Lagerverluste in einer Kettenleitrolle

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Kürzlich habe ich in meinem Quattrovelo eine etwas schwergängige Kettenleitrolle mit neuen Lagern versehen (siehe
'Quattrovelo #085’) und danach kam die Frage auf ob man da durch höherwertige Kugel- oder Rollenlager eventuell noch nennenswerte Einsparungen erzielen kann. Da ich überhaupt kein Gefühl für die Reibungsverluste in einem Wälzlager unter Belastung habe, habe ich heute mal ein bisschen experimentiert.

Versuchsanordnung:
10mm Stahlachse in einer horizontal eingespannten Bohrmaschine. Auf der Achse eine nagelneue Kettenleitrolle, heute früh von Velomobiel.nl hier angekommen. Dank der Lager kann sich die Rolle auf der Achse frei drehen, einzig die Lagerreibung bremst.

Über die Rolle läuft ein Seil, auf beiden Seiten hängen sorgfältig austarierte Gewichte (erste Versuchsreihe 2kg je Seite, zweite Versuchsreihe 5 kg Hantelscheiben je Seite).
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Wenn ich die Bohrmaschine anschalte, dreht sich die Achse, und die Reibung in den Lagern der Rolle sorgt für ein Drehmoment. Das Drehmoment wiederum lässt sich mit einer Waage messen, oder mit Gegengewichten austarieren.

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Bei 4kg (40N) Achslast habe ich je nach Rotationsgeschwindigkeit) zwischen 15g und 20g “ Ungleichgewicht” gemessen, also 0.15N bis 0.2N, bei 10kg (100N) auf 20-30g. Da der Rollendurchmesser etwas über 80mm beträgt (Radius 0.04m), ist das Drehmoment 0.2N x 0.04m = 0.008Nm. Leider weiss ich die Drehzahl meiner Bohrmaschine nicht, aber im Velomobil lässt sich die Drehzahl der Rolle aus Kettenblattdurchmesser, Kadenz, und Rollendurchmesser abschätzen. Grob geschätzt komme ich auf 20 Umdrehungen pro Sekunde, was bei dem obigen Drehmoment eine Verlustleistung von 1Watt (pro Rolle) ergibt.

Wohlgemerkt, das sind die Verluste in den Lagern. Die Innere Reibung der Kette kommt noch dazu. Trotzdem, für mich ist die Sache klar: an den Lagern einer neuen Rolle gibt es nicht mehr arg viel zu optimieren. Wie das dann mit verschlissenen, verrosteten oder verdreckten Lagern aussieht, das schaue ich mir an wenn meine nächste Rolle kaputt ist.

Nochwas zur Genauigkeit: Das hier ist keine Präzisionsmessung, eher eine Abschätzung der Grössenordnung mit einfachsten Mitteln. Für meinen Zweck reicht das, aber wenn sich jemand berufen fühlt, das genauer zu messen - bitte gerne.
 
Wohlgemerkt, das sind die Verluste in den Lagern.
Jein. 80-90% davon sind die schleifenden, neuen, Dichtungen in den neuen Kugellagern. Wenn die Dichtungen eingelaufen sind, wirds geringer.
Mit abgedecken Kugellagern ohne schleifende Dichtungen wären die Verluste noch geringer.
 
Die Lager in den neuen (heute gelieferten) Kettenleitrollen haben Kunststoffabdeckungen über den Kugeln, kein Metall. Da ich in meinen alten Rollen die gekapselten Lager durch neue geschirmte ersetzt habe, konnte ich heute leider nicht mehr vergleichen.
 
Trotzdem, für mich ist die Sache klar: an den Lagern einer neuen Rolle gibt es nicht mehr arg viel zu optimieren. Wie das dann mit verschlissenen, verrosteten oder verdreckten Lagern aussieht, das schaue ich mir an wenn meine nächste Rolle kaputt ist.
Das könnte sogar besser sein, ein ausgenudeltes Lager kann unter Last ziemlich leicht laufen, ein neues ist durch die frischen Dichtungen oft recht schwergängig.
 
Grob geschätzt komme ich auf 20 Umdrehungen pro Sekunde, was bei dem obigen Drehmoment eine Verlustleistung von 1Watt (pro Rolle) ergibt.
Spitze was du da gemacht hast!

Das sollte man jedem unter die Nase halten, der glaubt er könne bei einem angeschubsten Laufrad ohne Achslast die Lagerverluste durch die Anzahl der Umdrehungen bis es stehen bleibt abschätzen.
 
