Training für den "runden Tritt"

Effizienz ist ja nur ein Teil der Miete. Es geht ja schließlich durchaus auch noch um die Frage, wie lange man die geforderte Leistung abgeben kann und wie lange man sich danach regenerieren muss (ggf auch während der Fahrt).
Die Regeneration während der Fahrt scheint mir auch ein wichtiger Aspekt beim einbeinigen Treten zu sein, jetzt mal unabhängig vom runden Tritt. Beim Upright heißt es ja immer (wohl richtigerweise), dass man die Pausen auf das unbedingt notwendige Maß beschränken sollte, da man sonst aus dem Rhythmus kommt. Beim Liegerad sehe ich das fundamental anders. Ein Nachteil, bzw. neutraler ausgedrückt, eine Eigenheit des Liegerades besteht ja gerade darin, dass ich ziemlich fixiert in einem Sitz liege/sitze und praktisch nur die Beinmuskulatur in nahezu unverändertem Winkel arbeitet. Ich kann also nicht mal schnell auf dem Sattel nach hinten oder vorne rutschen, kurz in den Wiegetritt gehen, etc....

Auf meinen Fahrten habe ich die Erfahrung gemacht, dass meine Beinmuskulatur sehr positiv auf häufige kleine Mini- oder gar Mikropausen reagiert, die oft nur Sekunden dauern. Das einbeinige Treten gibt mir nun die Möglichkeit, solche Mini/Mikropausen einzulegen, ohne die Fahrt unterbrechen zu müssen.

Praktisch sieht das dann so aus, dass ich z.B. mit dem linken Bein anfange zu treten, meistens bergauf, denn da komme ich schneller an die Belastungsgrenze, und dann fahre ich, bis die Beinmuskulatur den Geist aufgibt. Das Treten wird dann je nach Steigung früher oder später immer mühsamer, ich schalte dann in immer kleinere Gänge, trotzdem brennt das Bein immer stärker, der Schwung geht flöten, der Tritt wird immer unrunder und irgendwann muss ich aufs andere Bein wechseln, wenn ich nicht umkippen will.

Das Bein fühlt sich zu diesem Zeitpunkt absolut erledigt an, so als wäre es für alle Zeiten tot und nie wieder zu gebrauchen. De facto reichen aber oft wenige Umdrehungen mit dem anderen Bein und ich kann schon wieder zurück wechseln und damit wieder rund treten als wäre es neu, immer bergauf wohlgemerkt. Bis es dann wieder anfängt zu brennen, der Tritt unrunder wird, etc... und das Spiel beginnt von vorne. Als ich anfing zu üben, musste ich schon nach wenigen Metern wechseln, mittlerweile sind es eher Hunderte von Metern.

Die Motivation dafür habe ich schon erklärt: Es macht mir einfach Spaß, diese Technik zu trainieren und mich darin immer weiter zu vervollkommnen, ganz locker und ohne Leistungsdruck. Und für mich ist es ein gutes Gefühl, immer mit Reserve in der Hinterhand zu fahren, denn eine Steigung, die ich einbeinig schaffe, bewältige ich mit beiden Beinen erst recht.

Dies betrifft wohlgemerkt Freizeitfahrten, keine Ahnung wie das das unter Wettkampfbedingungen aussieht, wenn man ständig am Anschlag fährt. Da hat man vermutlich gar nicht die Zeit und die Nerven, mal kurz einbeinige Episoden einzulegen. Und dann noch die Reaktion der Konkurrenten. Wenn ich mir vorstelle, wie ein Rennfahrer den Mont Ventoux hoch einen einbeinigen Ausreißversuch hinlegt, sich mit dem anderen Bein womöglich noch hinter dem Ohr kratzt und dann auch noch wegkommt, ich schätze mal das gäbe zwar eine gute Presse, aber einen Beliebtheitspreis bei der Konkurrenz würde er damit wohl nicht gewinnen. :)
 
Wenns nicht schon mal geteilt wurde :

Schon ein kleiner Spoiler : "Einfach treten" hat die beste Gesamteffizienz, ein auf "ziehen" konzentriertes die schlechteste Gesamteffizienz, obwohl die mechanische Effizienz dort am besten ist. Der Körper weiß schon von allein, was er machen muss um Energie zu sparen. Der ist nämlich faul.

