"Schnelles Velomobil" - anno 1990

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Meine erste Begegnung mit einem Velomobil konnte ich zum Glück ausgiebig fotografieren, die Fotos wollte ich schon lange gerne posten, aber es hat lange gedauert bis sich wirklich jemand erbarmt hat mir die Dias einzuscannen.
1990 waren Digitalkameras halt noch nicht so verbreitet ;)...

Das Gerät gehörte einem Bekannten eines Kumpels - ich habe den Eigentümer nie kennengelernt.
Damals hätte ich es mir am liebsten nachgebaut, habe auch dazu angesetzt - aber kein Geld, zu wenig Zeit, zu viele andere Baustellen, das ist früh versandet.

Aber ich bin froh dass ich die Fotos noch gefunden habe - ich finde es sehr interessant wie ein damaliges "schnelles" VM im Vergleich zu einem heutigen ausschaut.

Das einzige was ich relativ sicher über das Fahrzeug sagen kann ist dass es auf einem "Windcheetah"-Trike basiert.
Seinerzeit wusste ich gar nicht was das alleine offenbar schon für ein heisses Gerät war.
Die Karosserie verunsichert mich etwas von der Bauart - in weiten Teilen sieht sie aus als wäre sie in einer "professionellen" Form gefertigt, also mutmasslich ein Serienteil.
Bei der "Haube" bzw. Einstiegsabgeckung bin ich mir nicht sicher ob die nicht selbstgemacht war.
Ebenso sieht es so aus als hätte es eine selbstestrickte "Schwanzverlängerung" bekommen - vielleicht ähnlich der fürs Mango, zur Verbesserung der Aerodynamik?
Das allerschärfste ist ja die Beleuchtung... aber gut, was gab es damals zu der Zeit an vernünftiger Beleuchtung fürs Fahrrad?
Mit LED war da noch nicht viel, da durfte die gesamte Lichtanlage nur 3 Watt haben, und wahrscheinlich waren die Leute auch einfach noch schmerzfreier...

Ansonsten kann ich nicht viel zu dem Fahrzeug sagen, wie Gewicht, Bremsen, Geschwindigkeiten... ich meine mir wurde damals gesagt dass der Eigentümer damit mal Spitze 90 km/h gefahren sei.
Aber er hat es wohl als Alltagsfahrzeug genutzt - die Bilder müssten 1990 entstanden sein, da war das Fahrzeug ja offenbar schon nicht mehr so ganz neu, das sieht man auch auf den Fotos.

Habe mal kurz etwas recherchiert, die Leitra wird wohl seit 1980 gebaut, das Alleweder kam anscheinend gegen Ende der 80er in Serie, was kam eigentlich zuerst mit (teil-) selbsttragender Karosserie, und wann?
Das Quest?

Gerade wenn man die Zeitschiene betrachtet ziehe ich schon den Hut vor diesem Fahrzeug hier...

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Eine etwas "ordentlichere" Version durfte ich seinerzeit in Leicester auf der WM mal von Mike Burrows ausleihen und testen. Damals hatte er da eine art linearen Antritt als Prototypen drin. Man trat quasi nur nach vorne und hinten, das Kettenblatt beschrieb dabei aber eine Kreisbewegung. War über X Gelenke und Ketten gelöst. Technisch echt mal was ganz anderes. Fotografieren durfte ich es damals nicht ;) Hat sich aber auch nicht durchgesetzt: zu viel Verlust im Antrieb und zu wartungsintensiv.

Leicester2.jpgLeicester3.jpg
 
Sieht aus wie eine Verkleidung auf Basis einer Windcheetah. Burrows könnte seine Finger im Spiel gehabt haben. Ein paar Elemente der Konsteuktion tauchen auch bei dem Windcheetah Rekordfahrzeug wieder auf das Land‘s End nach John O‘Groats gefahren ist.
 
was kam eigentlich zuerst mit (teil-) selbsttragender Karosserie, und wann?
Damit kannst Du das obige Fahrzeug aber nicht meinen. Tragend ist dort der Trike-Rahmen und sonst nichts.

