HowTo: Bremsenwartung am Milan SL

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Blaupfeil

Basierend auf meiner Frage zum Lösen der Bremsplatten vom Federbein möchte ich gerne meine Vorgehensweise zur Wartung der Bremsen des Milan SL im Forum teilen. Im Wiki kann ich den Beitrag leider noch nicht erstellen.

Benötigte Zeit:
0,5 - 1 Tag

Benötigte Werkzeuge waren:
- Hammer
- Rundstab Durchmesser 15mm
- Gabelschlüssel 14, 13
- Ratschen-Gabelschlüssel 10
- Dünn geschliffener Gabelschlüssel 8
- Inbusschlüssel 5, 4, 3
- Kupferpaste oder eine andere hochtemperatur- und salzwasserbeständige Montagepaste
- Neue, rostfreie Sicherungsmuttern M6

Zusätzlich haben sich als hilfreich erwiesen:
- 2 Böcke
- Heißluftgebläse / Föhn
- Cutter-Messer

Benoetigtes Werkzeug.jpg

Schritt 1: Lösen des Bremshebels mit einem 5er Inbus und 10er Gabelschlüssel
Bei mir war es hierzu noch notwendig, einen der beiden Schalthebel der Gangschaltung mit einem 3er Inbus zu demontieren.

Bremshebel Montage.jpg

Schritt 2: Aushängen der Bremszüge aus dem Bremshebel
Nach dem Lösen des Bremshebels kann dieser so gedreht werden, dass die Bremsseile durch die eingefrästen Schlitze gedrückt werden können.

Bremshebel Zuege Montage.jpg

Schritt 3: Vollständiges Zurückdrehen möglicher Bremszuglängungen
Die Bremszüge können unterhalb der Durchführungsplatte nachgestellt werden. Mit einem 8er und 10er Gabelschlüssel jegliche mögliche Verlängerung zurückdrehen.

Bremshebel Zuege Einstellung.jpg

Schritt 4: Vollständiges Einschieben der Bremszüge
Dies ist notwendig, damit die Bremszüge später leichter aus dem Hebel der Bremsplatte ausgehängt werden können.

Bremshebel demontiert.jpg

Schritt 5: Demontage der Federbeinschrauben
Das Gewinde des Federbeins ist durch zwei Muttern gekontert. Die untere der beiden Muttern ließ sich bei mir auch durch einen 14er Gabelschlüssel ausreichend sichern, die dünnere obere Mutter kann dann mit dem 13er Gabelschlüssel gelöst werden.

Federbeingewinde mit Schrauben.jpg

Federbeingewinde kontern.jpg

Federbeingewinde  ohne Schrauben.jpg

Es folgt Teil 2 nach dem Drehen des Velomobils auf den "Kopf"...
 
Schritt 6: Demontage der Bremszüge vom Hebel der Bremsplatte
Dies ist notwendig, damit die 90° Umlenkung des Bremszuges aus der Lenkplatte ausgehängt und somit dann das Vorderrad demontiert werden kann.

Bremszug eingehaengt.jpg

Zur Demontage kann es notwendig sein, den Hebel der Bremsplatte noch zu sich zu ziehen.

Bremszug ausgehaengt.jpg

Schritt 7: Demontage der Lenkplatte
Die Lenkgestänge müssen vollständig von der Lenkplatte demontiert werden, damit das Vorderrad mit dem Federbein herausgezogen werden kann. Von links nach rechts: Längslenker, Querlenker, Bremszug-Umlenkung, Spurstange

Lenkplatte Laengslenker Querlenker Bremszug Spurstange.jpg

Zur Demontage des Längslenkers den Gelenkkopf mit dem abgeflachten 8er Gabelschlüssel kontern und dann die M6-Mutter mit dem Ratschengabelschlüssel lösen.

Lenkplatte Laengslenker.jpg

Genauso kann bei der Spurstange verfahren werden.

Lenkplatte Spurstange.jpg

Der Querlenker muss nicht gekontert werden und kann mit dem 10er Gabelschlüssel alleine gelöst werden.

Lenkplatte Querlenker.jpg

Nach dem Lösen aller Schrauben schaut das Ganze dann so aus:

Lenkplatte gesteckt.jpg

Anschließend alle Gelenkköpfe abziehen und die Bremszugumlenkung aushängen:

Lenkplatte geloest.jpg

Schritt 8: Herausziehen des Vorderrads
Das Vorderrad ist nun vollständig gelöst und kann aus dem Radkasten gezogen werden.

