Velocars aus der Sicht eines zukünftigen (unbedarften) Käufers

Aber anyway: diese Konzepte scheiern an der gegenwärtigen Realität: benutzungspflichtige Radwege, die zu schmal sind, Drängelgittern und Verboten für Radfahrer dort, wohin man mit so einem Fahrzeug ausweichen könnte. Hier am Untermain alle Mainquerungen flußabwärts von Frankfurt, mit Ausnahme der Brücke zwischen Gustavsburg und Kostheim.
Interessant, mit meiner Ostberliner Perspektive sieht das anders aus. Ich fahr öfters mit Anthro+Hänger, das ist fast schon Velocar, hatte mal ne 1,10m-Rikscha und achte immer darauf "Wenn das jetzt ein Velocar wäre?".

Solche Engstellen gibt es kaum (vielleicht 1% der üblichen Radrouten, wobei davon wieder ein gut Teil eigentlich nur Wanderwege und zu allen gibt es Umfahrungsmöglichkeiten). Die meisten Drängelgitter haben (hier) Vierkantaufnahmen für den Notfall. Schwieriger sind eher sehr attraktive Geh- und Zweirichtungsradwege, die mit 2,50m (manchmal auch nur 2m) weniger für das VC als für alle anderen Nutzer im Begegnungsverkehr problematisch sind. Zeichen "Verboten für Radverkehr" bzw. Kraftfahrstraßen gibt es hier in der Gegend kaum. Dafür erhoffe ich mir eine deutlich höhere Akzeptanz des VCs im Mischverkehr (was nach meinen Erfahrungen mit AW und Anthra der Fall sein sollte - von hinten 1mx0,8m Schrankwand halt...).

-> Man muss notwendig eine gewisse Routenauswahl treffen und Ortskenntnis haben, ist halt so, musste mit Leben. Dafür kann man potentiell sehr viele Vorteile von KFZ und Fahrrad verbinden - bei uns kommt der Spruch "Jetzt ein Velocar!" so jeden zweiten Tag. Der ehemalige PKW stand gerne mal zwei Wochen am Stück nur rum. Aber ja, der Praxistest steht noch aus.

Davon ab: Radwegebenpfl. ist durch VWV StVO eingeschränkt (bei 1m+ x 3m-Velocars dürfte alles vorbei sein....), es gibt inzwischen sogar ein offizielles Schilderwaldspezifikum (Zeichen Fußgänger und Zeichen Radfahrer ohne blaue Lollis), das Behörden erlaubt, einen nicht-benpfl. gemeinsamen Geh/Radweg auszuweisen: https://www.adfc.de/neuigkeit/verwaltungsvorschrift-zur-stvo-wird-fahrradfreundlicher (die Veröffentlichung steht noch aus, dann schau ich mir die auch nochmal im Detail an)
 
Ich hab jetzt auch keine kaufbaren Produkte im Angebot, könnte aber mit der einen oder anderen praktischen Erfahrung aufwarten.

Zum Glück nicht aus Hamburg, sondern nur aus der Kleinstadt.... und es ist handgedengeltes Low Tech :cool:

Ich habe mal vor zwanzig Jahren dieses Teil gebaut:Und seit gut zwei Jahren bastle ich hier dran:
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Das wog ca. 65 Kilo aus viel Recycling-Stahl (alte Zaunpfähle, Fahrradrahmenfragmente, Stahlfelgen....) Ungefedert. Hinten gingen 2 Wasser-Kisten drauf. Auf dem Beifahrersitz gab es Anfangs einen Gurt zum Befestigen der Babyschale, später eines Kindersitzes...zum Schluss das verschiebbare Tretlager als Töchterchen mittreten wollte. Und wenn der Regen nicht ganz von der Seite kam, blieb man schon trocken - der Stoff ist Markisenstoff und es war viel besser als unter einem Schirm. Hier ist mein Ziel nun ein anderes: ich wollte ein Retro-Teil in der Garage haben. Wiegt 70 Kilo, ist voll gefedert und aus Holz und Isomatte. Rahmen aus Rohren aus Stahl, Alu und Kunsstoff vom Baumarkt oder Sperrmüll. (Dazu gibt es hier auch einen eigenen Faden)

Wenn man zwei Sitze haben will - und ich hatte Gründe dafür (und es gibt gute dagegen...) entscheidet man sich für
  • mehr Breite oder mehr Länge (wenn man hintereinander sitzt). Bei Hintereinanderanordnung kann man vielleicht Länge sparen, wenn man Rücken an Rücken sitzt;
  • mehr Gewicht, wenn man mal alleine fährt. Ich bin auch auf einem normalen Up oder Liegerad (Radius C4) nicht schnell (Schnitt bei 50 Strecke 14-15km/h) - hier schaffe ich vielleicht allein einen 10-12er Schnitt. Zu Zweit geht es natürlich gut ab;
  • gegen Strecken mit Drängelgitter (ok, zu zweit kann es schon mal drüber heben). Durch die meisten Poller kommt man aber durch.
  • häufig für die Straße, weil der Radweg nicht breit genug ist;
  • Und man muss sich fragen, wo man das Teil denn zu Hause hinstellt. Also in meine Garage passt mein Auto nicht mehr...
Wenn man bequemer einsteigen will, - was auch immer das meint -
  • kann man höher sitzen, was die Stirnfläche vergrößert
  • kann man aufrechter sitzen und einen breiten Lenker verwenden, was die Stirnfläche vergrößert
  • muss man dennoch irgendwo das Bein drüber heben oder sich unter dem Dach einfädeln. Irgendeine Strebe ist immer im Weg, Türen klappern und machen zusätzliches Gewicht
Wenn man damit herumfährt, darf man keine Scheu haben aufzufallen. Je nach Alter und Herkunft der Passanten reicht die Reaktion von mildem Lächeln bis zu wildem Gejohle. Auf der Straße macht man natürlich den Stauer, ob mit 10, 15 oder 25km/h spielt da keine große Rolle.

Wenn man vier Räder und eine Federung haben will,
  • und man will eine Federung haben, sonst macht Kopfsteinpflaster gar keinen Spaß
  • hat man auch mehr Gewicht als mit drei Rädern, aber man kippt nicht so leicht.
  • Wenn man hinten eine schmale Spur hat, braucht man vorne eine breitere Spur und dennoch hebt sich irgendwann doch das kurveninnere Rad
  • Um die Kraftübertragung von der Mitte nach Außen zu bringen, um eine breite Spur hinten zu erreichen braucht man wieder Teile und Gewicht, dafür kann die Spur aber vorn schmaler sein.
  • Wenn man allein fährt muss man was dagegen tun, dass man auf seiner Seite in den Federn hängt und die Lenkung schief zieht.
Ich bin kein Ingenieur und hab nur gesehen, gelesen, gebaut und probiert. Ich kann da vielleicht das Ackermann-Trapez berechnen, aber Kraftwirkungen bestimmt nicht.

Professionell lassen sich viele Probleme anders und besser und mit den entsprechenden Materialien leichter bauen.

Aber man muss eben erstmal einen Anbieter finden - und so ein Eigenbau macht auch Spaß, wenn er etwas vermurkst gebaut ist. :X3::giggle:
 
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