Es gab in den USA in den 80ern mal als erste modernere Konstruktion das Cyclodyne in wenigen Exemplaren, das kann man als den ersten bekannt gewordenen Vorläufer von Alleweder und Quest ansehen. Das hatte Frontantrieb (!) und einen Hilfsrahmen, ob das teilselbsttragend war, ist mir nicht bekannt.
 
auf Basis einer Windcheetah.
dass es auf einem "Windcheetah"-Trike basiert
Stimmt ;)!
was kam eigentlich zuerst mit (teil-) selbsttragender Karosserie, und wann?
Damit kannst Du das obige Fahrzeug aber nicht meinen. Tragend ist dort der Trike-Rahmen und sonst nichts.
Deshalb habe ich ja auch gefragt was als erstes selbsttragend auf dem Markt kam - alle oben erwähnten haben auf jeden Fall keine selbsttragende Karosserie sprich Leitra und Windcheetah haben tragende Rohrrahmen, die frühen Alleweder vielleicht eine bedingt mittragende Karosse (?)... daher meine Frage, denn das war ja der nächste Step in der Entwicklung... und der kam wohl erst später.
Vielleicht war die Frage missverständlich gestellt...

Wobei z.B. mein Mango ja noch den "Hilfsrahmen" aus Alurohren hat, ich glaube das Quest auch, nur die Vorderräder hängen komplett an der Karosserie, Tretlager, Sitz und Hinterrad am Rahmen, deshalb "teilselbsttragend".
 
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das Alleweder kam anscheinend gegen Ende der 80er in Serie, was kam eigentlich zuerst mit (teil-) selbsttragender Karosserie, und wann?
Das Quest?
Das Alleweder ist doch schon eine selbsttragende Konstruktion. Allert und Ymte haben da mitgebaut und von schnelleren Velomobilen geträumt. So entstand zuerst das C-Alleweder (bei dem man schön sieht, dass die Laminiertechnik noch nicht zu höchsten Entwicklungsstufen aufgeblüht war...) und dann das Quest. Daran hatten dann so viele Leute Interesse, dass sie sich selbständig gemacht haben. Das Mango sollte dann eine kostengünstige und einfachere Variante des Quest werden, aber ich glaube, der Aufwand war letzten Endes ähnlich hoch.
 
Ich werde nachher mal in einer Encyc(e)opedia und einem Fachbuch aus den frühen 90-er Jahren nachsehen, was über diese Verkleidungen darinsteht. Die flache mit der stark geneigten Frontscheibe hat vor etlichen Jahren den Rekord der Strecke Lands End - John o´ Groats gebrochen, ich glaube mit Andy Pegg als Fahrer. So eine stand letztes oder vorletztes Jahr auf dem Freigelände an der Spezi zum Verkauf.
Das Einspur-HPV mit Linearantrieb hieß glaube ich "The Bean". Wie gesagt, heute Abend mehr.
 
Das Alleweder ist doch schon eine selbsttragende Konstruktion
Mit "frühe" Alleweder meine ich die blechbeplankten... ich gebe zu ich kenne mich in der Historie des Alleweder nicht gut aus...
Hätte mich halt echt mal interessiert welches das erste VM mit Karosse war die die Vorderradaufhängung getragen hat.
Ich hätte auf Quest getippt.
Leider gibt es in der deutschen Wikipedia nicht mal einen Artikel zum Quest - eigentlich sehr schade.
Und Fachliteratur habe ich keine, vielleicht steht da mehr zur Geschichte drin.
 
