Wann ist ein Trike ein Fahrrad?

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Es gibt Rechtsbeispiele, in denen sehr wohl zwischen einspurigem oder mehrspurigem Fahrrad und auch Fahrrad mit Anhänger unterschieden wird. Siehe zum Beispiel die Verwaltungsvorschriften zur Radwegnutzungspflicht. Insofern ist sich der Gesetzgeber also im Klaren über bestehende Unterschiede und dass nicht jede Fahrradregel 1:1 auch auf zum Beispiel ein Trike stur angewendet werden kann.

Die Justiz dürfte sich da im Prinzip von daher auch im Klaren drüber sein. Um so mehr, als dass sie auch ohne solche konkreten Rechtsbezüge verpflichtet ist, die besonderen Umstände des konkreten Falles berücksichtigen zu müssen. Beispielhaft das Fahren mit dem Trike auf einer kleine Fähre, Radfahrer natürlich absteigen. Wenn ich das Trike aber schieben muss, habe ich weniger Kontrolle, es ist also gefährlicher, insbesondere für Dritte. Und ich nehme viel mehr Platz auf dem schmalen Steg zur Fähre (von der DB betrieben) ein. Es wäre also auch rücksichtslos. Wenn ich also sowohl aus Rücksichtnahme und zur Gefahrenvermeidung fahre, entsprechend langsam natürlich, hier also unter Schrittempo, handele ich richtig. Bei 220kg Systemgewicht kann ich ohne Zugriff auf die (beiden) Bremshebel nicht garantieren, dass ich den Auf- und Abstieg des Zugangssteges zur Fähre das Fahrzeug jederzeit gehalten bekomme. Zwei Bremsen sind vorgeschrieben.

Das Problem: die Exekutive & Co. Ein Polizist ist da gerne auch mal weniger verständig und rechtssicher. Ein Schaffner einer Fähre von der DB ggf. auch.

Und im Schrittempo gilt das mMn auch für eine Fußgängerzone. Wo man ein normales Fahrrad schieben würde, wäre dies bei einem Trike zum Beispiel nicht mehr richtig. Zusätzlich zum Platzbedarf (Rücksichtname) und Gefährdung (weniger Kontrolle über das Fahrzeug) kommt auch die Frage der Zumutbarkeit. Denn so ein Trike schiebt sich gerne besonders schlecht, schwer beladen wird das auch nicht besser. Wo man ein normales Fahrrad problemlos schieben kann, ist das mit Trike nicht mehr problemlos.

Rechtlich gilt neben der Zumutbarkeit auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ich bewege meine 220kg jedenfalls nicht ohne Zugriff auf die Bremsen durch Menschen hindurch, egal, was mir ein Polizist erklärt. Sondern fahre.

Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass eine Maßnahme folgenden Kriterien Rechnung tragen muss:

legitimer Zweck
Geeignetheit
Erforderlichkeit

Keines dieser drei Kriterien wird erfüllt. Erhöhung von Aufwand, Rücksichtslosigkeit und Gefährdung ist kein legitimer Zweck. Das "Schiebegebot" wäre auch nicht geeignet, Rücksichtnahme und Sicherheit zu erhöhen, da es ja bei hiesigen Fahrzeugen genau das Gegenteil bewirkt. Insofern besteht dann auch keine Geeignetheit und in Folge auch keine Erforderlichkeit.

Aber erklär das mal einem unwilligen Polizisten oder Schaffner.

Oder einem dummen Spaziergänger auf einer schmalen Brücke, auf der er nicht mehr an mir vorbei hätte gehen können, hätte ich geschoben. Und ich fuhr nur langsam hinter einer Mutti mit drei Kindern hinterher, die mehr mit Sperenzien als mit gehen beschäftigt waren und mich gar nicht bemerkten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei 220kg Systemgewicht kann ich ohne Zugriff auf die (beiden) Bremshebel nicht garantieren, dass ich den Auf- und Abstieg des Zugangssteges zur Fähre das Fahrzeug jederzeit gehalten bekomme. Zwei Bremsen sind vorgeschrieben.

