Mein Einstieg in die Welt der Velomobile...

E

eddywhy

Liebe Freunde des guten Tortengeschmacks,

ursprünglich habe ich mich 2018 in diesem Forum angemeldet, weil ich nach einem Reiseradkonzept gesucht habe. Dieses sollte nicht nur Telemetriedaten und Medien während der Fahrt erzeugen können, sondern mich auch wartungsarm mit Assist deutlich über 100 km am Tag bringen. Die Umsetzung des Konzepts erfolgte schon im Beginn 2019 als ich mir ein gebrauchtes Trike kaufte und mir dann entsprechend meiner Bedürfnisse zu einem wirklich tollen Tourentrike um- und aufgebaut habe. Mein Trike fahre ich bis heute super gerne, auf ausgedehnten Radtouren, die bei mir auch gut mal ein paar Monate dauern können.

Seither bin ich recht regelmäßiger (spendender) Gast in diesem Forum und wurde nach und nach geimpft, welche Faszination ein Velomobil ausmachen kann. Aber das Einlassen auf dieses Thema war sehr schwer für mich. Das lag zum einen daran, dass mir die Fahrzeuge anfangs vom reinen Design nicht behagten, obendrein waren sie selbst gebraucht (und teilweise zerstört) shiceteuer. Ich konnte mir nicht vorstellen, für ein einseitig geschliffenes Zäpfchen mit Rissen im Gelcoat, welche aber keinen Einfluss auf die Funktion haben, mit 60.000+ km um die 4k € auf den Tisch zu legen... und immer wieder habe ich echte Menschen gesehen, die für komplette Ruinen Bares auf den Tisch gelegt haben... und zwar ganz schön viel Bares. Mir schien der Gebrauchtmarkt schlicht überbewertet. Es war für mich keine Alternative viel Ruine für viel Geld mit wenig Ahnung als Anfänger zu kaufen.

Eine weitere Einstiegshürde waren anfangs mit Sicherheit die Velomobilisten selbst, die relativ häufig mit.... naja... sagen wir mal Charakter auffielen. Also, da hatte ich irgendetwas zwischen Angst und nackter Panik mich dieser Gruppe zugehörig zu fühlen. Inzwischen sind mir aber auch ein paar ganz charmante (die schreiben eben nicht so laut) über den Weg gelaufen, die tiefenentspannt sind. Mehr und mehr lerne ich auch die Fachsprache und weiß inzwischen, was es heißt einen "HenriP" zu machen.

So verging nun eine Weile, in der ich über unzureichende Radaufhängungen gelesen, mich über die mangelnde Sichtbarkeit von Händlern gewundert habe und es mich gegraust hat, ein Velomobil im deutlich fünfstelligen Bereich zu kaufen, wenn ich doch das Selbstverständnis haben muss, dass ich es selbst nacharbeiten müsste. Mir fehlte schlicht das Vertrauen und dachte eher darüber nach mein Trike zu ersetzen, als ein Velomobil anzuschaffen. Nun kamen seit Dezember drei Faktoren zum Tragen. Zunächst waren keine Trikes oder schlicht auch kaum Custom-Teile lieferbar. So habe ich zwei(!) Aufträge storniert. Zum anderen hatte ich @Kid Karacho und @Düsentriebin schon ein paar Wochen durch das Forum gestalked. Mir fiel auf, dass Kid Karacho rein subjektiv endlich ein Händler war, der die Sichtbarkeit hatte, die ich mir wünschte und dass alle Personen, die sich hinter den Profil Düsentriebin verbergen, eine sehr geringe Reaktionszeit hatten, wenn es um grundsätzliche Mängel am Alpha 7 geht. Zusammen mit der Behebung und dem offenen Wort hat mir das zeitweise doch ziemlich imponiert.

Der letzte noch fehlende Impuls kam von einem rumänischen Fahrradmechaniker. Auf meine Aussage "ich will mir ein zweites Trike aufbauen", fragte er mich ziemlich trocken im feinsten Oxford-Englisch, was ich denn dann mit zwei Trikes machen würde. An dem Abend begann ich mit dem Alpha 7 Konfigurator zu spielen und mir zu überlegen, ob ich den Vertrauensvorschuss an Kid Karacho und die Düsentriebe vergeben soll. Selbst, wenn ich ein VM in Hamburg bestellen sollte, bleibe ich ein Pflegefall, weil das Teil nach der Veredelung wieder den Weg nach Rumänien finden muss. Alles nicht so einfach.

