Aus dem Leben eines EVO-R

Heute abend als Dynamik im Hotel einchecken will, ist er plötlich ganz still geworden. Und das ist kein gutes Zeichen. Dynamik will zwar nicht, dass jemand davon erfährt. Genaueres werde ich morgen erzählen.

Bar, 16.6.19

Dubrovnik - Bar


Wieder ein Tag mit fantastischen Küstenstrecken. Aber sie müssen verdient werden. Von Dubrovnik gehts zuerst mal 200 m in die Höhe und dann einer Bucht entlang in ein verschlafenes Tälchen Richtung Grenzübergang zu Montenegro. An einem lauschigen Plätzchen gabs den ersten Halt. Ganz alleine war ich dort nicht, denn eine 2 m lange Schlange zischte an meinem Fuss vorbei. Das ging so schnell, dass ich kaum Zeit hatte zum erschrecken. Die Pause habe ich allerdings abgekürzt.

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200 m über Dubrovnik


Die Küstenorte von Montenegro machen einen sehr mondänen Eindruck. Es hat moderne Hotels und Casinos. Diese Küstenorte scheinen der Tessin für die Montenegriner zu sein. Die Bucht von Kotor ist ein riesiger Fijord, den man mit einer Fähre etwas abkürzen kann. Als ich auf das Fährticket lösen will, kommt ein hilfsbereiter junger Mann, stellt sich als Zoran vor und meint ich müsse nicht aussteigen, er zahle für mich. Auf der Fähre unterhalten wir uns noch lange. Er hätte halt keine Zeit für solche Abenteuer, denn er müsse arbeiten. Aber er bewundere mich grenzenlos. So geht es während der ganzen Ueberfahrt, sodass ich kaum Zeit habe, die wunderschöne Aussicht zu geniessen.

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Steilküste Montenegros kurz nach Kotor

In Bar fand ich ein lauschiges, kleines Hotel mit dem vielversprechenden Namen "Le petit Château". Das Zimmer ist schön, das Essen ausgezeichnet und erst noch direkt am Meer. Hier gibt's mal ein Tag Pause.

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Aussicht aus meinem Hotelzimmer in Bar
 
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Wie gesagt, ich sollte das ja nicht ausplaudern. Gestern beim einchecken im Hotel merkt Dynamik, dass seine Brieftasche verschwunden ist. Die Liebenswürdigkeit von Zoran auf der Fähre bei Kotor war doch nicht so uneigennützig. Der Pass hat er zum Glück noch. Aber Bargeld und Kreditkarten sind weg. Sofort wurden die Karten gesperrt und Geld von seinem Geschäftspartner an das Hotel überwiesen. Die Frage ist nur, wann kommt das Geld und wann kommt die Ersatzkarte. Im Moment hat Dynamik keinen Cent. Deshalb gibts auch nur Fotos von der Aussenansicht von Stari Bar. Der Eintritt hätte 2 Euro gekostet.

Bar, 17.6.19

Bar

Nach 11 Tagen radeln mit insgesamt 1700 km war ein Ruhetag fällig. Zeit um zu entspannen und mein Velomobil zu überprüfen. Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass das das hintere Schaltwerk nur noch an einer Litze hing. Das war der Grund, warum ich immer wieder jüstieren musste. Zum Glück hat die letzte Litze bis zum Hotel gehalten

Das moderne Bar ist eine schöne, moderne Stadt am Meer. Aber deswegen würde man nicht so weit fahren. Das Alte Bar (Stari Bar) hingegen ist eine Besonderheit. Bereits die Römer waren hier, dann kamen die Byzanthiner, auch Venedig herrschte etwa 150 Jahre, dann kamen die Türken, die Serben und am Schluss wurde es noch von einem Erdbeben zerstört. Von den einst prachtvollen Palästen sind leider nur Ruinen übriggeblieben.

Den Fussmarsch von 2 mal 6 km zur alten Stadt habe ich zu Fuss unternommen, denn ich wollte ja heute eben nicht radeln. Es ist unglaublich, wie langsam man dabei vorwärts kommt.

