Erfahrungen: Messung nach Robert Chung von Rollwiderstand und Luftwiderstand

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Hallo zusammen,

hier im Forum wurde schon mehrfach die Methode von Robert Chung zur Messung von Luft- und Rollwiderstand erwähnt, aber anscheinend wurden noch kaum Messungen damit gemacht. Ich habe nur einen Thread über die Messung von @lida gefunden; allerdings wurden dort Liegeräder vermessen, und die Teststrecke hatte nur einen sehr geringen Höhenunterschied. Darum möchte ich hier die Anwendung auf Velomobile diskutieren:
  • Wie findet man eine geeignete Teststrecke?
  • Welche Fallstricke gibt es zu beachten?
  • Wie muss man die Ergebnisse interpretieren?
Die Methode funktioniert folgendermaßen (siehe auch hier):
  • Da es schwierig ist, eine absolut ebene Strecke zu finden und dort eine konstante Geschwindigkeit zu fahren und eine konstante Leistung zu treten, wird die gesamte Leistungsbilanz betrachtet.
  • Die Tretleistung, Geschwindigkeit und Höhe dürfen variieren; die Geschwindigkeit sollte sogar möglichst unterschiedlich sein, damit manchmal der Rollwiderstand und manchmal der Luftwiderstand dominiert.
  • Die Leistungsbilanz während der Fahrt wird in ein virtuelles Höhenprofil umgerechnet. D.h. wenn das Fahrzeug stärker beschleunigt oder verzögert, als es die Änderung in der Tretleistung erwarten lässt, wird angenommen, dass man bergauf oder bergab fährt.
  • Dieses virtuelle Höhenprofil kann man dann mit dem echten Höhenprofil vergleichen und die Parameter so setzen, dass beide möglichst gut zusammenpassen.
  • Um nicht die exakten Höhenmeter der Teststrecke kennen zu müssen, fährt man auf einer Rundstrecke mehrere Runden. Denn dann weiß man, dass die höchsten und tiefsten Punkte der Strecke in jeder Runde auf der gleichen Höhe liegen, egal wie deren Zahlenwerte sind. Der Netto-Höhengewinn ist 0.
  • Für Antriebsverluste wird ein pauschaler Prozentsatz angenommen.
  • Bremsungen sind verboten, denn deren Energieverlust wird nirgendwo gemessen und würde das Ergebnis verfälschen. Geschwindigkeitsänderungen müssen immer durch Änderungen in der Tretleistung oder der Höhe zustande kommen.
Für die Auswertung gibt es die Open-Source-Software GoldenCheetah; diese bietet zur Auswertung das Modul Aerolab (dt. Aerolabor), das genau diese Methode implementiert.

Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so leicht ist, eine geeignete Teststrecke zu finden:
  • Beim Velomobil braucht man eine hohe Geschwindigkeit, damit der Luftwiderstand dominiert.
  • Diese ist mit Treten kaum zu erreichen, sondern man braucht auf der Strecke ein deutliches Gefälle.
  • Es muss also eine Rundstrecke sein, die man mit teilweise hoher Geschwindigkeit und ohne Bremsen fahren kann.
  • Die Strecke darf nicht zu lang sein, damit man mehrere Runden am Stück fahren kann, ohne dass sich die Bedingungen stark ändern oder unterwegs was dazwischen kommt.
  • Auf großen Straßen kann man zwar schnell fahren, aber dort ist meist auch viel Verkehr, so dass man beim Einmünden mit hoher Wahrscheinlichkeit anhalten muss.
  • Kleine Straßen haben zwar wenig Verkehr, aber die Kurven und Abzweigungen sind selten alle so weit und so gut einsehbar, dass man überall mit voller Geschwindigkeit durchfahren kann.
  • Statt einer Rundstrecke kann man auch die selbe Strecke für Hin- und Rückweg verwenden; allerdings muss es an den Enden Wendemöglichkeiten geben, bei denen man ohne zu bremsen eine 180°-Kurve fahren kann.
 
