Risiko Carbon Gabel am Liegerad

Hallo Zusammen, nach einem Hinweis von @Schlafradler zum Risiko von günstigen Carbongabeln aus China (von der ich eine an meinem Highracer verbaut habe) habe ich mal recherchiert was Brüche von Carbongabeln bei Ups angeht. Scheinbar gab es in der Vergangenheit bei vielen großen Herstellern hier immer mal wieder Probleme und das Hauptproblem scheint die Klemmung zwischen Vorbau und Gabelschaft zu sein, an der die Gabelschäfte gerne brechen.

Made in China darf man glaube ich heute nicht mehr pauschal verurteilen. Bei meiner Gabel handelt es sich auch um eine Gravel Gabel, die ja etwas mehr aushalten können sollte wie ne Rennrad Gabel.

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Wie ist eure Erfahrung mit Carbongabeln am Liegerad. Schätzt ihr die Belastung höher oder niedriger ein als beim Up ? Hatte jemand mal einen Bruch einer Carbon Gabel am Liegerad ? Kündigt sich so ein Bruch langsam mit Rissen und geräuschen an oder bricht so eine Gabel plötzlich?

Bin auf eure Meinungen/ Erfahrungen gespannt :-)
 
@Madde85 Ja das Problem hatte ich auch mit meinem Optima Lynx und 1 Zoll Steuersatz. Hab mir dann mal zwischenzeitlich eine 20 Zoll Starrgabel aus Stahl von einem Lastenrad geholt. War das einzige was ich an 1 Zoll Starrgabeln mit Scheibenbremse Aufnahme gefunden habe. Die war aber so schwer wie ne Federgabel. In der Zwischenzeit fahre ich wieder Federgabel. Bei Interesse suche ich gerne den Händler und Name der Gabel raus
 
Carbon Gabeln werden halt auf leicht leicht leicht gebaut, weil damit prima geworben werden kann. Ich würde aber auch von ausgehen, dass selbst günstig Gabeln nicht pi-mal-daumen gebaut werden und auch grundsätzlich auf Ermüdung und Bruch getestet werden. Aus dem gleichen Werk kommen bestimmt auch Gabeln, die für mehrere hundert Euro verkauft werden. Aber man weiß nicht was hinter den Marken die auf Aliexpress / Ebay verkauft werden wirklich dahinter steckt. Da werden ja gleiche bis sehr ähnliche Gabeln unter verschiedenen Marken angeboten.

Die Belastung beim Liegerad dürfte ja eigentlich geringer sein, im Gegensatz zu einem Gravel oder Rennrad wo man z.B. im Wiegetritt oder beim Sprint schon ganz gut am Lenker zieht. Die Extrembelastung hat man beim Liegerad eher weniger.

Ich schreib allerdings auch nur was ich mir so dazu denke. Vielleicht hat hier jemand fundierte Erkenntnisse zu dem Thema.
 
Wie ist eure Erfahrung mit Carbongabeln am Liegerad.
Eigene Erfahrung kann ich jetzt nicht anbieten. Aber das sind auchimmer nur Einzelfälle. ;)

Made in China darf man glaube ich heute nicht mehr pauschal verurteilen
Korrekt. Vieles, was von "westlichen Marken" vertrieben wird, wird in China hergestellt oder ist gar ein gerebranderes OEM-Produkt. Und immer mehr chinesische Marken machen sich einen Namen als Lieferant von Qualitätsprodukten, während einst sichere Vertrauensmarken gelegentlich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Qualität schleifen lassen.

