Baubeschreibung eines direkt frontgetriebenen Carbonliegerades

Tolle Baubeschreibung!

Kannst du bitte noch Infos
zu dem verwendeten Kohlegewebe
(Gewicht, Webart, Anzahl der Lagen) geben?

Herzlichen Dank!
 
Ich hatte Carbongewebe und Carbonrowings eingesetzt und zwar nach Gefühl. Ich liefere Fotos des Materials nach (bin zu Zeit im Urlaub). Das Gewebe stammt aus einer oben angesprochenen Restepackung. Es ist sicherlich viel besser, sich hier an erfahrene Carbonbauer zu wenden. Mein Rad ist ein gut funktionierender Prototyp.
Ich habe mindestens drei Lagen verwendet, an manchen Stellen auch fünf und an speziellen Stellen auch mehr (bspw. Sitzbefestigung, Schwingenaufnahme, Verbindung an den vorderen Ausfallenden). Das ist halt irgendwie auch Risiko. Nimmt man mehr Lagen, dann wird es stabiler und schwerer.
 
Dein Rad sieht toll aus, schön von Dir hier zu lesen. Wie ist das Gewicht ohne Koffer?
Jan, der Mainzer Flevo-Fahrer
 
Hallo Jan, Du bist also auch im Velomobilforum unterwegs - schön.
12 kg, aber evtl. kriege ich einen leichten, kaputten Carbonsitz zum reparieren.
 
Leider habe ich ein Problem:
IMG_20191027_120702.jpg IMG_20191027_120712.jpg
Meine beiden Kettenstreben sind gebrochen. Sie sind an Stellen gebrochen, an denen ich keine Hand angelegt hatte. Es wäre schlau gewesen auch diesen Bereichen ca. 2 Lagen Carbon zu spendieren.

Auslöser war Folgendes:

IMG_20191027_120733.jpg
Die Verbindung zwischen Vorbau und Sitzrohr mit Hilfe eines Stücks Carbonsattelstütze hat sich im Aluminiumvorbau gelöst. Als ich dann über einen Bordstein gehoppelt bin, hat es unangenehm "crcks" gemacht.

Ich werde mich also mit der Reperatur und der Stabilsierung beschäftigen. Die Verbindung zwischen Sattelstütze und Vorbau ist mir nicht wirklich gut gelungen, wie man dem Bild entnehmen kann.

IMG_20191027_124421.jpg

Leider kann ich die Sattelstütze kaum aus dem Sattelrohr rauskriegen, weil sie dort ziemlich gut verklebt ist und bombenfest hält. Ich habe deshalb nur die ca. 20 mm Überlappung zum Verkleben im Vorbau, die mir bereits jetzt zur Verfügung stehen.

Über Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.
 
Und hier noch ein Blick auf eine Sollbruchstelle:
IMG_20191027_153643.jpg

Im großen oberen Loch wackelte eine Kunsstoffmutter herum und der Bowdenzuggegenhalter hielt eigentlich nur an der unteren Schraube.
 
Kannst Du die Aluteile nicht komplett durch Carbon ersetzen? Ich schlage vor, Du machst Dir ein dünnes U-Profil aus 1-2 Lagen Gewebe mit dem Innenmaß für die Lasche am Gabelschaft. Dieses klebst Du an ein Carbonrohr, das hoffentlich noch von dem alten Rahmen übrig ist. Sonst wickelst Du das selbst auf einem passenden Kern. Das Rohr klebst Du auf den Stützenrest und richtest die Teile gerade aus. Wenn's ausgehärtet ist, alles überschleifen für schöne Übergänge und ein paar Lagen Gewebe auf das ganze Gebilde laminieren. Bei dem U-Profil kannst Du vorher noch Lagen auflaminieren, bis Du bei 2,5-3mm Wandstärke bist. Damit ergibt sich dann auch ein belastbarer Übergang zum Rohr.
Wenn das obere Rohr damit stabilisiert ist, braucht es am Ausfallende nur etwas Reparatur, viel stärker muß die Stelle nicht sein. Ich habe zwischen Ausfallende und Kettenstrebe nur je eine Kettenblattschraube pro Seite.
 
@panicmechanic vielen Dank, das klingt gut. Es hat halt so schön gepasst und war einfach. Aber die Klebeverbindung mit Aluminium ist nicht ideal und die Zugbelastung auf der Verbindungsstelle sehr hoch.
Vielleicht habe ich noch ein passendes Rohrstück - von meinem Originalrahmen jedenfalls nicht, denn das Sattelrohr ist fast ungekürzt eingebaut.
 
