Und ob.
Die große Null durch Bayern.
Was war das für ein Knacks? Der Gurtsitz verlor seine Spannung, meine stieg sprunghaft an. Jetzt bin ich die ganze Woche zwischen 9 Uhr und 10 Uhr ins Bett gegangen, top ausgeruht, hoch motiviert und dann macht der Sitz schlapp? Das geht nicht. Ich brauche ein Schweißgerät. Schon vor dem Start, zur großen acht durch Bayern, so eine Aufregung, das tut doch nicht Not. Zumal ich meine Rostbraune akribisch untersucht hatte, nachdem mir, beim 400er in Ostfalen, der Vorbau gerissen war und ich die letzten vierzig Kilometer freihändig fahren musste. Ein neuer Schlauch, Mantel und zwei neue Ersatzschläuche sollten das Rundum-Sorglos-Paket abrunden.
Der Start fand ohne mich statt. Ich ging etwas später auf die Strecke. Mittlerweile regnete es. In Möhren, 8 km nach dem Start, war die Straße vernagelt. Eine Baustelle, kein Durchkommen, weil da einer mit dem Bagger drin stand und wild rotierte. Mist, wie haben die Anderen, vor mir, das gemacht? Ich jedenfalls musste mir eine mühselige langwierige Umfahrung suchen, die überwiegend auf Schotter stattgefunden hat.
Gut, es ist ja noch Zeit.
Vier oder fünf Ortsdurchfahrten später erwischte mich ein Gullydeckel. Nicht schlimm aber mein Vorderrad war platt. Was dann folgte, erspare ich euch im Detail. Nur die Fakten. 5 mal das Rad ausgebaut. 4 mal einen neuen Schlauch eingezogen einmal geflickt. 18 km Umweg um neue Schläuche zu erstehen. Eine halbe Stunde zu spät an der ersten Kontrolle in Wertingen angelangt.
Der neu eingezogene und die zwei Ersatzschläuche waren gegenüber des Ventils perforiert. Ein Fabrikationsfehler.
Den neu gekauften, ich habe nur Mountainbike Schläuche bekommen, habe ich beim Einziehen gezwickt. Letztendlich bin ich mit einem geflickten, perforierten, weitergefahren und hatte ein ungutes Gefühl dabei.
Eine Stunde zu spät. Die letzten Mitfahrer dürften ca. 2,5 Stunden voraus sein. Gott sei Dank regnet es heute nur einmal, durchgängig. Medaille kriegst du keine mehr. Die Moral sank und war an der nächsten Kreuzung ganz am Boden. Ich war hingefallen.
Der Freilauf hatte sich verabschiedet. Gegen die Gabel geklopft haben sich die Sperrklinken dann doch wieder dran erinnert ihren Dienst aufzunehmen, aber man glaubt gar nicht, wie oft sie beim Fahren eine Gelegenheit fanden diesen auch wieder zu quittieren. Rollend, die Drehgeschwindigkeit der Kassette der des Rades angepasst, hat es meist Klick gemacht und es rastete wieder ein. Half das nichts, musste ich aus dem Pedal und mit der Ferse gegen die Gabel klopfen. Das half auch ab und zu.
Im Internet um Hilfe schreiend wurde ich tatsächlich von
@Sutrai gehört. Er teilte mir mit, wo ich in Landsberg eventuell Ersatz bekommen könnte. Um dann lapidar dranzuhängen, dass ich noch genau zwei Minuten Zeit hätte. Dann hat er mir alle mögliche Ersatzfahrzeuge unter anderem auch sein Velomobil angeboten. Sehr, sehr, sehr nett von ihm. Ungeübt, mit einem Velomobil, in die bayerischen Voralpen das erschien mir doch zu heikel. Daraufhin haben wir abgeklärt, ob er denn Werkzeug da hätte, um den Freilauf vielleicht wieder in den Griff zu bekommen. Das sah gut aus und so stand ich um 10 Uhr tropfend bei ihm im Flur. Erstmal die Klamotten Schleudern und zum Trocknen aufhängen dann ein zwei Bierchen und dem Freilauf an den Kragen. Das mit dem Freilauf wurde nichts, denn leider hatte er keine Konusschlüssel. So ließ ich haufenweise Öl reinlaufen und tatsächlich erschien die ganze Sache schon wieder deutlich funktionstüchtiger.
