Lagebild vom Münchner Polizeipräsidium

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Mehr oder weniger Lustiges vom Münchner Polizeipräsidium: Das Lagebild Ungeschützte Verkehrsteilnehmer Radfahrer - Fußgänger (PDF).

Es fängt schon im Vorwort gut an:
Die Tatsache, dass den hier angesprochenen Verkehrsteilnehmern das schützende „Blechkleid“ und technische Errungenschaften, wie zum Beispiel ABS oder ESP fehlen, zieht bei einem Verkehrsunfall häufig schwere oder sogar tödliche Verletzungen nach sich.

Daß das schützende Blechkleid Leben rettet, ist allgemein bekannt - besonders unter den SUV-Fahrern, der treibenden Kraft der Aufrüstung. Aber daß das fehlende ABS und ESP bei Radfahrern (und Fußgängern :eek:) für schwere Unfälle und sogar Todesfälle verantwortlich ist, davon habe ich noch nie was gehört.

In knapp der Hälfte der Rad-Unfälle waren die Radfahrer (Mit-)Verursacher. PKW-Führer waren in zwei Drittel der Unfälle Mitverursacher.

Sechs Rad Fahrende wurden getötet, alle sechs hatten keinen Fahrradhelm getragen. Sieben zu Fuß Gehende wurden getötet. Wieviele der getöteten Zu-Fuß-Geher einen Fußgängerhelm getragen hatten, wird im Bericht nicht angegeben.

Es ist auch nicht angegeben, bei wievielen Unfällen, die Zu-Fuß-Geher Mit-Verursacher waren. Nur bei den sieben Getöteten kann man aus dem Diagramm was herauslesen - im Text steht nichts: Fünf der Getöteten waren Verursacher. Zwei der Getöteten waren Verursacher und Opfer.

Seltsam einseitiger Bericht. Wenn ich es nicht selbst von http://www.polizei.bayern.de/muenchen/verkehr/statistik/index.html heruntergeladen hätte, würde ich eher die Bildzeitung oder den Münchner Merkur als Quelle vermuten.

OK, man muß der BP zu Gute halten, daß sie im "Kleingedruckten" auf den Anhang verweist. Und dort findet man dann die Zahlen. 976 Verkehrsunfälle mit Fußgängern. In 474 Fällen waren die Fußgänger (Mit-)Verursacher. Also ist das wie bei den Radfahrern: In den meisten Fällen sind die Autofahrer Schuld. Übrigens: 2012 gab es in München insgesamt 52839 Verkehrsunfälle. Davon 2873 Fahrradunfälle. Im Anhang sind die Radfahrer an etwas mehr als der Hälfte der Unfälle "schuld" und eine eventuelle Mit-Schuld der Autofahrer ist dort gar nicht erwähnt. Das wird dann zwischenrein auf S.14 etwas verdeutlicht. Von den 1.568 von den Radfahrern mit-verursachten Fällen sind nämlich 232 Unfälle mit ausschließlich Radfahrerbeteiligung. Klar, daß da der Radfahrer immer schuldig ist. :D Und daß solche Unfälle bei den üblen Radwegen in München nicht viel häufiger auftreten ist echt verwunderlich.

Unbestritten ist, dass das Fahrrad im städtischen Verkehr in einem Umkreis bis ca. fünf Kilometern das ökologisch „vernünftigste“ Verkehrsmittel ist.

Hört, hört! Und bei mehr als fünf Kilometern ist es es nicht mehr ökologisch "vernünftig"? Bzw. es gibt ein anderes Verkehrsmittel, das dann ökologisch "vernünftiger" ist!?

Weiters folgt die Definition des Fahrrades nach dem Wiener Abkommen und es wird erklärt, daß da auch Liegeräder, mehrspurige Fahrräder und Fahrrad-Rikschas darunter fallen. Und im Prinzip würden da auch Kinderräder darunter fallen, aber so genau nimmt man das Wiener Abkommen dann doch nicht.