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Mein Hotel "Le Petit Château"

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Stari Bar, das verlassene alte Bar
 
Die Liebenswürdigkeit von Zoran auf der Fähre bei Kotor war doch nicht so uneigennützig.

Dumm, dass man immer ein "wachsames Auge" haben muss, und zu viel Freundlichkeit eher zu misstrauen ist... Hoffentlich hielt sich der Schaden in Grenzen.

Ich war vor ca. 20 Jahre in Istrien, es wird Zeit mal wieder es zu besuchen, vielleicht mit VM... muss schnell noch laminieren...

Viele Grüße und vielen Dank für die schöne Berichte!

Cumulus
 
Heute hat Dynamik vom Hotel zu einem B&B gewechselt. Tja, ohne Geld ist das Leben hart. Aber das B&B-Zimmer hat den Vorteil, dass man so echte Montenegriner kennenlernt und nicht nur die sonnige Touristik-Fassade. Trotzdem, Reisen ohne ein Cent in der Tasche ist nicht so nach dem Geschmack von Dynamik. Vielleicht kommt das Geld morgen.

Bar, 18.6.19

Bar


Heute ist immer noch Pausentag. Der heutige Ausflug führte mich mit dem VM nach Ulcinl, wo man die einzigen Illyrischen Mauern findet. Vor 2700 jahren wurden sie von den Illyrern erbaut und haben vieles erlebt. Die Griechen hatten hier Kolonien innerhalb des Illyrischen Reiches errichtet bis schliesslich die Römer kamen und aus dem kränkelnden Königreich eine Illyrische Provinz unter Römischer Herrschaft errichteten. Bei der Teilung des Römischen Reiches geriet dieser Teil ein bisschen zwischen die Fronten bis die Serben sich dieses Kuchenstück schnappten. Zwischendurch regierten auch die Venezianer. Aber bald kamen die Türken und dann wurde es ziemlich unübersichtlich.

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Illyrische Mauern: Stadttor von Alt-Ulcini

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Ein lauschiges Plätzchen über dem alten Hafen von Ulcini

Nach dem Zerfall Jugoslaviens erstand Montenegro neu. Aber nicht alle sind glücklich damit. Der Durchschnittsbürger scheint recht knapp bei Kasse zu sein. Und doch sieht man viel Luxusautos und riesige Jachten. Unter Tito hätte es viel weniger Korruption gegeben, erzählt mir die Familie, bei der ich ein hübsches Zimmer gefunden habe.

Mein Velomobil ist übrigens eine riesige Atraktion geworden. Überall kursiere es auf Facebook. Heute abend hielten mich zwei Jugendliche an und zeigten mir ein par Filmchen mit EVA und mir.

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Auf dem Rückweg von Ulcini
 
Heute sieht die Welt für Dynamik schon viel besser aus. Es ist nämlich Geld angekommen. Erst wenn man keins hat, merkt man wie wichtig es ist, hat er gesagt. Jetzt fehlt nur noch die Kreditkarte. Also müssen wir noch etwas Ruhetage einbauen.

Bar, 19.6.19

Bar


Küsten habe ich jetzt zu genüge gesehen. Aber wie sieht es hinter den geheimnisvollen Bergen Montenegros aus? Heute Nachmittag, als es nicht mehr allzu heiss war, machte ich mich auf, um das Landesinnere ein klein wenig zu erkunden. Meine Strasse führte zuerst durch ein eher einsames Tal, wo mir zweimal Schildkröten begeneten. Später führte der Weg einer steilen Bergflanke entlang, immer höher hinauf.

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Diese Schildkröte habe ich von der Strasse gerettet und auf der Wiese weiterlaufen lassen

So um sieben Uhr kamen mir die ersten Zweifel. Es würde immer noch eine Stunde so weiter gehen, nur um auf die andere Seite zu gucken und den grössten See Montenegros zu Gesicht zu bekommen. Lohnt sich das? Da überholt mich ein AUDI-Fahrer und will Fotos mochen. Natürlich darf er das. Ich frag ihn, ob er zufälligerweise Wasser dabei hätte. Habe er leider nicht. Er fährt davon und kommt in 5 Minuten mit einer eiskalten Flasche Mineralwasser zurück. Ist das nicht grossartig? Noch nie hat Wasser so gut geschmeckt.

