Jung verstorbene Liegerad-Unternehmungen... (Einspurer-Startups)

BuS velomo

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... mich gerade im anderen Thread zur "Rettung der Einspurer" selbst dazu ermuntert...

Es gibt in den letzten Jahren eine Erfolgsstory bei den Einspurern (W&W) und ein kümmerliches, nicht weiter beachtetes Dahinvegetieren der alten etablierten Liegerad-Hersteller (HP (bei den Einspurern, nicht den Trikes), Flux, Zox, Toxy, ein paar Holländer, Asiaten, Amerikaner usw.)

Ich will hier nicht die Schattenseiten des Liegeradbusiness hervorheben oder irgendeinen Hersteller schlecht machen. Es liegt nur in meinem alten wissenschaftlichen Interesse (als Wirtschaftssoziologe), eine Bestandsaufnahme nicht-erfolgreicher Startups und zeitweise Etablierter anzuregen.

Dabei kann man sich natürlich vielfältige Gedanken machen, warum dieses oder jenes Unternehmen nix geworden ist. Man kann in Anbetracht des schrumpfenden Gesamtmarktes aber auch einfach schließen, dass es keinen Platz mehr für Neues gibt, egal wie gut die Konstruktion vielleicht war... und auch ein paar Leute zum Kauf überzeugt hätte. Nur reichen ein paar Käufer eben nicht zum ökonomischen Überleben, und schon war das Projekt passé - manche nach langer Vorankündigung, manche sogar nach ein paar produzierten Einheiten, gar einem kleinen Hype... von anderen hingegen hat man noch nicht mal was gehört, schon waren sie wieder weg.

Also wir müssen nicht damit anfangen, was alles aus den 80igern nicht mehr lebt, sondern ein Blick auf die letzten beiden Jahrzehnte reicht wohl. Da fallen mir spontan 4 Projekte aus jüngerer Zeit ein, die nach mehr oder weniger Aufmerksamkeit und Enthusiasmus in der Entstehung wieder eingestampft wurden, weil die nötige Nachfrage ausblieb.
  • Troytec (nach kurzem Hype aufgegeben)
  • Earthglider (gar nicht Fuß gefasst)
  • Nazca (nach längerem Bestand)
  • Velomo Einspurer (Hi-Fly, Hi-Liner)
Gefühlt ergänzt wird das ggfs. um eine Liste an Labels, die zwar noch nicht offiziell beerdigt sind, wo aber ungewiss ist, ob die wirklich noch leben und liefern... z.B. aus der 14 Jahre alten Liste hier: https://www.velomobilforum.de/forum...roessten-liegeradhersteller.11374/post-112194 - Was lebt noch? Was ist noch gesund? Wo überleben die Einspurer nur noch als nostalgisch quer-subventioniertes Beiwerk zu "richtigen" Produkten (Trikes, Ups etc.)?

VG Steffen
 
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Wenn Du Nazca erwähnst: Was ist mit Optima, Sirix* oder Rainbow?
* Oder gehörte das zu Sinner? Jedenfalls meine ich die durch Traix übernommenen und jetzt auch eingestellten Modelle Flash und Phantom.
 
Zockra... sind für mich Kunstwerke die Räder. Wenn ich mal eins gebraucht erwische, wird es ohne Probefahrt direkt gekauft, kann man sich bei nicht-passen auch als Dekoration an die Wand hängen. ;)
 
Optima ist nicht pleite gegangen, die haben nur rechtzeitig gesehen das das grosse geld beim E bike boom zu erwarten war, und sind umgestiegen. Bei Challenge hat Paul Voerman auch ein anderen job gefunden der deutlich besser bezahlt. Bram Moens macht weiter, ist dabei auch noch fotograf, kunstler und rennradteile produzent. Bei Hans und Elan wird im einmann betrieb weiter gemacht, das geht alles langsam. er tufftelt an ein Carbon midracer der auch etwas breitere reifen bis 40/50 mm haben kann.

Grusse, Jeroen
 
Rainbow ist die marke vom bauer, schweisser und zusamenschrauber der Nazca rader. Denn liegerad verkauf floriert dort nicht mehr, die sind aber in einen deutlich grossere halle umgestiegen und haben denn rahmenbau fur Utopia rader eingeangelt.