Radkasten Vorderrad Montage.jpg

So schaut der nun leere Radkasten aus:

Radkasten leer.jpg

Weiter geht es dann am Vorderrad mit dem Federbein selbst in Teil 3...
 
Schritt 9: Vorderrad von der Steckachse abziehen
Hierzu muss die Inbusschraube mit einem 5er Schlüssel gelöst werden. Anschließend kann das Vorderrad von der Achse gezogen werden.

Vorderrad Inbusschraube loesen.jpg

Schraube gelöst:

Vorderrad Inbusschraube geloest.jpg

Und von Achse gezogen:

Vorderrad Achse abgezogen.jpg

Schritt 10: Demontage der Bremsplatte mit Hülse vom Federbein
Dies war bei mir der am schwersten durchzuführende Teil. Die Bremsplatte ist auf der Achse verklebt. Lösen ließ sie sich nur mit viel Heißluft und Schlägen mit dem Hammer. Dabei nicht direkt auf die Bremsplatte schlagen, sondern einen Holzklotz oder ähnliches (bei mir die genannte 15er Rundholzstange) zwischenlegen! Zuvor nicht vergessen, die zur Drehmomentenabstützung gedachte Befestigungsschraube in dem schwarzen Blech zu lösen.

Federbein mit Bremsplatte hinten.jpg

Die Hülse kann aus der Bremsplatte ebenfalls mit dem 15er Rundstab ausgeschlagen werden.

Federbein Bremsplatte und Huelse demontiert.jpg

Schritte 11..Ende: Nun kann die neue Bremsplatte in umgekehrter Reihenfolge wieder montiert werden.
Hierbei alle Schrauben mit Montagepaste bestreichen und nur neue Sicherungsmuttern (Einmal-Artikel!) verwenden.
Zuletzt die Bremszüge wieder auf passende Länge einstellen (war bei mir nicht notwendig) und auf bekannter, nicht abschüssiger Strecke probefahren.

Lenkplatte Schrauben.jpg

Federbein Karosserieloch.jpg
 
Danke für diesen ausführlichen Beitrag, der lässt ja kaum noch Wünsche offen.

Trotzdem bringe ich noch ein paar klitzekleine Bemerkungen an (bitte nicht übelnehmen):
- Kauf dir doch einen zweiten 13 mm Schlüssel, das mit dem 14er wirkt auf mich wie Fingernägel die über eine Wandtafel kratzen
- Unternimm bald etwas gegen den Rost an deinem Fahrwerk. Etwas Rostumwandler würde schon mal einiges bringen
- Achte darauf das Fett so auf den Bolzen zu streichen, dass der Kunststoffteil der Sicherungsmutter möglichst fettfrei bleibt
- Bestreiche die Schraube zur Radbefestigung vor allem vorne mit Fett, dann ist sie auf der ganzen Gewindelänge geschmiert

Ich persönlich ziehe Keramikfett dem Kupferfett vor, das ist aber warscheinlich Geschmackssache.

Ausserdem stellt sich bei mir noch die Frage: Hast du die neue Platte wieder verklebt und wenn ja, womit?

Ausserdem:
Was machst du mit den alten Bremsplatten? ich halte schon länger Ausschau nach alten Platten, mit denen ich gerne Optimierungsversuche durchführen würde. Falls du die nicht mehr brauchst und einigermassen preisgünstig hergeben würdest, wäre ich sehr interessiert.
 
Aus gegebenem Anlass auch von mir noch ein Hinweis: Nach dem Einbau das Rades sicherstellen, dass der Reifen nicht am Tachokabel schleift.
 
Tip von mir: die Gelenkköpfe an den Spurstange werden von mir vor Auslieferung der Fahrzeuge mit Sprühwachs eingesprüht. Das sorgt für weniger Rost und ein besseres Lenkgefühl, weil sich nicht so schnell Schmodder zwischen Kugelkopf und Messingbuchse setzt.
 
Wenn du die Radschraube aus Schritt 9 meinst, ist das sicher nicht verkehrt.

