Verluste durch verstellte Spur?

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Inspiriert von folgendem Kommentar:
Ist diese Alleweder 2 Genauigkeit nicht zart veraltet? Wo es doch stufenlos ginge?
Kann kaum glauben, dass das nicht besser muss...
habe ich mich gefragt, ob man das nicht berechnen kann.

Ein Versuch:
  • Die Spurstange hat ein M6-Gewinde; dessen Steigung ist 1 mm. Nehmen wir an, sie sei um eine Umdrehung verstellt, d.h. sie ist 1 mm zu lang/kurz.
  • Beim DF ist die Spurstange ca. 11 cm hinter dem Querlenker, in dessen Nähe auch der virtuelle Drehpunkt der Vorderradlenkung ist.
  • Somit stehen beide Räder schief, und zwar um 0.5 mm auf 11 cm = ca. 0.45% bzw. 0.26°. Beziehungsweise, wenn ein Rad 11 cm vorwärts rollt, muss es 0.5 mm zur Seite rutschen.
  • Angenommen, auf den Vorderrädern ist 75% des Gewichts, und das Systemgewicht betrage 100 kg; dann ist das Gewicht auf den Vorderrädern 736 N.
  • Die Gleitreibungszahl von Gummi auf Asphalt beträgt wohl ca. 0.5, d.h. man braucht 368 N, um es zur Seite zu ziehen.
  • Bei Tempo 50 km/h = 13.9 m/s muss das Rad 0.45% davon seitlich rutschen = 6.3 cm/s.
  • Zusammengenommen: 368 N * 0.063 m/s = 23 W
  • Laut Kreuzotter braucht man ungefähr 179 W für 50 km/h, d.h. der Verlust durch die Spureinstellung beträgt 6.7% davon; das ist fast so viel wie die Antriebsverluste (Kreuzotter nimmt für ein Velomobil 9% an, moderne Velomobile dürften geringfügig besser sein).
  • Angenommen, man kann die Kugelköpfe nur in ganzen Umdrehungen verstellen, d.h. sie sind im Schnitt um eine halbe Umdrehung falsch eingestellt; dann wären die Verluste 11.5 W. Das wäre immer noch viel mehr Leistung als ein Dynamo kostet (bei 3 W elektrischer Leistung und 50% Wirkungsgrad eines guten Nabendynamos wären das nur 6 W Tretleistung). Und es ist ähnlich viel wie der Unterschied im Rollwiderstand zwischen einem guten (Conti GP 5000 TL) und einem mittelmäßigen Reifen (Schwalbe Durano).
Hier stecken natürlich viele Annahmen drin, und der Fehler beträgt vielleicht 30% oder mehr – vorausgesetzt, ich habe keinen Denk- oder Rechenfehler drin. Aber die Größenordnung ist schon interessant – statt Erlkönige zu kaufen, solle man lieber seine Spureinstellung tunen. (Und dann halten die Erlkönige auch länger.)
 
Interessante Überlegungen.
Ich brauche mit meinem DFXL ohne Hosen und Haube, 2 Spiegel und Visier und Conti Speed ca. 180-200 W für 40 km/h. Habe hier leider keine absolut ebenen Abschnitte. Frage mich bei solchen Zahlen, ob bei mir alles stimmt. Spur habe ich ausgetestet. Antrieb geht nicht schwerer als die neuen Kisten in Dronten.
 
Ich vertraue der theoretischen Rechnung nicht, hatte nach über 3 Monaten Pause eine Spurverstellung um 3mm und die Reifen sind auf einer 300km Tour, mit Pause in der Hälfte, von fast neu auf Gewebe gegangen, bin gröstenteils echt schnell gewesen über lange Strecken.
Oder waren die Reifen einfach so warm das ich auf dem flüssigen Gummi dahinflutschte?
 
Bei Tempo 50 km/h = 13.9 m/s muss das Rad 0.45% davon seitlich rutschen = 6.3 cm/s.
Hmmh. Eine kleine Strecke wird das Gummi bestimmt durch Verformung überbrücken können, bevor es rutscht. Also wie lang ist die Auflagefläche und wie weit ist die Verschiebung auf der Strecke. Wenn das Gummi das wegdehnen kann, musst du bestimmt mit noch ganz anderen Werten arbeiten...
Ansonsten ist mir das jetzt alles zu viel. :ROFLMAO: Bin aber interesssiert, was hier so zusammen kommt!
 
Sicherlich wird nur ein kleiner Teil der Spurverstellung durch Schlupf auf dem Asphalt ausgeglichen. Der größte Teil dürfte durch die Walkarbeit der Reifen kompensiert werden. Die Rechnung würde so nur gelten, wenn sich der Reifen nicht verformen würde.
 
