AW: Unser Düsentrieb in der Trekkingbike
Keine Ahnung wie genau z.B. die Tour entstanden ist, ...
Für mich ist die Entwicklung der TOUR ein gutes Beispiel für die immer stärker werdende Spezialisierung von Fachmagazinen einerseits und für den schleichenden Niedergang des Journalismus' insgesamt andererseits.
Ich begann Anfang der Achziger die TOUR regelmäßig zu kaufen und abonnierte sie schließlich sogar. Damals(tm) war sie keineswegs ein reines Rennradmagazin sondern schmückte sich zu Recht mit dem Untertitel "Alles rund ums Rad". Entsprechend bunt und vielschichtig sahen auch die Themen aus: Sport, Touren, Technik, Neuentwicklungen, Trainingsfragen(mit Dr. Konopka, falls sich noch wer erinnert) bis hin zu rechtlichen Fragen, etc...
Liegeräder und der 1985 gegründete HPV-Verein nahmen darin einen zwar kleinen, aber doch regelmäßigen Raum ein. Es war auch die TOUR, in der ich zum ersten Mal Bilder und Berichte über Liegeräder sah. Da ich zu der Zeit noch ein aufrechter Rennradler war, interessierte mich das nur am Rande und auch die ersten Berichte uber die skurril-chaotischen HPV-Meisterschaften amüsierten mich eher als dass ich sie ernst nehmen konnte. Immerhin aber wurde wohl schon damals der erste Keim gelegt und 1986 saß ich dann auch tatsächlich auf einem der allerersten Peer Gynts. Zwei Jahre später legte ich mir dann schon ein RADIUS Delta-Dreirad für den Winter zu, der Rest ist Geschichte.
Ein festen Platz in der Berichterstattung der Tour nahm stets auch der Vector ein, der von Wolfgang Gronen nach Europa geholt worden war, mit J. Scheller als wichtigstem Fahrer.
Auch H.J. Smolik, der eine feste Kolumne in der Tour hatte, zeigte sich anfangs sehr aufgeschlossen für Liegeräder, half dann auch bei der Weiterentwicklung und aerodynamischen Optimierung des Vectors und plante schließlich sogar die Herstellung einer "Volksliege", wie er vollmundig in einem Tour-Artikel ankündigte.
Allerdings wurde dann nichts daraus, ohne jede weitere Erläuterung ließ er das Thema fallen und auch das Liegerad insgesamt wurde im Laufe der Zeit aus der TOUR verbannt, was auch ganz allgemein mit einer Einengung des Themenbereichs auf das sportliche Rennradfahren einherging.
Ich persönlich habe mittlerweile keine sehr hohe Meinung mehr von Journalisten, egal welcher Couleur, bis auf ganz wenige Ausnahmen. Der Überlebenskampf ist hart in diesem Milieu, das Geld kommt hauptsächlich über Anzeigenkunden rein und nicht etwa über Abos oder den Kioskverkauf. Entsprechend "kritisch" fallen dann natürlich auch die "Tests" aus und "heiße Eisen" werden auch kaum angepackt.
Wobei dies der heutigen Leserschaft zum Teil durchaus auch entgegenkommt, da will meiner Erfahrung nach kaum einer zum (Quer-)Denken oder zu kontroversen Diskussionen angeregt werden, gefragt sind vielmehr praktische technische Informationen und Hilfestellungen zu Kaufentscheidungen: "Wo bekomme ich den gerade angesagten Stoff am günstigsten?"
Mit der TOUR der Achziger hat diese Zeitschrift gerade noch den Namen gemeinsam, aber das ist bei anderen Illustrierten ja (leider) auch nicht viel anders.