PS. ovale Kettenblätter KÖNNTEN einen Nutzen haben. Wenn es in Zusammenspiel mit dem Fahrer die Totpunkte verkleinert.
 
Zuletzt bearbeitet:
PS. nach etwa 1500km mit stark ovalen Kettenblättern am Rennrad (A/B Vergleiche via FTP Test und Sprints)
- Trittfrequenz mit ovalen Blättern niedriger
- Leistung gleich
- mit rundem Blatt bei kurzen Intervallen weniger Ermüdung (wohl durch höhere TF)
- hohe TF mit ovalem Blatt führt schnell zum "hüpfen" auf dem Rad

Joa, jetzt hab ich hier n paar teure Kettenblätter... will wer welche haben?
 
ich hab da mal ne frage zum rundtritt.
als anfänger (1 jahr liegerad) lächle ich wenn ich anmeine ersten 100km denke, schlangelinie ohne ende.
Recht gute Hinweise um den Tritt zu optimieren, sollte man allerdings schon möglichst früh damit beginnen..
 
Ich habe mich etwas genauer beobachtet, wenn ich mit dem Flux bergauf fahre:
Bei hoher Last am Pedal kommt mein Körper am Sitz deutlich spürbar in Bewegung.
IMG_20200412_110039a.jpg

Dann habe ich mich bemüht, mit Zug am anderen Pedal Gegenkräfte so weit aufzubauen, dass der Oberkörper ruhig liegenbleibt. Erfolg hatte ich mit dieser Methode aber kaum.

Wie geht's Euch damit?
Ist das mehr eine Frage der Übung oder muss man sich damit abfinden, dass auch mit Übung das Problem nur verringert, aber nicht behoben wird?

Gruß, Harald
 
Ich "ziehe" auch nur bei Sprints, damit ich mich halt nicht aus dem Sitz drücke. Das ist eher unfreiwillig... Damit kann man aber nur einen kleinen Teil der Druckkraft kompensieren und bei hoher Pedalleistung "wippt" man weiterhin rum. Das geht auf dem Aufrechtrad besser, weil man da ja wenigstens sein Körpergewicht als Gegenspieler hat.
 
Hi Patrick,
ich denke dabei an den Effizienzverlust, gerade bei der Leistungsspitze...
Ggf. doch mal einen Styrodur o.ä. Keil für den Sitz testen?
Gruß, Harald
 
Recht gute Hinweise um den Tritt zu optimieren, sollte man allerdings schon möglichst früh damit beginnen..
Sehr gut. (y) Allerdings sollte man dem Märchen keinen Glauben schenken, dass so etwas nicht später auch erlernbar wäre - andernfalls könnte ich mir die Arbeit sparen und Bewegungsbilder in der Physio bearbeiten. :whistle: Das Problem ist eher, dass die wenigsten verstehen, WIE unser Hirn richtig lernt und sich optimiert. Die Übungen müssen diesem Lernmuster entsprechen, dann klappt das auch ganz gut, aber hartnäckig muss man da schon sein. Abgesehen davon, sind unsere koordinativen Fähigkeiten genetisch natürlich unterschiedlich verteilt.
 
Allerdings sollte man dem Märchen keinen Glauben schenken, dass so etwas nicht später auch erlernbar wäre - andernfalls könnte ich mir die Arbeit sparen und Bewegungsbilder in der Physio bearbeiten.
Ja, Arbeit am Bewegungsmuster kann von Augen öffnend bis wirklich zum Verzweifeln sein :). Allerdings geht es darum, die physiologischen Vorraussetzungen optimal zu nutzen und sich nichts Kontraproduktives anzutrainieren. Wichtig ist für den 'runden' Tritt, dass man sich in der Bewegung nicht hemmt (z. B., wie von @Jack-Lee bereits mehrfach angesprochen, weil man z. B. sehr auf die Zugphase achtet) und die Totpunkte tangential geschmeidig überwindet. In erster Linie ist der Körper halt für's Drauflatschen geschaffen.
 
