Es gibt noch so einiges interessantes zu berichten. Maßgeblich zu drei Themen:
1) Trike (Details, ausstehende Arbeiten, weitere Entwicklung)
2) Ausrüstung und Kleidung
3) Allgemeines
Unterwegs dann auch noch eine kleine Geschichte. Ich werd das jetzt Stückweise und ungeordnet einbringen. Da ich noch Detailfotos machen muss, erst mal ein allgemeines Thema, das mir am Herzen liegt:
Ode an die Langsamkeit
In jungen Jahren lag bei mir vor, was ich bei vielen Radfahrern beobachten kann: ein innerer Drang, schnell zu fahren. Ein kleiner Dämon, der keine Ruhe gibt. Das Problem daran ist, dass Fahrradfahren dann auch immer anstrengend ist, was auf Dauer frustrierend und kontraproduktiv sein kann.
Dann kam mein Sohn und etwas später der erste Fahrradanhänger. Damit hatte ich dann oft zwei Kinder hinten dran, Gepäck wie zum Beispiel Schwimmsachen und Fressalien noch dazu, im hügeligen Aachen. Dass ich mein Fahrverhalten natürlich jetzt maßgeblich an Sicherheit anzupassen hatte, war klar. Schnell wurde mir aber auch klar, dass das nicht reicht. Es kann nicht sein, dass ich zum Beispiel einen Berg hochhetzte und dann eventuell nicht mehr richtig handlungsfähig bin, wenn plötzlich was mit den Kindern ist. Also kam die "Einschränkung", dass ich zu keiner Zeit außer Atem sein darf, immer und zu jeder Zeit voll handlungsfähig sein muss, auch bzw. gerade, wenn plötzlich was Schlimmes passiert.
Damit kam die Entdeckung der Langsamkeit. Plötzlich war Fahrradfahren gar nicht mehr anstrengend. Anstiege, die sonst schreckten, verloren selbigen, es spielte keine Rolle mehr. Schön gemütlich hoch. Und da plötzlich nichts mehr schreckte, fuhren wir immer öfter und immer weiter. Weite Distanzen zurücklegen zu können und oft zu fahren ist auch eine Form von Geschwindigkeit. Langsam zu fahren hat mich schneller gemacht.
Als es dann mit Campingtouren los ging, habe ich mir das gleiche Prinzip zunutze gemacht. Vor ca. 1,5 Jahren konnte ich im Ergebnis mit meinem Randonneur dann pro Tag 120 bis 150 km ohne Anstrengung fahren, beliebig viele Tage hintereinander. Wohlfühlen zu jeder Zeit (außer am Anfang, wo Hintern und Schultern schwer erträglich waren). Es kamen bei langen Fahrzeiten auch mal deutlich über 200km zusammen, allerdings dann am Folgetag weniger. Aber selbst dieses weniger, also viele Pausen, gemütlich rumtrödeln, summierte sich dann auf 80km. Und ohne am Vortag 250km gefahren zu sein war es kaum noch möglich, unter 100km zu schaffen. Irgendwie kamen die immer mindestens zusammen, selbst wenn ich den ganzen lieben langen Tag nur rumgetrödelt bin.
Mit der steigenden Fitness kamen dann auch die Kapazitäten, wieder schnell fahren zu können. Jetzt aber nicht von einem inneren Dämon getrieben, sondern aus Spass an der Freud. Und auch nur dann und nur so lange. Und das macht dann richtig Freude. Insgesamt ist es einfach toll, mitzubekommen, was auf einmal alles geht.
Wichtig ist mir deswegen, ein Fahrrad zu haben, dass sich besonderns gut langsam fahren lässt. Tatsächlich geht das mit wenigen Fahrrädern gut. Es braucht viel zu viel Kraft zum langsam fahren, das hinterlässt ein unbefriedigendes Gefühl, fördert Ungeduld. Mein Randonneur hingegen ist da mittlerweile das Beste, was ich bisher fahren konnte. Beim rumtrödeln habe ich immer das Gefühl, das Ding fährt von alleine. Das Trike geht in die richtige Richtung, aber da steht noch Detailarbeit aus, das geht noch besser, am Ende wahrscheinlich besser noch als mein Randonneur. Bevor man sein Rad auf Geschwindigkeit optimiert, optimiere ich es lieber erst mal auf Langsamkeit.
Meinem Sohn habe ich das auch beigebracht. Und siehe da - keine Probleme, auch nicht am Berg. Anderen Kindern, die mitgefahren sind, ebenso. Geduld, innere Ruhe, Gelassenheit. Besonders am Berg. Und siehe da, sie kamen plötzlich problemlos hoch, wo sie sonst früh scheiterten. Obige Fiebertour mit meinem Sohn: klar hatte ich kein Thema. Dass ich mich jetzt besonders schonen muss, schien mir logisch. Fahren ohne Anstrengung ist meine Spezialität, also weiter geht's.
Aus verschiedenen Gründen hatte ich quasi jetzt 1,5 Jahre Radpause. Egal. Jetzt geht's wie im trainierten Zustand weiter: ganz langsam
. Und am Ende war bisher noch jede Tour lohnenswert, egal, ob das angepeilte Ziel erreicht wurde oder nicht. Auch davon lass ich mich nicht unter Druck setzten. Und wenn mich, zugespritzt formuliert, unterwegs ne alte Oma mit Rollator überholt, ist das völlig in Ordnung. Am Ende hatte ich einen schönen Tag und meine Reichweite (=Geschwindigkeit) steigt Stück für Stück von ganz alleine, bis ich wieder Probleme bekomme, überhaupt noch unter 100km/Tag zu schaffen. Und untrainiert komme ich mit Trike schon mal auf jeden Fall weiter als mit dem Up. Wie sich das trainiert verhalten wird, muss sich zeigen, wahrscheinlich weniger ausgeprägt aber immer noch.
