Hier ein Auszug (Hauptteil
) aus dem Brevetbericht zum 600er Alpenluft+ von Audax Suisse. Den vollständigen Bericht inkl. Vorbereitung/Heimreise gibt es
hier.
Pünktlich um 20 Uhr rollt die Randonneur-Schar los.
Auf den allerersten Metern gibt es (noch) schöne Abendstimmung.
Im Schrittempo durch Stein am Rhein
Die ersten Tropfen fallen bald nachdem das südliche Rheinufer erreicht ist. Es gibt nicht viel Verkehr und so lässt sich schon einmal ein guter Zeitbuffer für die Berge aufbauen (...oder so..).
Auf dem nur wenige Km langen Bodenseeradwegstück zwischen Egnach und Arbon finden hunderte (gefühlt tausende) kleiner Insekten den Weg zum magischen Licht und so auch duch das Lüftungsloch des Gefährts und mein Bauch ist zuerst krabbelig und schwarz, dann eklig und schwarz. Ich freue mich sehnlichst auf die Dusche in Andermatt!
Als (zu spät eingesetzter) Insekten- und Zugluftschutz ist die Leuchtweste auch IM Velomobil zu etwas nütz
Notiz an mich: Ersten Kreisel in St.Margrethen das nächste Mal bei Nässe langsamer anfahren, sonst wird der Pneu-Verschleiss auf Dauer teuer.
Bei Widnau fallen mir die letzten Regentropfen ins Gesicht. Auf der Autobahnbrücke in Montlingen mache ich die erste Pause zwecks Visier- und Brillenreinigung. Denn jetzt folgen 40km auf dem Rheindamm mit (wolkenverdecktem) Vollmond(=sehr gut organisiert, Audax Suisse!). Ich geniesse die Ruhe - zwei Velofahrer und ein Fussgänger begegnen mir auf der Fahrt bis Bad Ragaz.
Zwischen Chur und Felsberg probiere ich eine neue Route (@Audax Suisse: Super, mit dem VM allerdings grenzwertig wegen Schwellen und der engen Kurve gleich nach der Rheinbrücke) und bleibe in Tamins gleich linksrheinisch: Die Rheinschlucht werde ich lichtbedingt schon nicht sehen und so entscheide ich, es sei der richtige Zeitpunkt, um einmal die Alternativroute auszuprobieren, zumal auf dem Track von
aufgerissenem Strassenbelag die Rede ist. Bergauf bin ich ca. 20' auf der Hauptachse und mache dabei 1/4 des Verkehrsaufkommens aus. BTDT: Nächstes Mal fahre ich dennoch wieder via Versam. Von wegen:
Grosse Scheidegg mit dem Velo wird auch nach diesem Wochenende nicht
BTDT sein.
Westlich von Ilanz ist nachts auf den Strassen nichts los. Bis zum Oberalppass werden es weniger als 10 Autos gewesen sein...
Irgendwo grinst mich ein leuchtender Smiley auf einer elektronischen Anzeige an, gefolgt von einer "39" - soo steil kann es da nicht bergauf gehen.
Nicht wie erwartet bei der Rheinschlucht, sondern erst bei der ersten Serpentine auf 1800 m.ü.M. überholen mich B und C. Sie fahren mit doppelter Geschwindigkeit bergauf!
Oberalppass wenige Minuten vor Sonnenaufgang. Das Aussteigen aus der wohlig-warmen(=eklig-verschwitzten) Kiste mit nacktem Oberkörper bei Aussentemperatur um den Gefrierpunkt ist ein kleiner Schock.
Blick vom Oberalppass Richtung untergehendem Vollmond - herrlich!
Nach Andermatt gehts dank Bremsschirm wie auch später durch die Schöllenenschlucht und zwischen Sustenpass und Gadmen ganz gemächlich - die paar Minuten machen auf die Distanz nicht viel aus...
In Andermatt erwartet uns der betreute Checkpoint. Zu meiner Enttäuschung ist das Lokal noch nicht offen (also keine Dusche/Warmwasserwaschgelegenheit!
). Im Van von Audax Suisse ist es immerhin wohlig warm.
"Bis zu 15 Minuten Wartezeit" sind an der Baustelle ausgangs Andermatt zu erwarten und so verlassen wir den Checkpoint zu zweit. Die Ampel schaltet gerade auf
orange blinkend und ausgangs Wassen kurble ich das Velo wieder alleine bergauf.