Systemgewicht zu nennen, wenn es darum geht das Fahrrad zu schieben, ist etwas irreführend. Damit man damit was anfangen kann, müsstest Du noch verraten wie viel Fahrergewicht man vom Systemgewicht abziehen muss, damit man auf Schiebegewicht kommt. 50 kg oder 200 kg?

Rechtlich gilt neben der Zumutbarkeit auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ich bewege meine 220kg jedenfalls nicht ohne Zugriff auf die Bremsen durch Menschen hindurch, egal, was mir ein Polizist erklärt. Sondern fahre.

Das klingt so wie: ich bewege meinen Körper nicht ohne Zugriff auf Bremsen durch Menschen(mengen) hindurch.
Ungebremstes zu Fuß Gehen sollte verboten werden ;)

Ansonsten finde ich auch, dass auf dem Trike in Schrittgeschwindigkeit fahren eigentlich für alle nur Vorteile hätte (sofern sich alle wirklich an die Schrittgeschwindigkeit halten würden).
 
Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass eine Maßnahme folgenden Kriterien Rechnung tragen muss:

legitimer Zweck
Geeignetheit
Erforderlichkeit
Dann kannst du dagegen klagen, so lange das nicht durch ist musst du dich trotzdem daran halten. Und wenn dein Trike oder du zu schwer ist zum schieben kannst du wo anders fahren wo das kein Problem ist.
 
so lange das nicht durch ist musst du dich trotzdem daran halten

Nein, muss ich nicht und darf ich eigentlich auch gar nicht. Denn das Gesetz ist hier unter Berücksichtigung der besonderen Umstände nicht anwendbar, da ungültig. Steht aber alles schon oben. Und ich darf Dritte nicht gefährden. Egal, ob Du Dir das in Obrigkeitsgläubigkeit wünschst. Es ist falsch. Sowohl, Dritte zu gefährden oder zu belästigen als auch Obrigkeitsgläubigkeit und Kadavergehorsam.

Möchtest Du, dass Gesetze in der Lage sind, einen dazu zu zwingen, gegen besseres Wissen Dritte zu gefährden? Und kannst Du Dir tatsächlich vorstellen, dass unsere Rechtssystemtik das her gibt? Und ergibt es Sinn, Fahrradlösungen derart zu erschweren? Kann das rechtsgültig sein?

Und wenn dein Trike oder du zu schwer ist zum schieben kannst du wo anders fahren wo das kein Problem ist.

Auch falsch. Es ist nicht zu schwer zum schieben oder ziehen. Es ist voll verkehrstauglich. Aber dann ggf. nicht sicher und es wäre rücksichtslos. Und ich muss es ja auch nicht schieben bzw. ziehen. Das würde ich nur bei einem Fahrzeugdefekt machen. Und am Berg ist es mir dabei schon weggerutscht und den Hang runter. Das könnte auch auf so einem Zugangssteg mit Steigungen passieren. Wo dann kleine Kinder ...

Mein Beispiel bei der Fähre betraf eine offizielle Fähre, Bestandteil unsere Infrastruktur. Auf einem offiziellem Radweg. Über diesen Radweg führten gleichsam auch mehrere Radwanderwege, auch EU-Radwege. Da soll ich mit Fahrrad nicht lang dürfen und wenn dann nur auf eine rücksichtslose und gefährdende Weise? Es gibt doch gar kein Problem. Ich habe sehr wohl auch einen Rechtsanspruch, dort fahren zu dürfen. Den Weg nutzen zu dürfen. Und wir hatte ja auch schon das Thema der Zumutbarkeit. Einen Umweg zu fahren wäre hier nicht zumutbar. Denn es gibt ja keine gültige Rechtsregel, die einen legitimen Zweck verfolgt, geeignet ist und erforderlich.

Aber Du darfst gerne strammstehen, wenn Dir das so viel Spaß macht. Aber bitte das nächste mal, ohne an allem was bereits geschrieben wurde einfach vorbei zu gehen und es mit einer unbegründeten Behauptung zu ersetzen, die auch noch falsch ist.

Legitimer Zweck, Geeignetheit und Erforderlichkeit sowie Zumutbarkeit treffen bei einem Up ganz klar zu. Aber eben nicht unbedingt auf Liegerräder.

