Interessante Betrachtung zum Tempolimit

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Bevor gleich die Hölle losbricht - Disclaimer: ICH denke es wurde falsch gerechnet bzw. mich würden die Details interessieren wieso soviele Deutsche mit 130km/h+ über die Autobahnen fahren sollen. Auch ist halt die Frage ob der CO2-Tonnen-Preis von 25 EUR der EU so korrekt gewählt ist. Aber gut:


Aber ich finde es gut, dass hier mal versucht wurde alle Aspekte eines Lösungsansatzes zu berücksichtigen.
 
Eine interessante Berechnung, die jedoch leider nicht weit genug geht. Denn: Wir haben in Deutschland auch ein Zugnetz. Mit einer Senkung der Geschwindigkeit auf den Autobahnen wird die Fahrt im Zug für lange Strecken attraktiver, zumal man dort auch mit gewissen Einschränkungen arbeiten kann.
Letztendlich werden wir aber keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn kriegen. So schlimm finde ich das nicht: Die Umweltkosten sind überschaubar und auf Autobahnen sind auch nur Autos unterwegs, die schnell fahren wollen. Sinnvoller wäre eine Senkung der Geschwindigkeit in den Städten; wenn es da dann weniger Verkehrstote gibt, rechnet sich das gleich viel mehr, da der Zeitverlust (der ja auch Geld kostet) sowieso nicht so hoch ausfällt.
 
Also wenn man ganz doof die 3 Faktoren multipliziert, dann kommt man vielleicht auf so ein Ergebnis und ist prädestiniert für nen IFW-Posten und ne Pressemeldung.
  • Gesamtfahrleistung x Limit-Differenz x Durchschnittlicher Stundenlohn
  • In Referenz zu CO2-Preis und ominösere Einsparungssumme.
Wäre man etwas weniger unreflektierter Modellwissenschaftler und könnte mehr Komplexität in Rechnung stellen, könnte man seine Parameter in Frage stellen und ergänzen:
  • Ist pauschal ein durchschnittlicher Stundenlohn anzusetzen, selbst für Freizeitfahrer?
  • 30km/h-Differenz - ist das die wirkliche resultierende Zeitersparnis auf einer Strecke?
  • Ist die Gesamtfahrleistung nicht schon ein Ausdruck volkswirtschaftlichen Schadens? Was wird auf der Autobahn produziert? (ja Güter- und Arbeitskraftallokation... auf Basis kostenloser Energie und unberechneter Zeit).
  • ...
  • Was ist die Bezugsgröße der Einsparung? Da lauert ein möglicher versteckter Rechenfehler aus dem Import der vorausgehenden Studie:
  • Geht es dort um realen Mischverkehr oder die wirkliche Modellannahme, dass bei "Alle fahren 130" wirklich nur >55mio T.< mehr entstehen als bei "Alle fahren 100"? ...
  • ... wenn aber real (und als diese Einsparungs-Bezugsgröße) eh schon nur ein kleiner Teil des Verkehrs (also hochbezahlte Vertreterkarren) deutlich über Tempolimit fahren, dann kann auch nur dessen Einbremsung verrechnet werden - nicht die des Gesamtverkehrs.
  • Dafür müsste man aber exakt in die Studien schauen, um alle beteiligten Annahmen zu prüfen. Nur wer hat da schon Zeit für, wenn er nur mit 30km/h zur Arbeit fährt...!?
  • ...
  • Nicht einbezogen sind Beieffekte wie ein harmonisierter Verkehrsfluss (weniger Infrastrukturkosten für Highspeed-Autobahnen, im Idealfall auch kein Sinn mehr für 300PS-Panzer und eine Option des allgemeinen Abrüstens auf den Straßen)
  • Die Gegenrechnung (wie @Topthor), dass erst die wirkliche Inwertsetzung von Zeit und Geld dafür sorgen kann, dass sinnvoll mit Gütern umgegangen wird und nicht jeder Depp täglich 200km rasen muss, d.h. eine Zusammenlegung von Schlaf- und Arbeitsort volkswirtschaftlich viel günstiger wäre... und sowas erst dadurch anreizt wird, dass man sich nicht mal eben alltäglich mit seinen 2 Tonnen Blech 100km hin- und her teleportiert.
  • ... d.h. nicht die 30km/h Differenz sind als Kostenfaktor zu hinterfragen, sondern überhaupt der 100km/h Sockel dieser Rechnung. D.h. wenn 6mrd. die Differenz zwischen 130 und 100 ist, dann könnte man die reinen Zeitkosten des Sockels auf 20mrd. Schaden ansetzen.
  • usw.
Ansonsten hat er natürlich Recht und ich fordere sofort, dass insbesondere Berufskraftfahrer mit 20Tonnen Güterladung zum allgemeinen Wohl 150km/h zu fahren haben!
 
