Die Industrie, die 24 / 7 / 365 produziert, braucht aber immer und konstant die gleiche Menge Strom
Nein, zum Glück ist das nicht so.
Ob Induktions-Stahlschmelzen wie in Bochum Wattenscheid, Autofabrik, Kühllager oder sonst was: der Prozessablauf kann sehr wohl auf das Energieangebot Rücksicht nehmen und hat das auch schon immer getan.
Grund war nicht die Ökobegeisterung der Montanindustriekapitäne, sondern die Abrechnung nach Anschlussleistung. D.h., wenn eine große Fabrik es schaffte, bei gleichem Stromverbrauch statt des 20MW-Anschlusses mit einem 15-MW-Anschluss auszukommen, konnte sie schon immer
enorm Geld sparen.
-Zur Überbrückung von Impulslasten werden an den riesigen Gesenkschmieden und Pressen o.ä. in großzügigster Weise riesige Schwungräder verbaut, die Motoren haben nur ein wenige kW
-Stahlschmelzen haben eine so hohe Wärmekapazität, die werden sogar flüssig auf LKW oder per Bahn transportiert; die kann man jetzt schon aufheizen wenn man nächstes Wochenende Kukillen gießen will
-Großverbraucher "Kühllager" sind so träge, daß die Temperatur pro Tag ohne Strom nur um Bruchteile eines Grades nach oben geht, die haben notfalls eigene Strom-Aggregate, deren Leistung sich nach dem Versicherungswert der eingelagerten Nahrungsmittel oder Medikamente richtet und die sowieso alle paar Tage zur Kontrolle angeschmissen werden
-Glasschmelzen sind erst recht träge, bei Pilkington in Glesenkirchen klirrt nicht gleich die ganze Flachglasstraße wenn mal der Strom ein paar Stunden zu teuer ist, dann wird langsamer gefahren und bei Billigstrom wieder Gas gegeben
-Kieswerke mit elektrischen Steinbrechern ziehen auch gut Saft, aber die stellen Produkte her die in der Regel nicht ferntransportiert werden und nur im lokalen Wettbewerb stehen, so daß die ruhig mal einge Stunden ausschalten können ohne daß deswegen die Bahn oder die Baufirma ihren Schotter in China kaufen würde.
-die Chemieindustrie und die Herstellung technischer Gase ist noch sehr energiehungrig. Die arbeiten aber mit Hochdruck dran, so Sachen wie Luftverflüssigung umzustellen auf gasbetriebene Kompressoren
-Galvanikanlagen werden zunehmend mit eigenen Blockheizkraftwerken betrieben, weil man dann das beim Verzinken oder bei der KTL entstehende Knallgas als Ansaug-Luft für die Blockheizkraftwerksmotoren nutzen kann und so über die äußere Gemischbildung einen Teil der eingesetzten elektrischen Energie wieder zurück bekommt.
-die Petrochemie und Chlorchemie braucht interessanterweise rund um die Uhr nennenswert viel Strom, aber die
wollen wir doch alle schädigen, damit Benzin und Kunststoffe teurer werden, deshalb ist das doch gar nicht schade
-Aluminiumschmelzen sind nicht so träge wie Stahl und Glas, aber Alu
soll doch teurer werden! Für energetisch sinnvolle Dinge wie Eisenbahnwaggons lohnt sich Alu unabhängig vom Strompreis immer. Daß aber ganze Hochhausfassaden und riesige Hochregallager-Außenwände aus Alublechen gebaut werden und kurzlebige Alupfannen so schrecklich viel billiger sind als unkaputtbare aus Eisenguß, ging 1985 preislich noch nicht und geht bald wieder nicht. Na und? Die 35 Jahre billiger Alupreise sind dann halt jetzt 'mal um. Die energieintensivsten Branchen
sollen ja sogar leiden!
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Wie Du siehst, kann durchaus auch eine sehr stark industrialisierte Region mit zeitweise beschränktem und auch stark schwankendem Leistungsangebot auskommen. Wir im Ruhrgebiet hatten und haben da überhaupt gar kein Problem mit, hier rollte vor 40 Jahren das -zigfache an energieintensiven Halbprodukten raus wie jetzt und die Gesamtleistung der Energieerzeugungseinheiten war trotzdem bedeutend geringer; die Nachfrage war wegen des damals sehr ausgeprägten "Hausfrauen-Mittagspeaks" und des abendlichen "Röhren-Fernseher-Peaks" viel stärker schwankend als jetzt.