Klagen müsst derjenige, der was dagegen hat. Und das kann er gerne tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Anderes Beispiel:

Eine "Holzbrücke", die mehrere hundert Meter lang ist, ebenfalls Bestandteil von Radwanderwegen. Mit Steigungen in der "Brücke". Nachdem dort öfters Radfahrer bei Nässe teils schwere Unfälle hatten, weil das Holz dort bei Regen wie Gatteis ist, wurde ein "Radfahrer absteigen" Schild aufgestellt. Völlig zu recht?

Mit meinem Fahrzeug, mehrspurig, 6 Räder, kann ich da bei Regen nicht ausrutschen. Ich könnte es aber, würde ich es mit Fahrradschuhen und Cleats schieben, insbesondere in den Steigungen/Gefällen. Ich könnte leicht abrutschen und damit dann gleichsam die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren.

Was also tun? Bin ich hier verpflichtet zu schieben? Und wer bezahlt, schöbe ich und es passierte etwas?

Und was wäre, führe ich mit UP bei trockener Fahrbahn dort?
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, muss ich nicht und darf ich eigentlich auch gar nicht. Denn das Gesetz ist hier unter Berücksichtigung der besonderen Umstände nicht anwendbar, da ungültig. Steht aber alles schon oben.

Das macht es nicht richtiger. Auch wenn das Gesetz in solchen Ausnahmefällen völlig bescheuert ist, ist es gültig, bis es entsprechend geändert wird. Bis dahin kann man dafür jederzeit belangt werden, auch wenn die Ordnungsbehörden da je nach Umstand sicherlich Kulanz walten lassen.
 
Halllo,

ich finde die Problematik mit der Fußgängerzone interessant.
Ich fahre ein Trike, weil ich aufgrund körperlicher Einschränkungen kein Zweirad mehr fahren kann. Aufgrund derselben Einschränkungen bin ich nicht in der Lage, mein Trike zu schieben (oder zu ziehen) über längere Strecken, insbesondere nicht mit Gepäck und / oder Anhänger.

Bisher bin ich in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit gefahren und habe gehofft, im Falle einer Kontrolle, die Ordnungshüter mittels Schwerbeschädigtenausweis zu überzeugen.
Aber wie ist es wirklich? Der Zwang zum Schieben würde bedeuten, dass mir der Zugang zu den Geschäften in der Fußgängerzone verwehrt würde. Ich persönlich fände das irgendwie diskriminierend.

– Ursel
 
auch ich habe eine Behinderung, kann das Trike nicht schieben und fahre mit dem Trike in Fußgängerzonen oder hier am Bodensee auf Seepromenaden. Ich wurde auch schon mehrfach von "Ordnungshütern" hingewiesen und auch von Privatleuten angepöbelt. Ich weise dann auf meine Behinderung hin und dass ich deswegen das Trike wie einen Rollstuhl benutze. Dann herrscht beim Gegenüber betretenes Schweigen - aber das muss ich jedesmal tun, es gibt leider keine entsprechenden Hinweisschilder.
 
Bisher bin ich in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit gefahren und habe gehofft, im Falle einer Kontrolle, die Ordnungshüter mittels Schwerbeschädigtenausweis zu überzeugen.
Aber wie ist es wirklich? Der Zwang zum Schieben würde bedeuten, dass mir der Zugang zu den Geschäften in der Fußgängerzone verwehrt würde. Ich persönlich fände das irgendwie diskriminierend.

Du hast jederzeit die Option, das Trike vor der FGZ anzuketten und zu Fuß weiterzugehen (rein rechtlich gesehen). Andernfalls wäre noch Rollator/Rollstuhl ne Option, die dürfen da rollen.
 
Merkst Du selber, oder?
Er sicher, genauso wie wahrscheinlich jeder andere Mitleser. Die Frage ist, ob die Entscheidungsgewaltigen es auch merken, oder ob es so läuft wie bei @sretlaw hier.
Ich hab keine eigene Erfahrung damit und kann dir nicht sagen, ob es taktisch eher klug oder eher unklug ist, von dir aus bei der betreffenden Stadt nachzufragen.
 