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Aber ich finde es gut, dass hier mal versucht wurde alle Aspekte eines Lösungsansatzes zu berücksichtigen.
Der Rechenansatz ist mehr als 30 Jahre alt. Wenn Du die Fahrzeit auf freier Strecke mit üblichen Stundensätzen als "Verlust" rechnest, müsste der Sprit schon deutlich zweistellige Euros pro Liter kosten, bevor Langsamfahren günstiger wird.
In diesem Denkuniversum ist es verboten, dass Ressourcen endlich sind, dass man Geld nicht essen und eine zweite Erde nicht kaufen kann.
 
Der Rechenansatz ist mehr als 30 Jahre alt. Wenn Du die Fahrzeit auf freier Strecke mit üblichen Stundensätzen als "Verlust" rechnest, müsste der Sprit schon deutlich zweistellige Euros pro Liter kosten, bevor Langsamfahren günstiger wird.
In diesem Denkuniversum ist es verboten, dass Ressourcen endlich sind, dass man Geld nicht essen und eine zweite Erde nicht kaufen kann.
Ich begrüße die Berücksichtigung aller Faktoren. Nicht die Falschberücksichtigung von Faktoren. Der Punkt ist wenn man sich auf dem Niveau:
"CO2 ist BÖSE und sonst nix"
"Die Wirtschaft ist ALLES"
auseinandersetzt, besteht keine Möglichkeit die Glaubenssätze des Anderen anzugreifen. Wenn beide Seiten jedoch anfangen Beispielrechnungen anzustellen besteht die Möglichkeit auf die Details einzugehen und sie zu kritisieren. Wie hier. Vor dem Hintergrund der Endlichkeit von fossilen Ressourcen müsste vielleicht ein Mischansatz verwendet werden wo die höheren Kosten von nachwachsenden Ressourcen (Alkohol) berücksichtigt werden.

PS: Oder noch besser: Die ganz konkreten volkwirtschaftlichen Kosten die durch Klimaerwärmung entstehen. Es war jetzt schon mehrfach in den Medien das die Bauern starke Probleme durch die ungewöhnlich trockenen Sommer der ~letzten 3 Jahre haben.
 
Gerade wenn es um solcherart Pressemeldungen geht, handelt es sich aber nicht um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, die möglichst umfassend versucht, alle Faktoren mit einzubeziehen (und in komplexeren Modellen zu bepreisen). Sondern der IFW liefert scheinbare Argumente für verfestigte Glaubenskriege.

Bspw. ist es ein Witz, den CO2-Preis als Referenz auf 25€ zu setzen. Dort gehört der real nicht, wenn man wirklich mit sowas wie Klima-Erwärmung rechnen will/muss. Wenn der wirklich Steuerungswirkung bzgl. der Paris-Ziele übernehmen sollte, dann würde der auf 500 bis 1000€ springen, und schon würde die Vergleichsrechnung (und Tankrechnung) ganz anders aussehen. D.h. die Faktoren, die hinter der resultierenden Meldung stecken >Tempolimit ist 7mrd Schaden< sind plump schön gerechnet.
 
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Missing is the health cost of higher air pollution...