Ich habe vorletztes Jahr eine halbwegs geeignete Strecke in meiner Nähe gefunden:
  • Höhenprofil wie ein „U“ => in der Mitte schnell, an den Enden langsam
  • einfach 1.2 km lang, mit Wendepunkten an den Enden => 2.4 km pro Runde
  • Höhenunterschied zwischen tiefstem und höchstem Punkt: ca. 20 m
Dort habe ich zwei Messfahrten gemacht.
  • 5x hin und zurück gefahren
  • Fahrzeug: DF
  • Alltagstrimm
  • Reifen: Continental Contact Speed, vorne und hinten
  • Schläuche: Butyl (Schwalbe, dünne Schläuche = z.B. 6A)
  • Temperatur: 21.8 °C
  • Luftfeuchtigkeit: 43%
  • Luftdruck: 949 hPa
  • => Luftdichte: 1.116 kg/m^3
Die erste Messfahrt war mit Haube => Systemgewicht: 111 kg
Die zweite Messfahrt war ohne Haube => Systemgewicht: 109.9 kg
(Aufzeichnungen siehe Anhang, für eigene Versuche.)

Die Ergebnisse waren etwas ernüchternd:
mit Haube:
mit-Haube_raw.png
ohne Haube:
ohne-Haube_raw.png

=> Egal wie man die Parameter verändert, die simulierte Höhe (blau) passt nie richtig zur gemessenen Höhe (grün). (Als Antriebswirkungsgrad habe ich mal 90% angenommen.)
 

Anhänge

  • Messung-Chung_DF_Haube_111kg_21-8C_43pc_949hPa_rho1.116_2020-06-13.fit.zip
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  • Messung-Chung_DF_ohneHaube_109-9kg_21-8C_43pc_949hPa_rho1.116_2020-06-13.fit.zip
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=> Egal wie man die Parameter verändert, die simulierte Höhe (blau) passt nie richtig zur gemessenen Höhe (grün).
GoldenCheetah bietet die Möglichkeit, die Höhendaten zu korrigieren. Das sieht schon einmal vielversprechend aus:
mit-Haube_Höhenkorrektur-GoldenCheetah.png
Nicht perfekt, aber schon einmal deutlich besser. Heißt also, dass die aufgezeichneten Höhendaten Schrott sind. Das hat mich etwas gewundert, denn ich hatte einmal die Höhenprofile von 43 Fahrten übereinander gezeichnet; während sich die absoluten Höhen deutlich unterscheiden, ist die Form der Höhenprofile fast identisch – und auf diese Höhenunterschiede kommt es ja an, nicht auf die absolute Höhe:
Höhenprofil_Hinfahrt_43-Fahrten_Skalierungx100_opak.png
Aber die Aerolab-Analyse zeigt, dass das nicht so ist; die aufgezeichneten Daten haben einen geringeren Höhenunterschied, und das Höhenprofil ist auch verschoben.

Das Problem mit obiger Korrektur ist:
  • Erstens verwendet GoldenCheetah vermutlich die freien SRTM-Daten. Diese sind aber nicht sonderlich genau, und enthalten zudem Artefakte; z.B. erscheinen Waldränder wie Geländestufen.
  • Zweitens sind, gerade bei der Fahrt mit Haube, die GPS-Aufzeichnungen ziemlich ungenau. Wenn man falsche Koordinaten verwendet, bekommt man falsche Höhen geliefert.
Hier die GPS-Tracks mit Haube; sie sollten alle auf der selben Straße verlaufen:
Bildschirmfoto von 2022-01-13 16-01-08.png
Und noch ein weiteres Problem. Hier sieht man den Mittelteil der Strecke; wo der Punkt ist, ist die Strecke relativ flach (sieht man daran, dass sie parallel zum Bach verläuft). Aber auf dem Höhenprofil sieht es so aus, als ginge es massiv bergab. Das tat es aber vorher. Das Höhenprofil ist also verschoben.
mit-Haube_Höhenprofil.png
Heißt also, die Höhendaten sind Schrott. Und die GPS-Daten auch.

