In sieben Tagen von München nach Berlin - oder wie wir eine Pfandflasche zurückbrachten

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Mein Bruder und ich hatten schon länger vor, von unserem gegenwärtigen bzw. früheren Wohnort München in unsere ursprüngliche Heimat Berlin zu fahren. Diesen Sommer hat sich endlich die Gelegenheit ergeben. Mit dabei war eine leere Flasche Vita-Cola, die irgendwie ihren Weg von Berlin nach Basel fand und sich in den nächsten Läden diesseits der Schweizer Grenze nicht zurückgeben ließ. Auch in München fand sich kein Abnehmer, daher sollte sie nun zurück dorthin, wo sie gekauft wurde. Unterwegs durfte sie sich als Wasserflasche nützlich machen.

Ich stelle hier demnächst noch die einzelnen Etappen ein. Fragen oder Kommentare sind natürlich willkommen, deswegen steht das auch hier und nicht im Blog.

Zunächst für die Statistiker:
770km, 2400hm (laut brouter), 6,5 Tage (27.8. - 2.9.), Netto-Schnitt 19,1 km/h, Maximalgeschwindigkeit 60 bzw. 55 km/h. Mein Bruder fuhr sein Traix Phantom, ich meine Optima Cheetah, beide mit irgendwas zwischen 15 und 18kg Eigengewicht und mit jeweils knapp 20kg Gepäck beladen, incl. Zelt, Wasser und Futter.

Wir haben uns im Groben an Wasserläufen orientiert und die Feinplanung der Etappen mit dem brouter gemacht. Die Tagesetappen hatte ich auf meinem neu gekauften etrex35 als Track hinterlegt, das schien mir nach ein paar kurzen Tests sinnvoller als eine Route, auf die mich das Navi immer wieder zurückziehen will.. Während der Fahrt sind wir hin und wieder über ausgeschilderte Radwege gestolpert und ihnen teilweise gefolgt, das war aber vor allem mit der relativ schmalen Slick-Bereifung an meiner Cheetah nicht in jeder Gegend eine gute Idee. Mehr dazu bei den einzelnen Etappen. Teilweise habe ich die tatsächlich gefahrenen Strecken auch noch als GPX.
Bei der Planung haben wir uns ziemlich den Kopf zerbrochen, wie wir am besten mit dem schier unüberwindlichen Thüringer Wald umgehen. Rückblickend haben wir das viel zu wichtig genommen, die Etappe mit den unangenehmsten Steigungen kam am Tag danach. Wir hatten nur beide wenig Erfahrung mit Gepäck in bergigem (für Alpenbewohner: hügeligem) Gelände und waren entsprechend beeindruckt von den Höhenprofilen bei der Planung. :) Letztlich haben wir uns für den Vorschlag von @Martin entschieden und sind an Rodach, Haßlach und Steinbach hinauf und an Haßbach, Loquitz und Saale wieder runter - auf der Karte leicht zu finden als Bundesstraße B85.

So sahen die beladenen Räder aus (während der Tour aufgenommen, beim Start haben wir kein Foto gemacht):

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Moin, ich bin gespannt auf weitere Details. Besonders auf den Bereich... so war geplant, da sahen wir einen Radweg und haben einen anderen Weg einegschlagen und der Hilfe/Schwierigkeit/Nützlichkeit des Garmins. Mich hat mein Garmin ertex so genervt (oder: ich war son unfähig), dass ich es verkauft habe.
Ich danke darüber nach, mit Brouter grob zu planen, dass auf eine Papierkarte zu übertragen und dann loszufahren...

