solch einem Vorfall an der Ampel wartete (normales Fahrrad) schlug mir plötzlich jemand von hinten auf den Kopf. Nicht sonderlich stark und ich hatte ja einen Helm auf (soviel zu den Helmdiskussionen hier, glaube des Aspekt ist noch wenig beleuchtet), aber so deutlich diese Schwelle von psychischer zu körperlicher Gewalt zu durchbrechen fand ich schon krass. Wie weit ist es dann noch zum Messer oder mutwillig an- oder gar umfahren?
Denke dieses durchaus ja zur Eskalation beitragende eigene Verhalten habe ich mir ganz gut abgewöhnt und bei solch Vorfällen wie heute ist das Geschehen ja ohnehin rein unidirektional, ich bin daran eig. völlig unbeteiligt, abgesehen davon, dass es sich auf mich richtet.
Schlimmer als die wenigen besonders krassen Fälle die über Jahre in Erinnerung bleiben ist aber glaube ich die zermürbende Daueraggression.
Neben dem häufigen Hupen gibt es noch viel häufiger "das kleine Hupen", d.h. Motor beim Überholen laut aufhäulen lassen. Neulich habe ich das sogar innerorts erlebt als ein offensichtlich älterer Herr Richtung Supermarkt und Bushaltestelle wohl nicht schnell genug die Straße überquert hatte.
Leider muss ich zunehmend feststellen, dass ich an diesen massiven Erfahrungen von Aggressivität zunehmend leide. Ich pöbel doch auch nicht andauernd Leute an oder gefärde gar deren Leben!
Angst habe ich merkwürdigerweise gar keine, trotz durchaus realer Gefahren im Straßenverkehr. Stattdessen merke ich aber, wie ich zunehmend daran verbittere und wie es mich traurig stimmt, solch eine kranke Gesellschaft zu erleben. Es stellt sich auch nach all den unzähligen Malen und den vielen Jahren kein erkennbarer Gewohnheitseffekt ein. Ich will mich daran auch nicht gewöhnen, ich will, dass es aufhört. Das wird es aber leider nicht, nicht in den kommenden Jahrzehnten. Ich versuche mich durchaus in Gelassenheit, versuche mehr das Positive zu sehen,... Leider nicht mit ausreichendem Erfolg. Es verdirbt mir zunehmend die Freude am Velomobil- und Fahrradfahren. Ich meide zunehmend den Konflikt, fahre z.B. zur Arbeit pro Richtung extra 3km Umweg unter anderem um eine Stelle zu umfahren, an der ich gefühlt jedes zweite Mal angepöbelt werde (Straßenverjüngung, wo ich dann "im Weg" bin). Ich nutze teilweise sogar Radwege in abenteuerlichem Zustand, die ich vor wenigen Jahren noch auf jeden Fall vermieden hätte.
Ich weiß von einigen Leuten, dass sie das sozusagen als Sport auffassen ("heute wurde ich 5x angehupt") und sich vlt irgendwelche Handlungen dazu überlegen, wie z.B. Strafanzeigen zu stellen oder zurück zu pöbeln.
Sicherlich gibt es viele Leute, die versuchen, das irgendwie an sich abperlen zu lassen.
Und sicherlich gibt es auch Leute, die das auch wirklich trifft, nach dem Motto steter Tropfen höhlt den Stein. Dazu gehöre wohl leider ich.
Was sind eure Herangehensweisen oder gar Strategien damit umzugehen?
- Nur noch ÖPNV fahren und bestenfalls mal ab und an eine gesellschaftlich akzeptierte Sonntagsradtour fernab der großen Straßen und mit max 15km/h machen?
- Sich der Realität verweigern und krampfhaften Optimismus erzwingen ("nach Corona wird nichts wieder wie vorher und fridays for future werden den Planten retten")?
- Irgendwo in eine Hütte mitten im Wald ziehen und die Menschheit meiden?
- ... ?
Ich würde mich über ein paar Hinweise freuen, wie ihr damit umgeht.
Friedvolle Grüße
Tobias