Also habe ich mich an die Arbeit gemacht und den Rat von @panicmechanic befolgt.
IMG_20191029_061027.jpg IMG_20191029_061044.jpg
Aus Styrodur habe ich eine Form erstellt und eingepasst (kein passendes Rohrstück gefunden). Später wird sie wieder rausbohrt.
IMG_20191029_172622.jpg
Morgen werden wir sehen, wie die ersten beiden Lagen geworden sind und ob alles passt.
 
Es ist doch einiges an Arbeit.IMG_20191030_191357.jpg
Nach dem 2. Laminieren oben dem ersten Laminieren unten.
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Unten ausgepackt nachdem ich jeweils 4 Lagen Gewebe verarbeitet habe. Zunachst zwei Lagen schmal über den Rissen und dann zwei breitere Lagen.
IMG_20191031_064442.jpg
Oben ist da Material jetzt etwa 1,5 mm stark und alles passt sehr gut und sieht stabil aus. Reicht das?
 
Blöde Frage: weshalb verpackst die Teile derart? Injektionsverfahren kann das nicht sein...

Mich würde auch interessieren, ob du: Systementlüfter, Deckschichtsystem mit UV-Schutz oder ähnliches verwendest?

Dann hattes du etwas vom Nachhärteprozess geschrieben. Gibt HP-Textiles (deren Epoxi-System du im Einsatz hast) dazu genauere Infos? D.h. Dauer / Temp. / was bringts?

Vielen Dank in voraus
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben ist da Material jetzt etwa 1,5 mm stark und alles passt sehr gut und sieht stabil aus. Reicht das?
Hm, bei Dir muß die Stelle ja die gesamte Tretkraft aufnehmen und an den Gabelschaft weiterleiten, im Gegensatz zu einem Rad mit durchgehender Verbindung vom Tretlager zum Lenker. Vom Gefühl her (mehr habe ich da auch nicht zur Verfügung) muß da deutlich mehr Material drauf. Ansonsten sieht es gut aus.
 
@panicmechanic danke für die Einschätzung. Ich richte mich gerne nach Deinem Urteil und werde nochmal fleißig aufdoppeln. Das Schwierigste ist eh geschafft und ich bin auch zufrieden.

@alex123 danke für den Tipp, aber ich perforiere immer billiges Isolierband mit einer Nadel und klebe es verkehrt herum auf. Es klappt ganz gut. Zuvor lege ich Abreißgewebe auf, falls es nicht die letzte Lage ist. Da kann man sich einiges an Schleifarbeit sparen.

@indicator blöde Fragen gibt es nicht! Der gelbe Sack schützt vor Epoxykleckerei und das Isolierband dient dem Verdichten und Austreiben überflüssigen Epoxys.
Nein ich benutze bisher nichts gegen UV-Strahlung. Schön wird es, wenn ich nach dem letzten Anschliff noch eine dünne Schicht Epoxy auftrage. Vielleicht ist es besser, zu lackieren.
An anderer Stelle habe ich meinen provisorischen Temperofen beschrieben (den ich mir natürlich nicht selbst ausgedacht habe), der allerdings wegen einer moglichen Brandgefahr kontrovers diskutiert wird. Ich benutze ihn trotzdem, halt lieber draußen und nicht im Keller. Ich schicke den Link gleich.
[DOUBLEPOST=1572541974][/DOUBLEPOST]@alex123 und hier ist der Link auf den Temperofen und die anschließende Diskussion:
https://www.velomobilforum.de/forum/index.php?threads/mbb-selber-bauen.54041/page-4#post-1076113
 
So, das Rad kann wieder zusammengebaut werden.
IMG_20191103_080506.jpg IMG_20191103_080535.jpg

@panicmechanic oben habe ich jetzt fast 3 mm Wandstärke und alles macht einen sehr stabilen Eindruck. Danke für Deine Anregungen.