Gruß
Christoph
 
1. Etappe: München – Neustadt an der Donau

Mein Bruder kam erst um ca. 12 Uhr mit der Bahn in München an und es waren wolkenlose 32°C, daher haben wir nicht nur auf einen Besuch beim VM-Treffen in Haag verzichtet, sondern auch den Teil der Strecke bis Rohrbach an der Ilm mit dem Zug abgekürzt. Im Zug gleich die obligatorische Frage, ob das bequem ist; ich hab mich für eine kurze Antwort entschieden: draufsetzen. Von Rohrbach ging's in weiten Schwüngen das Ilmtal hinab, zwischen reichlich Hopfen und Mais hindurch bis Vohburg - bei ausreichend Übersicht auch mal auf der linken Fahrbahnseite, um etwas mehr Schatten zu bekommen. :whistle: Obwohl wir eigentlich nur zügig 40km hinter uns bringen müssen, wird etwas deutlich, was auch in den nächsten Etappen hin und wieder für kurze Diskussion sorgt: Ich bin eher schnelle Sprünge gewohnt und will trotz Gepäck mit 30 km/h so 40-50km durchziehen und höchstens mal kurz alte gegen neue Getränke auswechseln, bevor ich eine - dann deutliche - Pause mache, mein Bruder bevorzugt eher 20-25 km/h mit kurzen Stopps nach Bedarf.
Bis über die Donau haben wir uns an den brouter-Vorschlag gehalten, an dem es nichts auszusetzen gab. Die Strecke habe ich nicht gespeichert, sie ist aber anhand einer Karte nicht schwer zu rekonstruieren: rechts der Ilm bleiben, möglichst nahe am Fluss, da ist etwas weniger Verkehr als links vom Fluss. Hinter Vohburg haben wir auf der linken Donauseite den Donauradweg gefunden und sind ihm bis Neustadt gefolgt, statt der brouter-Empfehlung entsprechend auf der St2232 zu fahren. Wer vor allem ankommen will, ist hier mit der Staatsstraße an der Donau wahrscheinlich besser bedient, und zwar nicht so sehr wegen der etwas längeren Strecke, sondern vor allem wegen der vielen Abbiegungen und Kreuzungen in den Orten, die bei höherem Tempo wegen der Geschwindigkeitswechsel überproportional Kräfte zehren. Aber wir hatten eine Reisegeschwindigkeit von 20-25 km/h und genug Zeit, da störte das nicht weiter und wir hatten ein bisschen Abwechslung. Die letzten Kilometer hinter Pförring führen allerdings als Kiesweg auf dem Deich entlang; das war für mich zwar noch gut fahrbar, aber genauso eintönig wie die Hauptstraße.

Ca. 18:30 Uhr haben wir den Campingplatz Felbermühle erreicht. Eigentlich war es ein bisschen schade, dass wir nur die Nacht dort waren. Der Platz liegt schön auf einer kleinen Insel zwischen zwei Armen der Abens, und im Umkreis von 20-30km gibt's da ja noch einiges, was man angucken könnte. Aber unser Ziel war Berlin, deswegen blieb es bei einer Nacht. Abendessen gab es hier:

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(nein, nicht an diesem Tisch :))

Dass wir noch am Üben waren, wurde am nächsten Morgen deutlich. Es waren noch zwei andere Zelte dort, und wir waren zwar als erste auf den Beinen, aber als letzte auf den Rädern. Das Zelt mussten wir trotzdem ziemlich feucht zusammenpacken, doch darüber haben wir uns an den nächsten Tagen nicht mehr den Kopf zerbrochen - das geht bei so klaren Nächten und diesen Sonnenaufgangszeiten kaum anders, und wenn man abends gleich zu Beginn das Zelt offen hinstellt und dann essen geht, ist es zumindest beim Ausrollen der Schlafsäcke wieder trocken.
 
