Kaufberatung erster Kurzlieger / Tipps zum Ausprobieren und Üben ?

Ist halt kein Rennrad, aber ein Rennrad ist ja – wie ein Mountainbike auch – ein Spezialgerät und gerade kein Allzweckfahrzeug. Und ist auch per se nicht STVO-tauglich und ohne Gepäckträger. Ich glaube da muss man sich einfach entscheiden was man will.
Alles natürlich. :LOL:
Als ich gemerkt habe, dass ich die Hornet nach dem Kauf der Cheetah nur noch selten fahre, habe ich versucht, die Cheetah zum Universalrad auszubauen. Aber es wurde irgendwann klar, dass das nicht geht. Erstens gehen keine breiten Reifen rein, hinten ist bei 35mm Schluss, vorn wahrscheinlich bei 42. Zweitens ist die Zuladung auch mit dem Gepäckträger hinten und mit großen Taschen begrenzt, es gibt einfach keine Möglichkeit, größere Kräfte sicher in den Rahmen zu leiten und dort abzufangen. Das ist ein gutes Rad für leichter bepackte Touren auf der Straße, aber es wird nie ein Reiserad.
In der Rolle als Reiserad ist die Hornet besser, aber noch besser ist darin das S Max, das mit dem großen Vorderrad und dem größeren Radstand auch auf schlechteren Wegen ruhiger läuft. DIe Hornet ist von den dreien das beste Stadtrad, weil am wendigsten.
 
@JohannesM:

Ich bin überhaupt kein erfahrener Liegeradfahrer, eher weit weg davon. Vor 6 Monaten hat mich der Wurm des Liegerades "gebissen" und habe angefangen mit einem Challenge Hurricane SL zweiter Hand zu lernen. Das ist ein relativ leichtes Rad (13 Kg) mit 20" Laufrädern, Dual Drive Schaltung mit 9Fach 11-34 und 50t Kettenblatt. Am Anfang habe ich sehr häufig und sehr nah den Boden gesehen, habe ich bemerkt auch, dass nicht nur das Rad Scheibenbremse hat, sondern ich auch, und zwar "Kniescheibenbremsen":D. Gut, der innere Schweinehund hat zugestimmt, dass ich dieses Rad weiterfahre. Jetzt, nach 1400 Km klappt es wunderbar, kontrolliere das Geschoss (auch in der Stadt) und liege superbequem drauf. Das Dual Drive (3x Nabenschaltung) ist sehr willkommen, insbesondere in der Stadt, bei den Ampeln.

Vor kurzem habe ich jedoch ein Bacchetta Giro 26" gekauft. Ich bin etwas kleiner als Du (ursprünglich auch 1,78m aber nach paar Wirbelkörperfrakturen kürzer geworden) habe aber lange Beine und eine IBL von 85-86 cm. Das Bacchetta ist auch leicht (13 Kg) sehr steif und ohne Federung. Ich sitze deutlich aufrechter und höher als auf dem Hurricane, was beim Stadtverkehr sehr willkommen ist. Du könntest im Betracht ziehen, ein Bacchetta Giro 20 zu probieren (20" VR -26" HR Kettenschaltung), da deine Beinlänge etwas niedriger ist, damit Du gut auf dem Boden kommst, insbesondere beim Anhalten. Das Fahren dieses Rades ist einfach und man sitzt bequem. Alles ist verstellbar, Sitz - Sitzneigung, Lenkerhöhe, Lenkerneigung, sogar die Laufrädergröße kann verändert werden. Die Sicht nach vorne ist leicht durch den Lenker selbst beeinträchtig, man lernt aber schnell den Lenker zu "übersehen", der Kopf ist aber völlig frei zu den Seiten und durch das relative leichte Gewicht von 13 Kg, steiler Sitzposition und steifer Rahmen/Tretlager gut für die Steigungen.

Als Neuling konnte ich dir diesen Tipp nicht ersparen!
Habe viel Spaß und Geduld! Auch bei Tieferen Rädern klappt's irgendwann!!! Beide Räder sind keine Racer, aber flott!!
LG Ricky
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt sind über zwei Monate ins Land gegangen... ich möchte
mich mal zurück melden und berichten, was aus den
Probefahrten geworden ist und wie ich mich dann
entschieden habe.