Ich puste ins gleiche Horn wie PsyKeks und Trmk3. Der Rreifen muss bei leichtem Schrägablauf nicht wirklich rutschen, vielmehr wird der die Fahrbahn kontaktierende Teil verformt (irgendwie ne unbekannte Mischung aus seitlichem Wegdrücken und Torsion). Kennt man die Kraft, die dazu (im statischen Fall) senkrecht zur Fahrtrichtung notwendig ist (müsste man leicht messen können) und die Umfangsgeschwindigkeit, so könnte man als ersten Ansatz die dynamische, "mitdrehende" Seitenverformung in der gleichen Größenordnung der statischen Kraft ansetzen und hätte dann F*v=P.
 
Es scheint mir einfacher die Spur zu verstellen und die Leistung zu messen.
 
Könnte man die "zurück-auf-die-grade-Bahn-bring-Kraft" so ungefähr messen (Schräglauf sehr stark übertrieben)?
Am interessantesten wäre dabei die Frage, ob F geschwindigkeitsabhängig ist (falls ja, würde PSchräglaufverlust mit v² oder schlimmer hochgehen).
Das könnte man auch per Modellaufbau auf nem Laufband oder so im gemütlichen Labor klären bevor man versucht, sowas in der natürlichen Fahrumgebung nachzustellen.
Messvorrichtung.jpeg
Hat nicht jemand irgendwelche Handbücher zur Fahrdynamik zuhause oder im Institut rumstehen? Das hat man garantiert schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ausführlich berechnet und vermessen.

Edit: Wie doof bin ich denn :X3: das geht viel einfacher:

NeueVorrichtung.jpeg
...und was man dann misst ist zwar nicht wie oben die Seitenführungskraft, aber die Kraft die man braucht um unter 90° zwei entgegengesetzte und gleich große, sich gegenseitig aufhebende Seitenführungskräfte aufzubringen. Aber genau das will man ja auch wissen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine kleine Strecke wird das Gummi bestimmt durch Verformung überbrücken können, bevor es rutscht. Also wie lang ist die Auflagefläche und wie weit ist die Verschiebung auf der Strecke. Wenn das Gummi das wegdehnen kann, musst du bestimmt mit noch ganz anderen Werten arbeiten...
Sicherlich wird nur ein kleiner Teil der Spurverstellung durch Schlupf auf dem Asphalt ausgeglichen. Der größte Teil dürfte durch die Walkarbeit der Reifen kompensiert werden.
Der Rreifen muss bei leichtem Schrägablauf nicht wirklich rutschen, vielmehr wird der die Fahrbahn kontaktierende Teil verformt (irgendwie ne unbekannte Mischung aus seitlichem Wegdrücken und Torsion).
Dass es Schlupf gibt, ist für mich ziemlich klar. Natürlich verformt sich der Reifen; aber das kann er nicht unendlich weit. (Wie geschrieben, bei 50 km/h müsste er sich pro Sekunde 6 cm verformen. Dann hätte er sich nach einigen Sekunden stärker verformt, als das Velomobil breit ist.) Bei Gleitreibung ist das genauso; zuerst verformen sich die Reibpartner, dann kommen sie ins Rutschen.

Die Frage ist nur, ob man hier die Gleitreibungszahl verwenden kann, oder ob es signifikant anders ist, weil hier die seitliche Gleitbewegung von einer viel größeren Rollbewegung senkrecht dazu überlagert ist, mit der entsprechenden Verformung des Reifenlatsches. Ich erwarte, dass evtl. die Reibungskonstante deutlich anders ist, aber von der Größenordnung her müsste es auf jeden Fall stimmen.
:unsure: frage mich - ohne das nach rechnen zu wollen - ob sich da ein Fehler einer Größenordnung unbewusst eingeschlichen hat?
Schau dir die Lenkplatte an: die Spurstange ist 11 cm hinter dem Querlenker; und der virtuelle Drehpunkt, der etwa der Schnittpunkt von Längs- und Querlenker ist, müsste ungefähr neben dem Kugelkopf des Querlenkers sein.
 
ob sich da ein Fehler einer Größenordnung unbewusst eingeschlichen hat?
Falls das mit den Abständen stimmt ja - es sind dann 2,6° statt 0.26°
Allerdings dreht man nicht beide Kugelköpfe raus, sondern nur einen. Dann noch Rollmessung und Wahl des Optimums, dann ist der maximale Fehlwinkel 0.65°.

Dass es Schlupf gibt, ist für mich ziemlich klar. Natürlich verformt sich der Reifen;
Na um 0.65° sollte sich der Reifen schon verformen können, bei Größenordnung "cm" Aufstandsfläche sind das 0.11mm oder je 0,055mm vorn und hinten.
Dann noch das Spiel in der Lenkung miteinbeziehen und das Ganze ist nicht mehr so schlimm. Schlupf hört man, siehe @DeutscherDiesel s 24h-Rekordfahrt mit 3 oder 4 Umdrehungen falsch eingestellter Spurstange. Da waren dann auch ganz schnell die (Rekord-)Reifen durch.