Mich hat mein Garmin ertex so genervt (oder: ich war son unfähig), dass ich es verkauft habe.
Ich danke darüber nach, mit Brouter grob zu planen, dass auf eine Papierkarte zu übertragen und dann loszufahren...
Die Garmin-Planungsfunktionen habe ich kurz angetestet und dann ziemlich schnell verworfen, sowohl die auf dem etrex als auch die im Basecamp. Da ist glaube ich schon Google-Maps besser. Letzlich habe ich das etrex als elektronische Landkarte benutzt, mit dem Track als reingemaltem Strich. Vorteile gegenüber einer Karte aus Papier sind, dass man die aktuelle Position sieht, dass es weniger Platz braucht und dass man keine Kompromisse zwischen Massstab und Größe eingehen muss. Allerdings braucht es Energie, bei Primärbatterien ungefähr zwei AA-Batterien pro Tag.
Geplant habe ich mit brouter-web und einem lokalen brouter-Server an einem Laptop, dann die Tracks mit Basecamp auf's etrex geschoben. Mit einem neueren Handy mit vernünftiger Rechenleistung kann man auf den Laptop verzichten (und vielleicht auch auf's etrex), als Nachteil der brouter-App fällt mir nur ein, dass die kein Höhenprofil anzeigt und in der Handhabung von Wegpunkten umständlicher ist als brouter-web. Mit der Akkulaufzeit habe ich allerdings keine Erfahrung. Routenplanung ist rechenintensiv, deswegen würde ich die wahrscheinlich abends mit schon angestöpseltem Ladegerät machen und das Handy dann über Nacht aufladen lassen.
 
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2. Etappe: Neustadt – Nürnberg

Anfangs hatten wir überlegt, mit dem Schiff durch den Donaudurchbruch zu fahren, also per Rad den kurzen Sprung nach Weltenburg und dann ab Kelheim weiter. Aber wir wollten auch wissen, wie sich die bepackten Räder in Steigungen benehmen, bevor es „ernst“ wird, daher ging's bei Neustadt zurück auf die linke Donauseite und über Arresting hinauf auf den Buckel zwischen Donau und Altmühl. Das sollte laut Track auch mal 8-10% erreichen. Tut es nach dem Garmin-Log sogar, aber nur 2-3x kurzzeitig über 10hm, dazwischen kamen immer wieder flachere Stücken, auf denen man gut die Beine ausschütteln konnte, wenn man nicht gleich wieder hochschaltet.
Hinter Laimerstadt stellten wir fest, dass die nächsten Wellen nicht mehr höher waren, und fragten uns, ob das alles war. Aber laut Navi waren wir tatsächlich 100m höher als am Morgen. Und ich hatte noch nichtmal das kleinste Blatt gebraucht! :cool: Der Thüringer Wald kann also ruhig kommen. (y) Bei der Gelegenheit gab's eine kurze Trinkpause, bevor es wellig in Richtung Altmühltal ging. Die Abfahrt dorthin macht richtig Spaß, aber die 20kg Gepäck machten sich ab 50 km/h doch etwas bemerkbar, so dass mein Bruder mir hier deutlich wegfuhr. Immerhin stand die Sonne noch relativ flach und der Wald war nicht nur kühl, sondern auch schattig. Wir konnten jeden einzelnen erkletterten Höhenmeter in Geschwindigkeit umsetzen, das gab's auf dem Rest der Tour nicht mehr oft. :)
In Riedenburg waren wir zuerst an der falschen Brücke, aber der Umweg dorthin hat sich letztlich doch gelohnt, wir haben uns an der gesperrten St.-Anna-Brücke eine königliche Pause gegönnt:

