Flevo für einen einhändigen Menschen

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Ein Freund fragte mich gestern, ob ich wüsste, wie er einem einhändigen Freund (als Kind durch explosives Kriegsmaterial verletzt) das Fahrradfahren ermöglichen könne.

„Klar“, sagte ich, „mit einem Flevo.“
Und zufällig habe ich auch eines herumstehen, dass ich nicht so dringend brauche, weil ich ja gerade mein Airbike aufbaue. Also wollen wir ihm das Flevo zum Frühjahr herrichten und auf einhändige Bedienung umrüsten und ihm schenken. Er lebt von Transferleistungen und hat – insbesondere nach der geplanten Abschaffung des Sozialtickets in NRW – ein Mobilitätsproblem, das sich durch das Flevo größtenteils lösen ließe.

Mein Freund sammelt jetzt etwas Geld im Umfeld des zukünftigen Flevofahrers und ich sammele ein paar Ersatzteile und Ratschläge zur preiswerten Anpassungen an die einhändische Bedienung.

Deshalb hier die Liste der Dinge, für die ich Teile und/oder Rat brauche:
  • Umrüstung der zwei Magura Felgenbremsen auf Einhebelbedienung.
    Ich habe den sehr großen Originalgriff aus den 80ern und einen neueren kleineren der zur nachgerüsteten Hinterradbremse gehört.
    • Der Große bewegt vermutlich mehr Volumen, ist er besser geeignet als der Kleine?
    • Wie macht man das am klügsten? Einen Schlauch vom Bremshebel nach vorn und von dort nach hinten zu verlegen, erscheint mir umständlich.
  • Austausch des Vorderrades durch eines mit Nabenschaltung, damit er im Stand schalten kann. Ich habe bereits ein 20"-Rad mit 7er Nabenschaltung und muss nur den Rücktritt ausbauen.
    • Gibt beim Ausbau des Rücktritts etwas spezielles zu beachten?
    • Muss ich beim Kettenspanner etwas spezielles beachten?
  • Ein neuer Sitz muss her. Der alte ist unansehnlich, in schlechtem Zustand, unbequem und so atmungsaktiv wie ein Plastiksack. Ich hoffe über das Forum einen moderneren, gut durchlüfteten mit ordentlicher Auflage zu einem annehmbaren Preis aufzutun. Konkrete Angebote dazu bitte im entsprechenden Gesuch machen.
  • Blinker. Ich muss das Fahrrad aus offensichtlichen Gründen mit Fahrtrichtungsanzeigern ausstatten. Gibt es preiswerte Lösungen?
  • Schloss. Weiß jemand, welche Art von Schloss mit einem vollständigen und einem halben Unterarm gut zu bedienen ist? Ich dachte an ein Bügel- oder vielleicht auch ein Rahmenschloss.
  • Fahrradständer. Momentan habe ich einen Fahrradständer, der auf die Länge für die „gehobene“ Sitzposition angepasst ist. Weiß jemand von einer Lösung, die für beide funktioniert?
  • Fährt jemand mit einem größeren Auto im neuen Jahr von Berlin nach Aachen (oder zur Not Köln) und könnte das Flevo und ein paar Einzelteile (Reifen, Laufrad) mitnehmen?
Ich danke euch im Voraus für eure Ratschläge und Hinweise.
 
muss nur den Rücktritt ausbauen.
Drinlassen, gibt notwendige 2. Bremse.
Entweder Ausfallenden Ändern oder Kettenspanner aus MTB-Bereich ergänzen, da gibt es welche, die eingeschränkt mit Rücktritt funktionieren. Sollen dort den Kettenabwurf verhindern und werden an der Rahmenstrebe befestigt.

Blinker. Ich muss das Fahrrad aus offensichtlichen Gründen mit Fahrtrichtungsanzeigern ausstatten.
Gibt es preiswerte Lösungen?
Fahrtrichtungsanzeige mit halben Unterarm, ggf. mit Reflektorband dürfte ausreichen.

Schloss. Weiß jemand, welche Art von Schloss mit einem vollständigen und einem halben Unterarm gut zu bedienen ist?
Ilockit, elektronisches Schloß, öffnet sich per Fernbedienung oder wenn der Fahrer mit seinem Smartphone in die Nähe kommt und schliesst automatisch. (Ca. 100€)

Ggf. über Eingliederungshilfe beantragen?