Interessant ist die Aussage, daß eine Fahrradanhänger 12m lang sein darf. Es wird der § 63 StVZO erwähnt, der auf die Vorschriften für KfZ verweist, nämlich auf §§ 32, 34, 36 Abs. 1 StVZO. Dort ist aber angegeben, daß die Gesamtlänge (einschleßlich Zugfahrzeug) 12m betragen darf. Aber so genau müssen wir es ja nicht nehmen. Der Fall kommt eh kaum vor.

Im Abschnitt Radwegbenutzungspflicht wird der Verwaltungsvorschrift zur StVO nicht erwähnt, in der steht, daß Lastendreiräder, die den Radweg nicht benutzen nicht beanstandet werden sollen. Oder ist diese Verwaltungsvorschrift inzwischen geändert worden?

Dann wird in dem Lagebild auch auf Bierbikes eingegangen. Lapidar wird erzählt, daß das eine Sondernutzung ist und eine entsprechende Genehmigung erforderlich ist, die aber nicht erteilt wird. Es gab da mal eine Webseite, wo das ganze Bürokratenelend mit dem Bierbike in München dargestellt war. Leider finde ich das nicht mehr. Ich bin mir sicher, daß da die Wirte gehörig mitgemischt haben. Ein ähnliches Elend scheint das neue Fahrradrikscha-Verbot auf dem Marienplatz zu sein.

Aber zurück zum Polizei-Lage-Bild. Bierbikes dürfen in München nicht fahren. Punkt. Aber das Konferenz-Bike wird bisher als Fahrrad angesehen und unterliegt keinen besonderen Beschränkungen. Wird während der Fahrt Bier ausgeschenkt, wird es gern als Bier-Bike bezeichnet. Ob es sich bei Fahrten mit Ausschank von Getränken um eine Sondernutzung handelt, ist derzeit noch nicht geklärt. :confused: Würde man auf dem eigentlichen Bier-Bike keine Getränke ausschenken, wäre es dann ein Fahrrad!? Wodurch unterscheidet sich das Bier-Bike vom Conference-Bike oder auch nur von einem gewöhnlichen Mehrpersonen-Fahrrad?

Weiters wird StVO § 23 Abs. 1 zitiert:
Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch [...] Geräte [z.B. MP3-Player mit Kopfhörern o.ä.] oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.
Das heißt, der Betrieb von Audiogeräten in Autos ist nicht erlaubt? Autos mit A-Säulen werden demnächst verboten?

Unter der Rubrik Nützliche Tipps wird dann auch erklärt,weshalb man keinen Radweg benutzen sollte.

  • Halten Sie beim Vorbeifahren an Autos und zu Fuß Gehenden Abstand! Autotüren werden oft ohne die notwendige Vorsicht geöffnet; zu Fuß Gehende treten häufig unvermittelt - auch hinter Sichthindernissen - auf den Radweg.
  • Behalten Sie Ausfahrten, die über Radwege führen, im Auge. Autofahrer rollen über die Radwege bis zur Fahrbahn vor, um eine bessere Sicht auf den fließenden Verkehr zu haben.
  • Achten Sie auf abbiegende Fahrzeuge und halten Sie nach Möglichkeit Blickkontakt zum Fahrzeugführer um der Gefahr des „Toten Winkels“ zu entgehen
    Daß der Tote Winkel erst durch die Geradeausfahrspur (Radweg) rechts von der Rechtsabbiegerspur entsteht, wird im Lagebild natürlich nicht gesagt.

Im Jahr 2012 wurden 7.408 Rad Fahrende wegen Missachtung des Rotlichts angezeigt, bei 1.863 leuchtete das Rotlicht bereits länger als 1 Sekunde. WOW! Das heißt, in 74% aller Anzeigen leuchtet das Rotlicht noch nichtmal eine Sekunde! In wieviel von diesen Verstößen handelt es sich um Radfahrer- bzw. Fußgängerampeln ohne Gelbphase?
 