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Frisch aufgetankt ging’s weiter an der Altmühl entlang. Gelegentlich waren Burgen oder die Reste davon zu sehen, aber ganz ehrlich: Als jemand, der als Kind öfter in Thüringen war, war ich nicht sonderlich beeindruckt... Vielleicht hätte sich das bei einem Besuch auf der einen oder anderen Burg geändert, auf dieser Tour hatten wir dazu allerdings keine Zeit.
Den geplanten Trackund die tatsächlich gefahrene Strecke habe ich hier als ZIP-File angehängt. Die Abweichungen sind zunächst klein (die am Beginn ist beabsichtigt, die Planung enthielt hier nur testhalber eine Fähre) und kommen daher, dass wir meist auf dem Radweg statt auf der Fahrbahn gefahren sind. Bis auf dieses Detail hat der brouter über größere Teile der Strecke den Altmühltal-Radweg vorgeschlagen, was in dem engen Tal aber nicht wirklich verwundert. Erst zwischen Dietfurt und Beilngries gibt’s größere Abweichungen; die ausgeschilderte Radroute hat ein paar Ecken und schlecht einsehbare Feldwegkreuzungen mehr, aber eine gute Oberfläche.
In Beilngries gab's Mittag. Hier mussten wird auch die Altmühl verlassen, um zwischen altem und neuem Main-Donau-Kanal weiter in Richtung Norden zu fahren. Für den gerade stattfindenden Triathlon war leider ein Teil der geplanten Streckenführung gesperrt, so dass wir gleich am Ortsausgang auf die B299 mussten. Weiter nördlich stießen wir aber auf eine ausgeschilderte Radroute am Kanalufer und folgten dieser über große Teile der weiteren Strecke, man konnte sich nach kurzem Blick auf's Navi gut anhand der ausgewiesenen Orte weiterhangeln. Abgesehen von Baustellen – die natürlich erst lange nach der letzten möglichen Abfahrt ausgeschildert waren – ging's gut voran, nur in Erasbach führten sowohl Radroutenbeschilderung als auch brouter-Track durch den gepflasterten Ortskern. Hinter Sulzkirchen orientierten wir uns etwas weiter östlich und wieder genau am vorgeplanten Track, um den Campingplatz am Frankenstadion zu erreichen.
Vor Allersberg verließen wir den Einzugsbereich des Schwarzen Meeres, oder wie mein Bruder es formulierte: Ab jetzt fließt unser Pipi in die Nordsee:

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Der Rest der Strecke war eher unspektakulär – Randbereich eines Ballungsraumes eben. Mir fiel allerdings auf, dass die Nürnberger ihre Bordsteine nicht so richtig fahrradkompatibel hinbekommen, mit meinem ungefederten 20“-Vorderrad gab's an Einmündungen nicht nur beim Wechsel Fahrbahn->Radweg einen kräftigen Stoß, sondern sogar beim Wechsel Radweg->Fahrbahn. (n)
Da wir durch die hohen Tagestemperaturen schon etwas zermürbt waren, haben wir zum Abendessen das platzeigene Restaurant angesteuert – allerdings hatten wir nicht damit gerechnet, dass man Kartoffelpuffer auch in der Größe von Schweinemedaillons zubereiten kann. Das war beim Servieren wohl deutlich aus unseren Gesichtern abzulesen... Nachdem die Bedienung den Schreck überwunden hatte, haben wir noch ein „Hauptgericht“ mit etwas höherem Kaloriengehalt nachbestellt.
 

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3. Etappe: Nürnberg – Lichtenfels

Diesmal passte die Reihenfolge beim Ausräumen und Abbauen des Zeltes schon besser, so dass wir recht schnell fahrbereit waren. Noch ein kurzer Umweg über den nächsten Supermarkt, dann rollten wir in Richtung Ziel. Nach den relativ guten Erfahrungen am Vortag haben wir den brouter-Track nur noch als grobe Orientierung verwendet und uns an der Radwegweisung entlanggehangelt. Bei Poppenreuth haben wir nochmal gehalten, um wenigstens einmal in der Pegnitz zu baden, danach ging's weiter die Regnitz abwärts. Hinter Erlangen war langsam Schluss mit dem Ballungsraum und dem entsprechenden Verkehr – es war ja Montag, da fiel das deutlicher auf als am Wochenende. In Baiersdorf haben wir uns Zeit für ein zweites Frühstück genommen; der Marktplatz da ist zwar zuasphaltiert, aber neben der Apotheke gab's vor einen Haus eine Bank, sogar mit Kissen. Eine wilkommene Abwechslung – endlich mal wieder Sitzen statt Liegen! :LOL: In einem Blumenkübel lag deutlich sichtbar ein Kunststoffschriftzug „Just married“. Der Grund war nicht schwer zu erraten, er stand direkt dahinter:

