Jetzt spricht die Frau (Achtung Satire zu VM)

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Vorsicht Satire!
Der Text ist von meiner Frau zum Stadtradeln in Wetzlar

Immer Ärger mit Richard Sturm
Jetzt spricht seine Frau!

Wir waren noch nicht verheiratet, ich begann gerade damit in diesem Hessen, bei diesem Wetzlar, vorsichtig meine Wurzeln zu schlagen. Die eigene Mutter warf mir zu Hause im Saarland Landesverrat vor, während mein Vater wenigstens ein bisschen dankbar schien, dass ich ich ihm keinen Pfälzer angeschleppt hatte, da laberte mich mein Verlobter ständig mit Velomobilen voll. Selbst im Schlaf beschäftigte ihn dieses Thema. Erst dachte ich, er singt in der REM-Phase einen Song von Nirvana. Als alter Grungefan fand ich das erst süß. Doch irgendwann kam ich ihm dahinter, dass er nicht, wie ich dachte sang:
"Hello, hello, hello, how low.
Hello, hello, hello, how low ...",
sondern:
"Velo, Hello, Velo how low.
Hello Velo, Velo, how low ..."
Kurt Cobain würde sich im Grab umgedrehen, wenn ... , ach, lassen wir das.

Abends kam er ständig mit seinem IPad an und hielt es mir unter die Nase.
"Schau mal, das will ich mir kaufen", teilte er mir begeistert mit.
Ich warf einen kurzen Blick, auf die Torpedos vor mir auf dem Touchsreen und belächelte seine typisch männliche Begeisterung für Unterwasserwaffen. Ich hatte anderes zu tun. Denn ich war gerade dabei seine Socken zu stopfen und neue Gummis in die ausgeleierten Feinripps zu ziehen. Richard weigerte sich nämlich, sich neue Unterwäsche und Socken anzuschaffen. Er wollte sparen, sagte er stets mit leuchtenden Augen.
Ich ging davon aus, dass es sich um ein paar Diamantenohrringe handelte, die er mir schenken wollte, um mich zu beeindrucken und fand es putzig.

Wir waren gar zwei Jahre verheiratet. Ich trug schwer an den Ketten der Ehe. Denn, wie von mir erwartet, hatte mich mein Gatte nicht in Seide und Geschmeide gehüllt. Er schickte mich sogar jeden Tag nach Wetzlar, um dort zu arbeiten. Das muss man sich mal vorstellen! Die Bus- und Bahnverbindung von Solms nach Wetzlar waren zwar top, aber ich bestand dennoch auf ein eigenes Auto.
Wie dem auch sei, ich kam eines Abends müde und geschunden von meinem Job beim Dentisten zurück, da stand dieses blaue Phallussymbol in unsere Einfahrt.
"Was zur Hölle ist das?", schrie ich entsetzt und drehte mich sofort nach den Nachbarn um. Was die wohl wieder im Dorf erzählen würden. Ich wollte nicht schon wieder die Kripo vor der Türe stehen haben. Das ging in Solms nämlich schnell! Man musste nur Freitags, statt Samstags den Bordstein fegen und schon wurde man für einen Terroristen gehalten und eine verdammte, riesige Rakete in der Einfahrt, trug nicht dazu bei, dass sich dieses Gerücht über uns in Luft auflösen würde.
"Das ist mein Velomobil", antwortete mein mir Zugetrauter mit einem seligen Grinsen im Gesicht. Das würde ihm noch vergehen.
"Hast du den Verstand verloren?", schrie ich. "Du musst nichts kompensieren, unten rum ist bei dir doch alles soweit ok“, rief ich verzweifelt. Und das war nun wirklich nicht gelogen, wenn sie verstehen, was ich meine.
Richard sprang, zu meiner Überraschung, plötzlich in das Innere der Phallusrakete. Nur sein Kopf schaute noch raus. Er setzte zurück, glitt rückwärts aus der Einfahrt, flink, wie eine Muräne, drehte eine Runde und kam dann wieder.
"Es ist großartig, Schatz", verkündete er mir. Hinter mir ließen die Nachbarn mal wieder die Rollläden krachend runter, andere holten ihre spielenden Kinder von der Straße. Das hatte er mal wieder toll hin bekommen.
"Jetzt schau nicht so überrascht, mein kleiner Schatz", ich hab doch schon seit Jahren auf das Velomobil gespart", lachte Richard und drückte mir einen Kuss auf die Backe, nachdem er sich aus dem Gefährt gewunden hatte, wie eine Kobra und wieder neben mir stand. Wortlos drehte ich mich um, ging ins Haus und bereitete ein kompliziertes Abendessen vor.
Wenn er so weiter machte, würden wir irgendwann noch in der Zeitung stehen, dachte ich besorgt, während ich die Pizzakartons klein riss und den Backofen auf Umluft stellte.

Tanja Sturm
 
Es hätte erheblich schlimmer kommen können. Meiner Erinnerung nach waren die Gleichaltrigen aus Solms früher eher weltzugewandt und aufgeschlossen. Zumindest im Vergleich mit anderen Orten, wo Ihr eure Wohnung hättet nehmen können. Ich sage mal - In Blasbach, Kröffelbach oder Niederquembach würde ich jetzt eher eine Reaktion wie die oben beschriebene erwarten. Davon abgesehen, gibt es natürlich keinen Grund, von Solms nach Wz mit dem Auto zu fahren. Auch wenn es dort vermutlich fast jeder macht ;-)
 
Oh naja, Solms ist schon liberaler als die meisten Mini Käffer weiter im Umkreis. Dennoch gibt es hier den Kreis der Alt eingesessenen und in den kommst du auch nicht rein wenn du nicht schon seit Generationen hier lebst. Ich hab halt im Hauptberuf einen Bio Supermarkt und im Nebenberuflich eine Tonstudio für elektronische Musik hier im Ort, des Öfteren trifft sich hier die Musik Szene und ich fahre Velomobil, das reicht selbst für Solms zum Paradiesvogel ;-)
Ist aber O.K. Man sollte nicht vergessen das an der Storry oben die meisten Punkte frei erfunden sind. Dichterische Übertreibung.
 