Als Abhilfe habe ich mir einen Track mit BRouter generiert. So habe ich schon einmal die richtigen Koordinaten für die Höhendaten. Weil dieser nur aus wenigen Punkten besteht, habe ich ihn in hoher Auflösung interpoliert (mittels GPSBabel):
Bash:
gpsbabel -i gpx -f track_teststrecke_brouter.gpx -x interpolate,distance=0.001k -o gpx -F track_teststrecke_brouter_interpoliert.gpx

Wie kann ich nun den BRouter-Track mit der Messfahrt korrelieren? Mit der Entfernung. Diese wird zwar nicht aufgezeichnet; wohl aber die Geschwindigkeit – und die kommt von einem Radsensor, den ich sorgfältig kalibriert habe. Messdaten habe ich jede Sekunde; und die zurückgelegte Strecke ist die Geschwindigkeit multipliziert mit einer Sekunde. Das erledigt ein Skript (siehe Anhang).

Dann brauche ich noch gute Höhendaten. Diese habe ich mir vom Bayerischen Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung gekauft – die Höhendaten im 1-m-Raster rund um meine Teststrecke haben 10 EUR gekostet. Man erhält eine Tabelle mit UTM-Koordinaten; diese musste ich erst einmal in Lat/Lon konvertieren, mittels den Generic Mapping Tools:
Bash:
# convert elevation data from UTM (zone 32) to WGS84 lon/lat
gmt mapproject -C -I -F -Ju+32/1:1 < DEM_1m_UTM25832.csv > DEM_1m_lonlat.csv

# find out the bounding box of the elevation data
REGION="$(perl -le '@a = map { [ split /\t/, $_ ] } <>; @lon = sort { $a <=> $b } map { $_->[0] } @a; @lat = sort { $a <=> $b } map { $_->[1] } @a; print "$lon[0]/$lon[-1]/$lat[0]/$lat[-1]"' DEM_1m_lonlat.csv)"

# convert the elevation data into a grid file, with 1 m grid spacing
gmt xyz2grd -R$REGION -I1e -GDEM_1m_lonlat.grd < DEM_1m_lonlat.csv
Dann kann ich damit den interpolierten BRouter-Track mit Höhendaten versehen:
Bash:
gmt grdtrack -GDEM_1m_lonlat.grd > track_teststrecke_brouter_distances_elevation.csv
Und schließlich kann man dann mit einem weiteren Skript die Entfernungen der Datenpunkte der Messfahrt-Aufzeichnung berechnen, aus dem Track die zugehörigen Höhendaten interpolieren, und die aufgezeichneten Höhendaten durch diese präziseren Daten ersetzen. (Wie ich das genau gemacht habe, sieht man im angehängten Skript; das würde hier zu weit führen.)

Leider ist GoldenCheetah extrem pingelig beim Import von Dateien; es hat weder mit TCX noch mit dem eigenen JSON-Format funktioniert, sondern das Programm ist immer wieder abgestürzt. Letztendlich musste ich exakt das gleiche JSON nehmen, wie GoldenCheetah in seinen internen Verzeichnissen verwendet, und nur die Höhendaten ersetzen, auf eine Dezimalstelle gerundet. Warum auch immer. War ein fürchterliches Gebastel.
=> GoldenCheetah bietet auch einen Bearbeitungsmodus; hier hätte ich wohl einfach die Liste neuer Höhenwerte kopieren und einfügen können. Hätte vielleicht problemloser funktioniert.

Aber das Ergebnis überzeugt:
mit-Haube_korrigierte-Höhe.pngohne-Haube_korrigierte-Höhe.png
Sowohl mit als auch ohne Haube passen jetzt die simulierten Höhenwerte zu den realen, die ich aus den Vermessungsamt-Daten interpoliert habe.

