Merselo 600km Brevet 'Mooi Nederland' Fortsetzung
Jetzt hatten wir also nach der ersten von zwei Fähren erstmal Begleitung, die uns hartnäckig verfolgte.
Die Provinz Zuid-Holland ist doch sehr dicht besiedelt, es wurde jetzt immer städtischer. In Delft erreichten wir bei Kilometerstand 268 in einem Wohngebiet eine unheimlich geheime Geheimkontrolle. Unheimlich geheim, weil, sie war im offiziellen Track als Geheimkontrolle eingezeichnet. Hier wurden wir von zwei sehr netten Menschen (die Namen sind mir komplett entfallen, und wer war eigentlich der Hausherr?) bewirtet. Es gab eine weitere niederländische Spezialität, Nasi mit kipsaté, frisch aus der Mikrowelle
, selbstgemacht war das glaube ich nicht, ich hoffe, ich tue da keinem Unrecht. Aber egal, es schmeckte jedenfalls. Da wir unserer Fährenbekanntschaft ein paar entscheidende Minuten abgenommen hatten, konnten wir uns die besten Plätze auf dem Outdoorsofa im kleinen Garten sichern. So musste der Kreislauf sich nicht groß umstellen
.
Es war schon fast 22 Uhr, als wir wieder aufbrachen, die Dämmerung setzte nun schon so langsam ein. Zur nächsten Kontrolle waren es noch 20km, auf dem Weg dorthin färbte der Himmel sich schön kitschig rosa.
Die Kontrolle bei Kilometer 288 fand in einer Kneipe statt, bevor es wieder einmal in die Dünen gehen sollte. Das haben wir uns geschenkt, und sind parallel dazu gefahren. Angeblich hausen in diesen Dünen gefährliche Kamikazekarnickel, die des Nachts gerne Velomobil-Rammspiele veranstalten. Hab ich mir jedenfalls aus glaubwürdiger Quelle so sagen lassen
Die 90 km zur nächsten Kontrolle bei km 378 in Berkhout fanden in fortschreitender Dunkelheit statt, es war wohl doch gut, die Dünen auszulassen. Irgendwo fand ein Feuerwerk statt, welches wir allerdings nur hören konnten. Zum Glück kein Gewitter! Bis jetzt hatten wir ja Glück mit dem Wetter.
Auf dem Weg galt es, die zweite Fähre über den Noordzeekanaal zu nehmen, die natürlich gerade abgelegt hatte, als wir ankamen
. Zum Glück fährt die Fähre 24h jeden Tag, so dass wir nicht allzulange warten mussten. Die Fähre war im Begriff anzulegen, als ein paar bekannte Gestalten auftauchten und überhaupt nicht warten mussten
Kurz haben wir überlegt, den Jungs mal eine echte Aufgabe zu stellen und ihre Räder von der Fähre zu schmeissen. Irgendwie muss man sich ja nachts wachhalten, dumme Gedanken und Frotzeleien untereinander können da durchaus helfen.
Weiter ging es in der Gruppe durch die Nacht, durch einen kleinen Navigationsfehler meinereinerseits habe ich sie dann verloren. Manfred hat mich zum Glück auf meinen Fehler aufmerksam gemacht. Zum Dank habe ich ihn dann bei der Aufholjagd erstmal abgehängt und dann das ganze Restbrevet nicht mehr gesehen, sorry, Manfred.
Die Autobahntankstelle in Berkhout zur 4. Kontrolle erreichten wir um 3:50 in der Frühe auf abenteuerlichen Pfaden, letztes Jahr sollen sich hier Leute mächtig langgemacht haben, da Steine in der Pflasterung fehlten. Wir haben es jedenfalls geschafft und hatten die Wahl zwischen McDonalds und Tankstelle, wir wählten die Tanke.
Zwischen uns herrschte irgendwie die stille Übereinkunft, ohne Schlafpause durchzufahren. Die einsetzende Morgendämmerung machte es wieder etwas leichter, noch 20km bis zum Houtribdijk Enkhuizen-Lelystad, der Deich trennt Ijsselmeer und Markermeer.