Am Ende habe ich vor gut einer Woche nun all meinen Mut zusammen genommen und habe ein Alpha 7 bestellt (orange-metallic mit schwarzer Haube). Dazu kommt jetzt noch eine AXS (kenne ich von meinem Trek MTB) und ein bisschen Lupine-Geshizzle. Vermisst: Bremslicht. Wenn das alles verbaut ist, kommt das VM wieder zu mir nach RO - wahrscheinlich im August. Ich kann, im Gegensatz zu anderen, Vorfreude nix aber auch rein gar nix abgewinnen. Derweil hoffe ich, Ihr ertragt mich noch eine Weile.

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Bis die Nächte
eddywhy
 
So schön geschrieben! :love:
Sehr treffend und mitreißend, da wird man ganz hippelig und fiebert mit.
Beim lesen nickt man immer wieder unwillkürlich und denkt, „ja, genau!“.

Und ja, es gibt hier schon äußerst schrullige Gestalten. :rolleyes:
Bisher war dir nur nicht klar, dass Du es irgendwie auch ein bisschen bist, und jetzt musst Du halt mit dem Wissen leben. :sneaky:
 
also,wenn Du das so siehst, hab ich letztes Jahr den Millenium Falken (HILGO) gekauft....:LOL:
Höy! Der Millenium Falcon ist alt, schon reichlich abgewetzt, an allen Ecken und Enden geflickt und hat den schnellsten Hyperdrive* auf dieser Seite der Galaxis. Das klingt doch etwas mehr nach der Nr. 65, oder? :cool:

*work in progress ;)
 
Der Millenium Falcon ist alt, schon reichlich abgewetzt
Genau. Und den fahre ich.
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Stimmt... hatte ich gar nicht mehr daran gedacht. Ich nehme Pink Floyd ... bevor ich assimilieren lassen. Na, hast das Raunen gehört? Falsche Serie.... Ihr Nerds.

Bisher war dir nur nicht klar, dass Du es irgendwie auch ein bisschen bist, und jetzt musst Du halt mit dem Wissen leben. :sneaky:

Äh doch .... das ich nicht ganz rund laufe, dünkt mir nicht erst seitdem meine Freundin das mit steigender Tendenz validiert.

Ich habe den Text verfasst, um die Gemengelage Velomobil aus der absoluten Newbie-Sicht zu schildern und auf die Einstiegsbarrieren aufmerksam zu machen. Diese empfinde ich nicht gerade gering. Das hat sein gutes und sein schlechtes: auf der einen Seite wahrt es die Exklusivität, auf der anderen Seite hindert es die erfolgreiche Verbreitung des Konzepts Velomobil.

Wir befinden uns in nicht allzu ferner Zukunft an einem Punkt, an dem sich der Verbraucher entscheidet, welchen Weg er bei der Mobilität gehen will. Das Konzept Velomobil ist interessant, sobald jemanden klar gemacht werden kann, wie unsinnig es ist mit dem Auto zum Fitnessstudio zu fahren. Er könnte ja auch mit dem Velomobil direkt nach Hause.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wir befinden uns in nicht allzu ferner Zukunft an einem Punkt, an dem sich der Verbraucher entscheidet, welchen Weg er bei der Mobilität gehen will.
Glaub ich nicht, denn das kann der Verbraucher schon 100 Jahre.
- Bzw. hat sich der Verbraucher hat sich bereits entschieden: Nämlich für Autos und immer mehr für das Flugzeug. (Wird in Rumänien genauso sein.)
- Bzw. hat der Verbraucher keine Wahl: Komfort oder Schweiß und Anstrengung. Er kann nix dafür, dass er sich für Komfort entscheidet.
 
Ich habe den Text verfasst, um die Gemengelage Velomobil aus der absoluten Newbie-Sicht zu schildern und auf die Einstiegsbarrieren aufmerksam zu machen. Diese empfinde ich nicht gerade gering. Das hat sein gutes und sein schlechtes: auf der einen Seite wahrt es die Exklusivität, auf der anderen Seite hindert es die erfolgreiche Verbreitung des Konzepts Velomobil.
Sehr gut auf den Punkt gebracht, aber da bin ich ganz bei @Jag .
Es ist mehr ein psychologisches und gesellschaftliches Thema, aber keins der Technologie.
Ich kann die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen, wenn sie unbedingt weiter im Mainstream treiben wollen, aber ich lasse doch mir von denen genauso wenig den Spaß am Hightech-Tretautofahren nehmen.
 
Höy! Der Millenium Falcon ist alt, schon reichlich abgewetzt, an allen Ecken und Enden geflickt und hat den schnellsten Hyperdrive* auf dieser Seite der Galaxis. Das klingt doch etwas mehr nach der Nr. 65, oder? :cool:

*work in progress ;)
Nur wenn du den Kossal-Flug in 12 Parsecs bewältigst. ;)
 
Ich konnte mir nicht vorstellen, für ein einseitig geschliffenes Zäpfchen mit Rissen im Gelcoat, welche aber keinen Einfluss auf die Funktion haben, mit 60.000+ km um die 4k € auf den Tisch zu legen... und immer wieder habe ich echte Menschen gesehen, die für komplette Ruinen Bares auf den Tisch gelegt haben...