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10 % Steigung und im Hintergrund die Berge Albaniens

Die letzte Stunde bergaufradeln war dann nur noch halb so schlimm. Und es hat sich gelohnt. Eine zauberhafte Aussicht über den Skadarsko See bei untergehender Sonne.

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Skadarskosee im Abendlicht
 
Dynamik würde das zwar nie zugeben, aber die Geschichte mit der Brieftasche hat ihn nun schon bald eine Woche in Montenegro festgenagelt. Ohne Kreditkarte weiter zu reisen sei zu riskant, meint er. Aber nur die Götter wissen, wann diese Kreditkarte ankommt. Da muss man halt aus der Not eine Tugend machen. Da ihm nichts Gescheiteres eingefallen ist, haben wir Stari Bar nochmals besucht. Und da Dynamik jetzt wieder Geld hat, wollte er auch ein Eintrittsbillet lösen. Die Ironie des Schicksals war, dass sie ihn jetzt gratis einliessen, da an der Kasse kein Kleingeld vorrätig war. So gibt es doch noch Bilder vom Inneren der Alten Stadt.

Bar, 20.6.19

Stari Bar


Die Weiterfahrt nach Albanien habe ich nochmals verschoben. Ich wollte mir das Alte Bar noch genauer anschauen. Wenn man länger verweilt, kann man sich die Grösse von Stari Bar shr gut vorstellen. Die Strassen, ein Teil der Häusermauern und die Stadtmauern sind ja erhalten geblieben. Es ist ja auch vorgesehen, das ganze Stättchen wieder neu aufzubauen.

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Blick aus einem zerfallenen Haus in die wilden Berge

Übrigens der Name des Städtchens weist nicht auf Trinkgelegenheiten hin, sondern soll von Bari in Italien abgeleitet sein. Die Römer nannten Bar Antivarium, d.h. "Gegenüber Bari".

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Die Häuser zerfallen aber die Natur erblüht immer wieder von neuem

Bar hat neben dem Geisterstättchen auf dem Hügel noch eine weitere Sehenswürdigkeit: der älteste Olivenbaum im Mittelmeergebiet. Mehr als 2000 Jahre alt soll er sein.

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Der älteste Olivenbaum des Mittelmeerraumes
 
Langsam wird Dynamik ungeduldig. "Wenn bis heute um 12:00 Uhr keine Kreditkarte da ist, wird trotzdem weitergefahren", hat er gesagt. Und um 12:00 Uhr war noch keine Karte da. Also wurde losgefahren und zwar gerade mal 200 hm bergauf. Und genau vor einem Restaurant läutet das Telefon mit der Meldung, die Karte sei angekommen. Dynamik dreht ab direkt vors Restaurant und überredet den Wirt, ihn in die Stadt zurück zu fahren. Für ein Mittagessen und 20 Euro werden sie handelseinig. Wie ein Henker sei der Wirt gefahren und hätte alle Verkehrsregeln missachtet. Typisch für erfolgreiche Leute, denen das Geld in den Kopf gestiegen ist, meinte Dynamik. Als ob man mit viel Geld über dem Gesetz steht. Auf alle Fälle war Dynamik heilfroh, mit mir weiterfahren zu können.

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Hier habe ich gewartet, während der Wirt und Dynamik nach Bar zurückgefahren sind

Milot, 21.6.19

On the road again

Heute war Zeit zum Abschiednehmen von der liebgewonnenen Gastgeber-Familie in Bar. Die letzten drei Tage bei Mila und Branco in ihrem hübschen Häuschen mit dem riesigen Garten am Rande von Bar waren wunderschön. Jeden Morgen gab es Frühstück genau so, wie ich es mir wünschte. Nicht Eier, Käse und Fleisch sondern Brot und Butter mit Honig und Kobfitüre. Branco meinte zwar es gehört ein Limoncello dazu und Mila servierte noch extra Kuchen mit Schlagrahm.