Also, wie versprochen:
Die Bilder, die ich aus der encycle(o)pedia von 1993, der Erstauflage von Gunnar Fehlaus "Das Liegerad" und Richard Ballantines und Richard Grants "Fahrrad total" aus demselben Jahr von der verkleideten Speedy habe, sprechen davon, dass der Besitzer versuchte, die von @Suedhesse abgebildete gegenüber den mir aus den 90-er Jahren bekannten Exemplaren aerodynamisch zu verfeinern:
- Die Heckpartie ist verlängert, auf den mir vorliegenden Abbildungen befindet sich der Heckabschluss unmittelbar hinter dem Hinterrad. Auf den Bildern von @Suedhesse ist zu erkennen, wie sich der Winkel der Verkleidung an der Stelle verändert, wo die ursprüngliche Karosserie aufhört, auch ist dieser Bereich unsauberer laminiert. Also eine Bastelei, denn in dem Bereich dürfte die Strömung kaum noch anliegen, oder wenn, dann müsste der von vorne kommende Winkel weiter fortgeführt werden. Sonst ist ein gut gestaltetes Abrissheck die bessere Lösung.
- Die Windschutzscheibe steigt flacher an und beginnt weiter vorne. Es gab auch eine kleine Windschutzscheibe ohne Dach
- Auf den meisten Abbildungen ist der feste weiße Deckel auf den Abbildungen von @Suedhesse aus Stoff mit seitlichem Reißverschluss, nicht unähnlich dem des Alleweder A2. Also eine ganzjahrestauglichere, weil besser zu entlüftende Ausführung. Dafür ist der feste Deckel aerodynamisch günstiger. Diese Verkleidung wird in "Fahrrad total" als "Mark VI" bezeichnet. Mike Burrows hat also mehrere Ausführungen ertüftelt. Die danach kommende "Mark VII" wog dank Kohlefaserrahmeen und dünnwandigerer Karosserie gerade mal 13,6 Kilogramm.

Die Speedy trägt mit dem langen Riss vorne sichtbare Kampfspuren und der "Tour de Sol" Aufkleber ist ein hübsches zeitgenössisches Detail: Diese Pionierveranstaltung fand von 1985 bis 1993 statt. 1990 ist also eine plausible Jahreszahl. Angesichts der erreichbaren Geschwindigkeiten heutzutage zum Fürchten : Die grob angezimmerte zeitgenössische Funzelbeleuchtung... :eek: Interessant ist in "Fahrrad total" ein kleines Detail an der Verkleidung: Auf dem Nasenkonus sitzt oben unter einer kleinen Klappe ein anscheinend aus- und einfahrbarer Frontscheinwerfer. Einige Jahre später fand ich das am Alleweder A3 und A4 wieder. Gute Ideen sind eben beständig.

Interessant finde ich, dass sich viele formale Elemente der Windcheetah bei aktuellen VM wiederfinden und ich könnte mir vorstellen, dass sich mit zugunsten einer straffen Vorderradfederung etwas größeren vorderen Radhäusern und einem gefederten Hinterrad sowie einem etwas breiteren, mit Reflektionsfolie bezogenem Heckspiegel auch heute noch ein praxistaugliches VM bauen ließe, sozusagen als Replika. Eventuell sogar auf Basis eines heckgefederten Trikerahmens. Die konstruktive Hauptaufgabe wäre die Umrüstung auf Mittelsteuerknüppel gegenüber den heutigen Steuerungen mit seitlicher Panzerlenkung, die sich einen Platz mit den Vorderrädern teilt.
 
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Siehe Wiki des Velomobilforums.
Danke dafür!
Demnach ging es mit "Kunststoff-Alleweder" wohl so Mitte der 90er los, mit dem Quest wohl gegen Ende der 90er wenn ich das richtig lese.
Eigentlich eine schöne recht umfassende Zusammenfassung der niederländischen Velomobilgeschichte, leider etwas schwer zu lesen und ohne genauere Zeitangaben, was etwas schade ist.

