Immer wieder klasse der Moment, wenn man feststellt, dass 100 km mit dem CHR nur
Halbtagestour darstellt.
Das machte Lust auf etwas Längeres. Vorletztes Wochenende fuhr ich dann mal 190 km und merkte am Ende, dass ich immer noch nicht ganz ausgelastet war.
Ich hatte aber auch kleinere Probleme, bspw. drückte die Sitzvorderkante nach ca. 150 km unangenehm.
Mir schwebte schon länger mal eine große Ostrunde vor: von Berlin an die Oder, ein gutes Stück der Oder folgen und wieder zurück nach Berlin. Eine kleine Inspiration war auch dieser
Bericht eines Langstrecken-Rennradlers. 300 km sollten es zwar nicht werden, doch ich konnte mir gut vorstellen auf die 190 nochmal 50-60 km draufzulegen. Damit es eine halbwegs runde Zahl wird also 250.
Los ging es Sonntag morgens um kurz vor 8 Uhr an der Haustür in Berlin-Prenzlauer Berg. Da sitzen die meisten noch beim Frühstück, somit sind die Berliner Straßen noch relativ ruhig. Erster Zwischenstopp nach nur 23 km in Berlin-Friedrichshagen, lange Frühstückspause bei der Verwandschaft.
Weiter ging es über Erkner, Karutzhöhe dem Spreeradweg folgend, Richtung Fürstenwalde. Angenehm ruhiger, abwechslungsreicher Abschnitt mit größtenteils gutem Asphalt. Kurz vor Fürstenwalde und auch durch den halben Ort durch dann leider sehr welliger Asphalt (smoothness "intermediate" für die OSM Nerds). Ich hatte gehofft dass wenigstens die Hauptstraßen etwas besser sind, aber Fehlanzeige. Alles südlich der Spree scheint holperig zu sein.
Nach Fürstenwalde war der Plan dem groben Verlauf des Oderbruchbahnradwegs zu folgen, aber einige holprige, teilweise mit undurchfahrbaren Drängelgittern versehene Abschnitte auf Landstraßen zu umfahren. Zudem ist der Radweg auch noch mit Bio-Hazards
gespickt:
Die L- und K-Straßen über Steinhöfel - Hasenfelde - Arensdorf haben erstaunlich guten Asphalt, nur geringen Verkehr und bedeuten auch nur 2 km Umweg im Vergleich zum Bahnradweg. Der kurze Abschnitt "paving stones" auf dem Bahnradweg zwischen Arensdorf und Falkenhagen stört noch ein bisschen, lohnt aber nicht zu umfahren.
Der Abschnitt Falkenhagen - Döbberin - Niederjesar gehört mit zu den schönsten Strecken, die ich in der Umgebung von Berlin kenne. Vergleichbar mit einigen schönen Uckermark Abschnitten. Sehr ruhige, gut asphaltierte kleine Straßen, verträumte Ortschaften, leicht hügelig, sanfte Kurven, schöne Ausblicke über die Landschaft.
Schönfließ - Lebus wird gerade ein neuer Radweg an der B167 gebaut. Aufgrund der Baustellen auch auf der Fahrbahn muss man momentan noch ein paar kurze Gravel-Einlagen in Kauf nehmen. Umfahren lohnt aber nicht.
In Lebus hatte ich nach knapp über 100 km das Gefühl, noch "gar nichts" geleistet zu haben - ein gutes Zeichen. Lag sicher zum einen an der abwechslungsreichen Landschaft, aber auch dass ich mit nur wenig Pedaldruck und sehr gleichmäßig gefahren bin.
Auf dem Oder-Neiße Radweg ging es weiter bis Kienitz, wo eine größere Pause zum Wasserauffüllen und Kuchenessen geplant war. Wenn man "nur" noch 100 km Reststrecke hat, kann man ja mal eine Pause einlegen.
Es scheint psychologisch wirklich hilfreich zu sein, die "Mittelpause" hinter die Streckenhälfte zu verschieben, denn nach Kienitz rollte es wieder so gut, dass ich mich echt zügeln musste. Also Smartphone-Display mal ausnahmsweise eingeschaltet und eine Weile die Wattanzeige im Auge behalten.
Die Oder verließ ich dann bei Neuglietzen Richtung Bad Freienwalde. Jetzt lag noch ein unbekannter Abschnitt vor mir, bis ich bei Hohenfinow wieder auf altbekannte Strecke treffen würde.
Die B158 Umfahrung über Gabow war so einigermaßen brauchbar. Mittelprächtiger Asphalt und einige längere "paving stone" Abschnitte. In Schiffmühle wurde mir klar, dass das trotzdem die bessere Wahl war, denn Blechdosen im Sekundentakt auf der B-Straße musste ich mir so nicht antun.
Bis Bad Freienwalde führt dann glücklicherweise ein brauchbarer straßenbegleitender Radweg.
Von Bad Freienwalde bis Hohenfinow gibt es leider keine Alternative zur B-Straße, die aber dort deutlich weniger Verkehr aufwies. Nicht so wenig, dass es wirklich Spaß macht, aber überlebbar. Die Dosentreiber waren auch ausnahmslos geduldig während sie an den kurvigen Steigungen hinter mir her schleichen mussten.
Der Rest der Strecke war dann "Heimspiel" und spulte sich auch gut ab, von den "smoothness=intermediate" Abschnitten einmal abgesehen.
Größere physische Probleme hatte ich keine, außer einen üblen Oberschenkelkrampf beim Ampelstopp in Bernau.
Ging dann beim Fahren aber schnell wieder weg.
Das Gefühl, aus eigener Kraft wieder am Startpunkt anzukommen und die eigenen Grenzen wieder etwas verschoben zu haben, ist durch nichts zu ersetzen. Hätte auch nicht gedacht, dass die Steigerung so schnell möglich sein würde (die ganze Saison nur kurze Feierabendrunden von 1-2 h und in den letzten paar Wochen 3 Halbtagestouren bis 120 km, sowie 1x 190 km gefahren).
Sunday 20. September 2020 12:14:29, ↔ 253.38 km, ↑ 507 m, → 28.10 km/h, ⚡ 118 W, Cycling
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