Eigentlich bin ich ja zu faul, was zu schreiben. Aber andererseits will ich doch auch ein bisschen meinen Stolz über das Geschaffte nach außen tragen, das selber auf die Schulter klopfen wird langweilig
Wie dem auch sei, nachdem meine letzten Bestrebungen in Richtung einer längeren Fahrt aus unterschiedlichen Gründen nicht von Erfolg gekrönt waren, hat es diesmal geklappt. Und es war zum Teil eine Qual! Aber ich hab's geschafft. Letztlich hatte ich auch keine Wahl, denn ich hatte mir vorgenommen, zum Urlaub mit der Familie im Westerwald mit dem VM anzureisen.
Einfache Strecke sagte mir BRouter läge je nachdem zwischen 370 und 400+ Kilometern. Zu viel für mich, um es an einem Stück abzureißen, wollte ja danach noch was vom Urlaub haben und mich nicht nur erholen müssen.
Die Planung hat sich eine ganze Weile hingezogen, da ich mich schon seit dem Frühjahr mit dem Gedanken getragen hatte. Und bereits vor einigen Wochen hatte
@24kmh_sammler schon angeboten, bei ihm in Frankfurt zu nächtigen. Auch bei der kurzfristigen Nachfrage vorletzte Woche war das Gästezimmer noch frei, also war für den Hinweg die Etappen-Planung schon mal halbwegs geklärt. Natürlich hat er mir dann auch den ein oder anderen Tipp zur Routenwahl gegeben. Davor hatte ich zunächst nämlich den größten Respekt, dass ich mir irgendwelche bescheidenen Routen zusammenklickere.
Für den Rückweg wollte ich dann auf einem Campingplatz zelten, einfach um des Abenteuergedankens willen (so halbwegs zumindest).
Los ging es dann am 30. Juli, den Tag davor hatte ich mir auch schon Urlaub genommen, um alles vorzubereiten und auch meine Frau mit den Reise-Vorbereitungen mit den Kindern nicht ganz allein zu lassen, sie musste schließlich am Tag drauf dann alles weitere alleine machen.
Für die Fahrt Richtung Frankfurt standen für mich stolze 280km auf dem Programm, bislang war meine längste Strecke am Stück 150km. Also volles Risiko, niemand der mich abholen würde und wenn's net klappt ist auch noch der Familienurlaub versaut. Andererseits vielleicht genau die Motivation, es eben durchzuziehen.
Im Detail kann ich mich inzwischen sowieso nicht mehr an alles erinnern, daher in Kürze:
ich hab's geschafft, bin gut durch- und angekommen, aber es war für mich definitiv ein Brevet im wahrsten Sinne des Wortes, eine Prüfung für Leib und Hirn. Die Einschränkungen bei der Streckenplanung in Bezug auf Zeit und Ziel haben dazu geführt, dass ich Strecken gefahren bin, die ich vermutlich so sonst nicht gefahren wäre. Insbesondere Steigungen, ich stelle fest die mag ich einfach nicht so gern
. Insbesondere auf so langen Strecken. Vielleicht war es aber auch dem selbstgewählten Druck geschuldet, ankommen zu müssen und ich wäre sonst entspannter gefahren.
Auf der 1. Etappe der Hinfahrt war auch etwas viel Sonne im Spiel, ich war nicht eingecremt, ich denke das wird etwas mit beigetragen haben.
Auf jeden Fall war ich sehr froh, als ich dann am Ende des Tages bei
@24kmh_sammler vor der Tür stand und nach einer Dusche bei einem gemeinsamen Abendessen und netter Unterhaltung entspannen und die müden Glieder ausruhen konnte. Auch hier nochmal vielen Dank für die nette Gastfreundschaft, hab ich sehr genossen!
Der 2. Tag der Hinfahrt war dann zumindest kürzer, es waren keine 100km mehr bis zum Ziel. Dafür musste ich noch über den Taunus und bei Limburg den Elzer Berg hoch. Die Fahrt den Taunus hinauf über Hofheim und Eppstein war auf jeden Fall sehr schön. Anfangs nur sehr moderate Steigung und landschaftlich einfach nur schön. Auch nicht zu viel Verkehr, so dass ich es wirklich genießen konnte. Runterwärts über Bad Camberg ging ebenfalls, keine genervten Autofahrer, obwohl es mehr Verkehr und weniger Gelegenheiten zum Überholen gab. In Bad Camberg dann noch schnell nen Corona-Test gemacht, damit ich am Ziel auch einchecken darf und dann weiter Richtung Limburg. Kurz vorher dann noch eine fiese Steigung von 13% die sich unerwartet nach einer Kurve auftat. Und der Anstieg am Elzer Berg zog sich. Von Aull Richtung Hambach noch sehr angenehm, Radweg neben der Straße mit sehr gutem Asphalt, wenig Steigung. Nach Hambach hab ich dann aber den falschen Abzweig gewählt und es wurde nochmal kurz zweistellig bei den Prozenten. Nach etwas über 200hm Anstieg war ich dann "übern Berg" und konnte bis zum Schluss rollen lassen. Beim Zieleinlauf gab's dann auch Applaus von begeisterten Kindern
Für die Rückfahrt eine Woche später hatte ich eine etwas längere Strecke gewählt, um die Höhenmeter besser verteilen zu können. Statt quer von Miltenberg nach Tauberbischofsheim zu fahren, ging es am Main entlang über Wertheim. Wirklich schade, dass ich keine Zeit hatte für mehr Halte, denn es gab so einige Orte, bei denen sich eine Pause mit ein bisschen Sightseeing gelohnt hätte. Ab dort ging es dann wieder durchs Taubertal, diesmal aber aufwärts.