Auch wenn das Gesetz in solchen Ausnahmefällen völlig bescheuert ist, ist es gültig
Nein.

Das Gesetz ist dort gültig, wofür es gedacht ist. Also für ein normales Fahrrad. Für Liegefahrräder ist es nicht gedacht und auch nicht vernünftig anwendbar. Es ist in diesem Zusammenhang nicht vollumfänglich gültig. Gültig ist es nur soweit, als dass man natürlich angepasst fahen muss, wobei diese Gültigkeit nicht aus dem Gesetz resultiert sondern aus anderen Gesetzen, sehr wohl es aber möglich wäre, dieser Pflicht hier strenger zu sehen.

Prüfreihenfolge von Recht. Dazu gehört die Frage, ob das Gesetz im konkrete vorliegenden Einzelfall anzuwenden ist. Die Antwort hier ist nein. Die Begründung hast Du selber geliefert. Das wäre völlig bescheuert. Und völlig bescheuert erfüllt nicht das Kriterium der Zumutbarkeit und auc nicht der Verhältnismäßigkeit.

Recht ist nicht so platt, wie mancher es versteht.

Ich kenne beispielhaft auch einen Trikefahrer, der kann gar nicht richtig gehen. Nur mühselig auf zwei Krücken. Die er auch dabei hat. Aber wie soll er derart das Trike schieben? Genau. Auch da greift das Gesetz nicht. Es ist nicht anzuwenden und auch gar nicht anwendbar.

Das hat auch nichts mit Kulanz zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Halllo,

ich finde die Problematik mit der Fußgängerzone interessant.
Ich fahre ein Trike, weil ich aufgrund körperlicher Einschränkungen kein Zweirad mehr fahren kann. Aufgrund derselben Einschränkungen bin ich nicht in der Lage, mein Trike zu schieben (oder zu ziehen) über längere Strecken, insbesondere nicht mit Gepäck und / oder Anhänger.

Bisher bin ich in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit gefahren und habe gehofft, im Falle einer Kontrolle, die Ordnungshüter mittels Schwerbeschädigtenausweis zu überzeugen.
Aber wie ist es wirklich? Der Zwang zum Schieben würde bedeuten, dass mir der Zugang zu den Geschäften in der Fußgängerzone verwehrt würde. Ich persönlich fände das irgendwie diskriminierend.

– Ursel

Ganz genau.

Das wäre dann auch noch zusätzlich sowohl nach deutschem Recht als auch nach EU-Recht Behindertendiskriminierung. ABer selbst ohne Behinderung: was ist denn mit der im EU-Recht verankerten Klassendiskriminierung?
 
aber das muss ich jedesmal tun, es gibt leider keine entsprechenden Hinweisschilder.

So wie es auch im Gesetz nicht steht. Denn um die Verkehrsordnung mit all ihren Rechtsgrundlagen für jede Situation und jedes Fahrzeug anzupassen und sämtliche denkbaren Ausnahmen zu definieren, wäre der Aufwand viel zu groß und die Rechtstheorie weiß auch, dass dies nicht zu positiven Ergebnissen führt. Aber ist auch gar nicht notwendig. Denn das Recht ist eben nicht so platt zu interpretieren, wie mancher glaubt.
 
Du hast jederzeit die Option, das Trike vor der FGZ anzuketten und zu Fuß weiterzugehen (rein rechtlich gesehen). Andernfalls wäre noch Rollator/Rollstuhl ne Option, die dürfen da rollen.

Nein, wäre da nicht. Den Schilderwald, der nötig würde, würde Deine Rechtsauffassung stimmen, wäre auch gar nicht mehr zu verarbeiten. Denn derart müsste das ja für alles gelten. Und Behinderte derart in Ihrer Lebensgestaltung einzuschränken wäre rechtswidrig. Im Gegenteil. Im Gesetz steht, dass solche Behinderungen vom Staat zu beseitigen sind.

Jedes staatliche Handeln unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Gesetz, der Polizist, alles und jeder. Und die ist hier nicht gegeben. Das Recht, dass ihr hier beschreibt, wäre ein Willkürrecht. Das unterläge nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben Unten