I have driven at 160 km/h on a German autobahn, it was in a Lancia Fulvia 1.3 Coupé which made about 78 HP ;)
 
Ich begrüße die Berücksichtigung aller Faktoren.
Das tut die Studie aber nicht. Sie schätzt die CO2-Einsparungen und den zeitlichen Mehraufwand der Fahrten sowie die Verringerung der Verkehrstoten und rechnet alles in Euro um. Die CO2-Einsparungen sollen halt "irgendwo anders" erfolgen, wo sie weniger kosten. Das meinte ich mit "Geld essen" und (un)endlichen Ressourcen. Die Studie ist ein Puzzleteil in dem Spiel "Ich gebe kein Stück vom Kuchen ab, legen wir doch erstmal woanders die Daumenschrauben an."
(Sorry, ich bin für einen detaillierten Austausch dazu evtl. der Falsche, das triggert bei mir Erinnerungen an ähnliche Diskussionen bei früheren Jobs. Da wurde mit ähnlichen Rechnungen bewiesen, dass Dienstreisen weniger kosten als die potentiellen Missverständnisse bei Telefon und e-Mail.)
 
Ja stimmt. Okay, ich freue mich das mehr Faktoren berücksichtigt werden. Und man kann es besser angreifen als "Wirtschaft ist gut"
 
Die abstande hier zu lande sind ja um einiges kurzer als bei euch. Ich vermute auch das denn abstand zur arbeitsstelle im schnitt in Deutschland weiter weg ist als hier. Es passiert uns hier oft das wir auf die 100 km zu familie kaum die 130 erreichen, auch wenn es abends erlaubt ist.

Dennoch sind wahrscheinlich einige luken in der berechnung. Das mann schneller fahren darf will noch nicht sagen das es auch geht. Stau, elefantenrennen usw verhindern oft das schnelle fahren. Maximal geschwindigkeit und schnitt liegen oft weit aus einander.

Grusse, Jeroen
 
Das Ganze letztendlich in Euro umzurechnen ist nicht verkehrt, da es der breite Verhaltensanreiz in einer komplexen Gesellschaft ist.

Das Grundproblem jeglicher Rechnung ist der angesetzte Preis für die Tonne CO2. Für den 0815-Ökonomen ist die Welt in Ordnung, wenn der den Marktpreis an der Strombörse ablesen kann und weiterrechnen. Für den Umweltökonomen steckt da aber unendlich viel mehr an (externalisierten) Faktoren drin, was zwingend eingepreist werden muss. Ein aussagekräftiger CO2-Preis kann sich aber nur über folgende Schritte ergeben:
  • Berechnung der Folgeschäden des Klimawandels (ohne Schönrechnerei zu Lasten künftiger Generationen).
  • Rückrechnung des CO2-Budget, was wir noch verbrennen dürfen (Versuch der Paris-Regelungen)
  • Dieses Budget ist dann ein Angebot, die Verbraucher die Nachfrage.
  • Solange Angebot und Nachfrage sich nicht decken, steigt der CO2-Preis ins Unermessliche.
  • D.h. die Nachfrage muss sich solange reduzieren, bis sie im Budget ist...
  • ... und zwar in dem alles, was CO2-Äquivalente erzeugt, derart teuer wird, dass es sich die meisten nicht mehr leisten können/wollen (im Vgl. zu ökologischeren Handlungsalternativen) - es also durch den Preis zu massiven Marktaustritten/ Verhaltensänderungen kommt.
  • Die Tempolimit-Diskussion ist so eher egal. Wenn die CO2-Einpreisung an der Zapfsäule passiert, und der Liter Sprit irgendwann auf 100€ steigt, dann haben wir ne reale Allokationsfunktion... in der sich alle Beteiligten ihre Karre, ihre Ziele und ihr Reisetempo nochmal gründlich gegenrechnen.*
* und dann die Revolution ausrufen, die Klimadiktatur zu stürzen.
 
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Macht ein Autofahrer denn überhaupt was ausgleichend umweltfreundliches mit seiner "gespartenen" Fahrzeit?