An Main und Tauber entlang hab ich jedoch manchmal das Kotzen gekriegt. Immer wieder Orte, wo man nicht flach am Fluss lang konnte, sondern hoch in den Ort rein, dann wieder raus, aber ohne wirklich Schwung zu bekommen. Das machte sich auch langsam bei meiner Energie bemerkbar. So richtig Spaß hatte ich nicht mehr beim Fahren, ich wollte nur noch ankommen. Das hab ich nach 257km dann auch geschafft und bin am Zeltplatz angekommen. Nach dem Check-In dann das Zelt aufgebaut, ein paar Fragen der neugierigen Jungs auf dem Zeltplatz beantwortet und dann ab in die nächste Gastwirtschaft. Viel Auswahl gab es nicht, Schnitzel in einigen Variationen, aber vor allem die kalte Apfelschorle tat unglaublich gut. Wieder im Zelt war ich dann auch schnell eingeschlafen und hab fast durchgeschlafen bis früh um halb sieben.
Der 2. Tag der Rückfahrt war leider nicht so kurz wie bei der Hinfahrt und ich hatte eine Deadline: Um 16 Uhr Termin für die 2. Corona-Impfung. Also um halb sieben aufgestanden, Zelt zusammengepackt und dann um kurz nach sieben los. Im nächsten Ort hatte zum Glück die Bäckerei offen (hatte ich vorab nachgeschaut), so dass ich mich noch mit Gebäck für die Reise versorgen konnte.
Zwar waren mit Elzer Berg und Taunus zwei Anstiege schon am Vortag geschafft, aber ich musste ja noch aus dem Taubertal raus. Und das zog sich...
Die ersten Kilometer ging es ja noch an der Tauber entlang etwas flacher, aber kurz hinter Bieberehren dann nur noch bergauf. Gar nicht mal steil, aber ich merkte noch den letzten Tag in den Beinen und hatte so gar keine Lust aufs mühsame Klettern. Vor allem weil ich schon wusste, dass es ganz zum Schluss nochmal eine Steigung mit knapp über 10% gab
Dafür war es danach wieder eine Strecke wie für VM gemacht. Leicht bergab zunächst zur fränkischen Rezat hin und dann längs dieser minimal abwärts über Ansbach (beschissene Ortsdurchfahrt) bis nach Windsberg.
Die letzten Kilometer verliefen unspektakulär, ich freute mich dass das Ziel immer näher kam und hab mir kurz vorm Ziel dann noch ein Rennen mit zwei Rennradlern geliefert. Von Harrlach nach Pyrbaum rauf war ich mit Vorsprung gestartet, oben hatten sie mich dann überholt. Danach gings wieder eben bis leicht bergab und irgendwoher hatte ich doch noch die Kraft, ihnen zu zeigen was ein VM kann. Auch nach knapp 400km in zwei Tagen, mit Gepäck beladen und einem erschöpften Fahrer
Angekommen bin ich dann ziemlich pünktlich um 14 Uhr, das Impfen ging dann auch klaglos über die Bühne und aktuell spüre ich nur minimale Nebenwirkungen.
Würde ich so etwas wieder machen? Vielleicht nicht unter genau den Konstellationen (Zeitdruck und daher eingeschränkt flexibel bei der Strecke)
Werde ich wieder Strecken über 200km fahren? Bestimmt, aber eher selten. Kürzere Fahrten in der Freizeit von 70 bis 130km machen einfach mehr Spass. Insbesondere weil man ohne Zeltgepäck deutlich leichter unterwegs ist.
Für die Zukunft würde ich auf jeden Fall versuchen, mit weniger Gepäck auszukommen. Eher nicht mit Zelt, sondern Unterkunft in Jugendherbergen, bei Velomobilisten etc.
Die "paar" Kilo extra haben sich doch schon deutlich bemerkbar gemacht. Nach dem Ausladen das VM an der Rangieröse anheben und das Heck geht wie von allein in die Luft, da merkt man dann erst wieder, wie schwer es vorher war.
Alles in allem bin ich, wie schon eingangs geschrieben, stolz dass ich es geschafft habe. Auch wenn andere vielleicht mehr fahren (ich schiel mal in Richtung der Hexen-Teilnehmenden), für mich war es viel und man soll sich ja nicht mit anderen vergleichen, nur mit sich selbst
Und vor allem ist es deutlich mehr, als ich jemals mit einem "normalen" Fahrrad geschafft hätte, zumindest an einem Tag.
Und jetzt geh ich mit einem Bier auf die Terrasse und kuschel noch aweng mit dem Kater, der sich auch freut dass wir wieder da sind