Ein neuer Sitz muss her.
Leo Visser verkauft gerade Reste aus seinem Laden über www.marktplaats.nl
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, das ist zu wackelig wegen der Federung und zu aufwendig. Außerdem gibt es Erfahrungsberichte, dass die Rücktrittbremsen das dauerhaft nicht aushalten und dann total blockieren. Das soll ja alles wartungsarm und sicher bleiben.

Fahrtrichtungsanzeige mit halben Unterarm, ggf. mit Reflektorband Dürfte ausreichen.
Geht nicht, wegen der Notwendigkeit, die Bremse beim Abbiegen betätigen können zu müssen.
LockIt, elektronisches Schloß, öffnet sich, wer der Fahrer mit seinem Smartphone in die Nähe kommt und schliesst automatisch. (Ca. 100€, www.shop.ilockit.bike/de/)
Ggf. über Eingliederungshilfe beantragen?
Zu teuer und Eingliederungshilfe gibt es meines Wissens nur für Berufstätige.

Leo Visser verkauft gerade Reste aus seinem Laden über www.marktplaats.nl
Leider sehe ich da keine Sitze. Scheinen ausverkauft zu sein.
 
Dann war mein Beitrag ja keine große Hilfe....

Selber habe ich eine Rücktrittbremse in einem Delta mit Frontantrieb (und -Lenkung ;-) Allerdings ohne Federung. Keine Probleme.
Die Kettenlängenveränderung aufgrund der Federung dürfte auch nicht allzu groß sein. Beim Rücktritt würde erst der Kettenspanner in den Anschlag gezogen bevor die Bremswirkung einsetzt. Aber das geht sehr schnell.

Anspruch auf Eingliederungshilfe ergibt sich nach SGB XII u.A. bei dauerhafter körperlicher Behinderung um u.A. deren Folgen zu mildern und zu einem weitgehend selbständigen Leben zu befähigen (SGB XII § 53).
Sie wird von verschiedenen Sozialleistungsträgern meist nachrangig zu anderen Sozialleistungen durchgeführt.
Anspruch besteht unabhängig von Arbeit(-sfähigkeit), nur der zuständige Sozialleistungsträger unterscheidet sich.
Bei ALG2 oder Grundsicherung im Zweifel mal bei Behindertenverbänden oder spezialisierten Rechsanwälten nachfragen, da die Sozialleistungsträger nicht immer sachgerecht beraten.
 
Danke für die Hinweise zur Rechtslage. Wenn wir das Rad verschenkt haben, können wir uns ja mal daran versuchen. Als Überraschung geht das ja nur schlecht.
Und leider/glücklicherweise verändert die Federung die Kettenspannung recht deutlich. Macht das Fahren recht komfortabel, aber eben die Rücktrittbremse kompliziert.
 
Einarmig erfordert aus meiner Sicht nicht unbedingt ein Flevo. Ich kannte Leute die mit einem Arm Fahrrad bzw. auch Moped gefahren sind.
Am Up wird dies bei Notbremsungen gefährlich, da dann das Körpergewicht stark in die Lenkung eingreift, es ist aber problemlos auf (fast) jeder beliebigen Art von Liegerad. Ich bin bisher mit jedem meiner Liegeräder auch einhändig Frontwheelies gefahren.

Rücktritt geht schon auch mit Federung, braucht aber eine Anpassung der Tretlagerposition oder der Schwingenlagerung.

Wenn Flevo: Statt Neuaufbau vielleicht ein gutes Gebrauchtes?
https://www.velomobilforum.de/forum/index.php?threads/flevotrike.50369/

Gruß, Harald
 
Zuletzt bearbeitet:
wie er einem einhändigen Freund (als Kind durch explosives Kriegsmaterial verletzt)

Hallo scallo

Ist er anerkannt als Behinderter? Weiß nicht wie es bei so verletzungen läuft? Habe selbst ein "G" im Ausweis und bekomme die Marke für einen Jahresbeitrag von 80€ zum ÖPNV nutzen.

MfG Roland
 
Wie macht man das am klügsten? Einen Schlauch vom Bremshebel nach vorn und von dort nach hinten zu verlegen, erscheint mir umständlich.
Bei Scheibenbremsen wäre das "Standard":
20171125_180244.jpg

Ihr habt das sicher gut überlegt - frage aber dennoch:
Hat derjenige schon mal ein Zweirad gefahren?
Denn als Erwachsener würde zumindest ich mir es nicht mehr zutrauen das Radfahren überhaupt ausgerechnet mit einen Liege-Knicklenker zu lernen.
Dann eher ein Liege-Trike.
 