Sustenauffahrt, die erste Hälfte der Sustenpassauffahrt ist zum Glück noch schön schattig.
Ein paar hundert Meter schiebe ich das Velo auch. Das ist nicht wirklich langsamer und sorgt für andere Belastungszonen (Fussohlen!).
Blick zurück: Vor zwei Jahren lag auf den Leitplanken ein Hauch von Nasschnee um Mitternacht. So wie heute ist es mir deutlich lieber!
Sustenpass
Die Fahrt südlich vom Flugplatz Meiringen und nördlich von Brienzersee und Thunersee läuft trotz teilweisem Gegenwind wieder ordentlich. Bei ?Meligen? überhole ich die beiden Vordersten. Während ich den Susten hoch und am Brienzersee entlanggebummelt bin, haben sie neben dem Sustenpass auch noch die Grosse Scheidegg bezwungen. Boah!
Schallenberg
Nach(!) der BE-LU-Kantonsgrenze weht ein starker Gegenwind in der Abfahrt. Mit meinem Gefährt eigentlich ganz gemütlich (kühlt
) aber ich bemittleide die beiden Gefährten, welche ich auf dem Schallenberg bei meiner Ankunft gerade entschwinden gesehen habe.
Witzig: Beim Schreiben fällt mir die eingangs erwähnte Passage "nach Hause" auf - der Gedanke kam mir während der Fahrt gar nicht.
Der Track führt über die Veloroute 24 durchs Entlebuch. Meiner Meinung nach keine für mich gute Routenführung. Diese (MTB-, also nicht unsere Route) Radwegweisung durchs Fahrverbot spricht irgendwie auch nicht gerade für
die Entlebucher haben es verstanden.
Die Aussicht in die UNESCO Biosphäre Entlebuch
Der Kreisel in Wolhusen fährt sich seeehr schwammig: Platten vorne links. Ersatzreifen mit Ersatzschlauch montiert. Nix. Zweiten Ersatzschlauch eingesetzt. Mehr als 1 Bar geht nicht. Der nächste Veloladen (Danke für das nette Gespräch und sorry für den Gestank,
Tandem Schweiz AG . Der Ladenbesitzer kennt
@Dörbi ) ist zum Glück nicht weit und mit einer neuen Pumpe im Gepäck flitzt es sich gewohnt rasant entlang der kleinen Emme Richtung Luzern.
Luzern durchquere ich um 1700 und dementsprechend langsam.
Ersten richtig verkehrsreichen Abschnitt geschafft: Vierwaldstättersee nach Luzern
Artig bremse ich in der kleinen Abfahrt in Meggen und mache (im Stand) ein Selfie vor dem Volg - der drittletzte Checkpoint.
Gemächlich das Sihltal hinabrollend staune ich über den Velofahrer (Schutzbleche, Rohloff, ...), welcher doch erstaunlich lange in meinem Rückspiegel sichtbar bleibt.
Am Bahnhof Selnau sind wir vier Randonneure. Schon nach der zweiten Kreuzung sehe ich die anderen drei nicht mehr - passive Fahrweise, schwere Beine und ein schweres Velo sind nicht gerade ideal um innerstädtisch mit Rennvelofahrern mitzuhalten.
Irgendwo in meinem Gedächtnis ist die Erinnerung an einen
Brunnen beim ersten Gebäude links auf der Panzerpiste - tatsächlich steht der auch 15 Jahre später immer noch da
Entlang der Glatt macht einfach immer wieder Spass.
Genau dort auf dem Rheinwehr, wo ich das Velo von Hand umsetzen muss, stehen amerikanische Touristen (ob die den Rheinfall gesucht haben?).
Ein
Potschn, wie es B so schön sagt, ist der Grund, weshalb ich in Rafz die drei in Zürich zuletzt Gesehenen wieder antreffe. Eine gemeinsame Weiterfahrt ergibt sich nicht - sie sind mir zu schnell...
Schemenhaft erkennbar: Rheinfall in der Dämmerung
.
Um 22:40 bin ich wieder in Buch. So fertig nach einem Brevet war ich noch nie. Notiz an mich: Langsamer fahren, du warst 12h zu schnell!
Um das leckere Nachtessen zu essen, brauche ich gefühlt eine Ewigkeit.
Tiefschlaf.