Fast zu gut gestärkt gings über den ersten Pass von 200 m und dann weiter südostwärts zur Albanischen Grenze. Niemand störte sich daran, dass ich mich mit dem VM an der langen Autoschlange vorbeischlängelte und nach Vorweisen des Passes war ich schon in Albanien.


Das Ziel war das am Meer gelegene Städtchen Durres noch bei Tageslicht zu erreichen. Alles lief bestens. Zumeist konnte ich mit 35 bis 40 fahren, denn die Strasse war topfeben und gut asphaltiert. Bis eben plötzlich ein Autobahnschild mir Velofahrer den Weg versperrte. Ich konnte gerade noch die letzte Abzweigung nehmen und landete in Milot. Hier landete ich in einer etwas anderen Realität. Überall unfertige oder baufällige Häuser, zahllose streunende Hunde, Gruppen von Kinder, die am VM zerrten und Strassen mit mehr Löchern als Asphalt. Mit Google-Maps konnte ich das nächste Hotel ausfindig machen. Selbstverständlich war es nicht in Milot sondern an der Schnellstrasse, genau dort, wo ich vor einer halben Stunde vorbei gesaust bin. Und wie das Bildchen zeigt war das wieder eine ganz andere Realität. Aber für 30 Euro sichr nicht schlecht.

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Mein Hotel ausserhalb Milot
 
So heute gehts endlich vernünftig weiter. War auch langsam Zeit

Vlora, 22.6.19

Albanische Küstenebene

"Soll ich nun die Autobahn nehmen oder den Umweg mit den kleinen Strassen", fragte ich den Kellner heute morgen. Der guckt auf die Uhr und meint:"Nehmen Sie die Autobahn." Als ob um diese Zeit noch keine Polizei unterwegs sein könnte. Ich nahm trotzdem den Umweg und konnte so eine wunderschöne Landschaft mit zahlreichen kleinen landwirtschaftlichen Betrieben durchfahren. Der Strassenbelag war in der Regel gut nur fehlte er so alle 5 km für einen kleinen Abschnitt. Das einzige, das immer da war, auch wenn kein Belag mehr vorhanden war, waren die Schwellen zur Verkehrsberuhigung.

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Kavaya, ein hübsches Städtchen mit gutem Bier

Im übrigen bin ich heute recht viel Schnellstrasse gefahren und so erreichte ich heute wieder einmal die Marke von 200 km. 20 km vor dem Etappenziel, als wieder einmal eindeutig Autobahn ausgeschildert war, nahm ich die alte Strasse. Da war wirklich kein Vorwärtskommen. Bei einem Fotohalt stoppte ein schwarzer Mercedes und die Dame fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Sie seien Albaner aber würden in London wohnen. "Oh that is a shity road" meinte ihr Mann, sehr zum Entsetzen seiner lieben Frau. Ich solle die Autobahn nehmen.

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A shity road

Somit erreichte ich Vlora doch noch schneller als erwartet und fand ein Hotel direkt am Meer. Vlora ist ein beliebter Ferienort aber für uns irgendwie gesichtslos. Kein einziges altes Gebäude sondern nur 10-stöckige Hotels und Apartments entlang der gesamten Meer-Promenade.

 
Heute ist Dynamik wieder einmal an seine Grenzen gestossen. 70 km und 2000 hm ist ja auch gar nicht schlecht.

Himera, 23.6.19

Logara Pass

Dass es heute etwas anstrengend würde, das konnte ich ahnen. Heute war nämlich der Llogara Pass zu überwinden. Mit seinen 1050 m war es eigentlich die einzige grössere Erhebung auf dem Weg von der Schweiz nach Korfu. Aber ein Velomobil 10 km schieben, denn meistens war etwa 10 % Steigung angesagt, war dann doch eine ganz neue Erfahrung. 3 km vor der Passhöhe gabs Mittagessen und ich schwor mir, nicht vor zwei Stunden wieder aufzustehen. Aber nach einer Stunde und einem guten Essen sah die Welt doch viel besser aus.