In dem Text steht auch dass der Name "Velomobil" wohl 2001 "erfunden" wurde.
Ich habe das damals auch als "Human Powered Vehicle" kennengelernt und den Namen "Velomobil" erst vor wenigen Jahren bewusst wahrgenommen als ich mich wieder mit dem Thema beschäftigt habe.

Interessant finde ich, dass sich viele formale Elemente der Windcheetah bei aktuellen VM wiederfinden
Das fand ich eben auch interessant, gerade wenn man das Alter berücksichtigt.
und ich könnte mir vorstellen, dass sich mit zugunsten einer straffen Vorderradfederung etwas größeren Vorderrädern und einem gefederten Hinterrad sowie einem etwas breiteren, mit Reflektionsfolie bezogenem Heckspiegel auch heute noch ein praxistaugliches VM bauen ließe, sozusagen als Replika.
Sicher könnte man das, da gäbe es vielleicht schon einige Liebhaber, aber ich denke nicht dass es dafür einen nennenswerten Markt gäbe so dass das wirklich lohnt...

Interessant finde ich in dem Zusammenhang "was man könnte" dass es auf alle bekannteren Velomobile seit Jahren längere Lieferzeiten gibt, aber offenbar niemand die Fertigung ausweiten möchte.
Aber gut, besser als zu grosse Kapazitäten und keine Interessenten :whistle:...
 
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Ein alleweder hatt wirklich eine selbsttragende karrosse, auch die sehr fruhe exemplaren. Da gab es einige details die anders als bei die spateren modelle wahren. Die allererste protoserie hatte noch vierkante federbeine mit einen eigenbau mechanische scheibenbremse von Flevobikes, spater kamen dann die Honda MT trommelbremsen mit eigens gedrehte nabenkorper, noch spater dann die SA trommel. Die allererste modelle hatten noch einen doppelhubbel im hinteren teil. So eins hatte ich mal.

Mike Burrows hatt das windcheetah als trike mit verkleidung gebaut. Das Leitra ist auch sehr alt, aber auch eher eine verkleidung auf einen rahmen.

Hier mehr uber das Cyclodyne ( 1978!) http://www.wildfirehpv.com/new-page-1

So weit ich mir erinnern kann war das Limit das erste velomobil mit selbsttragende kunstfaser karrosse, damals laminiert von einen ortlichen windmuhlenbauer.

Verkleidette zweirader gab es mitte der 90er ofters zu sehen, Das Swisscheese, der magic scooter, bumblebike, kingcycles mit nase und heck und zelt druber, verkleidungen mit harte nase und schaum hinterteil von Flevobike, M5, Henri Barth, Ton Valk.

Grusse, Jeroen
 
Hallo @Suedhesse : Es wäre ein Liebhaberobjekt, weil die Form fasziniert. Dazu hat die Verkleidung erstaunlich wenige sphärische Flächen, ein Nachbau wäre also mit entsprechendem Einsatz von Zeit und Geld möglich
Aber wäre es das wert? Dann lieber ein Modell bauen, das ins Regal stellen und aktuellere VM fahren.
 
Fahr mal mit ein vollig ungefederten Trike mit hochdruck reifen mit 50 km/h uber irgend eine ruppige strasse und es wird klar das federung am Velomobil notwendig ist.

Grusse, Jeroen
 
Den Begriff "Velomobile" hat laut verschiedenen Quellen der litauische Professor V. Dovydenas 1975 für verschiedene drei- und vierrädrige, teils verkleidete Liegeräder verwendet. Ich habe ein entsprechendes Buch dieses Autors mit dem Titel "Velomobile" vorliegen, war aber über den Inhalt etwas enttäuscht, weil die darin abgebildeten Verkleidungen vor allem Zeichnungen und Konzepte waren. In meinen Augen war das Cyclodyne eines der ersten Velomobile gemäß der heutigen Definition: Vollverkleidet, stromlinienförmig und mit dem Ziel der Alltagstauglichkeit.
 
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