Ich persönlich mache das nicht, weil ich keinen Grund sehe, weshalb sich diese Verbindung lösen sollte, wenn sie mit dem richtigen Drehmoment angezogen ist, aber das entscheide ich für mich ganz alleine. Wenn ich Kundenfahrzeugen zu betreuen hätte, würde ich möglicherweise anders verfahren.
 
Kauf dir doch einen zweiten 13 mm Schlüssel, das mit dem 14er wirkt auf mich wie Fingernägel die über eine Wandtafel kratzen
Aus Maschinenbauer-Sicht wären zwei 13er natürlich besser gewesen, aber über die Feier- und Sonntage rund um den Jahreswechsel leider nicht in greifbarer Nähe. Und dann nimmt man halt, was man hat ;)

Unternimm bald etwas gegen den Rost an deinem Fahrwerk.
Gelenkköpfe an den Spurstange werden von mir vor Auslieferung der Fahrzeuge mit Sprühwachs eingesprüht
Das ist tatsächlich ein ewiger Kampf, wenn hier im Winter Schnee liegt. Insbesondere die teils ausgebrachte Salzlake scheint höchst korrosiv zu sein. Aber den Tipp mit dem Sprühwachs werde ich mal probieren, ich habe hier bisher eher salzwasserbeständige Pasten verwendet. Richtig schlimm ist auch nur der Querlenker, der scheint aus einer anderen Materialpaarung als die beiden anderen Gelenkköpfe zu sein.

Ich persönlich ziehe Keramikfett dem Kupferfett vor, das ist aber warscheinlich Geschmackssache.
Ich hätte hier auch die keramikbasierte Variante vorgezogen, war aber auch nicht gerade in greifbarer Nähe...

Ausserdem stellt sich bei mir noch die Frage: Hast du die neue Platte wieder verklebt und wenn ja, womit?
Ich habe die Bremsplatten nicht mehr verklebt, möchte hierzu aber auch keine Empfehlung geben. Aus meiner Sicht sollte das Drehmoment ausreichend über die separat verschraubte, schwarze Blechplatte abgestützt werden und in axialer Richtung erwarte ich keine Kräfte auf die Bremsplatte. Zumal diese mit einer immer noch recht ordentlichen Presspassung montiert ist und indirekt auch über die Blechplattenschraube axial mit gesichert wird. Die Erfahrung wird zeigen, ob das ausreichend ist.

Ausserdem:
Was machst du mit den alten Bremsplatten?
Die kann ich dir gerne gegen die Portokosten überlassen -> Schick mir doch einfach eine PN.

Wenn du die Radschraube aus Schritt 9 meinst, ist das sicher nicht verkehrt.

Ich persönlich mache das nicht, weil ich keinen Grund sehe, weshalb sich diese Verbindung lösen sollte
Diese Schraube habe ich tatsächlich wieder eingeklebt (aber nur "mittelfest"). Als relevante Kraft könnte hier bei Lenkbewegungen und drehendem Vorderrad die Coriolis-Kraft in Achsrichtung auftreten.

bitte nicht übelnehmen
Konstruktive Kritik oder Verbesserungsvorschläge habe ich noch nie übel genommen ;)
Nur so kann man lernen und zusammen die optimale Lösung erreichen.
 
Beim Thema Wachs stellen sich mir immer alle verbliebenen Haare. Ich hab noch nix gesehen das was taugt. Nach ner gewissen Zeit wird es spröde und unterrostet fröhlich. Hab da so gewisse Erfahrungen mit korrosionsfreudigen Fahrzeugen.
Vor Montage in zähflüßiges Mike Sanders getaucht und gut ist. Bei stärker beanspruchten Teilen kann auch nachgepinselt werden.
 
Ich meinte das Foren-Wiki, dein Milan-Wiki habe ich auch jetzt erst durch die Signatur gesehen.
Ich habe keinerlei Einwände, wenn du die Anleitung dort übernehmen willst.
 
Kurz mal eine Frage an die Experten.
Ich habe bei meinem MK7 SL die Bremszüge getauscht. Leider sind die Züge kurz vor der Einhängung durch das Aufwickeln recht wellig. Dadurch läuft der eine Zug kurz vor der Rückstellung recht schwergängig in der Hülle. Gibt es einen Trick wie ich die Züge wieder relativ gerade bekommen? Die Rückstellung der einen Bremse ist dadurch leider nicht so berauschend.

Gruß
Daniel
 
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