AW: Gefahren durch Ultra-Leichtbau
Hallo Jens,
der erste Gedanke beim Lesen war bei mir zweigeteilt und schwankte so zwischen "da macht sich ja einer ernsthafte Gedanken" und "da hat aber einer Angst, dass er die Entwicklung nicht mitgehen kann oder mitgehen will oder beides".
Und vermutlich hast Du Dein Ziel bereits erreicht, denn mit der hohen Resonanz ab der ersten Stunde Deines Posts hast Du zumindest den "inneren" Zirkel dieser Szene erreicht. Und von ausserhalb dieses Zirkels wirst Du wohl kaum mit Anfragen nach superleichten Milan SL's bombardiert.
Ich halte Deine Bedenken für wohlbegründet. Da der SL auch alltagstauglich ist und in erster Linie sein soll (ich konnte ja vor einigen Wochen bewundern, wie du Zelt, Schlafsack, Isomatte und weiteres Gepäck neben dem VM aufgetürmt hast), wäre es für den Durchschnittsverdiener eine Katastrophe, nach x-tausen Km zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass ihm seine Carbon-Kiste gerade unter dem A.... wegbricht. Ganz abgesehen von der Verletzungsgefahr (Carbon-Sarg?
) kommt sowas in einer so kleinen Szene gar nicht gut an - und bleibt halt immer am Produkt bzw dem Hersteller hängen.
Das Quest - ein Maßstab, an dem sich halt alle messen lassen müssen - scheint ja nach 10 Jahren am Markt bewiesen zu haben, dass es "fast ewig" hält. (sogar 160 000 kM mit der ersten (!) Kette geht - aber das ist Stoff für einen anderen Thread und wird hier NICHT diskutiert).
Das Heulen und Zähneklappern wäre in der ganzen Republik deutlich vernehmbar, sollten die neuen Entwicklungen da ein anderes Bild als das Quest abgeben. Und genau dieser Punkt wird angesichts der neu aufgestellten Rekorde und der fortlaufenden Gewichts-Meldungen in den letzten Monaten hier "vergessen" (oder verdrängt). Die Leute - mich eingeschlossen - nehmen wohlwollend zur Kenntnis, dass weniger Gewicht für einen monetären Aufpreis möglich geworden ist und wollen mehr ... nein weniger natürlich
Und wie immer stiert der "Verbraucher" (Käufer Kunde Anwender ... also wir!) nur auf die magischen Zahlen. "Der kann aber 18 kg, hier hätte ich 20kg" wird dann zur Entscheidungsgrundlage.
Dass einige kg mehr Masse an der richtigen Stelle mehr (Langzeit-) Stabilität bringen, wird ja in einigen Vorgängerbeiträgen bereits in Frage gestellt. Man muß halt nur wissen wo und wie ... ja klar! Was denn sonst? Das ganze Leben, ja die gesamte Evolution ist letztendlich ein Experiment. Und nach 100 Jahren sinnieren höchstens noch vertrocknete Wissenschaftshistoriker über die Fehlschläge von damals. Die Szene ist (noch) zu klein, um sich gefahrlos und ungestraft bis - sagen wir 95% an das Optimum - heranzubasteln. Jens hat mit seinen Bedenken also zu 100% ins Schwarze getroffen ... !
Und wenn schon optimiert wird, dann bitte auch für die 50 kg Frau ... bis hin zum 100 kg Mannsbild. Auch das wurde weiter oben schon erkannt. Das kann ein so kleiner Markt kaum stemmen. Noch nicht. Die Nischen werden später besetzt.
Dass ein KG Mehrgewicht weder vom Alltagsradler noch vom Rennpiloten auf ebender Strecke je sujektiv wahrgenommen werden kann, ist eh klar. (Wer das bezweifelt, soll bitte den Doppelblindversuch selbst durchführen.) Die neue Größenordnung einer 30% Gewichtsreduktion ist aber schon beachtlich - nur käme es mir dann auf die letzen 3 kg nicht mehr an, wenn ich wüßte, dass sie der Stabilität und Sicherheit dienen. Der Sprung von 35 nach 25 kg ist für sich genommen jedenfalls ein Riesenerfolg.
Aber ich freue mich sowohl über die Entwicklung als auch über einen Hersteller, der warnend seine Stimme erhebt. Hier in Oberbayern spielt das Gewicht halt schon eine Rolle ... aber in erster Linie wohl mein eigenes! Aber seit ich weiß, dass ich in einen SL gerade noch so reinpasse, macht das Sparen schon wieder viel mehr Spass.
Grüße - Andreas