Flevo - Trommelbremsen im Vorderrad?

Wir schleifen die Beläge ein.
Haben eine alte Trommelbremse um ca. 1mm ausgedreht und ein 80er Schleifpapier eingeklebt.
Man kann sich aber auch erstmal mit einer Feile und ein wenig Zeit behelfen.
Laufrad aufstecken, leicht bremsen und Laufrad drehen. Dann wieder abnehmen. Die stellen die anlagen sind nun leicht glänzend. Das werden am Anfang nur einige Stellen sein. Diese müssen beigeschliffen werden bis fast der komplette Belag aufliegt.
Dann sind die Teile auch gut bissig.
 
So, ich hab mich entschlossen und den Umbau durchgeführt:

Ausgangslage war dieser Flevo-Racer, den ich im Dezember von @Fahrzeit gekauft habe:

Vorher.jpg

Ein sehr schönes Rad, tolle Komponenten, zu einem mehr als fairen Preis.

Nachdem ich das Fahren gelernt hatte, fielen mir aber doch einige Dinge auf, die mich gestört haben:

- Das Rad hat eine Heldenübersetzung: 53/39 vorne 11-23 hinten! Macht mit den 622er Rädern eine Entfaltung von 3,7 bis 10, 5 Meter. Das fand ich unbrauchbar, selbst im nur leicht hügeligen Mittelfranken.

- Die Laufräder hatten Reifen von 23-622 aufgezogen. Aus dem Fundus der Selbsthilfewerkstatt, in der ich mitarbeite, holte ich mir zwei 35-622er, das war das Maximum an Reifenbreite. Trotzdem war das Rad einfach BRETThart und auf jedem anderen Belag als Asphalt schwer (bis gar nicht) zu fahren.

- Das Laufrad hinten ist radial gespeicht, vorne eine Seite radial, die andere 2-fach gekreuzt. Hübsch anzuschauen, aber zu wenig seitenstabil: bei engen Kurven drückte es die Felgen an die Bremse.

Da ich außerdem gelesen hatte, dass der Racer mit kleineren Rädern besser zu fahren sei, stand also ein Umbau an. Da mein Rahmen keine Scheibenbremsaufnahmen hat, war zuerst die Frage nach den Bremsen zu klären. Nachträglich anschweißen hätte ein Neupulvern erfordert. Ich wusste auch nicht so recht, bei wem ich das hätte machen lassen sollen (@Nemberch hat sich angeboten - Danke!).

Rollerbrake und Rücktritt waren indiskutabel, deshalb habe ich mich für Trommelbremsen entschieden. Eine S&A X-FD fürs Hinterrad hab ich bei Kleinanzeigen günstig gekriegt. Fürs Vorderrad hab ich kurz mit der 8-Gangnabe S&A X-RD8 (mit Trommelbremse) geliebäugelt. Die gabs aber nur bei zwei Onlineshops, die ich nicht kannte. Zu der Nabe findet man auch nur wenige aussagekräftige Erfahrungen. Einige scheinen die Nabe durch Schalten unter Last zerlegt zu haben. Reparatur und/oder Reklamation zu managen ist in Deutschland vermutlich ein Glücksspiel. Also hab ich eine S&A X-RDC genommen, eine 8/9/10-fach-Kassettennabe mit Trommelbremse, gabs für 65€ bei CNC.

Entschieden hab ich mich dann nicht für 559e, sondern für 507er Reifen, da ich für den Komfort Big-Apple-Reifen aufziehen wollte und ich nicht sicher war, ob da 559er in den Rahmen passen. Felgen Andra40 gabs dafür außerdem ebenfalls günstig.

Die Schaltung hab ich umgerüstet auf 1x9 mit der Abstufung 39 / 11-34. Macht ca. 2,2 bis 6,8 m Entfaltung.

Das Ergebnis: ein Mini-Racer (oder ein Maxi-Racertje)

Nachher.jpg

Ich bin hochzufrieden: das Rad ist erheblich alltagstauglicher. Komfortabler, auch auf schlechteren Wegen gut zu fahren, gutes Übersetzungsspektrum (vielleicht ändere ich das Kettenblatt noch auf 42) und auch besser zu händeln. Ich finde, das Rad neigt nicht mehr so stark zum "In-die-Kurve-fallen".

Und gefallen tuts mir auch besser. Außerdem: wer sonst hat schon ein 24-Zoll-Flevo?

Die Reifen sind vorerst 47-507er, die Big Apples sind bestellt. Viel breiter dürften die Reifen übrigens nicht werden, da genau an der Stelle der größten Reifenbreite die Lochbleche an den Cantisockeln die Breite einschränken. Entfernen wollte ich die Sockel natürlich erstmal nicht.