Ob die Luft- und Rollwiderstandsbeiwerte so sinnvoll sind, weiß ich noch nicht; da würden verschiedene Werte ähnlich gut passen. Aber jedenfalls schafft man es jetzt, die beiden Höhenprofile fast in Deckung zu bringen. (Achtung: GoldenCheetah verwendet einen konstanten Rollwiderstandsbeiwert; dynamischer Rollwiderstand ist dort unbekannt. Entsprechend kann man den Wert nicht direkt z.B. in Kreuzotter übernehmen.)

=> Wahrscheinlich müsste ich für eine neue Messfahrt eine Strecke suchen, wo die Geschwindigkeitsunterschiede noch deutlich drastischer sind. Dann müsste man Luft- und Rollwiderstand besser unterscheiden können.

Für eigene Experimente habe ich meine Messfahrten mit den verbesserten Höhendaten angehängt.
 

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  • compute_elevations_along_track.txt
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  • Messung-Chung_DF_ohneHaube_109-9kg_21-8C_43pc_949hPa_rho1.116_2020-06-13_elevation-corrected.fit.zip
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  • Messung-Chung_DF_Haube_111kg_21-8C_43pc_949hPa_rho1.116_2020-06-13_elevation-corrected.fit.zip
    23,3 KB · Aufrufe: 5
@Christoph Moder ich bewundere immer wieder wie viel Arbeit und Hingebung du in das Verständnis der Fahrphysik steckst!
noch kaum Messungen damit gemacht
Ich habs ein paar mal halbherzig probiert aber immer Quatsch raus bekommen. Mal waren die Höhenunterschiede nicht groß genug, mal musste ich mehrmals bremsen, usw. Letztendlich steht und fällt viel mit einer geeigneten Strecke, usw. Vielleicht probier ich bei Gelegenheit mal deine aus.
Rollwiderstandsbeiwerte so sinnvoll
Der ist in deinen letzten zwei Screenshots unterschiedlich, sollte sich aber mit/ohne Haube nicht wirklich ändern. Bekommst du Kurven bei identischen Rollwiderstand trotzdem einigermaßen zur Deckung?
 
Der ist in deinen letzten zwei Screenshots unterschiedlich, sollte sich aber mit/ohne Haube nicht wirklich ändern. Bekommst du Kurven bei identischen Rollwiderstand trotzdem einigermaßen zur Deckung?
Stimmt.

Ich habe einfach versucht, die Kurven in Deckung zu bekommen. Als nächstes müsste man schauen, mit welchen Wertebereichen von Roll- und Luftwiderstand das funktioniert. Diese Wertebereiche müssten sich dann zwischen den beiden Messungen unterscheiden, auch wenn sie sich stark überlappen dürften.

Vielleicht muss man auch reinzoomen und den Luftwiderstand so einstellen, dass die Kurven dort passen, wo man schnell fährt; und dann den Rollwiderstand an die Stellen anpassen, wo man langsam fährt. Und den Antriebswirkungsgrad hat man ja auch noch nicht festgelegt.

Jedenfalls habe ich jetzt zwei saubere Messungen mit sauberen Höhenprofilen. Damit kann man endlich arbeiten.
 
Was ich von den Rolltestmessungen bisher verstanden habe, ist, dass das Höhenprofil extrem genau sein muss, eher auf cm als auf m genau. Aber da könnten andere sicher viel mehr sagen, z.B. @Leonardi
 
aber anscheinend wurden noch kaum Messungen damit gemacht. Ich habe nur einen Thread über die Messung von @lida gefunden; allerdings wurden dort Liegeräder vermessen, und die Teststrecke hatte nur einen sehr geringen Höhenunterschied. Darum möchte ich hier die Anwendung auf Velomobile diskutieren:
Ich habe im Velomobil ein paar Messungen in einem Hafengelände sowie entlang eines Flußlaufs gemacht und mit Unterstützung von @lida ausgewertet.
Muss mal schauen, was davon in diesem Zusammenhang interessant sein könnte.
 