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Weiter ging's bis kurz vor Bamberg, dann sind wir wieder von der Radroute auf den Track gewechselt, weil wir ja nicht in die Stadt wollten, sondern rechts vorbei an den Main.
Dort war zumindest topographisch auch der Tiefpunkt der Tour diesseits des Thüringer Waldes erreicht, denn von nun an ging's entgegen der Fließrichtung der Flüsse! Allerdings wurde ab hier die Ausschilderung der Radrouten etwas komplizierter, da öfter mal widersprüchliche Pfeile angebracht waren; in ein paar Fällen waren offensichtlich auch die Schilder oder die ganzen Masten verdreht. :mad: Zum Glück konnten Einheimische uns weiterhelfen. Auf den letzten Kilometern bis Lichtenfels war außerdem eine Kiesstrecke dabei, aber die dürfte selbst für Velomobile noch zu bewältigen sein, nur eben im Schneckentempo. In Lichtenfels hatte ich nicht scharf genug auf's Navi geschaut und da man mit einem Fahrrad schlecht von einer Brücke auf die darunterliegende Straße wechseln kann, gab's einen kleinen Umweg am Main entlang. Dort waren auch die ärgsten Steigungen dieser Etappe zu finden.

Geplanten und gefahrenen Track hänge ich hier wieder als ZIP-File an. Etwa 50% der Strecke ab Bamberg waren sich brouter und Radroute einig, aber wo der brouter uns die Staatsstraße vorgeschlagen hat, sind wir meist lieber entsprechend der Routenausschilderung auf Kreisstraßen geblieben. Nur wenn die Beschilderung auf noch niedrigere Kategorien wechselt, sollte man ihr mit Straßenbereifung lieber nicht mehr folgen, wie ich jetzt weiß. Das Höhenprofil spielt dabei (noch) keine Rolle, es geht nur um die Belagqualität wie auf der o.g. Kiesstrecke.

Da wir immer noch im Freistaat Bayern waren, haben wir erst gar nicht probiert, unsere Colaflasche bei einem der Einkaufstopps abzugeben. Sie diente nach wie vor als Wasservorrat...

Auf dem Zeltplatz trafen wir noch einen anderen Reiseradler, der in Pegnitz gestartet war und seinem Navi etwas zu blind vertraut hatte. Über die zusätzlichen „Trainingseinheiten“ an diversen Anstiegen war er nicht gerade erfreut, bei seinem Tagespensum war er aber gegen solche ekeltronischen Fehlleistungen recht unempfindlich. Überhaupt haben wir auf der Tour keine anderen Fahrer getroffen, die mit Zelt Tagesetappen von über 100km gemacht haben. Wenn andere Reiseradler auf den Plätzen waren, haben die meistens Zahlen von 80-100km genannt, und wer unterwegs auch noch was angucken wollte, lag eher bei 50-70km.
Der Platzwart hatte uns ein Wirtshaus im Ort empfohlen, das wir nach dem Aufbauen des Zeltes und einer kurzen Dusche auch gleich heimsuchten. Kurz nach uns schlug auch besagter Reiseradler dort auf, und nachdem wir von recht höhenmeterarmen Strecken erzählt hatten, war er gleich an unserem Navi interessiert. Seine Vorfreude musste ich allerdings etwas dämpfen, denn wie gestern schon erwähnt, plant auch mein etrex35 noch längere und steigungsreichere Routen als der brouter. Mit dem Aufwand, die Strecken am Handy oder sogar am Computer vorzuplanen und da 2-3 verschiedene Programme zu benutzen, wollte er sich aber wohl doch nicht abgeben.

Mein überbackener Käse schmeckte nach dieser Etappe ohne warmes Mittagessen übrigens richtig gut. So gut, dass er bereits so aussah, als ich endlich mein Handy in den Fingern hatte: :X3:

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4. Etappe: Lichtenfels – Saalfeld

Das war für uns die Tagestour mit den größten Unsicherheiten, denn es ging über den Thüringer Wald. Wir haben noch auf den Bäcker am Zeltplatz gewartet und kurz gefrühstückt, dann machten wir uns auf den Weg in den Anstieg.