AW: Lagebild vom Münchner Polizeipräsidium

  • Halten Sie beim Vorbeifahren an Autos und zu Fuß Gehenden Abstand! Autotüren werden oft ohne die notwendige Vorsicht geöffnet; zu Fuß Gehende treten häufig unvermittelt - auch hinter Sichthindernissen - auf den Radweg.
Bis hierhin gut, der Rest ist verbesserungswürdig, ans Werk...

  • Behalten Sie Ausfahrten, die über Radwege führen, im Auge. Auto Fahrende rollen über die Radwege bis zur Fahrbahn vor, um eine bessere Sicht auf den fließenden Verkehr zu haben.
  • Achten Sie auf abbiegende Fahrende Zeuge und halten Sie nach Möglichkeit Blickkontakt zum Fahrenden Zeug Führenden um der Gefahr des „Toten Winkels“ zu entgehen
 
AW: Lagebild vom Münchner Polizeipräsidium

Hallo Thomas,

das hätte auch aus NRW sein können.

2012 gab es in München insgesamt 52839 Verkehrsunfälle. Davon 2873 Fahrradunfälle.

Macht nicht einmal 6%. Wie hoch ist der Radverkehrsanteil in M zur Zeit? Sicher deutlich höher, oder?

Im Abschnitt Radwegbenutzungspflicht wird der Verwaltungsvorschrift zur StVO nicht erwähnt, in der steht, daß Lastendreiräder, die den Radweg nicht benutzen nicht beanstandet werden sollen. Oder ist diese Verwaltungsvorschrift inzwischen geändert worden?

Die ist nicht für den Normalsterblichen, denn die gilt nur für die staatlichen Organe. Da ist es besser, wenn wir sie nicht kennen.

Wodurch unterscheidet sich das Bier-Bike vom Conference-Bike oder auch nur von einem gewöhnlichen Mehrpersonen-Fahrrad?

Durch den Fahrtzweck.

Das heißt, der Betrieb von Audiogeräten in Autos ist nicht erlaubt? Autos mit A-Säulen werden demnächst verboten?

Auch Navis sind verboten sowie B-, C- und D-Säulen, es werden nur noch Roadster mit frei tragender Windschutzscheibe zugelassen.

Achten Sie auf abbiegende Fahrzeuge und halten Sie nach Möglichkeit Blickkontakt zum Fahrzeugführer um der Gefahr des „Toten Winkels“ zu entgehen

Und damit der Autofahrer das als Signal versteht, dass Du ihm die Vorfahrt einräumst.

In wieviel von diesen Verstößen handelt es sich um Radfahrer- bzw. Fußgängerampeln ohne Gelbphase?

Gibt es welche mit Gelbphase? Außerdem hat man ja wegen der Vorsicht (toter Winkel oder Tötungswinkel) so langsam an die Furt heranzufahren, dass man problemlos beim Umspringen auf rot halten kann.

Gruß, Klaus
 
AW: Lagebild vom Münchner Polizeipräsidium

Weil es zum Thema paßt (Lagebild: Die Verkehrszeichen „Radweg“ (Zeichen 237 StVO),[...] sind in § 41 der Straßenverkehrsordnung als „Sonderwege“ bezeichnet. Die Sonderwege müssen von denjenigen Verkehrsteilnehmern benutzt werden, für die diese Wege bestimmt sind.).

Hier ein ausgeschilderter Sonderweg für Radfahrer in München. Mit solchen Sonderwegen will die Stadt München den Radverkehr bis in ein paar Jahren auf 20% steigern. :D
Anhang anzeigen 48973
Schmaler geht's nicht. Oder doch? Wenigstens die CSU meint, es ginge noch schmaler:
Anhang anzeigen 48974
 

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