Ich habe mir die Höhenprofile noch einmal angeschaut (hier die Fahrt mit Haube):
Vergleich_Hoehe_mitHaube.png
Hier sieht man Folgendes:
  • Die GPS-Höhe ist systematisch niedriger. (Soweit nicht ungewöhnlich.)
  • Die GPS-Höhenunterschiede sind geringer als die wahren Höhenunterschiede.
  • Die Hügel haben im GPS-Profil eine asymmetrische Form.
Die Hügel müssten perfekt symmetrisch sein, da diese an den Endpunkten der Strecke sind; ich habe jeweils gewendet und bin den selben Weg zurück gefahren.

Wenn ich die Daten nach der Geschwindigkeit sortiere und den Unterschied zwischen GPS-Höhe und wahrer Höhe (abzüglich des Unterschieds der Anfangshöhe) zeichne, ergibt sich folgendes Bild:
Geschwindigkeit_Hoehendifferenz_mitHaube.png
(Da ich vorher bereits ein paar Kilometer Anfahrt hinter mir habe, nehme ich an, dass das GPS im Stillstand am Start der Strecke eine stabile Höhenmessung hat, und diesen Unterschied zur wahren Höhe von allen folgenden Daten abziehen.)

Man sieht also, dass der Höhenunterschied mit zunehmender Geschwindigkeit zunimmt – zumindest oberhalb von ca. 25 km/h. D.h. je schneller, desto höher ist die GPS-Höhe.

Übertragen auf das erste Diagramm bedeutet das:
  • Die Höhenunterschiede sind deshalb geringer, weil die Senken zwischen den Hügeln nicht tief genug sind, weil dort die höchste Geschwindigkeit war.
  • Die Hügel sind asymmetrisch, weil die Bergab-Fahrt schneller als die Bergauf-Fahrt ist, und daher zu einer höheren GPS-Höhe führt.
Es gab ja schon einmal eine entsprechende Vermutung:
Wenn man in der Ebene mit VM oder Auto von 0 km/h losfährt ist bei einer Geschwindigkeit von zB. 40 km/h der Luftdruck ca. 8 m höher als bei Stillstand. Kommt vermutlich vom Staudruck, der auch ins innere geht.
„Staudruck“ ist hier falsch, weil eine größere Höhe einen geringeren Druck bedeutet. Heißt also: Im Inneren des Velomobils herrscht also Unterdruck.

Ohne Haube ist das Bild übrigens ähnlich; interessanterweise ist die GPS-Höhe auf dem Hügel fast gleich der wahren Höhe, aber bergab und im Tal gibt es große Unterschiede – es herrscht also auch im offenen Velomobil ein Unterdruck:
Vergleich_Hoehe_ohneHaube.png
Geschwindigkeit_Hoehendifferenz_ohneHaube.png
 
Dann müsste man Luft- und Rollwiderstand besser unterscheiden können.
Nach meiner Erinnerung wird doch bei der Methode davon ausgegangen, dass Roll- und Luftwiderstandbeiwert konstante Werte sind - das ist aber nicht so. Was soll man dann "besser" unterscheiden können.

„Staudruck“ ist hier falsch, weil eine größere Höhe einen geringeren Druck bedeutet. Heißt also: Im Inneren des Velomobils herrscht also Unterdruck.
Genau so ist es. Bedeutete für mich nur, dass man die gemessenen barometrischen Höhenwerte (des GPS) in Fahrt nicht für eine Höhenmessung verwenden kann.

