Radius "Zugvogel"?

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Ich bin auf ibäh auf folgende Anzeige gestoßen: Klick!
Das Rad ist nicht wirklich sensationell, aber die Geschichte dazu ist mir neu. Als Fan der Münsteraner Sänften finde ich sie natürlich richtig spannend. Ich dachte immer, dass Radius seine klassische Reihe um C4 / Red Pepper / Viper und Hornet / 16V erweitert hätte, dann noch versucht hätte, das PG mit einem Schalensitz zu modernisieren, aber dann irgendwann unterging.
Von einer Serie mit FS 3*7, 406-er Vorderrad, Cantilever Mittelzugbremsen und anderem Namen habe ich noch nie etwas gehört. Das inzwischen nicht mehr auf ibäh-Kleinanzeigen angebotene PG aus der Pedalwelt hatte ja auch ein 406-er Vorderrad, das macht die Sache zumindest teilweise glaubwürdig.
Schwierig bei dem Rad ist, dass die Sitzfläche mit Spannbändern mehr funktional als original nachbespannt wurde, ebenso wirken die Schaltelemente und Bremsgriffe nicht mehr original bzw. sind irgendwie zusammengefrickelt (mein Alleweder A2 hat auch eine 3*7, aber zwei Drehgriffe) und die Plakette mit der Produktionsnummer fehlt am Steuerkopfrohr. Dazu ist kein Radius-Aufkleber auf dem Oberrohr. Das macht einen Nachweis natürlich schwierig.
War das Rad vielleicht als Rahmen aus der Konkursmasse und ist dann eigenständig ausgestattet worden, oder ist der Verkäufer einer wilden Geschichte aufgesessen?
Kann mir jemand mehr dazu sagen? Es interessiert mich einfach.

Viele Grüße, Martin
 
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Also wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, stammt der Zugvogel aus der Kopistenschmiede von Nils Palm und hat mit dem PG und Radius nichts zu tun, außer dass das Rad als Vorbild herhalten musste. Nils Palm hatte wimre noch zwei weitere Räder im Angebot, einen Abklatsch der Streetmachine und das Gecko, das heftig an das Wavey angelehnt war. Ich glaube, HP-Velotech ging deswegen sogar vor Gericht.
Das Rad an sich aber macht gar keinen schlechten Eindruck, zumindest rein äußerlich.
 
Danke für Deine Antwort, @Kurt !
Das klingt plausibel, zumal - wie schon gesagt - die Herstellerplakette fehlt. Es gibt immer noch eine sehr alte und inzwischen nicht mehr vollständige Homepage von Nils im Netz, auf der er auch auf Radiuslieger eingeht.
Ich bin mit meinen Originalen zufrieden und optmiere die behutsam.
 
Also, wer schon behauptet, dass Fichtel und Sachs eine Nürnberger Firma gewesen sei, der hat auch noch andere Märchen auf Lager.

Auf der Webseite des ADFC Hannover findet man folgenden Auszug aus einem Artikel von 1997:

Als absoluter Preisbrecher trat Velofun aus Durlangen auf. Die Konstruktionen scheinen von anderen Herstellern "entliehen", die Rahmen in fernöstlichen Ländern produziert und die Ausstattung (Licht, Schaltung, Lagerungen, Bremsen) einfacher und billiger. Das Modell Wind ähnelt der Street Machine, bietet jedoch eine hydaulisch gedämpfte Hinterradschwinge und soll in vier Ausstattungsversionen zwischen 2400 und 3600 Mark kosten. Das Waoo ähnelt dem Wave CT-Xpress, und ein Plagiatsvorwurf soll bereits ein Gericht beschäftigen. Wird der Vertrieb des Waoo nicht untersagt, soll es in zwei Versionen für schlappe 1300 beziehungsweise 1700 Mark zu erstehen sein. Der Velofun Langlieger Zugvogel ähnelt dem edlen Peer Gynt, dem klassischen Langlieger von Radius. Der Zugvogel kostet aber statt über 4000 nur 2200 Mark.

Gruß Fetzer

P.S. Wenn man den Text der eBay Anzeige ganz genau liest, dann behauptet der Verkäufer nicht wörtlich, dass das Rad von Radius sei. Sehr geschickt formuliert.
 
Also, wer schon behauptet, dass Fichtel und Sachs eine Nürnberger Firma gewesen sei, der hat auch noch andere Märchen auf Lager.