Knie, Schaltung, Lastspitzen
Gelenke wollen bewegt werden. Bewegt man sie nicht oder zu wenig, kommt es zu Funktionseinschränkungen. Viele Gelenkleiden haben ihren Ursprung nicht etwas in zu viel Nutzung sondern im Fehlen derselben. Auch wollen und können Gelenke belastet werden. Natürlich gibt es einen Punkt des "zu viel", wo das ins Kontraproduktive umschlägt. Aber grundsätzlich kann man auch dem Knie Lasten zumuten, das kann sehr gut sein. Körpergefühl ist hilfreich.
Knie und Liegerad sind ja immer wieder ein Thema. Das Thema korreliert natürlich bestens mit meiner schnellen Langsamkeit. Ich habe mir zunächst einmal für den Aufbau eine passende Übersetzung genommen, dieser Antrieb wird dann wohl auch später ans Gästetrike wandern, austrainiert kommt für mich dann ein anderer Antrieb. Hinten habe ich bei 20"-Rad 11 Gänge mit 11-32. Wichtig ist auch, schön feine Abstufungen zu haben, daher 11-fach. Vorne habe ich 53/39, möchte das kleine Blatt aber noch gegen ein 36er tauschen. Damit habe ich jetzt und später meine untrainierten Gäste ideale Voraussetzungen.
Damit kann man vor allem Lastspitzen vermeiden und die Gangschaltung unterstützt gleichmäßiges Fahren, was besonders wichtig ist. Das fängt beim Anfahren an. Nicht nur im relativ kleinen Gang, sondern auch nicht ruckartig oder so, schön langsam anfahren, mit Gefühl, gleichmäßig, langsam schneller werdend. Und dann viel mit der Gangschaltung arbeiten, tendenziell bei niedrigen Gängen, dann hoch, einen nach dem anderen, bis es sich nicht mehr gemütlich anfühlt, dann nämlich sofort wieder runter. Je nach Strecke kann man sich wunderbar Gang für Gang hoch schalten und wird schnell, ohne sich groß zu belasten. Bodenunebenheiten glätten, etc. Aktiv mit der Gangschaltung arbeiten macht effizient und schont einen. Schaltfaulheit ist kontraproduktiv. Schonend fahren ist gerade im untrainierten Zusatnd ganz besonders wichtig. Richtig intensives Weicheiprogramm bringt einen weiter. Warmduscher sind willkommen. Wem muss man was beweisen?
Bei der Testtour hatte ich einige brutale Anstiege, einmal im Ort, wo ich mich zurückhalten musste, sonst draußen, keine Menschenseele, keine soziale Hemmnis, ich konnte schnaufen und athletische Kraftäußerungen von mir geben ohne drüber nachzudenken. So was zu schieben ist alles andere als eine Schande sondern gerade anfänglich empfehlenswert. Die Kraft kann man woanders sinnvoller einsetzen. Ähnliches auch bei kräftezehrenden Böden. Hier habe ich es mir aber voll gegeben, aber immer darauf achtend, keine Lastspitzen rein zu bekommen, sanft und gleichmäßig. Zwei mal hab ich auch einfach im Berg die Bremsen gezogen und mich ausgeruht, Kräfte gesammelt. Das geht mit Trike natürlich super.
Unterwegs machte sich mein rechtes Knie druchaus bemerkbar. Zum Teil habe ich das mit Links ausgeglichen, aber nur sehr geringfügig, um zu vermeiden, dass ich jetzt das linke Knie überlaste. Größtenteils ausgeglichen habe ich es durch besondere Konzentration auf sanftes schonendes Fahren. Im Hostel dann bei den Treppen habe ich beide Knie sehr deutlich gespürt. Das hat sich aber nicht schädlich oder so angefühlt, eher wie ein Muskelkater. Ich kannte das noch sehr gut von meinen Füßen, da ich ja gerade auf Barfussschuhe umgestiegen bin. Muskeln, Sehnen, alles muss sich erst ausbilden, das spürt man dann auch. Am nächsten Tag war es dann auch wieder gut. Wäre ich weitergefahren, wäre ich aber noch sanfter und vorsichtiger gefahren, hätte spätestens jetzt oben beschriebene Anstiege höchstwahrscheinlich geschoben.
Und im Zweifel: noch langsamer fahren. Da kann man sehr weit mit kommen und hat viel Spass unterwegs. Das erlaubt einen auch, anspruchsvolle Wege zu wählen, die halt oft schöner sind. Ohne inneren Dämon gewinne ich viel. Vor allem Freiheit.
Und es ist auch egal, was andere über Spitzen- und Durchschnittsgeschwindigkeiten schreiben. Das ist alles toll, hilfreich und interessant. Aber ich habe meine Geschwindigkeiten und es gibt nicht den geringsten Anlass, sich verunsichern zu lassen, weil man meint, vergleichsweise zu langsam zu sein. Sich gar deswegen die Freude zu rauben kann keinen Sinn ergeben.