EC-Velomo-tion Quad-Cargo-Velomobil

... brauchste nicht, hab ich schon gemacht :D

Entgegen meiner Ankündigung von letzter Woche, sind wir doch noch nicht so weit, die finale Serie vorzustellen, sondern bleiben noch ein bissl beim Vorgeplänkel. Was die "Alphatests" bislang so gezeigt haben (nicht nur explizit für das Quadvelo, sondern prinzipiell auch für alle ähnlichen Konzepte der Mitbewerber):
  • Aerodynamik ist mit den großen offenen Flanken und geschlossener Heckklappe neutral bis negativ. D.h. mit Hülle ist man gar etwas langsamer gegen den Wind als ohne - also als offenes Quad gefahren. Nicht eindeutig, aber eben auch nicht eindeutig besser. Ermittelt bspw. im Abfahrts-Rolltest...
  • D.h. wenn es velomobile Vorteile mitnehmen will, braucht es unbedingt die Türen; eine glatte, geschlossene Hülle...
  • ... und dann eine aktive Belüftung, statt rein passiver Kanäle.
  • Bei feuchten Niedrigtemperaturen ist mir auch jetzt schon die Frontscheibe gut angelaufen. Und feuchtkalter Luftzug allein macht sie nicht frei - sondern es braucht unbedingt warmtrockene Luft. D.h. diese Frontscheibenkonzepte brauchen für nordeuropäische Benutzung ordentlich Heizleistung für die Scheibe... oder innen + außen Schweibenwischer... besser aber aufstellbare, klappbare Scheiben.
  • Für die Körpertemperatur-Regulation waren die offenen Türen auch so semi-optimal, schlicht weil sie sich nicht steuern lassen. Grundsätzlich sitzt du bissl windgeschützt und wärmer, doch wenn die 0°-Seitenwindböe plötzlich angreift, verwandelt sich dein Schweiß in Schmerz.
  • Kurzum: eine grundsätzlich geschlossene Hülle, in der man mehrere passive und aktive Luftzufuhrkanäle nach Bedarf steuern kann, ist... aufwändiger, aber wohl KFZ-verwöhnt endkundentauglicher.
  • Im vorausschauenden Vergleich zur QV-Tür-Fenster-Regulation wird das a) Podbike-Konzept Unmengen an Energie benötigen, sein Treibhaus zu kühlen und zu entfeuchten, während die grundsätzlich offenen Konzepte (BioHybrid, City-Q) mit der Unregulierbarkeit und Schrankwandaerodynamik leben müssen.
  • Das Gewicht macht sich extrem bemerkbar (auf meiner 470hm-Pendelstrecke). Auf der Ebene konnte ich zwar ohne Motor einigermaßen die 25km/h erreichen (mit schätzungsweise humanen 300W unter Winterbedingungen), aber Steigungen fordern deinen Motor schnell mehr ab, als in jede verhältnismäßige "250W"-Auslegung passt.
  • Ich hab da den BBS02 (später ZF) drin und einen effizienten 1-Ketten-Schaltungs-Antrieb. Die 15% haben wir grundsätzlich geschafft, auch wenn es einem schon weh tut, wie die Fahrradtechnik da ächzt (Kette, Ritzel, Diff, Wellen...) - 180kg+ Systemgewicht anheben bei vollem Human+Motor-Drehmoment, das tut nicht gut.
  • Um bei meinen üblichen ~6° Steigungen die Geschwindigkeit auf dem 25iger Garantielevel zu halten, braucht es 750W aus dem Bafang und nochmal 300W von dir (keine Überraschung, sagt ja auch Kreuzotter in etwa). Wenn ich mir da Generator- oder sonstige Verlustumspannkonzepte und noch mehr Systemgewicht vorstelle, geht das nicht auf, außer ich arbeite unbekümmert mit auf 2kw ausgelegten Nabenmotoren, denen jeder Bezug zum 250W-Sticker verloren gegangen ist.