nichts Kontraproduktives anzutrainieren
Da bin ich absolut dabei. Es gilt nicht, den runden Tritt zu trainieren, sondern schneller und effizienter Rad zu fahren. Es ganz auszuklammern wäre aber genauso falsch mit dem Argument "weil es sich in Studien nicht gezeigt hat". Das MUSS man auch hinterfragen.
In erster Linie ist der Körper halt für's Drauflatschen geschaffen
Würde ich so nicht unterschreiben, weil im Gang auch die Bewegung von einem Drauflatschen zum nächsten Drauflatschen sehr wohl für die Effizienz des Laufens verantwortlich ist. Darum rennen ja manche extrem schnell, andere eher nicht. ;) Gehen ist eine höchst komplexe Angelegenheit - nur mal so nebenbei aus der Physio. :whistle:
 
Ich finde es interessant und aufschlußreich mit Anhänger zu fahren.
Kaum wird der Tritt unrund beginnt sich die Fuhre aufzuschaukeln und zu pumpen.
Dann denke ich sofort an Muhammed Ali und den Ali Shuffle --> leichte, schnelle Beine...
 
Sehr gut. (y) Allerdings sollte man dem Märchen keinen Glauben schenken, dass so etwas nicht später auch erlernbar wäre - andernfalls könnte ich mir die Arbeit sparen und Bewegungsbilder in der Physio bearbeiten. :whistle: Das Problem ist eher, dass die wenigsten verstehen, WIE unser Hirn richtig lernt und sich optimiert. Die Übungen müssen diesem Lernmuster entsprechen, dann klappt das auch ganz gut, aber hartnäckig muss man da schon sein. Abgesehen davon, sind unsere koordinativen Fähigkeiten genetisch natürlich unterschiedlich verteilt.
Hi Roland,

volle Zustimmung. Auch als Alter kann man neue Bewegungsmuster lernen. Kinder lernen's halt schneller, aber wenn man dranbleibt, geht viel.
Einbeiniges Einradfahren würde ich nicht gerade als runden Tritt bezeichnen, aber es braucht doch einiges an Koordination, das Beinchen richtig(!) zu heben, wenn das Pedal wieder raufkommt.

Gruß, Harald

PS:
Zu meiner Frage aus #129 wäre ich neugierig wie Du das Thema siehst.
 
Würde ich so nicht unterschreiben, weil im Gang auch die Bewegung von einem Drauflatschen zum nächsten Drauflatschen sehr wohl für die Effizienz des Laufens verantwortlich ist
Drauflatschen bezog sich auf die Kraftentwicklung. Und klar, die Effizienz beinhaltet den gesamten zeitlichen Ablauf der Bewegung eben insbesondere bezogen auf den 'Runden Tritt' auf gleitenden Übergang an den Totpunkten. Klar, dass der Körper als funktionelle Einheit zu betrachten ist und isolierte Betrachtungen entsprechend einzuordnen sind. Das ist ja dein Metier @roland65 :)
 
Ich finde es interessant und aufschlußreich mit Anhänger zu fahren.
Kaum wird der Tritt unrund beginnt sich die Fuhre aufzuschaukeln und zu pumpen.
Dann denke ich sofort an Muhammed Ali und den Ali Shuffle --> leichte, schnelle Beine...
Déjà-vu - da gabs eine lange Diskussion auf einer US Liegeradliste, weil mehrere Benutzer von Einradanhänger behaupteten man könne z.B. mit Kingcycle und P38 nicht mit diesen fahren..
war damals nur erstaunt, weil ich mit den Kombinationen schon ein paar tausend km runter hatte, ohne Probleme, aber das könnte der Grund der unterschiedlichen Erfahrungen gewesen sein.
 
gesamten zeitlichen Ablauf der Bewegung
Das genau ist der Knackpunkt.
Körper als funktionelle Einheit zu betrachten
geht ja so weit, dass auch die Rumpfstabilität als Teil der Bewegung einbezogen werden muss. Ich fand es höchst aufschlussreich, als ich vor 2 Jahren das Einradfahren mal probiert habe. Das ging auch schon, ich habe es nur nicht weiter ausgebaut, weil mich nur die Bewegung und Koordination interessiert. Danach saß ich aber völlig anders auf dem Rad - im Positiven.
unterschiedlichen Erfahrungen
sind normal. Normal ist nur nicht, die eigene Erfahrung zum Maß der Dinge zu machen. :rolleyes: Nichts scheint heute schwerer, als eine differenzierte Betrachtung.
 
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