Also, ich hatte im Juni die Gelegenheit, eine ca. 19 Jahre alte
HP Streetmachine auszuleihen und damit ein wenig zu 'üben' (von
Inge). Ich habe das dann etwas systematisch und in
kleinen Schritten angefangen und mir einen
asphaltierten Wirtschaftsweg mit leichtem Gefälle
ausgesucht, und Wiese links und rechts. Dann mit rollen
lassen probiert, vielleicht ein Dutzend mal, und dann
mit Anfahren bergab. Das ging dann auch - ich musste
mich ein paar Mal abfangen aber richtig böse hingehauen
hat es mich eigentlich nie. Das erste Mal mit Schwung
am Hangfuss angekommen und abbremsen hat sich irgendwie
angefühlt wie ein Space Shuttle im Landeanflug - sehr
bequem und auch stabil in der Lage aber nicht so extrem
wendig.

Was ich dann auch noch etwas extra "üben" musste waren
90 Grad Kurven und so. Sehr scharfe Kurven fand ich
mit der Streetmachine schwieriger, weil man mit dem
Untenlenker dann an den Anschlag kommt.

Die Federung fand ich angenehm. Die Sitzhöhe von ca. 63
cm beinahe etwas zu hoch, wenn ich auf rutschigem Boden
mit Rollsplitt o.ä. stand. Was mir auch aufgefallen
ist, dass auf seitlich abfallenden Waldwegen mit harter
Oberfläche und so einem rollendem Belag die
Streetmachine manchmal hinten ausbrach, ein wenig
ähnlich wie wenn man mit dem Upright im Schnee
fährt. Das fand ich erst Mal unangenehm außer
Kontrolle, ich erwartete auch ein Ausbrechen vorne,
auch wenn mir das Rad tatsächlich nie vorne ausbrach.


Ich vermute mal, dass, weil man generell durch Lenken
balancieren muss, und weil speziell bei der SM der
Achsstand vergleichsweise gering ist, dass dadurch
relativ hohe Momente entlang der Gierachse entstehen
können. Vielleicht hat die Bereifung auch eine Rolle
gespielt.

Nach diversen Kilometern auf Feldwegen bin ich dann ein
zwei oder drei Mal Samstags zum Bäcker gefahren, also
im ruhigen Vorortverkehr. Was ich dann doch ziemlich
vermisst habe, war dass es nur einen kleinen Spiegel
gab, der beim Untenlenker auch relativ weit weg ist.
Auf der SM konnte ich praktisch gar nicht direkt nach
hinten gucken, so dass mir das zu heikel war auf
Straßen links abzubiegen. Ich habe dann einen größeren
erstanden, und kurze Zeit später ist auch meine
Bestellung der "Take a Look" Spiegel
eingetroffen. Beides zusammen hat für mich einen sehr
großen Unterschied im Sicherheitsgefühl ausgemacht.

Die Streetmachine war für 1800 € zu haben, inklusive
Rohloffnabe, aber ich war etwas unschlüssig, da ich
noch etwas Schwierigkeiten hatte und dieses ja nach den
Kettwiesel & HP Scorpion Trikes das erste Einspurer
war, das ich überhaupt fahren konnte. Am schwierigsten
fand ich immer noch das Anfahren, vor allem in nicht so
fehlertoleranten Situationen wie bei der Querung von
schnell befahrenen Vorfahrtsstraßen.

Dann hatte ich ab Mitte Juli vier Wochen Urlaub und mir
vorgenommen, das mit dem Liegeradkauf zu klären und
vielleicht ein bisschen Fahrradurlaub zu machen.

Sehr gerne hätte ich auch ein Flux S900 ausprobiert, aber
einerseits gab es da keine Angebote in Bayern — nur bei
Hannover und Freiburg —, die Preise waren recht hoch,
und andererseits fand ich in Berichten keine wirklich
klaren Vorteile für nicht asphaltierte Wege
beschrieben.

Statt dessen gab es Ende Juli neben anderem ein Angebot
in Ingolstadt für ein Flux S600 OL, wo ich eine
Probefahrt vereinbarte. Das war etwa zehn Jahre alt,
mit 5000 km Laufleistung, einer 3 x 9 Kettenschaltung
(SRAM X.9), nur 15 kg Gewicht, und sah gut in Schuss aus.