In die 25 jahre liegerad geschichte die ich mit erlebt habe gab es einige die dran verdient haben, aber nur sehr wenige die im langzeit betrieb davon leben konnen. Im Velomobil bereich lauft es gut, Trikes verkaufen auch, aber an eine andere gruppe als die die ein m5 CHR uberwiegen. Eher die komfort sucher als die die schneller fahren willen. Das rennrad und gravelbike, 27,5 zoll Fatbike und andere eigenlich ziemlich unsinnige fahrradprodukte fliegen wie warme brotchen uber denn tisch.

Das mann sich sichtbar von der masse weg bewegt und kein trendfolger ist schreckt ab.

Grusse, Jeroen
 
Es liegt eindeutig am fehlenden Absatz. Ebike-Mofas fressen den Einspurliegern den Marktanteil weg.
Habe mit Rainbow und Nazca telefonieren können. Pjotr320, ehemaliger Mitarbeiter von Nazca, hat mir letzten Sommer das auch bestätigt.
 
Es liegt eindeutig am fehlenden Absatz. Ebike-Mofas fressen den Einspurliegern den Marktanteil weg.
Vielleicht ist das so, aber hier in Niedersachsen - ok Hannover und weiter "oben" - ist ein Pedelec ein Witz gegen ein schnelles Liegezweirad. Das Problem liegt meiner Meinung eher darin, dass sich das die meisten Radfahrer nicht vorstellen können.
 
Nazca stoppt die Herstellung des Gaucho Tour und Gaucho Highracer...
...nachdem letztes Jahr schon die Modelle Fuego und Paseo beendet wurden.
Pioneer, Cruiser und Explorer gibt‘s noch ein Paar Rahmen, dann ist Schluss - nur das Quetzal-Tandem wird es weiter geben.
 
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Ich arbeite in einem recht grossen Fahrradladen als Mechaniker. Niemand fragt nach Liegerädern. Wenn ich als Selbstbauer und Überzeugter Liegeradler das mal erwähne, wird halt immer noch gelächelt. Gefährlich, unbequem, BlaBla... Lieber lassen sich die Leute den Hintern vermessen für einen weniger schmerzenden Sattel. Wenn mal eins im Laden wäre zum Probefahren. Da sehe ich die Schwellle, der Händler vor Ort muss es anbieten, damit die breitere Kundschaft es auch mal probiert.
Und ich denke auch, die etablierten Hersteller haben es geschafft sich von den extremen Geometrien und Materialien fern zu halten, da gibt es dann auch mal eher niederschwellige Sesselräder, die eigentlich jeder sofort fahren kann.
 
Und ja, das generelle Ausgrenzen von Liegeraedern durch die Radsportverunstalter ist ja noch immer ein bestehender Faktor. Gestern fragte mich eine Dame im Laden warum der Rennradlenker so komisch aussieht... Ehrlich gesagt ist doch daran die UCI schuld. Sie hat es trotzdem gekauft und ich wette, sie wird den unteren Bereich niemals benutzen.

Sorry, ich schweife ab.
 
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Nun driften wir doch gleich wieder in unsere vertrauten Erklärungsversuche und Abwehrstrategien ab, warum der blöde Mainstream immun gegen unseren Charme und unsere Heilsbotschaft ist... parallel zum Thread zur Rettung der Einspurer... und parallel zu jeder Sekte, die draußen primär die Unwissenden verortet, die nur mal ordentlich missioniert gehören, um auch unser Erweckungserlebnis zu teilen und selig zu sterben.

Ich fände hier mal eine "wertungsfreie" Bestandsaufnahme angenehmer: welche Firmen nach welcher Wirkgeschichte wieder verschwunden sind. Bestensfalls mit kleinen, nostalgischen Nachrufen für die Erinnerung.
  • So hat Troytec bspw. zwischen 200X und 201X wieviele Räder gebaut? 80? Hat welche Markteintritts-Strategie verfolgt und hat damit welches gegebene Potential ausgeschöpft - oder nicht?
  • Warum konnte sich gar niemand (intern und extern) für den Earthglider erwärmen, obwohl das ein durchaus ambitioniert durchdachtes Konzept war?
  • Welche Wellen hat letztlich eigentlich das innovative Mirage geschlagen - stand mal neben mir auf der Spezi ( https://radmarkt.de/nachrichten/mirage-bike-nomad-das-erste-liegerad-mit-kardanantrieb )?
  • usw.
 