Ich habe vor ein paar Jahren als Erwachsener mit zwei gesunden Armen das Flevo fahren gelernt. Bis ich mich damit auf öffentliche Straßen getraut habe sind mind. zwei Monate vergangen. Richtig sicher beherschen in brenzligen Situationen werde ich es wohl nie. Wie soll das bitte ein Mensch mit nur einem gesunden Arm schaffen? Selbst wenn er damit einigermaßen geradeaus und auch Kurven fahren kann, eine Notbremsung oder einem plötzlich auftauchenden Hindernis auszuweichen wird wohl nicht so einfach zu erlernen sein, wenn man so gehandicapt ist. Deshalb halte ich ein normales Liegerad oder ein Trike für die bessere Wahl. Trikefahren kann jeder, das muß man nicht extra lernen. Und dort die Bremsen und Schaltung alles auf eine Seite zu bauen ist auch kein Hexenwerk, man kann es sogar fertig so kaufen.

Gruß Uwe
 
Hallo,

Flevobike hat vielen Jahren Flevotrikes für Menschen ohne Arme gebaut. Ohne Hände oder mit einer Hand läuft man wenigstens nicht so Gefahr am Lenker zu reißen. Bremsen hat das Flevo in seiner Urform sowieso nur vorn (Hollandrad eben ;-)). Und um etwas Neues zu lernen, ist man nie zu alt! (y)

viele Grüße

Christoph
 
Das soll ja alles wartungsarm und sicher bleiben.
Du könntest evtl ein ungefedertes Racer-Vorderteil verwenden und mit einer 7-Gang-Sram eine sehr robuste Rücktrittbremse einbauen. Ich hab die auch mit Gewalt während 8Mm nicht kaputt bekommen ;)
Um evtl ein Trike-Heck anzukoppeln wäre ein Kugelgelenk zum Verschrauben eine Nachrüstlösung.
Hast Du schon Klickschuhe? Ich hätte ein paar in Größe 41.
Viel Erfolg,
Gruß Krischan
 
Ich muß auch eine Lanze brechen fürs "normale" Liegerad. Hier ist unser Einarmiger im Club mit auf Tour. Wer findet ihn?
Gruppenfoto.jpg
Im Vordergrund sein Toxy. Inzwischen mit Motor, früher ist er ohne Motor die fiesesten Pässe in den vorarlberger Bergen hochgeradelt damit.
Blinker sind keine dran, unnötig.
Tommy.jpg
Der Lenker: Einfach links freihalten.
Toxylenker.jpg

Die Bremsenkopplung vorn+hinten würde ich bleiben lassen, damit blockiert bei jeder halbwegs starken Bremsung das Hinterrad. Ungut!
@Hanno hat bei seinem Klappflevo nur die Rücktrittbremse.
Hanno.jpg
Aber warum die Kettenschaltung ausbauen? Schalten ist doch überhaupt kein Problem mit nur einer Hand.

Und überhaupt: Was spricht gegen ein unkaputtbares Upright? Er hat ja noch beide Beine...

Gruß,

Tim
 
Umrüstung der zwei Magura Felgenbremsen auf Einhebelbedienung.
Ich habe den sehr großen Originalgriff aus den 80ern und einen neueren kleineren der zur nachgerüsteten Hinterradbremse gehört.
  • Der Große bewegt vermutlich mehr Volumen, ist er besser geeignet als der Kleine?
  • Wie macht man das am klügsten? Einen Schlauch vom Bremshebel nach vorn und von dort nach hinten zu verlegen, erscheint mir umständlich.
Es gibt aus dem Trialbereich Y - Stücke für die Maguras (Trialmarkt.de) - ob aber ein Geber genug Volumen für ja dann vier statt zwei Nehmerzylinder bewegt, bezweifle ich etwas...

Ansonsten ein dickes "thumbs up" für Dein Engagement!

Ride on und Gruß

Ralph
 
Uff. Eine Menge Hinweise und Meldungen. Vielen Dank euch allen.
Ich schaue gerade nach dem Trike. Das erleichtert sicher den Einstieg, da er gar kein Fahrrad fahren kann. Die Box ist auch sehr praktisch und Trier ist schön nah an NRW.
 
Das erleichtert sicher den Einstieg, da er gar kein Fahrrad fahren kann.

Du kannst ihn ja auch drauf hinweisen, dass er da etwas spezielles lernt und sich daher keine Sorgen machen braucht, wenn's eine Weile dauert.