  • Wenn ich aus dem BBS02 mir zur Gegenrechnung "verhältnismäßige" ~300W Dauerleistung zugebe, bin ich mit dem Velocar an Steigungen dann in etwa genauso schnell wie mit dem UP ohne Zusatz (mit meinen humanen 300W allein). D.h. ich brauche die komplette Motorleistung, um das Eigengewicht des Fahrzeugs zu kompensieren. Für den gleichen Schnitt auf meiner 50km-Strecke ist dann folgerichtig auch der 500Wh-Akku leer.
  • Man muss das aber nicht so negativ lesen, wie ich es schreibe. 50km im Bergland sind sicher nicht die Referenz, die ein Durchschnittskunde mit einem motorlosen Fahrrad bewältigt. Wenn der mit der Hilfe eines vollen Akkus mit angenehmer Radgeschwindigkeit mit allem Gepäck und Wetterschutz durch Stadt und Flachland kommt, ist das sicher ungleich mehr, als er auf einem konventionellen Rad erreichen könnte.
  • Parken ist natürlich noch so ein Thema, da das schwere, sperrige Vehikel eher nicht in den Fahrradkeller getragen werden kann (mein 4Q war da genau die Grenze des Bewältigbaren meiner persönlichen Wohnverhältnisse). Über Treppen ziehen geht gerade so, da man das Vierrad ja stets nur halb anheben und auf den restlichen 2 Rädern stabil rollen kann. Mit seinen ~81cm effektiver Breite, passt es gerade so durch übliche Türen - die müssen nur noch irgendwo hinführen, wo sich das Ding abstellen lässt. Die offene Flanken hin oder her kannst du so ein teures Leichtbaukonzept auch "verschlossen" nicht herrenlos auf der Straße abstellen; weshalb ich wieder meinen KFZ-Anhänger ins Wohngebiet verlegen musste, um das Rad nachts sicher verstauen zu können. D.h. wenn man so ein Mobil fahren will, muss man auch zu den passenden Immobilien stehen... wobei der KFZ-Anhänger auch noch die naheliegende Antwort darauf ist, falls jemand nach nem Faltgelenk fragt.
  • Das Fahrwerk ist in Sachen Stabilität über jeden Zweifel erhaben. Die 2-Hebel-4-mechanischen-Trommelbremsen konnten die 15%-downhill auch problemlos stoppen, und wenn man es laufen lässt mit 60 um die winterliche Kurve heizen ohne jede Spur von Nervosität und Kontrollverlust. Die 4 Füße, die Dämpfer, die geringe ungefederte Masse... da geht was... das ist ein Sicherheitslevel weit weit über Trike.
  • Bei Federung und Geräuschkulisse bin ich mir noch nicht ganz sicher. Auf normal zerfledderter Straße merkt und hört man nix, es ist komfortabel und leise - bügelt trotz straffen Sportfahrwerks mit seinen Ringsum-Blattfedern ansprechend über Unebenheiten weg. Nur auf meinem grobem Kopfsteinpflaster vor dem Werk herrscht wie immer Ernüchterung mit allem, was nicht 195iger Reifenbreite bei 1,5t Gegengewicht hat... man schleicht in Schrittgeschwindigkeit oder es dröhnt dich zu... also bei jedem Fahrrad... und hier mit dem großen Resonanzkörper voll erlebbar. Nur, wenn man das alles entkoppelt (Gummiaufhängung) und das Fahrwerk gaaaanz weich auslegt, fängt man sich andere Probleme ein.
  • Die Außenwirkung ist definitiv eine andere als mit allen anderen bisherigen Rädern. D.h. ich werde nicht als komischer Liegerad-Bastel-Heini wahrgenommen, sondern sowohl das 4-Rad-Kabinen-Konzept als auch die Wertigkeit der Optik erzeugen beim gemeinen Volk ne deutlich höhere Akzeptanz und freundlichere Reaktionen. So oft wie mit dem Ding wurde ich bislang noch nicht neugierig angesprochen...
Naja, in der nächsten Testrunde muss ich es mal "endkundenadäquater" einsetzen. D.h. die Eigenleistung runterfahren und den Motor mal machen lassen. Damit werde ich v.a. an den Bergen zwar deutlich langsamer sein und bald nach nem Zweitakku schreien, aber... nix aber...