Schätzt ihr die Belastung höher oder niedriger ein als beim Up ?
Den Lenker belasten wir am Liegerad in der Regel weniger stark. Hat man eine lange Verlängerung auf dem Gabelschaft, mag dieser aber wieder die Belastung erhöhen. Dadurch, dass man auf dem Liegerad weniger gut das Vorderrad bei harten Stößen präventiv entlasten kann, mag unten die Belastung deutlich höher sein - außer man meidet stoßreicge Strecken wegen dieser Schwäche von Vorne herein viel mehr als auf dem Aufrechtrad. Dazu kommt noch ein bisschen mehr Gewicht und potentiell größere mögliche Bremskräfte wegen des niedrigeren Schwerpunktes. Aber ob das viel ausmacht..?
Also würde ich insgesamt ganz klipp und klar antworten: Kommt drauf an. :P

Kündigt sich so ein Bruch langsam mit Rissen und geräuschen an oder bricht so eine Gabel plötzlich?
Ich meine es so rausgehört zu haben, dass Carbon das Material ist, das kleine Schäden am besten bis zum plötzlichen Versagen vertuschen kann. Stahl verbiegt und lässt sich noch ein paar Mal zurück biegen. Aluminium verbiegt und bricht beim Zurückbiegen. Carbon bekommt kleine Risse, die sich ausbreiten, bis es die Last nicht mehr tragen kann.
Das sind natürlich nur tendenzen und man kann auch mit Metall mal ein Problem zu spät erkennen oder bei Carbon allmählich eine Änderung im Fahrgefühl vor der Katastrophe beobachten. Und dann kann ein Carbon-Teil wohl auch noch mit anderen Geweben sicherer gemacht werden. dann mag diese Gewebeschicht erhalten bleiben und alles ein Bisschen zusammen halten. Ob das bei einer Gabel viel bringt, wüsste ich jetzt aber nicht, wenn der Vorbau noch an der Gabel hängt, aber keine Drehung mehr übertragen kann. :unsure: Wenn die Gabelkrone auf einer Seite durch ist, mag es noch genug halb geben, dass das eine Gabelbein nicht runter fällt und alles blockiert, sondern man noch ohne Unfall anhelten kann. Wüsste jetzt nicht, dass irgend ein Hersteller solche zusätzlichen Gewebe verbaut - bei den günstigen Teilen, um die man sich überhaupt erst Sorgen macht, wohl eher nicht so.

Ich würde aber auch von ausgehen, dass selbst günstig Gabeln nicht pi-mal-daumen gebaut werden und auch grundsätzlich auf Ermüdung und Bruch getestet werden.
Naja. Qualitätssicherung ist der Bereich, in dem man am meisten Kosten einsparen kann, wenn man sich keine Sorgen um den Ruf der Marke oder rechtliche Konsequenzen machen muss. Da wird es also sonne und solche geben. Und auch bei sicher gefühlten Marken kommen QS Probleme mal vor.

Aus dem gleichen Werk kommen bestimmt auch Gabeln, die für mehrere hundert Euro verkauft werden.
Kannst es vielleicht auch mal haben, dass aus der gleichen Form / einer Kopie der Form das günstigere Produkt mit günstigerem Material, weniger Material und weniger Sorgfalt ein Produkt gabaut wird, das auf den ersten Blick ziemlich gleich aussieht, aber nicht die gleiche Performance (auch Haltbarkeit) bietet.
 
Die Belastung beim Liegerad dürfte ja eigentlich geringer sein, im Gegensatz zu einem Gravel oder Rennrad wo man z.B. im Wiegetritt oder beim Sprint schon ganz gut am Lenker zieht. Die Extrembelastung hat man beim Liegerad eher weniger.
Nicht unbedingt. Bei starken Bremsungen ist das Limit dann erreicht wenn das HR abhebt. Das passiert beim Liegerad mit seinem niedrigeren Schwerpunkt erst später. Und du kannst anders als beim Upright die Laufräder nicht durch materialschonende Fahrweise entlasten.

Die einzige Carbongabel die ich bisher brechen sehen habe war die Gabel an Ymte's RazzFazz ca. 2002 in Lelystad. Er kam bei geringer Geschwindigkeit versehentlich mit dem Vorderrad in den schmalen Kabelkanal auf der Innenseite des Tracks und beim Versuch da wieder rauszulenken brach das Gabelschaftrohr am Gabelkopf durch. Er ist ohne Verletzung wieder aufgestanden.
 