Noch zwei Details der Naben:

Trommel hinten.jpg
Trommel vorne.jpg

Die Trommelbremswirkung würde ich übrigens derzeit mit einer 2 minus benoten. Das Abstützen des Drehmomentes halte ich am Flevo-Rahmen für unkritisch. Einen Kopfstand werde ich mit den Bremsen nicht hinkriegen, aber im Alltag reichts vollauf. Das Hinterrad bringe ich mit viel Handkraft zum Blockieren. Vielleicht wirds nach dem Einbremsen auch noch besser.

Ach ja: leichter ist das Rad nicht geworden. Es wiegt jetzt ganz knapp unter 20 kg.

Gruß

Matthias
 
Zuletzt bearbeitet:
Schau mal nach "nicht komprimierbarer" Bremszughülle, damit solltest Du die Bremsgriffe wieder auf maximale Kraft einstellen können, weil weniger Einholweg zum Stauchen der Hülle verschwendet wird.
Kannst aber auch erstmal einbremsen/einschleifen, das bringt auch was. Ganz eventuell hilft es, die Bremsen zu betätigen, während Du die Muttern festziehst, weil sich die Beläge dabei besser zentrieren, soweit die Distanzbuchsen das zulassen.
 
Superinteressante Nabe die X-RDC. Freut mich, dass die Bremsleistung für Dich vollauf ausreichend ist.

PS: Wo hast Du die nochmal her (Link?) - googeln hat mir leider nicht geholfen.
 
Ich finde die Nabe bei CNC selbst nicht mehr, der Link aus meiner Browserchronik läuft ins Leere. Evtl. hab ich die letzte gekriegt, sie war von UVP 99€ runtergesetzt auf 65€.

In den Niederlanden hat sie dieser Shop: https://www.internet-bikes.com/de/122135-sturmey-archer-hub-x-rdc-nach-36-lochern-aluminium-silber/

Gruß

Matthias
[DOUBLEPOST=1491754297][/DOUBLEPOST]P.S. Beim Betrachten meiner Fotos ist mir gerade noch was aufgefallen: am Deckel der Trommelbremsen ist jeweils Nähe der Befestigung der Drehmomentstütze ein Schlitz (im Foto der Vorderradnabe gut zu sehen). Ich vermute, es ist ein Ablauf für Feuchtigkeit. Der zeigt bei meiner Montage jetzt genau nach oben. Suboptimal, würde ich Mal sagen.
 
Bremszüge:
An meinem Rans Xstrem mit seinem eelleenlangen hinteren Bremszug- und Schaltzügen (schlappe 2,5m) hab ich die originalen Züge durch Jagwire Brems- und Schaltzughüllen ersetzt. Das brachte deutlich besseres Brems- und Schaltverhalten.

Nach dem einbremsen werden die Trommelbremsen noch merklich 'griffiger'.
 
Erfahrungsbericht nach einem knappen 3/4-Jahr und ca. 2.000 km:

Die Bremswirkung der Trommelbremsen hat sich mit dem Einfahren subjektiv etwas verbessert. Deutlich besser geworden ist es aber noch mit ein paar Nachrüstungen:

- Ersatz der Bremsgriffe durch original S&A Trommelbremsgriffe. Die sind relativ groß und schwer, aber auch sehr steif und ich war mir vorher nicht sicher, welches Hebelverhältnis überhaupt erforderlich ist. V-Brake-Bremsgriffe sind definitiv nicht geeignet, die auf den weiter oben geposteten Bilder erkennbaren Griffe waren vermutlich von Cantileverbremsen (genaueres war aber nicht bekannt, aus der Grabbelkiste). Mit den S&A-Griffen komme ich sehr gut zurecht, da ich große Hände habe.

- Ersatz der Bremszughülle durch extra steife Jagwire-Hüllen. Unbedingt zu empfehlen. Hatte den größten Anteil an der Verbesserung der Bremswirkung.

- Eigenbau steiferer Gegenhalter für die Bremsarme aus Aluminium Flachstange 5 mm x 20 mm. Sind etwas mühsamer beim Ausbau des Laufrades, aber das kommt bei mir nicht oft vor und ist daher verschmerzbar.