Mit dem Dreirad zu beginnen, kommt auch mir deutlich plausibler vor.

Mögliches Effizienzproblem: Bei meinem Staiger war das Dreirad spürbar langsamer als das Zweirad. Leider konnte man die Spur nicht einstellen und das Problem wäre daher etwas aufwendig mit Bastelei zu lösen.

Gruß, Harald
 
Hallo,

Ich muss das Fahrrad aus offensichtlichen Gründen mit Fahrtrichtungsanzeigern ausstatten.

Fahrtrichtungsanzeiger am zweirädrigen Fahrrad sind nicht nur nicht vorgeschrieben, sondern gar nicht erlaubt. Es findet sich auch nirgendwo in der StVO, wie Radfahrer ihren Richtungsänderungsgrund anzeigen müssen, schon gar nicht durch Armausstrecken. Genaugenommen darf ein Einarmiger den vorhandenen Arm gar nicht herausstrecken, weil er ja nicht freihändig fahren darf. Ganz genaugenommen darf er auch nur Fahrräder mit Rücktrittbremse fahren, weil er nur eine Hand zum Bremsen hat.

Eine preiswerte Lösung wären natürlich mechanische Anzeiger, etwa zwei in Signalfarbe gehaltene Holzhände, die sich leicht aus- und einklappen oder -schieben lassen.

Geht nicht, wegen der Notwendigkeit, die Bremse beim Abbiegen betätigen können zu müssen.

Das Anzeigen der Fahrtrichtungsänderung WÄHREND des Abbiegens ist nur für Fahrzeugführer Pflicht, die über Fahrtrichtungsanzeiger verfügen. Auch der völlig gesunde Radfahrer sollte beide Hände zum Abbiegen wieder am Lenker haben. Interessanterweise machen oft ausgerechnet unsichere Radler genau das falsch!

Gibt es preiswerte Lösungen?

Ich kenne nur die StVZO-Lösungen von HP und Hase für ein paar Hunderter.
Nicht zu blinken kostet mit dem Kfz 10 €, mit dem Fahrrad möglicherweise nur 5 €. Wenn ich einmal jährlich erwischt würde, wäre nach einigen Jahrzehnten eine Blinkanlage wirtschaftlicher gewesen. Und ich bin noch nie belangt worden, obwohl ich seit Jahrzehnten die Hände in mindestens 99% der Fälle am Lenker lasse. Mir ist es nämlich als Kind mehrfach passiert, das Kraftfahrer das Anzeigen des Abbiegewunsches zum Anlass nahmen, gleichzeitig mit mir abzubiegen, ohne mir dabei ausreichend Raum bis zum Bordstein zu lassen.

Gruß, Klaus
 
Ein Freund fragte mich gestern, ob ich wüsste, wie er einem einhändigen Freund (als Kind durch explosives Kriegsmaterial verletzt) das Fahrradfahren ermöglichen könne.
[...]
mit einem vollständigen und einem halben Unterarm
Als Überraschung geht das ja nur schlecht.
Sorry, wenn ich den Bremser spiele, aber seid Ihr sicher, dass der zu Beschenkende gerne Liegerad fährt?
Ich kenne drei Menschen, denen von einem Arm mehr oder weniger viel fehlt, und die fahren alle Uprights. Einer ist noch ein Kind, die anderen zwei wissen seit vor dem letzten Fahrradkauf, dass es Liegeräder gibt. Rein technisch hat ein Liegerad und Vorteile beim Bremsen und speziell ein Flevo vermutlich auch beim Lenken, aber es kann auch sein, dass der Betreffende kein Liegerad will - z.B. weil er Angst hat, dass es als "Behindertenrad" einsortiert wird. Man kann auch ein Upright so ausstatten, dass Menschen mit nur einem halben Unterarm damit fahren und sich sogar beim Bremsen abstützen können.

Jetzt unabhängig davon zur Bremse:
Die Bedenken von @TimB zur Kopplung teile ich. Wenn der Lenkergriff lang genug ist, lassen sich vielleicht zwei Bremshebel neben- oder untereinander anbringen. Mit einer Rücktritt-Magura am Flevo hat @einrad schon ein paar Erfahrungen.

Ganz genaugenommen darf er auch nur Fahrräder mit Rücktrittbremse fahren, weil er nur eine Hand zum Bremsen hat.
Müssen denn beide Bremsen gleichzeitig bedienbar sein?
 
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