Um den Llogara Pass haben übrigens schon ganz andere gekämpft. Cäsar ist mit seiner Flottte in Himera gelandet und ist dann mit seinem Heer über diesen Pass marschiert. Natürlich nicht um Ferien zu machen, sondern im Kampf gegen Pompejus. Sehr viel später - daran erinnert das Denkmal - haben die Albaner gegen die Griechen gekämpft. Die Albaner seien Demokraten gewesen und die Griechen Chauvinisten. So hat mirs der Honigverkäufer erklärt.

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Kregerdenkmal auf dem Logara-Pass

Beim Runterfahren machte ich mir ziemlich Sorgen um die Bremsen. Abwechslungsweise benutzte ich die vorderen Trommelbremsen mit Kühlscheiben und die hintere Scheibenbremse. Und auch so machte ich sicherheitshalber drei Pausen, um abkühlen zu lassen.


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Kühlpause für die Trommelbremsen

Kurz vor Himera quatschte mich eine Gruppe Bosnien-Albaner an. Die waren ganz begeistert von meiner Rakete. Selbst fuhren sie einen Porsche Panamera. Sie helfen Albanien ein bisschen in Schwung zu kommen. Naja, schliesslich sind die 5 in Deutschland aufgewachsen und zu einem anständigen Wagen hat es auch schon gereicht.


Nun sitze ich gemütlich in einem Hotelgarten am Meer und sicher gibt es bald etwas gutes zum Essen.
 
Heute hat Dynamik Korfu erreicht. Die ganze dalmatinische Küste ist er runtergefahren und jeden Kilometer hat er genossen. Jeden Tag hatten wir Sonnenschein und keine einzige Panne.

Korfu, 24.6.19

Korfu

Nun sitze ich bei einem Glas Wein an einem lauschigen Plätzchen in Korfu. Die Gegensätze könnten nicht grösser sein. Noch heute morgen gings bei brütender Hitze so steil bergauf, dass man nur mit Schieben vorwärts kam. Hier im Süden ist Albanien wunderschön aber hart für Radler.

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Die Küste Südalbaniens ist wunderschön aber auch anspruchsvoll

Gegen vier Uhr erreichte ich den Hafen von Saranda, wo mich ein Uniformierter mit drei goldenen Streifen freundlich empfing und alles über mein Velomobil wissen wollte. Er erklärte mir auch, dass die nächste Fähre bald ablegen werde. Also nix wie los, um ein Fährticket zu lösen. Heute geht keine Fähre mehr, wurde mir beschieden. Da mischte sich der Uniformierte mit den drei Achselstreifen ein und erklärte, dass ich sehr wohl auf die Fähre könne. Der Kapitän werde warten. Ich verstand gar nicht, wie ich zu dieser Vorzugsbehandlung kam. Ich denke mein VM hat ihm gefallen.

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Traumhafter Sonnenuntergang über Korfu

Nach 2000 km bin ich also in Korfu gelandet. Und es ist tatsächlich zauberhaft schön. Und die alten Häuser in den verwinkelten Gässchen, wie sie Gerald Durell beschrieben hat, die stehen immer noch.

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Die verwinkelten Gässchen von Korfu stehen noch
 
Korfu muss eine wunderschöne Stadt sein, denn Dynamik hat mich einfach vor dem Hotel abgestellt und ist in der Stadt verschwunden. Aus der Tour um die Insel wird wohl nichts. Aber dass er mich einfach an der prallen Sonne hat stehen lassen, wird sich noch böse rächen. Ueberdies hat er sich wohl zu viel in Englisch unterhalten, denn die Tagebuchnotizen sind plötzlich in Englisch.

Korfu, 25.6.19

Korfu

Korfu is a marvel. The maze of small roads, the old houses and all the tiny shops. And all this beauty surrounded by the deep blue sea. And further out green islands and as a backdrop the greyish-blue mountains of Albania. They have taken good care to Old Korfu. You feel sent back in time at least 200 years, where Greek aristocrats invited English or Italien merchants to sell their produces to Europe.