Den Anstieg, ja. Wo war der eigentlich?
Zu erkennen waren ein paar Höhenzüge vor dem Horizont, und nach und nach wurde die Landschaft links und rechts neben uns etwas hügelig, aber spürbar bergauf ging's nicht. Spätestens ab Kronach war aber offensichtlich, dass die Berge nah sind. Nicht nur, weil Talwände links und rechts sichtbar wurden, sondern auch weil es nun erkennbar bergauf ging. Nicht steil, und nicht immer – aber immer öfter, und es fehlten die Gefälle dazwischen. Spätestens jetzt war nicht mehr Kraft gefragt, sondern vor allem Disziplin: Mit dem passenden Getriebe ist ein Anstieg nur langsamer als eine Ebene, aber nicht schwerer – ist er es doch, will man zu viel! Mit der Zeit wurde es etwas steiler, und um mich nicht aus Versehen plattzufahren, habe ich auf das mittlere Blatt geschaltet und mir bis zur Passhöhe das große verboten.
Kurz vor dem Kamm trennt sich die Straße von den Gleisen der Frankenwaldbahn und wird nicht nur etwas steiler, sondern wartet mit einer weiteren Gemeinheit auf: Sie ist wieder für Radfahrer gesperrt! So „durften“ wir auf einem gut asphaltierten Nebenweg rechts daneben doppelt so steil hinauf und erstmal Höhe gewinnen. Wenigstens ist die Höhe nicht verloren, man gewinnt sie nur früher und unregelmäßiger als auf der Bundesstraße. An einer flachen Stelle, bereits kurz vor der Passhöhe, haben wir nochmal eine längere Pause mit Bananen, Weintrauben und reichlich Wasser eingelegt und uns die LKWs von oben angeschaut:

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Am Pass in Steinbach am Wald haben wir die Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto verpasst. Wenn dort am Kreisverkehr ein Schild war, haben wir es übersehen, und dass es das jetzt war, hatten wir erst 40 Höhenmeter weiter unten kapiert. Egal – für die nächsten 20 Kilometer war Spaß garantiert! Nicht zu sonnig, nicht zu warm, und der Tacho blieb fast von allein weit jenseits der 30. Da wir mangels Erfahrung mit viel Respekt vor der Kammquerung geplant hatten, waren wir um 14:30 Uhr aus Bayern raus...

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... und trotz ein paar Überraschungen an Baustellen...

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...deutlich früher als erwartet in Saalfeld. Zu spät und auch etwas zu müde, um noch einen ausgedehnten Stadbummel zu machen, aber allemal früh genug, um Postkarten zu schreiben (ganz klassisch mit Stift und Papier und Briefmarke und so...) und gut zu essen, bevor wir zum Zeltplatz nach Bad Blankenburg weiterfuhren.

Zur Route:
Bis Kronach sind wir wieder der Radroutenbeschilderung gefolgt statt dem brouter-Vorschlag, was nicht nur KFZ-Verkehr, sondern auch die letzten Unebenheiten der Landschaft vermied. Danach gab's abgesehen von Ortsdurchfahrten wenig Alternativen. Es fuhr sich aber weniger stressig als das Stichwort „Bundesstraße“ vermuten lässt. Spätestens ab Haßlach ist der Verkehr ziemlich dünn, und das kurze Stück nach Bad Blankenburg fand ich unangenehmer als den ganzen Rest. Wenn man in Lichtenfels startet, bietet sich Kronach für eine erste Pause an. Erstens ist es die letzte größere Stadt vor dem Kamm und man kann sich beim 2. Frühstück einen Blick auf die Burg oberhalb gönnen, und zweitens umgeht man die völlig unnützen 30 Höhenmeter, auf die uns ein kurzes Stück gesperrte Bundesstraße gezwungen hat (im Log bei km 26 zu sehen).
Auffällig war die sehr unzuverlässige Beschilderung der diversen Baustellen nördlich des Kamms. Daraus resultierte auch das kurz vor Hockeroda aufgenommene Bild oben, wo uns die Bauarbeiter die Benutzung ihrer Baumaschinenfurt neben einer fehlenden Brücke gestatteten, damit wir nicht 2km zurückfahren und -schieben mussten.
Den brouter-Vorschlag lasse ich diesmal weg. Abgesehen von erkennbaren Haken und den Stellen bei Kronach und Hockeroda würde ich beim nächsten Mal bis Saalfeld wieder so fahren wie im angehängten Log.
 

