Bloß wenn's wirklich daran lag, ist Bergamo mit seinen Militärlastern zum Leichentransport und den Horrorbildern aus den Krankenhäusern als Begründung für die getroffenen Maßnahmen (im Nachhinein) nicht mehr wirklich haltbar.
Heute nicht mehr, aber man kann immer nur auf den Informationen aufbauen, die man zum Zeitpunkt der Entscheidung kriegen kann. Ganz hat auch Deutschland es übrigens nicht geschafft, Pflege- und Altenheime vor dem Virus zu schützen.
Es geht hier nicht um räumliche, sondern vor allem um zeitliche Zusammenhänge.
Um die richtig zu untersuchen, müsste man aber auch in Wuhan gezielt nochmal Proben untersuchen, die vor den bekannten Fällen von Patienten oder Verstorbenen mit passenden Symptomen genommen wurden.
Zur aktuellen Achterbahnfahrt des Reproduktionsfaktors und dem Ausbruch bei Tönnies noch ein paar Gedanken:
Der Faktor ist im Moment keine sinnvolle Größe, denn bei den meisten Mitarbeitern bei Tönnies ist weder der Zeitpunkt der Ansteckung noch der Zeitpunkt des Krankheitsbeginns bekannt. Die Zahlen sind im Wesentlichen durch das Test-/Meldedatum bestimmt, und wenn sich der Nowcasting-Algorithmus über die Tage mit den Tests hinwegschiebt, kommen halt solche Werte heraus. Das tatsächliche Geschehen beschreiben sie in dieser Situation nicht.
Rein von den Testergebnissen her sieht es aber so aus, als sei in Deutschland noch mehr unterwegs als nur der Tönnies-Ausbruch.
Vom 17.8.2020 (Meldepeak in Gütersloh) bis gestern sind deutschlandweit 4895 Neuinfektionen dem RKI gemeldet worden (laut
Dashboard), und die acht Tage davor waren es 2641. Die Differenz ist 2254, ungefähr 750 mehr als das, was bis dahin bei Tönnies positiv getestet wurde, und ca. 1000 mehr als das, was bei fortgesetztem Trend der letzten Wochen zu erwarten gewesen wäre.