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They have taken good care to Old Korfu, haven't they

Actually I wanted to stay a bit longer here, but the boat to Venice is leaving Igoumeniza tonight at 2 o'clock. So I have to catch the ferry here in Korfu at 9 o'clock in order to reach Igoumenitza in time.


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A last glas of wine before leaving Korfu

Tatsächlich fiel es mir sehr schwer, Korfu zu verlassen. Noch ein letztes Glas Wein und dann zurück zum Hotel und nix wie los zum Hafen. Zu meinem grossen Entsetzen klapperte EVA ganz schrecklich. Die Sonne hat ihr wohl nicht gut getan. Die Verleimung der Glaskuppel hat sich gelöst und das ist ein gröberes Problem. Zum Glück hatte ich ein gelbes Klebeband dabei und konnte so eine notdürftige Reparatur vornehmen.

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Der Schalter der Polizei ist wohl der sicherste Platz im Hafen von Igoumenitza
 
Dynamik ist ein treuloses Wesen. Da wird er - und zwar nur wegen mir - zum Mittagessen oder Abendessen in Vicenza eingeladen. Und was macht er? Er fährt um 8 Uhr durch Vicenza und textet der netten Dame, er sei eben von Venedig nach Vicenza gefahren.

Torbole, 27.6.19

Torbole

Die Fahrt mit der Fähre von Igoumenitza nach Venedig dauerte 26 Stunden. 26 Stunden nichts tun ist eine Herausforderung, wenn man vorher jeden Tag 8 bis 10 Stunden Velomobil gefahren ist.

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EVA festgekeilt auf der Fähre


Heute morgen legte das Schiff um 5 Uhr in Venedig an. Dann gings mit den ersten Sonnenstrahlen auf drei Rädern weiter. Wieder dem lauschigen Kanal entlang und um 8.00 Uhr war ich schon in Vicenza. Die nette Frau von damals (lolanda) hat nämlich auch die E-Mails bekommen und versprochen, mich zum Essen einzuladen. Ich konnte erst um 7 Uhr ihr ein SMS senden. Sie liess es sich jedoch nicht nehmen, aus ihrem Ferienhaus 60 km nach Vicenza zu fahren. Und so hatten wir einen gemütlichen Zmorgen, bei dem sie mich allen wichtigen Leuten von Vicenza vorstellte.

Die Temperatur stieg gegen 35 Grad. Mittagessen in Verona. Dort erklärte ich einem Iren, wie man sein Ohr verbrennt. (Phone him, when he is ironing). War glaub keine Gute Idee. Seine Frau aus Verona fands aber sehr lustig.

Von Verona gings über Nebenstrassen zum Südende des Gardasees und dann dem östlichen Ufer entlang. Die Strasse hat auf dieser Seite zwar viele Kurven aber praktisch keine Steigungen, sodass man mit dem VM gut vorwärts kommt. Nun bin ich nach 200 km in Torbole angekommen. Jetzt muss es etwas zu Essen geben.

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Ein romantisches Plätzchen in Torbole am oberen Ende des Gardasees
 
Vielleicht hätte Dynamik doch besser Geschichte studiert statt Bauwerks-Dynamik. Dann wären die historischen Zusammenhänge etwas korrekter.

Bolzano, 28.6.19

Bolzano / Bozen

Heute bin ich am heissesten Ort von ganz Italien gelandet. Es ist neun Uhr und immer noch unglaublich warm. Ist halb so schlimm, denn ich bekomm als Dessert noch Marillenknödel. Man spricht hier auch nicht mehr unbedingt Italienisch sonder Südtirolisch. Bozen ist der Ort, den ich heute erreicht habe. Die Stadt mit den wunderschönen Barockfassaden und den gewaltigen Bergen dahinter. Vor 1912 hat Bozen zu Oesterreich/Ungarn gehört. Dann hat aber Italien (unter Zustimmung von Russland und England) Expansionsgelüste entwickelt. Auch slawische Gebiete, nicht nur das Tirol, sollten zu Italien gehören, und so hätte die Adria eine Art Mare Nostrum der Spätrömer ergeben sollen. Die Realität sah dann doch etwas anders aus. Da Italien im 1. Weltkrieg auf das richtige Pferd gesetzt hat, erhielten sie das Südtirol. In den Südslawischen Gebieten entstand Jugoslavien mit der Vorherrschaft der Serben. Diesem verhängnisvollen Pakt haben die Kroaten nur aus Angst vor den Italienern zugestimmt. Und das hatte seine Auswirkungen bis in die 1990 er Jahren. Nun aber genug Geschichte.