Ich meine es so rausgehört zu haben, dass Carbon das Material ist, das kleine Schäden am besten bis zum plötzlichen Versagen vertuschen kann. Stahl verbiegt und lässt sich noch ein paar Mal zurück biegen. Aluminium verbiegt und bricht beim Zurückbiegen. Carbon bekommt kleine Risse, die sich ausbreiten, bis es die Last nicht mehr tragen kann
@HenriP danke dir für die ausführliche Antwort und natürlich auch den anderen für eure Einschätzungen :)

Beruhigt mich erstmal, dass hier im Forum scheinbar nicht andauernd Carbongabeln brechen und prinzipiell davon abgeraten wird ;)

Die Aussage aus dem Up Bereich war, dass Materialermüdung sich auch beim Carbon ankündigen und oft entdecken lassen wenn man denn nachschaut.


Gerade falsche Klemmungen und punktuelle Überlastungen arbeiten sich scheinbar langsam von außen nach innen in das Material vor bevor es zum Bruch kommt und sind erkennbar.

Mein subjektives Gefühl ist, dass ich vor allem mit dem ungefederten Liegerad bei unebener Fahrbahn und Bordsteinkante deutlich langsamer fahre und diese eher vermeide wie auf dem Up, da Unebenheiten liegend deutlich stärker reinhauen und der Kontrollverlust gefühlt früher kommt wie auf dem Up. Wie schon angemerkt glaube ich auch, dass die Belastung auf den Lenker beim Liegerad geringer ist wie beim Up z.B. im Wiegetritt, auf der anderen Seite die Belastung höher beim Bremsen durch den niedrigen Schwerpunkt.

Bei mir geht der Carbon Gabelschaft ziemlich weit in den Riser rein und wird von außen über die ganze Länge und an der Lenker / Vorbau Klemmung formschlüssig durch ein - zwei Aluminium Rohre gestützt. Hier mach ich mir keine sorgen. Eher Sorge hätte ich, am Steuersatz, dass sich das untere Lager und der Klemmring am oberen Lager bei loser Gabel, Überlastung oder mit der Zeit ins Carbon fressen könnten.

Meine Strategie wird wohl sein, dass ich die Gabel und den Schaft im speziellen in der Anfangszeit immer mal wieder, nach übersehenen größeren Schlaglöchern und später in regelmäßigen Abständen (jährlich) ausbauen und mir auf Beschädigungen anschaue werde. Hoffe das bewahrt mich vor dem Ernstfall ;) wenn die subjektive Angst bestehen bleibt kommt halt wieder ne Alu Gabel rein
 
Die Aussage aus dem Up Bereich war, dass Materialermüdung sich auch beim Carbon ankündigen und oft entdecken lassen wenn man denn nachschaut.
Ja gut, wenn man die Teile extra auf Schäden untersucht, dann ist die Chance, sie rechtzeitig zu bemerken natürlich deutlich höher. Für mich ein unrealistisches Szenario, aber as mag an mir liegen. ;)

in der Anfangszeit immer mal wieder, nach übersehenen größeren Schlaglöchern und später in regelmäßigen Abständen (jährlich) ausbauen und mir auf Beschädigungen anschaue
Häufiger Ausbau und neues Klemmen ist aber auch ein wichtiger Faktor für vorzeitigen Verschleiß, oder? :X3:
Habe das noch nie so in irgendwelchen Ratgebern gehört, kann mir aber spontan gerade vorstellen, dass Schäden nach einem Sturz oder Stoß auch mal bei unverzüglicher Kontrolle noch unerkannbar klein sind und sich mit der Zeit erst auf erkennbare Größe ausbreiten. Was sagen die Fachleute? Und dann jedesmal zwei Mal ausbauen ist bestimmt nicht gut. :unsure:
 
Häufiger Ausbau und neues Klemmen ist aber auch ein wichtiger Faktor für vorzeitigen Verschleiß, oder? :X3:
Guter Punkt... Da hast du sicherlich auch Recht. Ein gesunder Mittelweg stellt sich faulheitsbedingt nach anfänglicher Verunsicherung und den ersten Inspektionen (hoffentlich ohne Verschleiß und Ermüdungsspuren) ggf. von selbst ein ;)

Vielleicht macht eine erste Kontrolle nach 500 - 1000 km Sinn und dann im jährlichen Turnus
 
Ein Teil, das bei Carbongabelschäften auf keinen Fall verbaut werden sollte, ist der Microspacer, eine dünne Unterlegscheibe unter der oberen Steuersatzkappe. Dieser Spacer soll für den richtigen Abstand der Kappe zum Steuerrohr sorgen, damit die Kappe nicht auf dem Lack schleift. Bei Carbonschäften kann diese dünne Scheibe aber den Schaft im Lauf der Kilometer rundum anritzen.
 
