Sterben einspurige Liegeräder bald aus?

Nein, denn das entscheidende Kriterium für ein drohendes Aussterben der Liegeräder besteht nicht darin, dass sie weniger gekauft, sondern dass sie weniger gefahren werden. Solange Liegeräder auf den Straßen sichtbar unterwegs sind, sterben sie nicht aus. Ähnliches gilt ja auch für Autos, wie z. B. den VW Käfer oder den Citroen 2CV. Beide werden seit Jahrzehnten nicht mehr produziert, trotzdem sieht man gelegentlich immer noch Exemplare auf den Straßen.
Wer also etwas gegen das Aussterben der Liegeräder unternehmen will, muss vor allem eines machen: Sich auf sein Liegerad schwingen und damit selbstbewusst und gut sichtbar durch die Gegend gleiten. Je stärker er dabei den Eindruck erweckt, das Fahren zu genießen, desto wirkungsvoller ist das Ganze.
Wenn ich andere Menschen bei einer mir neuen, unbekannten Tätigkeit beobachte, und die Akteure vermitteln dabei den Eindruck, sie sei unangenehm, mühsam, langweilig oder gar schmerzhaft, dann werde ich wohl kaum Lust verspüren, sie selbst einmal auszuprobieren. Das ist ja wohl eher der Fall, wenn die Freude und der Genuss, der damit verbunden ist, offensichtlich ist.

Schon klar, niemand kann immer gut drauf sein und auch auf dem Liegerad muss ich mich gelegentlich über etwas ärgern, außerdem sehe ich mich auch nicht als Repräsentationsfigur der Liegeradszene, die den ganzen Tag als Sunnyboy mit dämlichem Dauergrinsen durch die Landschaft kurvt, aber irgendwie komme ich ganz automatisch in eine bessere Stimmung, sobald ich von zu Hause gestartet bin und die ersten Kilometer hinter mir habe. Alleine schon die frische Luft und die rhythmische Bewegung bei entspannter Sitzposition tun mir spürbar gut und wirken sehr zuverlässig als Stimmungsaufheller. Ich fahre jetzt seit 33 Jahren Liegerad, aber die Touren, bei denen meine Laune beim Ankommen daheim schlechter war als beim Losfahren, kann ich an einer Hand abzählen.

Andererseits treffe ich bei meinen täglichen Touren auf derart viele grantige, schlecht gelaunte, muffige, gestresste, gehetzte oder aggressive Radfahrer, dass ich mich innerlich oft aktiv gegen die negativen Gefühlsenergien abschotten muss, um nicht auf dieses niedrig schwingende Level herabgezogen zu werden. Und das bei bestem Wetter und in einer absolut idyllischen Landschaft, so dass ich mich immer häufiger frage, was mit den Menschen eigentlich los ist.

Klar, nur am Liegerad allein liegt das höchstwahrscheinlich nicht, doch ich kann mich jetzt aus dem Stand an mindestens eine Tour erinnern, bei der nur ein einziger Radfahrer so gut drauf war wie ich und mich freundlich lächelnd zurückgrüßte, und der war auch auf dem Liege(drei)rad unterwegs. Den treffe ich übrigens öfter und seine gute Laune ist ebenfalls sehr zuverlässig. Als Beweis für meine These des Liegerades als "Gute-Laune-Booster" reicht mir diese persönliche Statistik völlig aus. :)

Okay, wieder ernst und zum Fazit: Liegeräder werden nicht durch Kauf am Leben gehalten, sondern dadurch, dass sie gefahren werden, möglichst oft und sichtbar, selbstbewusst und mit Genuss.

Bereits nächstes Frühjahr könnten wir einen spürbaren Liegerad-Boom haben, es müssten nur alle, die irgendwann ein Liegerad kauften und es nun verstauben oder gar verrosten lassen, konsequent damit fahren. Klar, reine Theorie, und ich rechne auch nicht damit, aber ich selbst werde meine Räder mit Genuss weiterhin fahren, und das ist für mich langjährige Praxis.:)
"the recumbent smile"!
 
Die Firmen meiner LR sind noch im Geschäft, leider die meiner "Normalräder" nicht mehr. :eek:
Jetzt hat es auch Rocky Mountain erwischt.
 
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