Gestern hatte ich keine Lust mehr, einen Bericht zu schreiben, aber tun wollte ich es doch noch, hier also kommt er
Seit Oktober '20 habe ich jetzt mein Alpha und es war von vorneherein klar, dass natürlich auch irgendwann längere Strecken bewältigt sein wollen. Bisher war die längste Strecke die ich unterm Hintern hatte knappe 80km. Jetzt sollte es bei schönem Wetter endlich dreistellig werden. Vereinen wollte ich das mit einem weiteren Plan, nämlich einer Stadtumrundung von Nürnberg. (
Hier gibt's die Route)
Damit es nicht ganz so einsam wird, hab ich meine Absicht vorher im passenden regionalen Unterforum kundgetan und siehe da, es haben sich gleich 3 potentielle streckenweise Mitfahrer gefunden, von denen einer leider kurzfristig dann doch nicht konnte.
Frohen Mutes bin ich also gestern früh wie üblich um 7 aufgestanden (später ist nicht, wer kleine Kinder hat wird wissen warum
) und habe ganz genüsslich gefrühstückt, einfach Müsli und Kaffee, nix besonderes. Auch um die Verpflegung habe ich mir keine besonderen Gedanken gemacht, eine Banane eingepackt, ein paar Müsli-Riegel in die Tasche geschmissen, das müsste reichen. Ach ja, ein kleines Döschen mit Cashew-Cranberry-Mix auch noch.
Und damit es auch keine Flüssigkeits-Probleme gibt, statt der Trinkflasche diesmal die 3l-Trinkblase mitgenommen. Dafür will ich mir ja irgendwann noch ne Tasche basteln um die hinten an den Sitz zu befestigen, aber jetzt musste sie erst mal einfach hinten neben dem Radkasten liegen. Trinkschlauch schnell noch mit Klettflausch versehen, so dass ich den links neben mir an die Seitenwand pappen kann und net immer danach grabbeln muss.
Gewartet hatte ich das VM einen Tag vorher schon, dabei festgestellt dass eine Speiche am linken Vorderrad gerissen ist. Davon wollte ich mich aber dann doch nicht von der Fahrt abhalten lassen, also nur kontrolliert, ob das Rad keinen erkennbaren Schlag hat, ein paar Speichen dafür minimal nachgezogen und nochmal Luft nachgefüllt (der Unterschied zwischen 5 Bar und 7,5 Bar Druck hat sich dann auch deutlich bemerkbar gemacht).
Um ca. 9 Uhr bin ich dann los. Kurzer Blick aufs Thermometer: Knapp über 3 Grad. Testweise bin ich ohne Schaumdeckel los, hat auch gut gepasst, trotz nur kurzer Klamotten. Egal in welche Richtung ich losfahre, es geht immer erst mal bergab, das ist schön
3 Minuten später und 60hm tiefer dann der Schwenk nach Osten, der Sonne entgegen. Ganz gemütlich hab ich mich dann wieder 70 Meter hochgekurbelt in den nächsten Minuten, immer drauf bedacht maximal auf 200W zu kommen, damit ich nicht jetzt schon zu viel Energie verschwende.
Oben angekommen wurde ich dann mit schönstem Wetter und einer wunderbaren Rundumsicht belohnt. Dafür fahre ich dort immer wieder gerne hoch (auch der einzelne Baum dort steht da einfach wirklich malerisch):
Als nächstes ging es wieder runter nach Rasch, nur damit es danach gleich wieder rauf geht nach Altdorf. Auch hier wieder schön gemütlich, aber es war zum Glück auch wenig Verkehr, auf der Straße Richtung Altdorf wurde ich genau einmal von einem Auto überholt (Werktags sind es gerne auch mal über 100...).
Durch die Innenstadt von Altdorf ging es weiter (da können die Leut dann immer schön gucken, was da vorbei fährt), danach hieß es dann für einige Kilometer erst mal: abwärts, bis nach Lauf an der Pegnitz. Da lacht das VM-Fahrer-Herz
An dieser Stelle bin ich der Empfehlung von
@Nemberch nicht gefolgt, statt durch Altdorf weiter östlich zu fahren, das hätte nämlich nochmal einen saftigen Anstieg mit über 100hm extra bedeutet. Auch wenn dann eine sehr schöne Abfahrt folgt, die Energie wollte ich mir lieber sparen.
