Es wird hier auch mal Zeit für einen Erfahrungsbericht von meiner Seite. Ich habe nun knapp über 10.000 km mit meinem DF XL 311 hinter mir, das DF ist am 30.01.21 in meinen Besitz gewandert, freundlicherweise ohne Wartezeit, nachdem ich
@Hansdampf spontan seinen vier Wochen alten, bis dato jungfräuliche Vorführer abkaufen durfte und damit sein erster Kunde wurde. Ich hab es ihm nicht so leicht gemacht, da ich ein ziemlicher Lulatsch bin und es so ordentlich Anpassungen vorzunehmen gab. Hans hat das aber bestens gemeistert.
Meiner Erfahrungen beziehen sich nun auf zwei Winter und einen Sommer. Ich bin als Velomobilneuling mit einem Neufahrzeug ins Rennen gegangen, da zu dem Zeitpunkt keine gebrauchten DF XL verfügbar waren...
Das Drama der Aapassung des Fahrzeugs auf den Fahrer und die ersten Wehwehchen
Die ersten 5000 km war ich vor allem mit Anpassen des DF XL auf meinen Körper beschäftigt. Man kann meinen Körperbau (95,5 cm Innenbeinlänge, 194cm Größe ~83 kg) mit schlank bezeichnen oder auch als Bohnenstange/Lauch, wobei ich ein breiteres Becken habe und kräftige Oberschenkel.
Auf den zwei Probefahrten habe ich sofort gemerkt, dass ich mit dem kleinen Pedalabstand aufgrund des niedrigen Q-Faktors überhaupt nicht zurecht komme, also kam gleich ein SQ-Lab 511er Pedal mit +15 mm längeren Achsen rein. Bedauerlich, da das PD-ES 600 eine sehr schöne große Auflagefläche hat. Bald im Anschluss auf ein Shimano Pedal mit großer Auflagefläche gewechselt (das Gewicht
), nachdem ich dann 18 mm Pedalachsverlängerungen fand (die nicht mit dem PD-ES 600 kompatibel waren).
Um bei meinen langen Haxen mit dem großen Pedalabstand Platz für die Füße zu gewinnen, musste der (kleine) DF Sitz mittels Adapter nach hinten geschoben werden, um das Tretlager etwas näher zu den Radkästen bringen zu können, so dass ich nirgends mit den Schuhen am DF schliff. Ein Bild des ganzen gibt es schon an anderer Stelle:
So, hier kommt ein Bild ins DF XL mit (normalem) DF Sitz:
Anhang anzeigen 235303
Der Sitz ist mit zwei Schrauben am Adapter (5mm Alu) befestigt, der Halter dann an der angedachten Bohrung am VM befestigt, mit einer 1mm Kunstoffbeilagescheiben zwischen Alustück und Karosserie. Wurde mangels eigener diesbezüglicher Bastelbegeisterung von meinem Händler (
@Hansdampf) gefertigt.
Kaum waren diese Probleme gelöst, haben mich aufgrund von Übermut ziemlich schnell meine Achillessehnen zur Verzweiflung getrieben und ich fühlte mich wie ein Junkie auf kaltem Entzug
. Als dieses Problem dann mit bewussterem Treten und minimal veränderter Tretagerposition behoben war, wurde die ursprünglich verbaute 155 mm Kurbel gegen eine 140er Kurbeln getauscht, da ich mit ersterer bei jeder kleinen Bodenunebenheit mit den Knien oben angestoßen bin und mit den Schuhen unten. Nun passiert das nur noch bei groben Schlaglöchern oder Unebenheiten. Zudem habe ich mit den kürzeren Kurbeln etwas mehr Schuhfreiheit in der 2 Uhr Position.
