Ok, hier der Teil 2:
Anfangs etwas ungewohnt, wenn man vom Quest her kommt ist der Einstieg. Wenn man aber mal gelernt hat, auf den Sitz zu steigen statt auf den Quertunnel, geht alles ganz einfach. Es braucht eine Drehung des Oberkörpers, um sich richtig rein zu winden, das ist aber gewollt so, die Öffnung verjüngt sich nach hinten und bietet so bei einem Überrollen Halt an den Schultern. Sehr schön gemacht, auch die angenehme Kopfbeule und ohne den doofen Süllrand im Nacken wie beim Quest. Einziger Kritikpunkt für mich ist die scharfe Kante, die die Karosse über den Schultern ausbildet. Das tut beim Überrollen sicher ziemlich weh. Hier könnte vielleicht ab Werk ein Stück Styrodur o.ä. eingeklebt werden, das die Last beim Überrollen auf eine größere Fläche als ein paar Quadratmillimeter verteilt. Beim Trinken während des Fahrens konnte ich feststellen, dass das mit meiner 1l-Plastikflasche gerade noch so funktioniert. Beim DF XL war damals der Süllrand so nahe vor meinem Oberkörper, dass das nicht ging. Mit meiner 1,5l-Flasche hätte ich aber auch im Alpha7 Probleme.
Bei der Abholung des Fahrzeugs herrschte herrschte heftiger böiger Wind, ideal um das Fahrzeug auch mal bei solchen Wetterlagen zu testen. Mit dem Quest hätte ich schon langsam tun müssen, das Alpha7 fuhr sich völlig unbeeindruckt. Natürlich merkte man die Böen, konnte aber einfach fahren, als wenn nichts wäre. Bei der Heimfahrt ging dann die Front drüber mit Böen, Regen und Graupel. Mangels Schaumdeckel wurde ich zwar nass, blieb aber warm und hatte kein Problem nach Hause zu kommen. Lediglich an den Schultern oben kühlte mich der Luftzug etwas aus. Beim Graupel vermisste ich dann aber doch meinen Schaumdeckel, hinter dem man den Mund gut geschützt verstecken kann. Graupel beim Fahren schmerzt an den Lippen…
Die Lüftung über den hohlen Mast ist sehr angenehm ab etwa 20km/h zu spüren und erzeugt ein viel angenehmeres Raumklima als im DF XL. Bei Temperaturen zwischen 2°C und 10°C konnte ich immer problemlos ohne Schaumdeckel fahren. Bei 2°C hatte ich allerdings am Anfang kalte Hände, weil die im Luftstrom liegen. Wenn es kälter wird, müsste man dann wohl den Mast doch zustopfen.
Am Berg bin ich mit dem Quest immer in Doppelmantahaltung unterwegs. Die zusätzliche Kühlung an Oberkörper und Armen, sowie der kleinere Körperöffnungswinkel geben mir bei niedrigen Drehzahlen zusätzliche Kraft am Berg. Ich würde schätzen, dass das bei mir 20-30% ausmacht. Im Alpha7 mit seiner kleinen Öffnung ist das leider nicht möglich. Hier kann ich nur versuchen, mit Mehrleistung die Drehzahl hoch zu halten, was allerdings bei meiner Leistungsfähigkeit und meinem Gewicht nur kurzfristig möglich ist. Sinkt die Drehzahl unter eine gewisse Schwelle, breche ich leistungsmäßig völlig ein und krieche den restlichen Berg nur noch hoch, ganz egal, wie leicht und steif das Fahrzeug sein mag. Im Vorführer war eine 1 x 11 (oder 12?) Schaltung verbaut. Extra für mich ein "kleines" 61er Blatt und hinten 11-50 oder so. Für den Arbeitsweg war das toll, es hat mir an jeder Steigung ausgereicht und vorne nicht schalten zu müssen ist schon eine feine Sache. Aber Brevets damit zu fahren oder auf Radreise zu gehen, kann ich mir nicht vorstellen. Ich würde auf jeden Fall vorne bei mehreren Kettenblättern bleiben.
An der Ampel kann das Alpha7 seine Vorteile so richtig ausspielen: 20kg weniger als das Quest, ein bocksteifer Antrieb und auch bei mir kurzfristig eine hohe Leistung, die durch den Spaß an der Beschleunigung noch genährt wird lassen die Kiste von der Ampel wegkatapultieren, dass es eine wahre Freude ist. Ich denke mal, dieses Erlebnis hat die Rennfahrerfraktion viel häufiger als ich, aber ich habe es echt genossen.