Grob geschätzt komme ich auf 20 Umdrehungen pro Sekunde, was bei dem obigen Drehmoment eine Verlustleistung von 1Watt (pro Rolle) ergibt.
Sehr schön!
Das sollte man jedem unter die Nase halten, der glaubt er könne bei einem angeschubsten Laufrad ohne Achslast die Lagerverluste durch die Anzahl der Umdrehungen bis es stehen bleibt abschätzen.
Und vor allem passt die Größenordnung sehr gut zur Rechnung von @Gear7Lover, der die Lagerverluste in den Laufrädern mit dem SKF-Online-Tool nachgerechnet hat:
0.11W bei 45kmH und 400N Radlast, also grob 6*0.11W = 0.66 W Lagerreibung für das ganze VM haben hundsgewöhnliche Stahllager und jetzt willst du den Unterschied zu potentiell reibungsärmeren Keramiklagern herausspüren?
 
Die Drehzahl wär noch interessant gewesen. Könnte man dann noch variieren.
Die Last variieren und dann noch die Dichtungen.
Das gäbe eine schöne Versuchreihe. Mit tollen Diagrammen. ;)
 
Die Drehzahl wär noch interessant gewesen. Könnte man dann noch variieren.
Die Last variieren und dann noch die Dichtungen.
Das gäbe eine schöne Versuchreihe. Mit tollen Diagrammen. ;)
Ein optischer Drehzahlmesser kostet nur 16 Euro und wäre in zwei Tagen hier, aber dann liegt das Teil 10 Jahre lang hier im Keller und nimmt Platz weg. Wenn an den Rollen nennenswert Leistung zu holen wäre, oder wenn ich nicht schon haufenweise andere Projekte hätte, dann würde ich das machen. Aber die Umstände sind halt nicht so.

Aber wie gesagt, wenn sich jemand berufen fühlt...
 
Ich möchte ungerne die Leitrolle ausm Quest ausbauen, um sie dann, wie schon die Campa Nabe, in der Drehe zu spannen. Aber interessant wäre es schon...
 
Und gleich nochmal zur Drehzahlmessung:
a) Einen alten Fahrradtacho werden viele Leute rumliegen haben. Mit passend eingestelltem Radumfang ist dies ein fertiger Drehzahlmesser.
b) Es gibt unterschiedliche Ansätze, wie man dem Handy beibringt als optischer Drehzahlmesser oder als Stroboskop zu arbeiten.
 
Was ist das für eine Bohrmaschine, wo das Futter nicht schlägt? :cool:
Wird das andere Gewicht um den gleichen Betrag entlastet?
Oder hast Du Gegenprobe mit andrerer Drehrichtung gemacht?
Die Bohrmaschine ist eine neue Metabo, die ich nur dann benutze, wenn es auf Rundlauf ankommt. Für’s grobe habe ich noch meine alte Bosch, und einen schweren Bohrhammer.

und ja, ich habe natürlich verschiedene Tests gemacht. Einerseits habe ich überprüft, dass die entgegengesetzte Drehrichtung auch die entsprechende Zunahme auf der entgegengesetzten Seite bringt, und zweitens habe ich die Kräfte mit Gegengewichten kompensiert, statt sie mit der Waage zu messen. Meine Schwiegereltern haben mir vor ein paar Jahren einen historischen Gewichtssatz zu Weihnachten geschenkt, der hat zwischen 100g und 2g alle notwendigen Gewichte, nur das 1g-Stück fehlt leider.
 
Falls es interessiert, die Bohrmaschine kann lauf Aufschrift “0 - 2800U/min”, also bis ca. 47U/min, und ich habe mir eine SmartphoneApp zur Drehzahlbestimmung besorgt. (@einrad - Danke für den Tipp!) Die Drehzahl bei den gestern gemessenen Werten lag etwa bei 20 bis knapp 45U/min. Die von mir ermittelte Verlustleistung von etwa 1Watt pro Rolle passt daher eher zum “10kg” Lastfall, also einer Achslast von 100N.
 
Das hier ist die App die ich verwende:

braucht nur Zugriff auf die Kamera, aber nicht auf das Mikrofon.
 
Hi Nikolauzi,

aus dem Geräuschniveau schließt das Ding auf die Drehzahl?
Das kann ich mir für Motore o.ä. vorstellen, aber bei vielem anderen eher nicht.

Gruß, Harald
HenriP hat's richtig erkannt, aus der Grundwelle erkennt man die Drehzahl. Muß man dann halt von Hz in RPM umrechnen. Habe ich bislang gute Erfahrungen mit Motoren mit gemacht, selbst bis 70kRPM;)
Bei einer lautlos drehenden Lichtmühle klappt das natürlich nicht;)
 
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