Zu meiner Überraschung konnte ich sofort darauf fahren,
und so haben wir eine Probefahrt an der Donauaue
gemacht. Das lief ziemlich gut und machte definitiv
Spaß, der OL funktionierte sehr gut für mich, und ich
habe das Rad dann für 1500 € genommen, mit
Sitzabdeckung aus LKW-Plane, Schmutzfänger, Wimpel und
Schloss inklusive. Wolfgang war so nett, mir sogar einen
vom ADFC entworfenen Kaufvertrag auszuhändigen. Und
dann hatte ich eine ewig lange Rückfahrt in
Nahverkehrszügen vor mir.

Mit dem Flux hatte ich, weil OL, dann keine Probleme
mehr mit dem Blick nach hinten - ich bin erst mal mit
dem Take A Look Spiegel los gefahren, benutze ihn aber
mittlerweile eigentlich nicht mehr. Das Flux fühlt sich
für mich erstaunlich leichtgängig an, wobei ich
nicht so genau sagen kann, woran es liegt. Mit der
Schaltung hatte ich jedenfalls keine Probleme.

Ich habe dann eine Woche kleinere Touren gemacht z.B.
nach Benediktbeuern und Kochel, und bin dann eine weitere Woche
in kleinen Stücken eine Tour von Rothenburg ob der Tauber an
der Aisch lang nach Bamberg und weiter nach Schweinfurt
gefahren, was sehr viel Spaß gemacht hat und richtig
erholsam war. Das waren dann so die ersten 300
Kilometer. Fahren auf wassergebundenen Wegen geht mit
der Bereifung (Schwalbe Marathon 47-406) sehr gut,
solange es nicht in lockeren Kies übergeht.

Ich habe bewusst so eine Flussstrecke gewählt, weil ich
vor Steigungen erst mal noch etwas Respekt hatte, und
erst üben möchte mit höherer Trittfrequenz zu fahren.

Sehr lange auf dem Rad zu fahren fühlt sich für mich in
der Tat für den Rücken ähnlich an, wie lange auf einem
Sofa zu liegen, ich habe dann den Impuls mir
zwischendurch mal die Füße zu vertreten.

Mittlerweile habe ich das Rad auch in meinem autofreien
Alltag gut erprobt und benutze es als
Hauptverkehrsmittel und die dringend nötigen
Bildschirmpausen vom Home Office. Sehr
gewöhnungsbedürftig fand ich erst, dass man auf dem
Lieger keinen Rucksack tragen kann, wie ich es die
letzten 35 Jahre praktisch immer gemacht habe. Ich habe
dann so eine dreieckige Tasche von Vaude gekauft, die
beim Diamantrahmen unter den Sattel geht, und beim Flux
gut an den Lenkervorbau passt, sowie eine
Messenger-Tasche, die wie die Vaude-Taschen eingehakt
werden kann und gut ist für Unterlagen und
ähnliches. Vom Fassungsvermögen reichen zwei
Packtaschen bei mir auch für einen Wochenendeinkauf
völlig aus. Zum Touren habe ich erst mal eine günstige
Ortlieb Drybag dazu genommen, die wird bis auf Weiteres
auch reichen.

Irgendwie hat mich das "noch mal Fahren lernen" in
vielen Situationen auch noch mal sensibilisiert, wie
beknackt und unnötig unsicher oft die Radwege sind. Was
mich auch dazu motiviert hat, dem "autofrei leben" e.V.
beizutreten und am letzten Samstag an der Münchener
Radsternfahrt teilzunehmen.

Lustig sind teilweise die Interaktionen mit anderen
Verkehrsteilnehmern. Autos auf der Landstraße halten
meist einen sehr erfreulich respektvollen Abstand —
vielleicht auch weil ich dazu tendiere, mir ein wenig
mehr Raum in der Spur zu nehmen. Hunde sind zum Teil
etwas verwirrt und fragen sich wohl erfreut, ob das ein
neues Spielzeug ist. Und Kinder sind einfach immer
wieder großartig in ihrer offenen Neugierde! :-D


Noch mal vielen vielen Dank an alle für die engagierte
Beratung im Forum!
 
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