Meine Meinung. Der Wiederverkaufswert eines Velomobils egal in welchem Zustand bewegt sich in Regionen eines Trabis zu DDR-Zeiten. Aus diesem Grund - und auch, weil ich einige nicht verhandelbare Ausstattungswünsche habe - kommt auch für mich, wenn, nur ein neues in Frage. Ggf. noch eins, bei dem der vorherige Käufer abgesprungen ist, wenn es sich nachträglich auf meine Bedürfnisse umrüsten lässt.

So verging nun eine Weile, in der ich über unzureichende Radaufhängungen gelesen, mich über die mangelnde Sichtbarkeit von Händlern gewundert habe und es mich gegraust hat, ein Velomobil im deutlich fünfstelligen Bereich zu kaufen, wenn ich doch das Selbstverständnis haben muss, dass ich es selbst nacharbeiten müsste. Mir fehlte schlicht das Vertrauen und dachte eher darüber nach mein Trike zu ersetzen, als ein Velomobil anzuschaffen.

Das war auch bei mir der Grund, dass ich mir im vorigen Jahr ein Trike und kein VM angeschafft habe. Ich hatte parallel tatsächlich auch ein VM im Sinn, wäre bei der ersten Lockerung im Mai fast nach Lübeck zum WAW und nach Stadskanaal zum Mango probefahren gefahren. Aber mir kam das ganze echt auch immer eher wie ein Bastelhobby vor anstelle eines *Fahr*zeugs. Die Situation mit Henning, Sven und auch der kleinen Custom-Bike-Werkstatt hier in Bremerhaven, die auf meine Anfrage hin auch Servicearbeiten an einem VM zugestimmt hatte, hatte sich erst in der zweiten Jahreshälfte so entwickelt. Jetzt ist ein Velomobil, oder Velocar, als "n+1" geplant für später.

Ich habe auch den Eindruck, dass insbesondere durch so ein kleines Kerlchen, das entfernt an eine Lychee erinnert und einen über 600 Seiten langen Faden in der Plauderecke hat, der Fahrradsektor erst so richtig in Schwung gekommen ist und durch die ganzen Überlegungen, wie wir in der Zukunft leben wollen, nicht zuletzt mit den ganzen Klimaaspekten, auch bisher exotische Fahrradkonzepte eine realistische Chance haben.
Bis ca. erste Hälfte 2020 war "Verkleidetes Liegerad" praktisch gleichbedeutend mit "ultraleichter reiner HPV-Rennsemmel, die "alltagstauglich" ist, weil ihre Fahrer sie ja im Alltag nutzen". Und jetzt habe ich den Eindruck, dass plötzlich links und rechts jeder, der irgendwas derart in der Schublade hat, auf einmal aus seinem Loch gekrochen kommt. Gerade die Velocars explodieren förmlich, aber auch die Hersteller der klassischen VM bieten immer öfter offiziell Varianten an, die nicht ganz so effizient sind, dafür aber durch Motor, pannensichere Reifen und andere Ausstattungsmerkmale deutlich attraktiver für die "Auto-Ersetzer" werden.

Lasse ich noch 2-3 Jahre ins Land gehen, kann man vielleicht auch in einen beliebigen Fahrradladen reinspazieren und dort ganz offiziell ein VM oder VC bestellen. Und vielleicht macht die erhöhte Nachfrage dann auch gesteigerte Produktionskapazitäten, größere Serien und damit fallende Verkaufspreise möglich.

Ich kann, im Gegensatz zu anderen, Vorfreude nix aber auch rein gar nix abgewinnen.

Ich auch nicht. Wenn ich irgendwas bestellt habe, sitze ich immer wie auf glühenden Kohlen.

Ansonsten wünsche ich dir natürlich auch viel Spaß mit dem Alpha. Bei mir wird es noch eine Weile dauern. Dieses Jahr lasse ich auf jeden Fall noch durchlaufen, dann schaue ich, wie sich die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Situation entwickelt hat, ob ein VM/VC für mich Sinn ergibt oder doch eher ein Stehzeug wäre, und dann sehe ich weiter, was der Markt dann hergibt und was potenziell auf mein Nutzungsprofil passen würde.
 