@indicator noch eine kurze Beschreibung zum Tempern. Hier siehst Du die einen Ausschnitt aus der Bedienungsanleitung des von mir verwendeten Epoxys (HP-E56L):
IMG_20191102_074639.jpg

Ich habe den beschriebenen Temperzyklus (5 h bei 60 und 6 h bei 80 Grad Celsius) mit dickeren, besser dämmenden Styropor- und Styrodurplatten und einer Beheizung mit eine 60 W Glühlampe (ca. 60 Grad Celsius) und anschließend einer 100 W Glühlampe (80 Grad Celsius) hinbekommen. Damit es bei der 100 W Lampe nicht zu heiß wurde, musste ich mit einem kleinen Luftspalt rumprobieren.
IMG_20191102_042804.jpg IMG_20191102_042752.jpg
So genau habe ich noch nie getempert und es ist eine direkt spürbare Festigkeitssteierung eingetreten.
Es gibt bei Conrad.de übrigens für 10 Euro ein Thermostat, mit dem die Temperatur leicht geregelt werden könnte. Ich war jedoch zu ungeduldig.
[DOUBLEPOST=1572791640][/DOUBLEPOST]So, das Rad kann wieder zusammengebaut werden.
IMG_20191103_080506.jpg IMG_20191103_080535.jpg

@panicmechanic oben habe ich jetzt fast 3 mm Wandstärke und alles macht einen sehr stabilen Eindruck. Danke für Deine Anregungen.

@indicator noch eine kurze Beschreibung zum Tempern. Hier siehst Du die einen Ausschnitt aus der Bedienungsanleitung des von mir verwendeten Epoxys (HP-E56L):
IMG_20191102_074639.jpg

Ich habe den beschriebenen Temperzyklus (5 h bei 60 und 6 h bei 80 Grad Celsius) mit dickeren, besser dämmenden Styropor- und Styrodurplatten und einer Beheizung mit eine 60 W Glühlampe (ca. 60 Grad Celsius) und anschließend einer 100 W Glühlampe (80 Grad Celsius) hinbekommen. Damit es bei der 100 W Lampe nicht zu heiß wurde, musste ich mit einem kleinen Luftspalt rumprobieren.
IMG_20191102_042804.jpg IMG_20191102_042752.jpg
So genau habe ich noch nie getempert und es ist eine direkt spürbare Festigkeitssteierung eingetreten.
Es gibt bei Conrad.de übrigens für 10 Euro ein Thermostat, mit dem die Temperatur leicht geregelt werden könnte. Ich war jedoch zu ungeduldig.
 
So mir gefällt mein Rad jetzt noch besser als vorher. Ich habe ihm sogar ein richtiges Vorderlicht spendiert, selbstverständlich mit innenliegender Leitungsverlegung.
IMG_20191103_164556.jpg IMG_20191103_164519.jpg

Schöne Grüße an das Forum, die Reperatur hat mir durch die Kommunikation mit Euch große Freude gemacht.
 
Danke, dass Du den Faden aufgemacht hast... Meinen neuen Racer bau ich dann bei Dir, mit Anleitung ;)
Gute Fahrt mit dem neuen Licht und dem gefixten Rahmen!
Gruß Krischan
 
@liegerausmainz
Vielen Dank für deine ausführliche Berichterstattung – auch von meiner Seite.

Meine Frage zum Tempern bezieht sich auch auf meinem letzten Laminierversuch, bei dem ich ein Epoxidharz von HP-Textiles eingesetzt habe. Dieses ist im Vergleich zu dem von mir vorher eingesetzte Harzsystem von R&G viel „weicher“ und elastischer. Ich gehe von viel geringeren Festigkeitswerten mit dem HP-Textiles Produkt aus. Dabei habe ich mich genau an die Dosierung gehalten und fast das gleiche Bauteil nochmals produziert. Die von mir verwendeten Harze sind:

https://shop.hp-textiles.com/shop/de/hochlast-laminiersystem-epoxidharz-hp-e29l.html

https://shop1.r-g.de/art/100100

Kennt jemand dieses Phänomen?
 
Da solltest Du mal beim Lieferanten anfragen. Klingt nach dem falschen Mischungsverhältnis, evtl. stimmt der Behälterinhalt nicht mit dem Etikett/der Dosierungsanleitung überein. Du mußt natürlich sicherstellen, daß Deine Wiegemethode über alle Zweifel erhaben ist, und evtl. mal ein paar Proben mit abweichenden Mischungsverhältnissen anmischen.
 
Während des heißen Coronasommers habe ich mein Rad durch Carbonlaufräder und einen Carbonsitz noch etwas leichter gemacht (9,7 kg).
IMG_20200809_101858.jpg
Den relativ schweren Heckkoffer baue ich erst mal nicht wieder an.
 
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