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Ich muss mich ein bisschen ranhalten - das Tagesgeschäft hat mich längst wieder eingeholt, und die Erinnerung versackt langsam...

Ein kleiner Nachtrag zum Campingplatz in Bad Blankenburg: Gut möglich, dass das der kleinste öffentliche Platz in Deutschland ist, hier dürften schon 5% der Fläche zu sehen sein:

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Ca. 10 Wohnwagenstellplätze und eine etwa 15m x 6m große Zeltwiese. Die Betreiber hatten zwar Urlaub, waren aber trotzdem da und haben uns auf den Platz gelassen. Unkomplizierte, nette Leute. (y) Am Platz gibt's eine kleine Treppe runter zur Schwarza, aber zum Baden ist der Fluss nur bedingt geeignet - erstens ist's verdammt kalt, und zweitens bekommt man Bauch und Rücken nicht gleichzeitig ins Wasser. Gebirgsbach eben...

5. Etappe: Saalfeld - Naumburg
Nach der Nacht an der Schwarza ging's weiter bergab. Ursprünglich geplant war, bis irgendwo hinter Weißenfels zu fahren, je nachdem, welchen Platz wir nehmen, zwischen 120 und 140km. Zwar relativ lang, aber es sollte ja hauptsächlich bergab gehen - dachte ich jedenfalls. Mein Bruder hat aber ein bisschen auf die Bremse getreten, so dass wir dann "nur" knappe 100km bis Naumburg gefahren sind. Das war auch ganz gut so. Und noch besser wäre es gewesen, die Strecke in wenigstens drei Etappen zu teilen, denn da sind am Weg genug Sachen zum Angucken. Wenn mal mehr Zeit ist...
Über den Saaleradweg, dem wir über größere Teile der Strecke gefolgt sind, lohnt sich fast ein unabhängiger Beitrag, hier vielleicht so viel: Höhenmeter sammelt man bis vor Naumburg einige an, weit mehr als ich einem Flussradweg zugetraut hätte, aber die sind meistens nichts wert, denn man muss sie oft wegen Kopfsteinpflaster oder verwinkelter Strecken wegbremsen. Außerdem ist der Weg zwar außerorts schön geführt und gut zu fahren (mit Ausnahme des Bogens beim Kloster Pforta, der dürfte für Dreiräder sogar unfahrbar sein), aber die Ortsdurchfahrten führen zu großen Teilen über Kopfsteinpflaster meist schlechter Qualität. Deswegen war die Etappe für mich stressiger als die über den Thüringer Wald.

Ich schrieb zu Beginn, dass mich die Hinterlassenschaften der Ritter an der Altmühl nicht sonderlich beeindruckt haben. Der Grund ist das hier :):

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Manchmal ist es schwierig, nur eine Burg auf's Bild zu bekommen. Da kommen sogar die Einheimischen durcheinander, die das Gasthaus "Schloss Saaleck" unterhalb der Rudelsburg hingestellt haben statt unter der Burg Saaleck. :D Die beiden Burgen sind auf dem letzten Foto zu sehen (zum Merken: Saaleck ist rund, nicht eckig).

In Naumburg sind wir am Campingplatz "Blütengrund" gelandet - das ist so knapp hinter der Mündung der Unstrut, dass man an der Badestelle neben dem Platz am rechten Ufer in Saale-Wasser schwimmt und am linken in Unstrut-Wasser. In die Stadt sind wir zwar noch kurz gefahren, aber wie üblich war's zu spät, um irgendwas von innen anzugucken, stattdessen haben wir auf dem Marktplatz noch ein bisschen die Abendsonne genossen.
 
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