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Aber ist sowas ein hinreichendes Argument, wenn vollausgestattete HP-Trikes reihenweise fünfstellig über den Ladentisch gehen und auch Birks und Troytecs in der Preisklasse verkauft wurden? Natürlich - soviel sollte uns mittlerweile klar sein - revolutioniert Derartiges nicht den Liegeradmarkt mit nennenswerten Verkaufszahlen. Aber dass er nicht mal 1-2 "Follower" in der Szene fand, hat mich dann doch gewundert.
 
Naja, Nazca sind ja schon ein paar Tage auf dem MArkt gewesen. So jung sind die nicht gegangen (mal davon ab, dass sie noch existieren, wie oben erwähnt).
Raptobike war leider sehr kurzlebig (soll es ja noch bei Elan geben). Arnold Liegtvoet hatte das augenscheinlich schon als ernsthaftes Geschäft vor, kam aus der Telekommunikationsbranche... Weiß jemand, was er heute macht?
 
  • So hat Troytec bspw. zwischen 200X und 201X wieviele Räder gebaut? 80? Hat welche Markteintritts-Strategie verfolgt und hat damit welches gegebene Potential ausgeschöpft - oder nicht?
  • Warum konnte sich gar niemand (intern und extern) für den Earthglider erwärmen, obwohl das ein durchaus ambitioniert durchdachtes Konzept war?
Schon der Erbauer des RazzFazz hat in den Nullerjahren geschätzt, dass der Anteil an CFKRennLiegen in EU bei max 100 liegt. daher hat er daraus nie ein Geschäft gemacht. Earthglider ist für mich nie ein ernsthaftes Produkt sondern ein Einzelstück gewesen. Die Nische in der Nische.
Leute die sich dafür interessieren könnten waren schon längst beim VM. Das Rad hätte 2000 auf dem Markt sein müssen.

Irgend wie wurden die Liegen immer extremer, aber es ist nie gelungen den Normalomarkt abzufischen. Das machen unsere Schweizer ganz gut.
Eine einfach zufahrende Liege mit einem PedelecMotor müsste es sein.
 
Ich fände hier mal eine "wertungsfreie" Bestandsaufnahme angenehmer: welche Firmen nach welcher Wirkgeschichte wieder verschwunden sind. Bestensfalls mit kleinen, nostalgischen Nachrufen für die Erinnerung.
Genau! Wir brauchen hier nicht den x-ten Thread über warum Leute keine Liegeräder kaufen. Sondern warum schon die Hersteller, die bewusst in eine Nische gestartet sind und ein grundsätzlich brauchbares Produkt hatten, gescheitert sind.
So hat Troytec bspw. zwischen 200X und 201X wieviele Räder gebaut? 80? Hat welche Markteintritts-Strategie verfolgt und hat damit welches gegebene Potential ausgeschöpft - oder nicht?
Meine grobe Sicht bzw. mein Halbwissen, ohne Hintergründe zu kennen:
  • Troytec stammt ja aus dem Kreuzotter/Razz-Fazz-Dunstkreis. D.h. das Wissen, wie man schnelle Liegeräder baut, war bereits vorhanden.
  • Sie hatten ja auch bereits zuvor mit den als Hobby erworbenen Carbon-Kenntnissen berufsmäßig Geld verdient.
  • Sie haben quasi den Razz-Fazz-Bau kommerzialisiert; d.h. Serienfertigung statt auf den Fahrer angepasste Einzelstücke, und nicht superleicht bis an die Grenzen der Haltbarkeit, sondern solide.
  • Dazu ein schickes Design, eine schicke Webseite und entsprechende Messe-Auftritte. Eigentlich alles richtig gemacht.
  • Die Troytec-Räder waren ja, was man so hört, grundsätzlich recht gut. Und dafür, was man bekommt, eigentlich auch nicht überteuert.
  • Ich habe auch nicht gehört, dass sie keiner mehr gekauft hätte. Sie hatten wohl eher keine Lust mehr, weil sie gesehen haben, dass man im Liegeradbereich kein Geld verdienen kann, und wo anders aber schon.
Warum konnte sich gar niemand (intern und extern) für den Earthglider erwärmen, obwohl das ein durchaus ambitioniert durchdachtes Konzept war?
Ich habe seitdem nicht mehr mit Uli geredet; aber ich vermute, dass er einfach desillusioniert war wegen der geringen Nachfrage. Uli ist ein Idealist, und da kam wohl ernüchternde Erkenntnis, dass die Kunden da nicht so mitziehen.