Die Bremswirkung ist jetzt wirklich gut, trotzdem bin ich mit den Trommelbremsen nicht vollständig zufrieden:

- Mein FlevoRacer gibt immer wieder Knackgeräusche von sich, das aber sehr unregelmäßig. Die habe ich zunächst auf das Knickgelenk oder das Schwingenlager geschoben, dort aber nichts gefunden. Außerdem hört das Knacken immer auf, wenn ich aufhöre zu treten. Ich habe deshalb die VR-Kasettennabe im Verdacht, finde dort aber auch nichts. Sie hat Rillenkugellager. Rechts und links sind auf der Achse jeweils eine Mutter aufgeschraubt, beide sind nicht gekontert. Schraubt man die linke ab, kann man die Trommelbremse öffnen. Rechts kann man den Freilaufkörper mit Sperrklinken abnehmen. Ich finde keine Angaben darüber, mit welchem Drehmoment ich die beiden Muttern anziehen soll, damit nicht zuviel oder zuwenig Druck auf die Lager kommt.

- Die vordere Trommelbremse quietscht immer wieder mal. Wenn ich sie öffne, reinige und die Beläge etwas abschleife, ist es eine gewisse Zeit lang verschwunden, kommt aber irgendwann auch wieder.

- Die hintere Trommelbremse quietscht nie. Dafür springt der Bremshebel nicht vollständig zurück (es fehlen immer ca. 5 mm). Hab die Bremse schon geöffnet, einen Tropfen WD40 auf den Drehbolzen, aber das hat nichts gebracht. Lässt sich die Federkraft nachstellen?

- Kürzlich hat die hintere Trommelbremse innerhalb kürzester Zeit wähend einer Fahrt ihre Bremswirkung fast völlig verloren. Nach ca. 2 Tagen ist die Bremswirkung ebenso plötzlich wieder gekommen. Mein Verdacht: es war Wasser eingedrungen und das hatte ich dann nach den 2 Tagen trockengebremst. Allerdings fahre ich jetzt seit Monaten bei jedem Wetter und das ist nur genau ein Mal passiert. Wie ich weiter oben schon geschrieben hatte, haben die Naben am Deckel der Trommelbremse Schlitze, die beim Regeleinbau nach unten zeigen und wohl Ablauflöcher darstellen. Bei meinem Einbau liegen die Schlitze oben. Ich habe daher bei beiden Naben einen weiteren Schlitz eingefeilt, der genau nach unten zeigt. Bei einem Ausbau der vorderen Trommelbremse habe ich den ursprünglichen Schlitz mit einem kurzen Strang aus der Heißkleberpistole provisorisch abgedichtet, das hält bis heute. Werde ich bei der hinteren Bremse nachholen.

Gruß

Matthias

SA Bremsgriff.jpg Abstützung Bremsarm.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann beitragen, dass ich mit den Trommelbremsen* an meinem 28er-Up recht zufrieden bin, was die Bremswirkung angeht.
*Sachs, fragt nicht nach den Millimetern
 
ich glaub ich wechsel lieber öfter (2 x im jahr) die beläge bei meiner Scheibenbremse (5 min) als alle 2 Wochen eine Trommelbremse zu zerlegen!
:whistle::cool::p
 
Naja, alle 2 Wochen ist maßlos übertrieben, eher 2x in 9 Monaten. Aber einmal einbauen und dann tausende von Kilometern fahren ist eben auch nicht. Verursacht aber evtl. auch durch die beschriebene Problematik der Abflusslöcher. Ich hab die Naben ja nicht gerade nach den Vorstellungen des Herstellers verbaut. Und die S&A-Naben sind eben auch keine Highend-Konstruktionen, sondern allenfalls Mittelklasseniveau.

Mit Scheibenbremsen hab ich wiederum keine Erfahrungen, aber da liest man auch alles von "geil und problemlos" bis "das Einstellen und das Quietschen kostet mich den letzten Nerv".
 
ja stimmt schon
es ist halt lustig halt wenn sich die Szene als inovativ und uptodate giebt, und dann wird Zubehör verbaut welches kein mensch an einem "normalen" up mehr haben möchte.
:ROFLMAO::whistle:
 
ja stimmt schon
es ist halt lustig halt wenn sich die Szene als inovativ und uptodate giebt, und dann wird Zubehör verbaut welches kein mensch an einem "normalen" up mehr haben möchte.
:ROFLMAO::whistle:
Überleg doch mal:
Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ich eine SA-Trommelbremse in 20" Rädern (wie bei Velomobilen/Trikes/Quads), oder den 26"-29" Rädern im UP einsetze.

Bei Trockenheit fand ich die Scheibenbremsen in meinem Rans XStream völlig ok. Bei Regen waren die Dinger allerdings schon ein elender Krampf und verursachten wöchendliche (ca 130-150km) Wartungsinterwalle. Bei meinem derzeitigen Arbeitsweg wäre das sogar jeder 2.-3. Tag.