Anschließen ging eine Odyssee zur Findung der Pedalachslänge los. Die Frage war, wieviel kürzer ich die Achse wählen kann ohne Schmerzen auf der Außenseite der Oberschenkel oder im Fuß zu bekommen. Insgesamt habe diverse Pedalachslängen (56 mm (Standard PD-ES600), 58,5 mm, 63 mm, 70 mm, 74 mm) durchprobiert, bis ich mein schmerzfreies Minimum entdeckt hatte (63-64 mm). Ich hatte dann zwar eine Lösung gefunden, die Achsverlängerungen mit dem PD-ES 6000 kompatibel zu bekommen, allerdings dann gemerkt, dass eine
zu lange Pedalachse bei mir recht schnell zu Ermüdungen des Muskelansatzes über dem Knie auf der Innenseite der Oberschenkel führt. Dann brauchte ich noch SPD kompatible Pedale mit etwas mehr Auflagefläche als bei den SQ-Lab 511ern mit 63 mm Achse, weil ich eine bessere Kraftübertragung wollte und bin letztlich bei einem Issi Flip gelandet, wo ich mit Müh und Not noch via Ebay eine längere Pedalachse aus Amerika bekommen habe (64,5 mm)
Also hatte ich Zeit und Muße mich dem nächsten Problem zuzuwenden. Der Gepäckraum war durch den nach hinten geschobenen Sitz merklich begrenzt und ich habe neidisch bei
@Hansdampf gesehen, wie dieser quer unter seinen Sitz einen Sporttasche unterbringt.
Mit den passenden Pedalen habe ich nun getestet, wie weit das Tretlager nach vorne kann, ohne mit den Schuhen in der 2 Uhr Pedalposition oben seitlich zu schleifen. Also erst mal den fast jungfräulichen XL Sitz montiert, dann aber gemerkt, dass da doch noch 1-2 cm Abstand zum Tretlager fehlen. Also musste der kleine Sitz her, der Adapter wurde entfernt und die Befestigungsbohrung im (kleinen) Sitz so weit wie möglich nach vorne an der Kanten gesetzt (dort wo der Sitz schon keine Verstärkung mehr hat...). Nun war hintem dem Sitz gleich merklich mehr Platz.
Durch das mehrfache Verschieben des Tretlagers und der deswegen immer wieder geänderten Kettenlänge waren immer wieder Einstellungen des Umwerfer(masts) und des Schaltwerks notwenig, um die volle Gangzahl nutzen zu können, was mich vor allem beim Umwerfer am Anfang einige Nerven gekostet hat...
Unfälle und Umfaller
Recht schnell am Anfang, an einer Rückfahrt von der Arbeit bei Schneetreiben bin ich damals noch auf einem Radweg gefahren. Es lag eine dünne Schicht Schnee und ich wollte auf eine Brücke auffahren, deren Zufahrt in der Mitte durch einen Poller für Autos versperrt ist. Die Contact Urban befanden aber, dass sie lieber die Traktion verlieren wollten, und so bin ich mit 15-20 km/h gegen die Leitplanke gerumst. Das war der Tag an dem meine Achillessehnen so weh getan haben, dass ich eh schon völlig deprimiert war, da war das auch schon egal... Zum Glück ist dem Fahrzeug nicht viel passiert bis auf einem Riss im Lack auf Höhe der Verklebung der beiden Fahrzeughälften sowie ein paar Kratzern in der Reflexfolie.
Ein paar Mal bin ich in Kreiseln vom Dreiradmodus in den Zweiradmodus gewechselt, glücklicherweise ohne Umfaller. Einmal bin ich bei Nässe mit den Contact Speed 1,5 Meter über die Haltelinie an einer Ampel gerutscht, weil diese die Haftung beim Bremsen verloren haben.
Und nach über 5000 km bin ich abends auf der Heimfahrt auf einem Supermarktparkplatz beim Einsteigen ins Velomobil umgefallen und habe eine Seite leicht verkratzt...
Wartung/Verschleiß
Die Moosgummis der Haube haben sich recht schnell gelöst und wurden mit Sekundenkleber befestigt. Einer der Haubenhaken hat nach ca 6000 km das zeitliche gesegnet (ich fahre fast ausschließlich mit Haube)
Nach knapp 7000 km sind die originalen Umlenkrollen wegen übermäßigem O-Ring Verschleiß rausgeflogen und wurden durch Ginkgo Rollen ersetzt. Ebenfalls ab ca 6500 km trat ein lästiges Knacken auf, dass bis km 10.000 nervtötend wurde und durch den Tausch des Tretlagers beseitigt wurde.
