AW: Liegerad- und Velomobilbrunch 6.0 - Quest in der FR
Ein Quest hat es am 10.06.2008 in die Frankfurter Rundschau geschafft:
Printausgabe: Seite 36, Rubrik "Magazin"
Online:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?cnt=1348090
"Rennzäpfchen - Unterwegs mit dem Velomobil
VON DETLEF SUNDERMANN
Ulrich Klee im Quest (Detlev Sundermann)
Ulrich Klee muss bei seiner Fahrt zum Büro stets zum Lächeln bereit sein. "An Ampeln werde ich aus Autos heraus fotografiert, Jugendliche zücken beim Vorbeifahren ihr Fotohandy", sagt der 50-Jährige. Nach 4000 Kilometern und einem guten Jahr fast täglicher Fahrt mit seinem Spezial-Mobil kann er Dutzende Anekdoten davon erzählen, wie er mit dem "rasenden Wassertropfen" für Aufsehen und Lacher sorgte.
Doch am Ende hat Klee das Lachen: Sein kanariengelbes Tretmobil mag seltsam aussehen, aber es ist auf dem neuesten Stand der Aerodynamik und Mechanik - und vereint so alle Vorzüge von Fahrrad und City-Flitzer. Und es fährt ganz ohne Sprit. "Ein Segen bei den Benzin-Preisen!"
Womöglich muss man sich also darauf gefasst machen, dass das Gefährt sich auch auf deutschen Straßen ausbreitet. Und es ist tatsächlich ein skurriles Bild: Eine zäpfchenförmige Kapsel fegt auf drei Rädern über die Straße, darin liegt, bis zur Nase verschwunden, Ulrich Klee. Rücklings fliegt er in dem kaum schreibtischhohen, 2,85 m langen und 76 cm breiten Rumpf von Hanau nach Frankfurt. "Auf ebener Straße hat der Tacho im Windschatten eines Transporters schon mal 48 km/h gezeigt", sagt er. Aber auch ohne solche Hilfe und mit reiner Pedalkraft seien "gut 40 km/h drin". Ein Auto brauche er nicht mehr für die 50 Kilometer, die er am Tag zurücklege.
Obwohl Klee keine Jockey-Figur hat - nach eigener Aussage wiegt er 130 Kilogramm -, bleibt in seinem Rennzäpfchen Platz für eine große Wasserflasche, eine Tasche und den Akku im Genick, der Scheinwerfer, Blinker und Hupe versorgt. Letztere ist besonders wichtig: "Vor allem Radler, die träumend am Main-Ufer entlang fahren oder über mich staunen, fahren oft fast in mich rein", sagt Klee. Ist die Batterie leer, pfeift er sich auf den Fingern die Bahn frei.
Aufs Velomobil, das sich in Holland schon großer Beliebtheit erfreute, kam der IT-Techniker aus dem hessischen Hanau bereits Mitte der 90er: "Ich suchte lange ein umweltschonendes Fahrzeug", erzählt er. Er war vom Sport- aufs Liegerad gekommen, das er bald mit Regenplanen überzog, um dem Wetter zu trotzen. 1995 entdeckte er das Velomobil "Lightning F40". Der nach einem Kampfjet benannte Zweiräder war zehn Stundenkilometer schneller als ein Sportrad. Nur Seitenwind ab Stärke 5 trug ihn aus der Spur. Der Nachfolge-Treter "Quest" muss den Wind nun nicht mehr fürchten. Selbst als Orkan Kyrill übers Land fegte, trat Klee munter in die Pedale. Kein Wunder, hatten die holländischen Erbauer die Karosserieform eigens im Windkanal getestet und mit drei gefederten Rädern sowie einem langen Radstand für Spurstabilität gesorgt.
In den Niederlanden ist das Velomobil eine Erfolgsgeschichte: Vor sieben Jahren machten sich die beiden Flevobike-Mitarbeiter Ymte Sijbrandij und Allert Jacobs in Dronten mit der Idee selbständig, ein alltagstaugliches vollverkleidetes Pedalfahrzeug zu entwickeln und zu produzieren. Inzwischen rollen rund 300 "Quest" aus der kleinen Manufaktur weltweit auf den Straßen.
Wer in Deutschland Velo-Pionier sein will, muss jedoch leiden: 5800 Euro kostet ein "Quest" - realsozialistischen Lieferzeiten von drei Jahren. Die Bestellliste ist zurzeit 195 Namen lang."