Uli kommt ja auch aus dem Kreuzotter-Dunstkreis. Und entsprechend ist der Earthglider von der Geometrie her mit der Kreuzotter verwandt. Daher glaube ich, dass es schon ein sehr gutes Rad war. Aber aus meiner Sicht war das Hauptproblem, dass das Ding so schwer, so sperrig und so teuer wie ein Velomobil ist, aber langsamer. Dafür zwar wendiger und besser gefedert, aber das rechtfertigt für mich keine Anschaffung (weil ich schlicht keine Anwendung dafür habe). Und so wird es auch anderen gegangen sein.

Ich finde es sehr schade, dass daraus nichts geworden ist. Und verstehe, dass ein gutes Rad ohne technische Kompromisse nun einmal sehr teuer ist. Der Earthglider würde schon eine Lücke besetzen, nämlich ein schnelles und sehr alltagstaugliches Liegerad; da gab es schon immer zu wenig, entweder reine Rennsemmeln oder bleischwere ineffiziente Reiselieger. Aber Uli hat z.B. auch viel Wert auf Crash-Sicherheit gelegt, und dafür vieles sehr massiv gebaut, statt auf geringes Gewicht zu achten.
 
Hat welche Markteintritts-Strategie verfolgt und hat damit welches gegebene Potential ausgeschöpft - oder nicht?
Die haben letztendlich Geld verdienen wollen.
Warum konnte sich gar niemand (intern und extern) für den Earthglider erwärmen, obwohl das ein durchaus ambitioniert durchdachtes Konzept war?
Hat die Nachteile von Velomobilen (unhandlich, Platzverbrauch) und offenen Zweirädern (fehlender Schutz gegen Unfall und Wetter)
Welche Wellen hat letztlich eigentlich das innovative Mirage geschlagen - stand mal neben mir auf der Spezi ( https://radmarkt.de/nachrichten/mirage-bike-nomad-das-erste-liegerad-mit-kardanantrieb )?
Mit untauglichem Kardanantrieb haben schon viele Konzepte versagt, das ist nicht innovativ.

Eine einfach zufahrende Liege mit einem PedelecMotor müsste es sein.
Gibt es schon, nennt sich Trike. Die Einstiegshürde Fahrtechnik fällt weg und die Nutzer wollen sowieso nicht schneller fahren als der Motor es her gibt, also ist eine Optimierung der Effizienz nicht zielgerecht.

die bewusst in eine Nische gestartet sind und ein grundsätzlich brauchbares Produkt hatten, gescheitert sind.
Hatten wir schon, Angebot an der Nachfrage vorbei geht schief. Wir hatten an der Uni eine Ringvorlesung, die in einer Vorlesung wunderschöne Beispiele gebracht hat, was alles schiefgehen kann, daß Produkte floppen.
Uli ist ein Idealist, und da kam wohl ernüchternde Erkenntnis, dass die Kunden da nicht so mitziehen.
Genau.

nämlich ein schnelles und sehr alltagstaugliches Liegerad; da gab es schon immer zu wenig,
Nein, von den schnellen Liegen gab es immer zuviel, um Geld abzuwerfen. Der Baron hätte das Zeug gehabt, wenn der Rahmen gehalten hätte.

Gruß,

Tim
 
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Radius in Münster war klein, aber fein. Nur, als sie dann bei einem Modell es mit Rahmen aus fremder Produktion versuchten, kamen sie in Schwierigkeiten. Statt der Erweiterung der Palette im unteren Preisbereich kam das Ende, zum Glück für die Inhaber nicht als Pleite.
In meinem Keller wartet noch mein Peer Gynt von 1992 auf einen Liebhaber, der es wieder herrichtet.
 
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