Hinter Lauf ging es dann aus dem Pegnitz-Tal wieder raus Richtung Simonshofen (auch das eine Empfehlung von
@Nemberch die sich definitiv gelohnt hat). Wunderschöne Landschaft, weiter Blick, volle Sonne, immer ein bisschen rauf und runter. Davor aber, um aus dem Tal zu kommen, ging es nach Kuhnhof doch etwas steiler rauf. Erst mit 4-5%, am Ende dann eher 9% Steigung. Da war nix mehr mit Energie sparen, über 300W mussten auf die Pedale damit es weitergeht.
Oben aber wieder wunderschöner Ausblick und ein paar Hopfenfelder:
Ca. bei Kilometer 40 dann noch ein Anstieg hoch zum Ochsenkopf. Die letzten paar Meter 2-stellige Prozente, aber wirklich nur für knapp 50 Meter. Wenn man weiß, dass es danach wieder längere Zeit bergab geht, ist das auch nicht so schlimm. Über Tauchersreuth konnte ich es also wieder rollen lassen, was ich auch getan hab. Weiter ging es hin zum Ort, in dem die kleinen schlauen Leute wohnen:
Dem Nachbarort Großgeschaidt folgt dann noch das Dörfchen mit dem lieblichen Namen Käswasser und kurz darauf Kalchreuth. So langsam wurden auch die Straßen und Wege voller, beim Sportgelände in Kalchreuth waren die Parkplätze voll mit Autos von Wanderern.
Dort habe ich dann eine erste Rast eingelegt, um die Banane zu vernichten und auch um
@Freshman Bescheid zu geben, der dann in wenigen Kilometern dazustoßen wollte. 2 Stunden waren gefahren zu dem Zeitpunkt und 47km. Ich fühlte mich frisch und gut und war sehr zuversichtlich, dass ich heute keine Probleme mit der langen Strecke bekommen würde.
Aber erst mal ging es weiter runter, eine wunderschöne Abfahrt, nur rollen lassen weil ich so schnell eh nicht mehr hätte treten können. Auf dem Radweg kämpften sich zahllose Rennradler bergab, ich hatte auf der Straße in Gegenrichtung glaube ich mehr Freude
Im Regnitz-Tal bzw. eher der Regnitz-Ebene unten angekommen, habe ich in Neunhof gleich mal ein paar wenige Extra-Meter gemacht, weil ich nicht so auf's Navi geachtet habe. Erst zu spät rechts ab und dann nicht geglaubt, dass ich in eine Sackgasse rein muss. Die ging aber am Ende für Fußgänger und Radler weiter. Was solls, waren vielleich 300 Extra-Meter und ein bisschen rangieren (Rollstuhlfahrergriff).
Wenig später dann ca. bei Kilometer 60 in Mannhof angekommen und
@Freshman getroffen. Nach kurzer Begrüßung ging es dann gleich weiter. Ganz gemütlich, damit man sich auch ein bisschen unterhalten kann, ein bisschen bergauf, ein bisschen bergab über Obermichelbach, Veitsbronn und Seukendorf, bevor es dann wieder anstrengend werden sollte.
Bei der Planung der Route war mir schon klar, dass es in Cadolzburg anstrengend werden würde, aber ich hatte auch keine schöne Route anderswo gefunden. Burg heißt meistens auch Berg und dem ist auch hier so. Schön geradeaus geht es erst mal nach oben, bis zu 11% hat mir mein Garmin angezeigt. Watt-Zahlen und Puls gingen rauf, aber irgendwann ist man halt oben.