Auf das Stück habe ich mich besonders gefreut, leider brauten sich im Norden dunkle Wolken zusammen, der Wind wurde nun stärker und drehte auf nördlichere Richtung.
Wir haben es dann noch so gerade eben mit halbem Rückenwind vor dem Gewitter nach Lelystad geschafft, als der Himmel seine Schleusen aber sowas von öffnete, dass selbst meine beiden Velomobilisten Schutz unter einer Brücke suchen wollten.
Trotzdem war ich schon klitschdurchnass, trotz leichter Regenjacke, schön, wenn einem das Wasser in Strömen von der Jacke in den Schritt läuft
.
Zum Glück ließ der Regen bald etwas nach, um nicht auszukühlen, habe ich mir eine Regenhose über die nasse Radhose gezogen. Das war auch gut so, die ganze Fahrt durch Flevoland hat es nur geregnet.
Der Kilometerzähler lief nun schon geraume Zeit rückwärts, nach der 6. Kontrolle in Harderwijk waren 'nur' noch 140km übrig, das Ganze entwickelte sich nun immer mehr zu einer Willenssache. Der Shop in der Tanke in Harderwijk hatte um kurz nach acht noch nicht so recht geöffnet, so dass wir uns ein Frühstück aus dem Kühlregal zusammengesucht haben.
Halbwegs wieder fahrbereit kamen wir nun in die wald- und hügelreiche Veluwe, hier ist es immer wieder schön, mein Navi fand das nicht und ist erstmal am Waldrand abgestürzt. Nach dem Neustart fand es während der Fahrt im Wald nicht genügend Satelliten zur Positionsbestimmung. Mistding. Anhalten wollte ich auch nicht, zum Glück hatte ich ja zwei erfahrene Navigatoren dabei.
In der Veluwe wachsen nicht nur viele Bäume, auch die Verkehrsschilder wachsen hier wie sie wollen:
Kurz bevor wie den Waal überqueren wollten, erwischte uns eine fiese Regenfront vom selben Kaliber wie in Lelystad, Gaby flüchtete blitzartig in eine Bushaltestelle, Achim schaffte dies nicht, kippte vom Bordstein und musste leider draussen bleiben. Dafür hatte wenigstens ich noch Platz im Trockenen, zum Ausgleich bekam Achim meinen Regenhut.
Die letzten Kilometer zogen sich wie Kaugummi, bei Kilometer 566 hatte Gaby den einzigen Platten der ganzen Fahrt. Da sie mit Abstand noch am fittesten wirkte, hat sie uns erstmal fahren lassen, uns einzuholen war dann kein Problem
Den Rest der Strecke haben wir uns möglichst einfach gemacht, die Fahrt über Berg en Dal haben wir uns gespart, man kann sich denken, warum der Ort so heisst.
Um 16:10 Uhr haben wir dann nach 32:10 Stunden endlich wieder die Windmühle in Merselo erreicht, ganz schnell wollte ich mich dann doch nicht verabschieden, so dass ich Jörg erst um 17:00 Uhr wieder von der Cyclevision abgeholt habe.
Fazit:
Meinen ersten 600er hatte ich mir schwerer vorgestellt, einfach war es natürlich trotzdem nicht.
Man kann einen 600er ohne Schlaf fahren, aber nicht ohne Kaffee.
Brevetfahren macht mit zunehmender Streckenlänge süchtiger nach noch mehr.
Ein ganz dickes Dankeschön von mir geht an Gaby und Achim, die ich die ganze Zeit begleiten durfte. Das hat mir enorme Sicherheit gegeben, Danke dafür!
Den Track habe ich bei gpsies abgelegt:
KLICK
Gesamtfahrzeit in Bewegung: 26:20h, also 5:50h Standzeit, davon entfallen etwa 1:30h auf die Fährzeiten incl. Wartezeit.
Schnitt in Bewegung somit 22,8km/h
Wer noch mehr Fotos sehen möchte, ich habe ein
Album erstellt.