Die Krönung war für mich die Entscheidung, ein kompliziertes Abendessen vorzubereiten, nur um im nächsten Satz kleingerissene Pizzakartons zu erwähnen. :ROFLMAO:
 
Das wirklich Schlimme dabei ist:

Wieviele Leute fahren kein Liegerad, -Trike und Velomobil, weil Sie die Vorverurteilung der Nachbarn fürchten?

Mit den besten Grüßen aus dem Münsterland
Ein tätowierter Liegeradfahrer, der nicht sonntags in die Kirche geht, nicht Fußball spielt, nicht im Schützenverein ist, kein Eigenheim abzahlt, kein möglichst großes Auto fahren muss (will), keine neuen Gartenmöbel mit den Nachbarn begießen muss, nicht jedes Wochenende halbe Schweine und ganze Kühe auf den Grill werden muss. Kurzum, ein ziemlich glücklicher Mensch
 
Ein gar köstlicher Beitrag!

Wenn ich mir jetzt vorstelle, meine Frau hätte die Einstellung meines Schwiegervaters gegenüber meinem Fahrradhobby, dann wäre der Text noch untertrieben.
Aber zum Glück ist meine Frau dem Hobby gegenüber recht aufgeschlossen und selber auch schon öfter Liegetrike gefahren.
Sie teilt es sich mit meiner großen Tochter.
 
Dennoch gibt es hier den Kreis der Alt eingesessenen und in den kommst du auch nicht rein wenn du nicht schon seit Generationen hier lebst.
Das ist mir - meine Großeltern sind nach Wz gezogen - nie aufgefallen, solange ich dort gelebt habe. Als ich allerdings von HH-Altona nach Jülich-Güsten gezogen bin (frag nicht - war wegen des Broterwerbs und der Familienfinanzierung notwendig), wurde mir deutlich vor Augen geführt, dass in HH, wo halt viele Menschen hinziehen und sich dort ein neues soziales Umfeld schaffen, das Kennenlernen von neuen Leuten und die Toleranz viel höher waren als im 1100 Seelen-Kaff, wo sich alle seit dem Kindergarten kennen und gar keinen Bedarf an Neuen haben. Sicher, ich hätte das durch die Mitgliedschaft in der Feuerwehr, dem Trommler-und-Pfeifer-Corps, dem Karnevalsverein oder dem Schützenverein ändern können. Andererseits wollte ich das auch nicht... So ähnlich isses aber wahrscheinlich halt auch in Solms.

Was die Musikszene angeht: Eher nicht elektronisch, aber abwechslungsreich und rockig: kennst Du das Irish Inn in der Brückenstraße 1? Gut per Rad zu erreichen, der Wirt (Frank) ist eingefleischter Musiker und die haben da regelmäßig Life-Mucke am Start (Habe da in den späten 1990ern hinterm Tresen gestanden ;-) )
 
verstehe Morgenfrost nicht. Vor allem, wie verwertet er die vor lauter Schreck oder aus purer Langsamkeit verstorbenen Tiere. Ich sammele die immer ein (deswegen bin ich so langsam). Mann liegt dann auch besser auf der Strasse, wie in einem tiefer gelegten Sportwagen und kein Windhauch weht einen von der Idallinie. Sollte das eingesammelte Frischfleisch nicht von einem selbst sein, empfiehlt es sich offen zu fahren.
Natürlich kann man mit Nachbarn auch mal einen Trinken, unterhalten ist ja sinnlos. Außerdem gucken die mich immer so komisch an, wenn ich von den Schönen Dinge Schwärmt: ein ICE ohne antizyklische Heizung und Biobelüftung, Frauenfahrrad, in dem man nicht friert und so schnell ist der Blitz .... da bleibt nur zu trinken um diese Blicke zu ertragen.

PS. ich mag das Satire Seil mhm.. knäul öööh faden ....
 
Zuletzt bearbeitet:
kennst Du das Irish Inn in der Brückenstraße 1?
Ja, ich war da schon ein paar mal mit meienr Frau, ist ganz nett aber leider wird da geraucht was die Begeisterung für uns schon wieder ein wenig schmälert. Ich bin hier eigentlich auch viel in der Rock Szene unterwegs, allerdings ist da Gießen- Marburg definitiv reicher an Events als Wetzlar.
Im Grunde wohne ich seit 1980 mit Unterbrechungen in Solms, irgendwann kennt man so die Kreise, die gibt es so oder so ja in jeder Stadt, auch Wetzlar ist von Frankfurt aus betrachtet ein Provinznest ;-) In Solms gibt es eben sehr viele zugezogene, dadurch ist der interne Kreis nicht ganz so auffällig, wenn du aber Stadtpolitisch hier irgend was bewegen wolltest müsstest du in diversen Vereinen sein.
Tatsächlich ist es sowohl meiner Frau als auch mir aber egal was der Ort oder die Nachbarn sagen.
 
Vor allem, wie verwertet er die vor lauter Schreck oder aus purer Langsamkeit verstorbenen Tiere.

Gar nicht. Ich esse wenig Fleisch. Ich mag gerne Gegrilltes, aber ich bin keiner von denen, die ab April jedes Wochenende irgendwelche Mammalia auf dem Grillrost veredeln müssen.
 
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