Gruß Leonardi
 
=> Wahrscheinlich müsste ich für eine neue Messfahrt eine Strecke suchen, wo die Geschwindigkeitsunterschiede noch deutlich drastischer sind. Dann müsste man Luft- und Rollwiderstand besser unterscheiden können.
Nach meiner Erinnerung wird doch bei der Methode davon ausgegangen, dass Roll- und Luftwiderstandbeiwert konstante Werte sind - das ist aber nicht so. Was soll man dann "besser" unterscheiden können.
Konstante Beiwerte: Diese erklären ja den Löwenanteil der jeweiligen Effekte. Geschwindigkeitsabhängige Komponenten des Rollwiderstands oder auch des Strömungsverhaltens können die Berechnung genauer machen, falls man entsprechend genaue Daten hat. Wenn man die Werte als konstant annimmt, macht man jedenfalls keinen großen Fehler. (Wenn man die Werte dann einigermaßen festgenagelt hat, kann man zu Präzisionsmessungen übergehen und diese ganzen sekundären Effekte analysieren. Aber so weit sind wir ja noch lange nicht.)

Bessere Unterscheidung: Auch mit konstanten Roll- und Luftwiderstandsbeiwerten bleibt die Luftwiderstandskraft immer noch quadratisch mit der Geschwindigkeit und die Rollwiderstandskraft immer noch konstant. Man hat also ein vollkommen unterschiedliches Verhalten bei Änderung der Geschwindigkeit. Und während man bei recht ähnlichen Geschwindigkeiten einen Teil des Luftwiderstands mit Rollwiderstand erklären könnte (und ebenso umgekehrt), müssen bei zunehmender Geschwindigkeitsspanne die Parameter immer besser passen, um die Leistungsdaten mit dem selben Parameter-Satz sowohl bei sehr niedriger als auch sehr hoher Geschwindigkeit zu erklären. Daher braucht man eine möglichst große Geschwindigkeitsspanne in der Messung, um dieses unterschiedliche Geschwindigkeitsverhalten (mit konstanten Beiwerten!) möglichst deutlich zu sehen.
 
Durchaus interessant aber ob deine Messung stimmt/relevant ist, kann ich nicht sagen.
Wenn du mit der GPS-Höhe arbeitest und nicht mit der barometrischen Höhe, ist dein Luftdruck gänzlich irrelevant, das kann natürlich ein Fehler in der Formulierung sein, oder eben doch ein Fehler in der Annahme
Da die GPS-Höhe aber auch vom Empfang der Sateliten abhängt und du bergauf ggf. besseren Empfang hattest, als Berg ab, auf der anderen Straßenseite wäre ein Punkt.
Hier in diesem Thread habe ich in Beitrag #5 die Methode genauer beschrieben. Kurz gesagt:
  • Keine Ahnung, wie der Wahoo Elemnt die Höhe genau misst. Aber er hat GPS, und kann angeblich auch barometrisch messen.
  • Wegen der großen Unsicherheit bei der GPS-Höhe wäre es sehr verwunderlich, wenn nicht der Luftdruck zur Höhenmessung genommen würde, und GPS nur, um langsame Luftdruckschwankungen auszugleichen.
  • Wenn doch GPS zur Höhenmessung verwendet würde und es auf den Satellitenempfang ankäme, würde ich Sprünge im Höhenprofil erwarten (d.h. erst kein Empfang, dann schlagartig doch wieder). Aber die Höhenprofile sind glatt.
  • Die Strecke verläuft durch die freie Landschaft und es war warmes, sonniges Wetter, d.h. jegliche GPS-Empfangsprobleme kommen vom Velomobil, nicht von Bäumen/Regenwolken/Gebäuden.
Jedenfalls sehe ich, dass sich die gemessene Höhe von der wahren Höhe mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr unterscheidet, und zwar ist sie immer größer. Das kann ich nur durch niedrigeren Luftdruck erklären.
 
Jedenfalls sehe ich, dass sich die gemessene Höhe von der wahren Höhe mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr unterscheidet, und zwar ist sie immer größer. Das kann ich nur durch niedrigeren Luftdruck erklären
Die barometrische Höhenberechnung basiert nun mal auch auf der gemessenen Temperatur. Diese liegt im VM immer zu hoch. Je nach Fahrzeuggeschwindigkeit (, Wind), Abwärme vom Motor und Belüftung halt mal mehr oder weniger.
 