So um 1 Uhr bin ich dann weiter geradelt. Der Regen hat auch wieder pünktlich eingesetzt, als ich nach draußen ging. Dann durfte ich etwas Wichtiges über den Brouter lernen. Nutzt du ihn am Smartphone, kommt nur Mist dabei raus, wenn du dein Profil nicht sauber einstellst. Irgendwann stand ich mitten in der Pampa und habe einen 4 Kilometer langen aufgeweichten Feldweg geschoben um zumindest wieder eine Teerstraße unter die Räder nehmen zu können.
Der Rest der Nacht verlief ereignislos. Hat mich bislang der reine Trotz vorwärtsgetrieben, nagte es doch etwas an mir: So alleine rum radeln. Du holst nie mehr irgendjemanden ein. Gesellig ist das nicht. So bog ich in Bad Feilnbach, richtung Bad Aibling, ab um mich einfach mal 100 km vorwärts zu beamen. Die DB macht's möglich.
Plötzlich war das Wetter schön und ich traf auch wieder ganz viele Randonneure. In Wörth an der Isar hatte ich mich festgesetzt, um auf ein paar angenehme Zeitgenossen zu warten, mit denen ich weiter radeln würde. Einer davon wäre
@Sturmvogel gewesen. Also schrieb ich mal ins Forum, dass ich in Wörth an der Isar bin und ob er schon durch wäre. Prien am Chiemsee kam die einsilbige Antwort. Oh, oh, der ist auch satt aus der Zeit.
Damit es ihm nicht so geht wie mir, entschloss ich mich auf ihn zu warten. Darum habe ich mich noch ein bisschen mit meinen vorbeikommenden randonneurs Kollegen unterhalten und dann 3 Stunden aufs Ohr gehauen. Heiner war gerade beim Essen, als ich wieder am Rasthof auftauchte. Dass er eine Aufholjagd plante, ging an mir vorbei. Ich hatte schon auf touristisch umgestellt.
Wir machten uns auf, Karls Wunder schöne Strecke zu genießen. Aufgehalten von einem Eis hier, ausgedehntem Shopping dort oder einem opulenten Nachtmahl in Kelheim.
Wir genossen einfach dem unverhofften, aber nicht ungetrübten, Urlaubstag. Eine Bäckereifachverkäuferin hatte bei
@Sturmvogel Leukämie diagnostiziert. So tragisch diese Nachricht für ihn ist, war ich doch froh gesund zu sein und hoffe er findet ein gutes Labor, um das untersuchen zu lassen.
Ab Kelheim der Altmühl folgend, gings weiter nach Norden. Mein Smartphone hatte teilweise den Dienst quittiert und so musste das alles aus dem Kopf navigiert werden. Frühmorgens wollten wir uns dann doch noch ein bisschen Ablegen. Ich habe gegoogelt und Heiner 5 km Voraus ein EC-Hotel versprochen. Auf dem Bildschirm drehte sich alles und es war plötzlich 5 km hinter uns. Wir mussten weiter suchen. Was wird dann gefunden haben, war ein Traum. Hochfloriger Teppich und für jeden eine Nische. Aufgewacht bin ich wieder um 8:15 Uhr. Die Filiale war schon geöffnet. Vorsichtig spitzte ich durch die halbhohe Glaswand und erspähte ein, mit Leuten gefülltes, Großraumbüro. Da war ich schnell draußen.
Nach dem Frühstücks Picknick gab's Cafe in Eichstätt, Weißwürste in Dollnstein, Pizza in Pappenheim. Wir waren ja im Urlaub und ich genoss es
@Sturmvogel meine Heimat zu zeigen. In Graben konnten wir dann nicht ohne Neid den Einmarsch der 1000er Absolventen beobachten. Es war eine riesen Party und ich finde es sehr bemerkenswert, dass uns Heidi dies Trotz aller wiedrigen Umstände im Vorfeld ermöglichte. Vielen Dank.