VG Steffen

PS: einer von uns beiden hat 50km Pendelstrecke, der andere 5km... wer fährt was!?
20201218_141025.jpg
 
Schöner Erfahrungsbericht, gerade Verbrauch und Akzeptanz wundert mich nicht wirklich.

Ich würde nur eines zu Bedenken geben, was auch der Noca-Chef letztens angesprochen hatte:
Sie bieten *eine Option* an, nicht das alle überall glücklich machende Fahrzeug. Und gerade die Identifizierung der 'passenden' Klientel und der 'passenden' Kontexte (und dann zielgenauen Marketings) sehe ich in unserem Bereich als elementar an.
 
Endlich mal ein ehrlicher Bericht, statt tumber Werbestatements wie von anderen Herstellern, dankeschön. Wenn ich mal Deine Erfahrung etwas ketzerisch (und sicherlich auch unfair) hinsichtlich einer Zielgruppe subsumieren dürfte:

Es spricht Autofahrer an und kann Fahrten mit (unmotorisierten) Fahrrädern ersetzen, weil es vom Fahrer die gleiche Antriebsleistung wie ein Fahrrad benötigt?
6km/h Altenfahrstühle
Die taugen aber ebenfalls für die Fahrt im Supermarkt. Ein 3- oder 4-rädriges Pedelec, das vor der Tür stehen bleibt, kommt da nicht in Frage (ich hab es bei meiner Ma wirklich versucht).
Nebenbei: die Dinger werden später gern gegen die 12 km/h- Variante eingetauscht, weil sonst die Fahrt zum Supermarkt zu lange dauert.

Gruß
Christoph
 
Super ausführlicher Bericht!

  • Bei feuchten Niedrigtemperaturen ist mir auch jetzt schon die Frontscheibe gut angelaufen. Und feuchtkalter Luftzug allein macht sie nicht frei - sondern es braucht unbedingt warmtrockene Luft. D.h. diese Frontscheibenkonzepte brauchen für nordeuropäische Benutzung ordentlich Heizleistung für die Scheibe... oder innen + außen Schweibenwischer... besser aber aufstellbare, klappbare Scheiben.

Zum Doppelscheibenwischer bzw dem Scheibenwischer innen: letzteres scheint Google vor 20 Jahren patentiert zu haben.

Vielleicht ist das hier eine Übergangslösung?
zanasta.png
 
Endlich mal ein ehrlicher Bericht, statt tumber Werbestatements
Dem kann ich nur beipflichten.
Wenn ich über Türen / Fenster nachdenke - die ja für Stabilität des Fahrzeugs nicht benötigt werden, die ich mir aber unbedingt als Wetterschutz wünschen würde: Da kommt mir die Idee, so etwas wie die ausziehbaren Kofferraumabdeckungen einzusetzen. Von unten als Tür - evtl. Mit verschieden hohen EInhängevorrichtungen - je nach Wetter. Und evtl. In transparenter Ausführung (sofern es entsprechendes Material überHaupt gibt) von oben herunterziehbar als Fenster. ...
 
The bio-hybrid video from that thread illustrates the bad aerodynamics perfectly - hair blowing forward instead of back is not a good sign...
 
Eine Hürde der aktuellen Antriebskonfiguration, durch mich auf hügelige Region konfiguriert, bleibt allerdings aktiv:

Bafang BBS02 = ohne neue Label und nachweisliche Limitierung auf < 1 kW peak (Shunt-Abweichungen = Strommessung und somit Leistungsanzeige des Controllers liegt arg neben angezeigtem Wert) sind Pedelecrichtlinien schwerlich einzuhalten.

BBS01 wird gegenüber den (real anliegenden) aktuellen Peakwerten je nach Akkuspannung 20-40% weniger Unterstützungsleistung einfahren.

Bei Annäherung an 25 km/h muss vorschriftseitig Motorleistung fortschreitend sinken (und bei 25 km/h oder ~27 km/h mit Toleranzausnutzung quasi Nullleistung beizusteuern): Aktuell leistet der Motor auch bei fast 25 km/h mehrere hundert Watt bei, um die Geschwindigkeit zu halten, bspw. an leichten Steigungen, an welchen das Quadvelo auf 20-22 km/h verlangsamt und weiterhin anstrebt, die 25 km/h~ auszunutzen.

Bei Regionen mit ebenem Terrain alles kein Problem. In hügeligen Terrain lässt sich Physik nicht umgehen. Entweder wird es langsam oder sehr erschöpfend - für Fahrer wie Motor. Aerodynamik bei Geschwindigkeit im Höchstlastfall ist vernachlässigbar, daher ändern geschlossene Türen für die Motorpeaks nichts.
 
On hilly terrain you have to be in the correct gear all the time - spin at 84-85 RPM max and keep the speed to below 24 km / h. If you pedal over 87 RPM you get back EMF and the motor cuts out. If you go over 24 km / h you lose support and the speed drops instantly and you must start all over again.

A rear hub motor is much easier to ride in such conditions because you don't get the back EMF and you just have to turn the pedals at a high enough but comfortable and constant cadence to help the motor, i.e. you just have to be in the correct gear and keep the speed to 24 km/h.
 