Optimierung:
Gelbe Hosen haben (zur Verärgerung von
@UliB) auch noch den Weg aus Moosburg zu mir geschafft, der originale Laufradsatz wurde in Coburg umgespeicht. Ein Standardlaufradsatz mit breiterer Tubelessfelge kam auch noch hinzu. Die Radscheiben wurden mit Reflexfolie versehen, ebenso die nackten Felgen.
Der Freilauf wurde ordentlich gefettet, um das unsäglich laute Knattern in ein liebliches Surren zu verwandeln. Die Seitenscheiben der Haube doppelt verglast, ein Antibeschlagvisier angebracht, Scheibenwischer (von Daniel) angebracht. Die Wartungsklappe wurde mit Nacaduct versehen (Danke an
@jooefantom und
@Felix).
Bereifung:
Ich habe mich munter durch das Reifensortiment probiert. Die Contact Speed flogen recht schnell raus und wurden erst gegen vorne nicht passende 42mm Contact Urban getauscht, dann gegen die 32 mm Variante. Gegen die bollernden Contact Speed eine viel ruhigeres Fahren. Hinten fuhr ich dann im Winter einen 42 mm Contact Urban und im Sommer einen Panaracer Gravelking (tubeless) vom Ausverkaufsgrabbeltisch, aktuell ist ein GP5000 TL verbaut.
Mit den Hosen habe ich vorne erst mal die CCS wieder aufgezogen (wenn man wegen zu engen Hosenausschnitten Reifen ruiniert, dann wenigstens die die man eh nicht mag), bin dann aber auf Schwalbe One umgestiegen.
Schlauchtechnisch bin ich schnell auf Leichtbutyl umgestiegen, dann im Oktober auf Latex (da wurde das Abrollgeräusch noch leiser) und dann wegen der Pumperei auf aktuell noch 20" Revoloop Vorserien TPU Schläuche. Im nächsten Sommer wird mal der Nutrak probiert.
Noch zu tun/ausstehend:
Hinterradachse etwas abschleifen, so dass sie ohne Gewalt ziehbar ist.
Teflonrohre in Leer- und Zugtrum einbauen.
Größeres Kettenblatt vorne (aktuell 39-61, Ziel 39-65)
Sitz mit Lüftungslöchern versehen
Lüftungslöcher hinten schneiden.
Kurbellänge optimieren (nochmal die 155er probieren, 150er probieren)
Beleuchtung optimieren (hinten die Atto DF durch ein Atto mit Brems/rücklicht und einem Atto blinker ersetzen, seitlich zusätzlich einen Mo-Blaze Pin Blinker anbringen, ggfs nach vorne strahlende Positionslichter unter den Spiegeln anbringen)
Ggfs Leistungsmessung via Assioma Duo Shi.
Fazit:
Der Kauf des DF XL (bzw des Velomobils) war eine sehr gute Entscheidung und ich habe viel Spass damit. Ich habe meine Kilometer vor allem durchs Pendeln abgespult, meine längsten Fahrten bisher waren die Fahrt nach Ornbau mit einem kleinen Umweg über Ingolstadt (250 km an einem Tag) sowie ein Besuch auf einer Feierei nahe des Brombachsees (175 km an einem Tag). Inzwischen glaube ich positionstechnisch für meinen Körperbau das maximale aus dem DF XL rausgeholt. zu haben.
Außerdem ist der Speedjunkie in mir ist zum Leben erwacht. Mein aktueller Rekord liegt bei knapp über 70 km/h in der Ebene (und reifentechnisch war da noch Luft nach oben)
, wenn auch nur für eine halbe Minute....
Ausblick:
Für die Zukunft möchte ich ein Velomobil mit eingebauten Hosen (oder ich muss mir die Hosenmontage durch Anbringungen von Pins zur Fixierung erleichtern) und ggfs auch etwas mehr Platz. Vielleicht aber auch eine neue Rennmaschine
. Potentielle Kandidaten gibt es ja inzwischen ein paar oder sind in der Pipeline...