Wie war das gleich mit dem Staudruck im VM?
Laut meinen Messungen gibt es bei mir innen eben keinen Überdruck. Ein Staudruck vorne am Staupunkt kann ja durchaus vorhanden sein, aber offensichtlich kann sowohl durch die offene Cockpit-Luke als auch mit Haube wegen der offenen hinteren Seitenfenster so viel Luft entweichen, dass innen jenseits des Masts kein Überdruck mehr herrscht.
Auch sollte man während der Messung nicht am Gerät herumdrücken!
Du beschreibst ein Garmin-Gerät. Ich habe aber Wahoo, das hat keinen Touchscreen, und während der Fahrt habe ich da auch nicht herumgedrückt (sondern höchstens an den Wendepunkten, um das Ende der jeweiligen Runde zu markieren). Außerdem müsste man beim Herumdrücken dann ja Höhensprünge sehen; aber hier verändert sich die Höhenabweichung nur exakt mit der Fahrgeschwindigkeit.
Die barometrische Höhenberechnung basiert nun mal auch auf der gemessenen Temperatur. Diese liegt im VM immer zu hoch. Je nach Fahrzeuggeschwindigkeit (, Wind), Abwärme vom Motor und Belüftung halt mal mehr oder weniger.
Schon. Aber für die Messung der Höhenunterschiede ist nicht der Luftdruck, sondern nur dessen Unterschiede relevant. Also egal, ob die Luft innen zu warm ist – solange sich deren Druck genauso wie der Luftdruck außen verhält.

Außerdem wäre es schon sehr seltsam, wenn die Temperatur immer in wenigen Sekunden steigt oder sinkt, wenn man bergab oder bergauf fährt. Ich habe es mal überschlagen; 6 m Höhenunterschied (das ist ungefähr die beobachtete Abweichung) entspricht etwa 1 hPa Druckunterschied; das wären bei adiabatischer Zustandsänderung nur 0.1 K Temperaturunterschied – aber trotzdem unwahrscheinlich, dass sich die Luft immer so schlagartig erwärmt oder abkühlt, wenn man schnell fährt, aber bei langsamer Fahrt ihre Temperatur behält.
 
Außerdem wäre es schon sehr seltsam, wenn die Temperatur immer in wenigen Sekunden steigt oder sinkt, wenn man bergab oder bergauf fährt. Ich habe es mal überschlagen; 6 m Höhenunterschied (das ist ungefähr die beobachtete Abweichung) entspricht etwa 1 hPa Druckunterschied; das wären bei adiabatischer Zustandsänderung nur 0.1 K Temperaturunterschied – aber trotzdem unwahrscheinlich, dass sich die Luft immer so schlagartig erwärmt oder abkühlt, wenn man schnell fährt, aber bei langsamer Fahrt ihre Temperatur behält.
Also ich fahr zwar kein Velomobil, aber auf dem offenen Liegerad ist das tatsächlich so, dass sich die Luft in der Jacke beim Bergauffahren in kürzester Zeit merklich erwärmt und bergab merklich abkühlt. Das VM ist sicher effizienter aber die 2 Gründe für den Unterschied - schlechterer/besserer Wärmeübergang an der Außenhülle und mehr/weniger Leistungsabgabe des Fahrers/Zeiteinheit bleiben doch die Gleichen?
Und 0,1K ist verdammt wenig (im Vergleich zu den gefühlten 5K auf der offenen Liege), noch dazu zwischen 10 und 60km/h - da liegen im Wärmeübergang außen Welten... Wenn dein VM gut durchlüftet ist kann das den T-Unterschied weiter dämpfen, es wäre aber auch denkbar, dass es im Tal schlicht ein bisschen kälter war...
 
Also Temperatur als Messeschwankung würde ich beim wahoo ausschließen, da es darauf viel zu träge reagiert.
Es misst die Temperatur im Inneren des Gerätes und es braucht teilweise bis zu 20 Minuten bis es von Raumtemperatur auf Außentemperatur gekühlt/aufgeheizt hat.
 
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