Einen kleinen Zwischenfall gab es auch: Die Kette lief im Vorführer ohne Verkleidung und schlau wie ich war, habe ich deshalb auch rechts des Radkastens kein Gepäck untergebracht. Ich habe aber ohne was zu denken meine Schuhe unter den Sitz geworfen, wo sie dann die Kette um die Umlenkrolle herum gefressen und etwas lädiert hat. Zum Glück waren die Schuhe eh schon schwarz… Aber da es ja jetzt auch die Verkleidung für die Kette gibt, sollte so etwas in Zukunft nicht mehr passieren.
Bei der elektrischen Ausstattung war ich etwas erstaunt, wie spartanisch, wenn auch qualitiativ hochwertig die war: Licht vorne und hinten, auch als Tagfahrlicht mit reduzierter Helligkeit, Blinker (zumindest als Kellermann hinten, vorne kann ich mich nicht erinnern), Hupe. Laut Daniel kein Bremslicht, auch kein Innenraumlicht und kein verbauter Tacho. Daniel wunderte sich, dass ich ohne eigenes ANT+ Gerät auftauche. Dann nämlich hätte ich auch von den verbauten Leistungsmesspedalen Werte aufnehmen können. Er hat mir noch seine Fenix-Uhr geliehen, aber irgendwie kam ich mit der Bedienung nicht klar. Der Akku hat einen sicheren Platz in einer Ausbuchtung des Tretlagermastes. Sehr gut aufgeräumt kollidiert er hier nicht mit anderem Gepäck. Das Licht nach vorne ist ziemlich gut, allerdings bin ich da mit meinem am Quest doppelt so hoch angebrachten Edelux ziemlich verwöhnt. Allein durch die geringere Höhe kann das Licht das nicht leisten. Aber für etwa 40km/h bei Nacht reicht es aus, darüber sollte kein Wildwechsel mehr auftreten. Bei den Reflexstreifen würde ich wahrscheinlich von hinten her den Streifen noch weiter nach vorne ziehen, damit die volle Breite des Alpha7 bei Nacht sichtbar wird. Das könnte sich in erhöhtem Überholabstand bemerkbar machen. Aber auf jeden Fall ist das Fahrzeug über Beleuchtung und Reflexstreifen auch so für Nachtfahrten gut gerüstet.
Es ist eine Freude, der Federung während des Fahrens beim Arbeiten zuzusehen. Über den Radkästen kann man zuschauen, wie das Federbein die ganze Zeit sanft und ohne Losbrechmoment am Arbeiten ist. Klasse! Sehr schön auch die in der Öffnung verbauten Spiegel, die so nicht im Fahrtwind stehen. Lediglich direkt nach hinten ist die Sicht etwas eingeschränkt und ein Auto kann auch mal im toten Winkel verloren gehen. Wenn es nah genug ist, taucht es aber von alleine auch wieder auf. Für jemanden wie mich, der immer ein Auge im Rückspiegel hat ist dies kein Problem.
Als es am übernächsten Tag dann mal trockene Straßen gab, traute ich mich auch, das Fahrzeug in Kurven mal etwas ranzunehmen. Seit den Quattrovelo-Erlebnissen habe ich ziemlichen Respekt vor Kurvenfahren auf nasser Straße. Das Alpha7 zieht wie auf Schienen um die Kurven, ich habe es auch nicht geschafft, einmal ein Beinchen zu heben. Enorm, wie stabil das Fahrzeug auf der Straße liegt. Man merkt, dass ein Rennfahrer es konstruiert hat.
Auf meinem Arbeitsweg habe ich zwei Stellen, an denen ich es mit >80 km/h rollen lassen kann, beim zweiten Mal auch mit ca. 95 km/h. Hier scheint das Alpha7 eine Neigung zu einer leichten Schwingung um die Hochachse zu haben mit einer Periode von einigen Sekunden. In keinster Weise gefährlich, lediglich fühlbar. Allerdings sind zwei Tage Arbeitsweg noch keine ausreichende Basis für eine Beurteilung. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
Soweit meine ersten Fahrerlebnisse mit dem Alpha7. Ein geiles Fahrzeug, das sicher viele Freunde finden wird. Ich bin mir auch sicher, dass die Leute, die ein besonders schnelles Fahrzeug wollen, keine Probleme haben werden, sich zwischen einem Milan SL und einem Alpha7 zu entscheiden, die Konzepte sind doch sehr unterschiedlich. Beide sind für das Fahren mit Haube konzipiert, lassen sich aber auch offen gut fahren. Im Milan sitzt man viel flacher als im Alpha7, hier hat jeder andere Präferenzen. Der Milan SL ist wesentlich enger an Schenkeln und Schulter, was bei einigen Fahrern ein Ausschlusskriterium sein wird. Dafür kann man ihn aber im Sommer ganz ohne Deckel Cabrio fahren, was beim Alpha7 nicht geht, ebenso wie die Doppelmanta-Haltung am Berg. Wer das beides nicht braucht, wird mit dem Alpha7 sicher sehr gut bedient sein.