Das können die 90mm Trommelbremsen in meinen Trikes (ob mit 20", 24" oder 26" Vorderrädern) unvergleichlich besser. Dort liegen bei mir die Wartungsinterwalle über die Jahre bei 4.000-5.000km (lediglich Bremsstaub ausblasen, Beläge und Trommeln mit Azeton abwischen). Nach 8.000-10.000km (also ein mal im Jahr) möchten die beweglichen Teile auch mal neu geschmiert werden.
Zudem habe ich, egal bei welchen Wetter, mit den Trommelbremsen immer die gleiche Bremsleistung.
 
Ersatz der Bremsgriffe durch original S&A Trommelbremsgriffe. Die sind relativ groß und schwer, aber auch sehr steif und ich war mir vorher nicht sicher, welches Hebelverhältnis überhaupt erforderlich ist. V-Brake-Bremsgriffe sind definitiv nicht geeignet, die auf den weiter oben geposteten Bilder erkennbaren Griffe waren vermutlich von Cantileverbremsen (genaueres war aber nicht bekannt, aus der Grabbelkiste). Mit den S&A-Griffen komme ich sehr gut zurecht, da ich große Hände habe.

Trommelbremsen arbeiten mit Cantilever- Bremshebeln, bzw. mit dem kabeleinholweg von Cantibremsen. Da gibts noch die eine oder andere Alternative, falls Dir S&A ihre zu schwer sind.

ja stimmt schon
es ist halt lustig halt wenn sich die Szene als inovativ und uptodate giebt, und dann wird Zubehör verbaut welches kein mensch an einem "normalen" up mehr haben möchte.

Das Schlimme an dem ganze Uptodate- Krempel ist, daß es sich um maßstäblich verkleinerte Motorradtechnik handelt, und die neigt bei fortgeschrittenem Leichtbau halt dazu, fragil zu werden. Aber für jeden, bei dem Hydraulikbremse X ständig quietscht, klingelt und Luft zieht, gibst zwei andere, die seit 10 Jahren nur Routinewartung machen...

Was Sturmey Archer in Europa angeht, die haben ein Vertriebsbüro in den Niederlanden, und bis auf die bekannten Trikenaben und alles Spezifiasche über die Trikehändler und -hersteller scheint es für D nur Internethöker zu geben, und Kleinteile über Hartje. Wegen Spezifischer Fragen zu nicht- trike- gängigen Komponenten können die evtl. weiterhelfen.

Sturmey-Archer Europe
Nijverheidsweg 19A
3641 RP Mijdrecht
The Netherlands

Tel: +31 (0)20-609-0221
Fax: +31 (0)20-609-0211
E-mail: info@sunrace.nl
 
@Habsab2012 : Nicht jeder geile neue Trend ist in der Praxis auch wirklich haltbar/sinnvoll...
Mag gut sein das eine 70mm Trommel in einem 28" Rad an einem Up, schlecht eingestellt und gewartet, miese Bremsleistung bringt. Hat aber wenig damit zu tun das im Liegeradbereich im Regelfall zwei 70mm Bremsen, von besserer Qualität, in 20" eingesetzt werden. Bei VMs sogar die 90er. Ich habe selbst beim vollgeladenen Lastenrad keine Probleme auf trockener Straße beide Vorderräder zum blockieren zu bringen. Fahre sogar lieber die 70er, da diese nicht ganz so bissig sind.
Aber gut, ich bin auch kein "Scheibenfreund", da der Trend zu so niedrigen Handkräften geht, das zwischen "bremst nicht" und "blockiert" gefühlt ein Zucken liegt. In Extrem/Stresssituationen alles andere als Intuitiv bedienbar.


Gruß,
Patrick
 
Aber gut, ich bin auch kein "Scheibenfreund", da der Trend zu so niedrigen Handkräften geht, das zwischen "bremst nicht" und "blockiert" gefühlt ein Zucken liegt.
Das Bremsen damit ist genauso 'ne Übungssache, wie mit Trommelbremsen auch. Sprich, man kann auch mit Scheibenbremsen sehr dosiert bremsen. Zumindest gelingt mir das bei meinem E-MTB ohne Probleme, beim Trike oder VM mit Trommeln geht es ebenfalls.

Also das ist nun wirklich kein Kriterium für/gegen Scheibenbremsen.
 
@Reinhard : "Schreckreaktion" üben ist schwer. Man reagiert da nämlich Reflexartig. Es gibt einen Grund warum im Rennsport von reinen weggesteuerten Bremsen (wie bei vielen modernen PKW, wo ABS,ESP usw. das "denken" übernimmt) zu reinen kraftgesteuerten Bremsen (über Piezo) umgeschwenkt wird.
Und auch Scheibenbremsen kann man da passend auslegen, der Trend geht aber zu extrem geringen Handkräften und Bremsen über Weg anstatt über Kraft. Und das kann nunmal der Körper viel schlechter abstimmen.
 
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