Am Giro 26 ATT ist mir eine Gunsha Wettkampf Gabel bei einer Vollbremsung am Radweg an beiden Schenkeln durchgebrochen. Die Gabel war neu, wurde nur kurz gefahren. Das Geld habe ich nicht zurückerhalten, weil der Hersteller irgendwas schrieb von wegen „ komische Liegeräder kann ja nicht halten“ „das ist eine WETTKAMPFGABEL“ „warum postest Du den Namen der gebrochenen Gabel in einem Internetforum!?!11“

Meinen Beitrag von damals hier im Forum konnte ich grad nicht wiederfinden. Ist schon 10 Jahre her.

edit: hier (zum Anwalt bin ich deshalb nicht gegangen, die Gabel landete im Müll und ich fuhr eine Alu-Gabel und später eine schwerere Carbongabel ca. 700 gr, die hielt dann auch)
leider ist der Link dort zu "unsere zerstörten Teile" ein Deadlink, warum auch immer.
 
Zuletzt bearbeitet:
Offtopic: In meinem Umkreis sind 2 Stahlgabeln gebrochen, beide völlig ohne Ankündigung. Geht also auch.

Ich vertraue im Zweifelsfall Stahl immer noch am meisten. An den Tandems fahren wir daher nur Stahlgabeln. Das Mehrgewicht schleppe ich gerne mit, schließlich muss ich auch für meine Tochter mit treten. Da kommts auf die Gabel nicht mehr darauf an.

Lg!
georg
 
Hier werden 2 wesentliche Dinge vermischt, die m.E. einen gravierenden Unterschied darstellen:
Carbongabeln namhafter Hersteller, die in China fertigen lassen, und Chinagabeln.
Erstere besitzen ein schlüssiges Qualitätsmanagementsystem, da ihnen ansonsten mögliche Regressansprüche den Hals brechen könnten, letztere bauen Carbongabeln nach Gusto ohne jegliche Haftungsansprüche.
Das ist denen gänzlich egal wenn Du Dich damit lang machst, was soll man auch anderes bei solchen Preisen und Vertriebswdge über Mega-Ramschläden, die von 1 Cent Teilen bis zu kompletten Leichtfahrzeugen wahllos alles handeln, erwarten?
Das bedeutet nicht, dass im ersten Fall nix passieren kann, aber Du hast einen Ansprechpartner mit Namen und Gesicht, keine Hinterhofklitsche in der unter haarsträubenden Bedingungen alles mögliche zusammengebrutzelt wird. Das muss nicht per se schlecht sein, bei sicherheitsrelevanten Teilen wäre mir das aber zu gefährlich und die „Geiz ist geil“ Mentalität kann schnell ihr jähes Ende im Asphalt finden. Ich kenne verschiedene Threads von Chinagabeln, die weggebrochen sind wie Streichhölzer, kann man sich schnell ergoogeln (insb. auch in Englisch).
Im Zweifel mal zwei Sack Zement drauflegen, Bremse voll anziehen und dann dagegen drücken.
 
MMn muss eine Carbongabel am LR mehr aushalten als am UP. Der UP- Radler kann Stösse aktiv anfangen, der LR- Radler kann dass nicht. Geht alles voll ins Material. Die Bremsleistung des abgebildeten LR wird ähnlich eines Ups sein. Da droht - denke ich - keine Gefahr Der lange Hebel des Vorbau muss nicht zwingend nachteilig sein, aber bei falscher Belastung ( Sturz, Abstützen uä) um so mehr.
Häns
 
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