Gruß,

Tim
 
Na um 0.65° sollte sich der Reifen schon verformen können, bei Größenordnung "cm" Aufstandsfläche sind das 0.11mm oder je 0,055mm vorn und hinten.
Klar kann er sich verformen. Aber normalerweise muss er sich nur in Rollrichtung verformen; hier kommt die seitliche Verformung dazu, und zwar permanent – jedes Stück des Reifens muss sich während des Abrollens um 0.11 mm seitlich verformen.

Nach meinem Verständnis ist Gleitreibung auch nicht viel anders; kaum eine Oberfläche ist so glatt, dass es ein permanentes Rutschen gibt, sondern der gleitende Körper bleibt ständig an minimalen Oberflächenrauigkeiten hängen, verformt sich, und springt wieder zurück. Dieses permanente Verformen hat man auch hier.
Falls das mit den Abständen stimmt ja - es sind dann 2,6° statt 0.26°
Nein – wenn ich 0.5 mm an der Spurstange auf 110 mm habe, ist der Winkel 0.26°.
Dann noch das Spiel in der Lenkung miteinbeziehen und das Ganze ist nicht mehr so schlimm.
Das ist ein guter Punkt – die Lenkung hat ein gewisses Mindestspiel, bedingt z.B. durch die Fertigungsgenauigkeit der Kugelköpfe; und es bringt nichts, die Lenkung genauer als das einzustellen.
 
Nein – wenn ich 0.5 mm an der Spurstange auf 110 mm habe, ist der Winkel 0.26°.
Äh ja, da bin ich dem Fehler mm/cm aufgesessen und dafür hast die beiden Räder schon berücksichtigt, ich hatte um Faktor 5 zu schlecht gerechnet.
Macht also max. Fehler bei eingestellter Spur 0.13° und damit Größenordnung 20 µm oder +-10 µm Verformung des Reifens.
Damit ist auch klar, warum sich die Adapter zur stufenlosen Spureinstellung nicht durchgesetzt haben - das ist irrelevant.

Gruß,

Tim
 
Das dürfte doch @Leonardi auch interessieren, oder?
Im Jahr 2014 hat Hajo je drei Ausroll in Elfershausen mit dem Milan gemacht. 0 und 1 Umdrehung Vorspur (mit beiden rollte er auch gleich weit) und danach 2 Umdrehungen Nachspur (da war die Rollweite merkbar weniger). Die Auswertung: <Klick> Ich hatte schon vorher ein Diagramm im Web gefunden, wo mal jemand vorher den erhöhten Rollwiderstand bei -3,-2,-1, 0,1,2, 3 messtechnisch ermittelt hat - es war so, das bei -1,0,1 kein Unterschied war, bei -2,+2 deutlich und bei -3,+3 schon über über stark. Ich glaube deshalb auch das


Eine kleine Strecke wird das Gummi bestimmt durch Verformung überbrücken können, bevor es rutscht.

Neues Profil kann man ja 0,5mm mit dem Fingernagel seitlich elastisch verformen, ohne das etwas rutscht. Genau so kann man den ganzen Reifen auf der Felge 0,5mm zur Seite drücken. Und besonders geben auch die Speichen nach, wenn man zB um die Kurve fährt oder wenn man mit der Hand das eingespannte Laufrad zur Seite drückt.


Ich denke deshalb auch das in der Rechnung eine falsche Annahme (Beitrag #1) steckt.

Annahme* "Somit stehen beide Räder schief, und zwar um 0.5 mm auf 11 cm = ca. 0.45% bzw. 0.26°. Beziehungsweise, wenn ein Rad 11 cm vorwärts rollt, muss es 0.5 mm zur Seite rutschen. "

Das es also nicht rutschen muss.

So wie es beim Steigungswiderstand oder anderen phys. Zusammenhängen nicht proportional ist, gilt das vermutlich ein Zusammenhang wie in den Messungen ermittelt. Theo von Andel sagte mir mal, erst wenn die Spur 3mm (weiß nicht ob er damit M6-3 Umdr. meint, weil er mit Lehre an der Felge misst) verstellt ist, merkt man das deutlich. Und wenn + oder -1 Umdr. so viel wie oben berechnet ausmachen würde, warum baut dann Velomobiel.nl dann keine Stufenlose Verstellmöglichkeit ein. Bzw. warum habe ich weder bei Ymte noch bei Daniel oder anderen so etwas gesehen. Bis auf das Video was kürzlich erschien:

Ich bin fest davon überzeugt, das der Fehler in der Annahme* steckt. Hilft nur messen zB. Rollweite um sich darüber klar zu werden. Hat selbst der Ukrainer (Alexej Ganschin) http://hpv.com.ua/ mit seinem Trike und Chinareifen gemacht, erinnere mich noch an die farbigen Kreidestriche auf der Straße, gleiches Ergebnis. +,- 1 Umdrehung macht nichts aus, bei mehr Umdrehungen überproportionaler Anstieg der Verlußte.

Gruß Leonardi
 
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