Die ganze heutige Strecke war traumhaft schön. Nach dem Start am Gardasee gings durch das gebirgige Valle dei Laghi mit einigen anspruchsvollen Schiebestrecken bis auf 550 m ü M hoch und dann runter nach Trento.

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Burg am Nordrand von Torbole

In Trento beginnt der Etsch-Radweg. Ich bin zwar nicht Freund von Radwegen aber dieser Radweg lohnt sich wirklich. Auch für Velomobile. Er ist gut angelegt, immer der Etsch entlang und hat einen guten, gepflegten Belag ohne Wurzeln. Und alles ohne Durchfahrtssperren.

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Der Etsch-Radweg

In Salurno treffe ich unseren lieben Freund Dennis. Er ist auf dem Rückweg von einem Sprengprojekt und dank den E-Mails wusste er wo ich zu finden bin. Bei zwei Bier lassen wir die Vergangenheit und die Zukunft hochleben. Die Gegenwart war schlicht zu heiss. Vor der Bar lässt sich ein Mädchen von ihren Kolleginnenne mit kaltem Wasser übergiessen.

Gegen sechs Uhr erreiche ich die Fahrradstadt Bozen. Ueberall hat es Fahrradwege und so finde ich das Zentrum sehr rasch. Es ist sehr gemütlich hier aber etwas gar warm. Man darf sich nur nicht bewegen. Vielleicht hätte ich gescheiter ein Eis bestellt als Marillenknödel. Aber das lässt sich ja nachholen.

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Altstadt von Bolzano
 
Die Energie scheint bei Dynamik langsam knapp zu werden. Geplant war eigentlich die Passhöhe. Das wird eine lange Etappe morgen.

Laas, 29.6.19

Vintschgau

Weiter gehts von Bozen aus der Etsch entlang. Aber hier ist es nicht mehr ein Strom sondern vielmehr ein Gebirgsfluss und entsprechend steil ist der Fahrradweg. Zuerst gehts noch recht gemütlich an der Burg von Reinhold Messner vorbei und diese Burg hat lustigerweise indirekt auch etwas mit der Aufschrift von EVA zu tun. Als nämlich der Tunnel unter der Burg gesprengt werden sollte, hat sich Messner natürlich gewehrt. Erst als Dr. Dennis Ephstratiadis ein Erschütterungsüberwachungssystem installiert hatte, gab Messner sein Einverständnis. Und eben mit diesem Dennis hatte ich gestern zwei Bier getrunken. Und die Messgeräte hatte er von ZC (d.h. von mir) gekauft.

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Messner Mountain Museum

Der nächste Stop war Meran. Es war Zeit für Kaffee und Kuchen. Und zwar in der Pasticceria König, wie vor 7 Jahren. Obwohl ich diesmal allein reiste, musste ich dennoch den Kuchen teilen. Ich weiss, man sollte Spatzen nicht füttern.


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Mittagessen in Meran

Nach Meran geht der Fahrradweg in Serpentinen hoch. Es ist Zeit zum Schieben. Und die Sonne brennt erbarmungslos. Weiter oben wechsle ich auf die Statale und die hat zum Glück einen fast 3 lm langen Tunnel. Dort ist es schön kühl. Doch der Verkehr ist noch fast schlimmer als die Sonne, weshalb ich wieder zurück auf den Fahrradweg wechsle. Es folgen wunderschöne Strecken der schäumenden Etsch entlang aber auch harte Schiebeetappen auf Schotterabschnitten. In Laas nach nur 90 km ist genug für heute. Die Hälfte des Reschenpasses ist ja geschafft.

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Brücke über die Etsch
 
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