Bei feuchten Niedrigtemperaturen ist mir auch jetzt schon die Frontscheibe gut angelaufen. Und feuchtkalter Luftzug allein macht sie nicht frei - sondern es braucht unbedingt warmtrockene Luft.
Das ist mir beim DF mit dem Sommerdach im Spätherbst-Nebelwetter aufgefallen: Obwohl die Seiten offen sind, beschlägt die Frontscheibe irrsinnig stark, viel mehr als mit der geschlossenen Haube. Vollkommen egal, ob es innen warm (wie unter der Haube) oder kalt (mit offenen Seiten) ist – wenn die Atemluft die Scheibe erreicht, kondensiert sie. Entscheidend ist ein Luftstrom, der innen direkt an der Scheibe entlang geführt wird. Geht natürlich im Velomobil wegen der höheren Geschwindigkeit leichter. Ich werde das Sommerdach dementsprechend modifizieren, denn sonst ist es wirklich nur im Sommer zu gebrauchen.
wieviele von den 6km/h Altenfahrstühlen werden eigentlich pro Jahr verkauft und die haben nicht mal rudimentären Wetterschutz..nur mal so in den Raum geworfenals mögliche Zielgruppe
Sicher keine nennenswerte Anzahl. Und nach meinem Gefühl auch immer seltener; früher sind alte Leute entweder zu Fuß gegangen (mit Hackenporsche), oder wenn es gar nicht mehr ging, mit so einem straßentauglichen Rollstuhl. Heute fahren die alle mit dem Auto. Das Auto ist der neue Altenfahrstuhl – sei es ein Kleinwagen oder was Größeres, die zurückgelegten Strecken sind deutlich im einstelligen km-Bereich, die Jahresfahrleistung ist sehr überschaubar, und dabei wird der Motor kaum jemals richtig warm.

=> Die Leute erwarten heute diese Überdimensionierung, was auch das Problem (kleiner) Elektroautos ist; das Fahrzeug muss für Strecken über hunderte km taugen, auch wenn man das in der Praxis nie nutzt.
 
On hilly terrain you have to be in the correct gear all the time - spin at 84-85 RPM max and keep the speed to below 24 km / h.
Hier sehe ich für die Endnutzer oder gar den Verleihbetrieb ein potentiell massives Problem der prinzipiell 'sauberen' Lösung mit schaltungslosen (!) MMs mit fester Kraftübertragung: Die Wohlfühl-Trittfrequenz der Nutzer unterscheidet sich massiv, wer ein auf 90rpm ausgelegtes System mit 50 den Berg hochfährt (natürlich bei minimaler Eigenleistung), hat u.U. nicht lange Spaß dran. Beim KFZ völlig irrelevant, Gashebel müssen nicht rhytmisch bewegt werden. Es hat wohl seine Gründe, dass im ernstzunehmenden gewerblichen Bereich m.E. kein Hersteller mit Mittelmotorlösungen daherkommt.

Ich sehe da drei Lösungen (außer der gnadenlosen Übermotorisierung des KFZ-Bereichs): Automatikschaltung, serieller Hybrid oder Nabenmotor mit parallelem mechanischen Strang. Alle mit ihren eigenen Haken. Beim Kai MK3 hab ich ganz bewusst letztere Lösung forciert, natürlich auch wg. der Nutzung im Flachland.
 
Nabenmotor, legal, kannst du für den Einsatz knicken. Sobald diese zu langsam werden sinkt die Nennleistung ins bodenlose und man bleibt stehen. Ne automatische drei Gang Schaltung würde fürs Flachland reichen... Aber : Autofahrer bekommen kompliziertes schalten doch auch hin, warum muss es am Fahrrad immer aufs dümmste runter gedampft werden? Jede Fahrradschaltung, selbst Kettenschaltung ist einfacher zu bedienen als ne 5 Gang Handschaltung im Auto..
 
drei Gang Schaltung würde fürs Flachland reichen... Aber : Autofahrer bekommen kompliziertes schalten doch auch hin, warum muss es am Fahrrad immer aufs dümmste runter gedampft werden? Jede Fahrradschaltung, selbst Kettenschaltung ist einfacher zu bedienen als ne 5 Gang Handschaltung im Auto..
Für die Dreigang gibt’s doch auch passendes Zubehör für die vom Auto kommenden:
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(...dies Modell ist von Sachs ;-)
 
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