Auf der Webseite des ADFC Hannover findet man folgenden Auszug aus einem Artikel von 1997:



Gruß Fetzer

P.S. Wenn man den Text der eBay Anzeige ganz genau liest, dann behauptet der Verkäufer nicht wörtlich, dass das Rad von Radius sei. Sehr geschickt formuliert.
Yoi, das ist richtig spannend. Und der Text ist wirklich geschickt formuliert, das stimmt. Er spricht von einiger Fachkenntnis.
Dann sollen andere damit Spaß haben. Der Gag ist nur, in den Kleinanzeigen aktuell sechs reale PG angeboten werden, davon vier zu einem niedrigeren Preis und eines von denen sogar mit Frontverkleidung.
 
Auf der Webseite des ADFC Hannover findet man folgenden Auszug aus einem Artikel von 1997:
Also ich habe jetzt nach Sichtung dieses Artikels etwas zu der Auseinandersetzung zwischen Velofun und dem Entwickler des Wavey recherchiert und es folgendermaßen aus: Das Waoo war die Kopie des Waveys, es kam aber zu einem Vergleich vor Gericht, nachdem Velofun erklärte, das Modell weiterentwickelt zu haben. Das war dann das Gecko, das dem Wavey allerdings immer noch ziemlich ähnlich sah. Nachzulesen in ProVelo 50, habe ich zumindest vor ca. 20 Jahren hier mal behauptet. Fast alle meiner ProVelos habe ich leider inzwischen verschenkt, aber ich würde sicherlich nicht lügen.:)

Dass die Jungs von HP-V ein Dreirad jetzt "Gekko" nennen, könnte man eventuell als Rache interpretieren, nach dem Motto "Wer zuletzt lacht, lacht am besten!" Allerdings werden diese Anspielung nur sehr wenige verstehen.

Die Streetmachine-Variante von Velofun (Palm) hieß übrigens "Wind".

Und vor 19 Jahren habe ich bereits auf de.rec.fahrrad geschrieben, dass die Langlieger von Radius so etwas wie einen Oldtimer-Status genießen.
Jetzt, weitere 20 Jahre später, geht es allmählich in den archäologischen Bereich über. Gerade das Dino wird seinem Namen mit jedem Tag mehr gerecht. Oder auch nicht, denn von Aussterben kann bei unseren Dinos ja wohl kaum die Rede sein. Alt, gut und unverwüstlich. Sie laufen und laufen und laufen... :)
 
@Kurt :
Danke für Deine Gedächtnisrecherche! An das "Wind" erinnere ich mich auch noch. Ich glaube, ich habe sogar mal eines im Original gesehen, fand es aber in Sachen Finish nicht ganz so seriös und vertrauenerweckend gemacht wie die PGs, die ich damals schon getestet hatte. Ich habe in den 90-ern nach dem Motto "Wenn man´s richtig macht, dann soll man´s auch richtig richtig machen!" stattdessen mein Radius Dino gekauft, das damals gebraucht 1200,00 DM kostete und bis heute gelegentlich zum Einsatz kommt. Wenn das PG nicht so eine herrliche Sänfte wäre, dann liefe das Dino vermutlich immer noch im Alltag.

Als Fälle für die Archäologie sehe ich meine Langlieger nicht an, da ich sie, wann immer sinnvoll - also ziemlich oft - fahre und sie nichts von ihrer Praxistauglichkeit eingebüßt haben. Wie Du schriebst: Sie laufen und laufen und laufen... Mit Ausnahme des 440-er Vorderrads benutzen sie Standardteile bzw. solche, deren Nachfertigung keine allzu hohen handwerklichen Anforderungen stellt. Und sie erregen, wie erst kürzlich wieder erlebt, immer noch Bewunderung ob ihrer auch von Außenstehenden als sehr ästhetisch erlebten Geometrie.
Die Umstellung des problematischen 440-er Vorderrads auf 406 ist übrigens nicht allzu schwierig und wenn man schmale Felgen und Reifen verwendet, dann bleibt ihre Ästhetik auch erhalten. Dahingehend habe ich meinen Originalitätsfetischismus teilweise aufgegeben.
 
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Wäre es nicht besser, sie würden fahren und fahren und fahren?
Nein, ich schrieb ganz bewusst „laufen“. Schließlich heißt es „lange läuft“, und nicht „lange fährt“. Nicht nur wegen der Alliteration, sondern vor allem auch, weil „laufen“ das aktive Moment viel stärker betont, als „fahren“, das eher an passiven Transport in einem Motorvehikel denken lässt.

Außerdem erwähnte ich hier schon des Öfteren, dass ich mein Dino „Rosinante“ getauft habe, und Pferde pflegen nun mal zu laufen.
Siehe auch: "Alles läuft bestens." und "Wo laufen sie denn?"

Und wenn wir HPV etwas frei mit "horse powered vehicle" übersetzen, ist das Video hier sogar fast ontopic. ;)

 
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