Wieviel Umwelt beschädige ich alleine mit diesem Post?

Ist in 4 Milliarden Jahren nicht sowieso alles obsolet?
 
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Ansonsten hat er natürlich Recht und ich fordere sofort, dass insbesondere Berufskraftfahrer mit 20Tonnen Güterladung zum allgemeinen Wohl 150km/h zu fahren haben!
Wenn man über den Teich schaut (oder auch nur auf schweizer Landstrassen) hat die Angleichung der Fahrgeschwindigkeit von Lastwagen und Autos durchaus seinen Reiz. Die treiben das bis 85MPH (136km/h) ohne dass da jemand Bedenken hätte die Lastwagen fliegen bei der Geschwindigkeit auseinander.

Die Rechnung könnte noch Vermeidung von Staustunden berücksichtigen, die durch ein Vergleichmässigung und Verringerung der gefahrenen Geschwindigkeit entsteht. Das Kapazitätsoptimum liegt bei 80-90km/h.

Ich glaube man kann sich jede Meinung schön rechnen, solange das Thema komplex ist und man es tendenziös vereinfacht.
 
Ein außer acht gelassener Faktor ist z. B. der, dass es bei einem Tempolimit keinen rationalen Bedarf mehr nach Autos gibt, die schneller fahren als das Tempolimit auf Autobahnen.

Damit würde auch für die exportorientierten dt. Hersteller ein Anreiz geschaffen, PS-mässig abzurüsten mit den bekannten Folgen für CO2-, Schadstoffaustoß der Fahrzeuge und gestiegener Sicherheit. Davon würde dann auch der Rest der Welt beim Kauf eines deutschen Autos "profitieren" (Ulf Poschardt sieht das anders;)).

P.S. manchmal träume ich heimlich von einem Deal mit den Amis: wir regulieren deren Waffenrecht, die unser Verkehrsrecht mit Blick auf Tempolimit.
 
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Es ist doch so eine bekannte menschliche Eigenschaft, dass Entfernungen danach beurteilt werden, wieviel Zeit der Weg kostet.
Dabei wird die Eignung eines Verkehrsmittels für einen Weg nach der Fahrzeit entschieden, aber auch die die Frage, ob es überhaupt sich lohnt die Reise zu machen.
Schnelles Fahren auf der Autobahn spart demnach eigentlich keine Zeit, sondern das Resultat ist eher, dass weitere Reisen überhaupt gemacht werden. Die akzeptable Reisedistanz ist einfach größer.
Damit ist aber das schnelle Fahren mittelbar eben doch verantwortlich für mehr Verkehr insgesamt und für wesentlich mehr CO_2-Ausstoß.
Allein die Möglichkeit, schnell weit zu Reisen, macht Verkehr.
Es fiel leichter, auf etwas zu verzichten, als es sowieso für die meisten noch unerreichbar war.
 
Wenn man über den Teich schaut (oder auch nur auf schweizer Landstrassen) hat die Angleichung der Fahrgeschwindigkeit von Lastwagen und Autos durchaus seinen Reiz. Die treiben das bis 85MPH (136km/h) ohne dass da jemand Bedenken hätte die Lastwagen fliegen bei der Geschwindigkeit auseinander.
Das ist genau der Punkt. Im Artikel steht, dass die durchschnittlich längeren Fahrzeiten genommen wurden – aber von welcher Durchschnittsgeschwindigkeit geht der Autor denn aus? Angeblich ist die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Autobahnen 125 km/h, d.h. solange der Verkehr flüssig ist (und das würde er, wenn es weniger Überhol- und damit Bremsmanöver gäbe), würde der Verkehr kaum langsamer werden. Man ist ja auf der Autobahn nicht schnell, weil man rast, sondern weil es keine Ampeln gibt und man deshalb selten langsam ist. Spricht leider nicht gerade für den Spiegel, dass solche offensichtlichen Dinge nicht hinterfragt wurden.
 
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