Belohnt wurden wir dann mit einer schönen langen Abfahrt. Langgezogene Kurven, gut zu fahren, was will man mehr. Hat dann auch gleich mal zwei KOMs in Strava eingebracht
Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich mein linkes Vorderrad bzw. die gerissene Speiche bemerkbar macht mit einer leichten Unwucht. Da wir kurz darauf vor Buttendorf einen kleinen Halt gemacht haben, hab ich mal kontrolliert und ja, ein minimaler Seitenschlag war an der Stelle zu bemerken. Aber so minimal, dass ich mich nicht genötigt war, irgendwie an der Speichenspannung zu arbeiten um das raus zu bekommen, nicht unterwegs. Inzwischen waren 82km gefahren und knapp dreieinhalb Stunden vergangen. Ich fühlte mich immer noch gut, keine Anzeichen größerer Erschöpfung und war mir nun ziemlich sicher, dass ich auch gut nach Hause komme.
Kurz darauf dann der vorletzte "größere" Anstieg, durch Roßtal hoch, nochmal insgesamt knapp 80hm. Auch hier wieder 6-7%, für mich der Grenzwert bis zu dem ich mit 60/52 noch halbwegs entspannt hochkurbeln kann. 4-5% wäre mir lieber gewesen
Am Ortsausgang von Roßtal wartete dann schon
@labella-baron auf uns, der uns dann bis nach Mühlhof begleiten wollte.
Und es ging auch erst mal wieder bergab, die nächsten 13km viel Rollen lassen und mit wenig Kraft treten.
An Regelsbach und Zwieselbach entlang bis nach Wolkersdorf, wo wir uns dann von
@Freshman verabschiedet haben.
@labella-baron hat das aber nicht gleich so ganz mitbekommen, da im Evo mit Haube unterwegs
Ab Wolkersdorf hab ich dann
@labella-baron voraus fahren lassen, da er sich dort im Gegensatz zu mir auskennt und so sind wir dann bei etwa Kilometer 102 an der Radrennbahn Reichelsdorfer Keller angekommen. Irgendwie hab ich es leider verdaddelt mit den Fotos, ich dachte ich hätte noch mehr gemacht.
Nach einem Plausch über die Rennbahn, Gedanken zur Aerodynamik und der Idee, dass wir uns mal an der Staumauer vom Brombachsee treffen, um Ideen zum Vortrieb bei Seitenwind dort auch in der Praxis mal zu testen, teilten sich dann hier unsere Wege und ich nahm die letzten Kilometer nach Hause in Angriff.
Nach Hause von Nürnberg aus heißt immer auch: es geht eigentlich nur noch bergauf. Zum Glück die ersten Kilometer kaum merklich und zunächst musste ich auch durch das wenig malerische Katzwang durch. Hätte sich bei anderer Routenführung vermeiden lassen, aber ich wollte nunmal wenigstens einmal an der Radrennbahn gewesen sein, wer weiß wie lange die noch steht.
Über die Dörfer ging es dann wieder in Gebiete, mit denen ich vertrauter bin und ab Ochenbruck dann wieder auf die Strecke, die auch mein Arbeitsweg wäre, wenn ich denn mal wieder zur Arbeit dürfte (Home-Office jetzt seit November). Dort stellte sich mir dann die Frage: auf dem kürzesten Weg heim, aber wieder mit 5-7% durch Mimberg, oder doch den längeren, aber angenehmeren Weg mit einer Schleife und dann hintenrum von Ezelsdorf aus nach Burgthann hinein. Den Beinen ging es gut, die Motivation war noch da, also den längeren Weg gewählt.
Und 14km später war ich dann nach 142km und insgesamt 6:46h wieder daheim. Durchaus erschöpft, aber aus Sicht des Folge-Tages kann ich sagen: meine Beine spüre ich heute kaum und blicke daher absolut optimistisch Richtung Sommer, was Mehr-Tages-Touren auch mit über 150km am Tag angeht (wenn nicht zu viele Höhenmeter dabei sind
).
Zum Schluss noch die harten
Strava-Fakten:
Gesamtstrecke: 142,42 Kilometer (der Anhalter lässt grüßen
)
Netto-Zeit: 5:33h
Brutto-Zeit: 6:46h
Schnitt in Bewegung: 25,7 km/h
Höhenmeter: 1.132
durchschnittliche Leistung (NP): 171W