... Aber mir kam das ganze echt auch immer eher wie ein Bastelhobby vor anstelle eines *Fahr*zeugs. ...
Ihr lest zu wenig das, was nicht geschrieben wird :D .
Ihr müsst immer dran denken, hier schreiben zu 99,999% nur die, die basteln und denen was nicht passt oder die einen Fehler gefunden haben oder ... . Die Anderen fahren einfach und haben praktisch keine Zeit zu Schreiben, bei Fahren schreibt es sich so schlecht ;) .
Das ist ähnlich wie bei einem Eisberg, da sieht man auch nur einen kleinen Teil. Nur dass hier der "unsichtbare" Teil ausgeprägter ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
... aber auch die Hersteller der klassischen VM bieten immer öfter offiziell Varianten an, die nicht ganz so effizient sind, dafür aber durch Motor, pannensichere Reifen und andere Ausstattungsmerkmale deutlich attraktiver für die "Auto-Ersetzer" werden. ...
Kommt mir nicht wirklich so vor. Z.B. tut sich bei VMs, die bis 45 Km/h zugelassen sind recht wenig. Da ist nach meinem Eindruck bis dato als Nerufahrzeug nicht mehr käuflich erwerbbar als vor 4-5 Jahren. Das kann sich jedoch in absehbarer Zeit ändern.
Ob dadurch der Marktanteil der 45er Fraktion insgesamt steigt? In den letzten Jahren habe ich einen Anstieg des Markanteils in der Fraktion nicht wahrgenommen, obwohl die Fahrzeuge in dieser Fraktion nach meinem Eindruck relativ ausgereift sind und nicht ständig "verbessert" werden, damit die "Kinderkrankheiten" irgendwann dann mal weg sind. So zumindest mein Eindruck. Aber vielleicht liegt das auch nur in den jeweiligen Stückzahlen begründet.
 
Ich meine auch eher die 25er. Ein Kraftfahrzeug, das auf der Fahrbahn gefahren werden muss und einen Führerschein erfordert, ist m.E. nicht ganz so attraktiv wie etwas, das scheinfrei und (zumindest theoretisch) auf dem Radweg erlaubt ist. Ich sehe die Bewegung weniger von bisherigen Autofahrern, die das Auto stehen lassen wollen - da war vielleicht der Ausdruck "Auto-Ersetzer" etwas ungeschickt gewählt. Ich sehe eher bisherige Radfahrer als Zielgruppe, die ein Dach über dem Kopf haben, aber nicht auf ein Auto umsteigen wollen.
Die schreckt aber häufig ein auf sehr sportliches schnelles fahren bei idealen Wegeverhältnissen zugeschnittenes Fahrzeug, das, wenn man hier die Masse der Diskussionen durchschaut, gefühlt einen sehr hohen Bastel- und Pflegebedarf hat, ab. Wenn bei einer direkten Diskussion über das Thema sogar der Obercheffe hier höchstpersönlich sinngemäß schreibt, man solle es doch lieber sein lassen, wenn man nicht basteln will, ist das für die Nachwuchsförderung sicher nicht unbedingt positiv...
Deren typische Fragen "Wie komme ich damit über den Radweg mit Wurzelaufbrüchen", "Wo hänge ich meinen Anhänger für den Einkauf/die Kinder/den Hund dran", "wie schnell habe ich in der Stadt den nächsten Plattfuß, weil überall Glas rumliegt" etc., die nicht allesamt nur meine Fragen sind, werden allerdings - so ist mein Eindruck - seit einem guten halben Jahr doch zunehmend häufiger adressiert. Ich habe den Eindruck, dass jetzt ziemlich plötzlich fast zeitgleich Podbike, SR3, Citkar, die Velomo-Quads rauskommen. Auch die klassischen Hersteller gehen jetzt etwas mehr in die Richtung. Noch vor einem Jahr regte ich bei velomobiel.nl an, offizielle motorisierte Versionen direkt ab Werk anzubieten, da kam sinngemäß als Antwort, dass das nicht ihre Zielgruppe sei, sie bieten sie nur vorbereitet zur Nachrüstung eines Motors an. Im November stand in einem ihrer Blog-Beiträge, dass das nun geht - zwar in Zusammenarbeit mit einem anderen Fahrradladen, aber für mich als potenziellen Kunden zählt das Ergebnis.
Und das geschieht eben nach meiner Beobachtung alles ziemlich plötzlich - mich freut das aber. Denn meine Meinung ist, dass die Verkehrswende in den Städten notwendig ist und ich sehe die Fahrradabkömmlinge mit "Dach über dem Kopf" in einer Schlüsselrolle. Dazu müssen die aber auch als reine Gebrauchsgegenstände nach dem Motto "niemals putzen, nur benutzen" tauglich sein. Wie es eben ein 0815-Fahrrad auch ist. Und genau dieser Punkt wurde nach meinen Beobachtungen jetzt verstanden.
 
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