A Crash Course in Velomobile Maintenance

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Einleitung

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Ich, EVA (ursprünglich EVO-R), bin das Velomobil von Dynamik. Seit drei Jahren begleite ich ihn kreuz und quer durch Europa. Ich habe ihn nach Santiago de Compostela geführt, wo Dynamik alle Sünden losgeworden ist (hofft er). Wir haben auf der Isle of Man am berühmten Rennen teilgenommen und in der Kategorie Velomobile/Veteranen sogar gewonnen. Wir waren ja auch die einzigen in dieser Kategorie. Und ich habe ihn wohlbehalten nach Palermo gebracht, ohne dass wir ausgeraubt worden sind (kein Wunder, wenn man nichts dabei hat). Dreimal habe ich Dynamik das Leben gerettet. Und da sage noch einer, VM-Fahren sei gefährlich. Natürlich wird man ab und zu übersehen, wenn so ein Automobilist die wunderschöne Meersicht bewundert. Aber von der Polizei sind wir nie übersehen worden. Vor allem nicht auf der Autobahn.

Dieser Beitrag, „A Crash Course in Velomobile Maintenance“ ist das Ergebnis der intensiven Bemühungen von Dynamik, mich „reisetauglicher“ zu machen. Gefruchtet hat es zwar nicht viel, denn ich war ja schon von Anfang an recht reisetauglich, nur Dynamik nicht. Aber Dynamik ist sehr stolz auf seine Modifikationen. Dass die mitunter auch sehr gefährlich sein können, will er natürlich nicht wahr haben. Aber davon später.

Der erste Teil des Titels ist etwas irreführend und sollte auf keinen Fall wörtlich genommen werden. Der Hotelbesitzer auf der Isle of Man hat auch vielsagend gemeint: „Oh that’s handy, if you crash, you are already in a box“. Der zweite Teil des Titels trifft es schon eher. „Maintenance“ ist vom Lateinischen abgeleitet. „manu tenere“ bedeutet so viel wie „in den Griff bekommen“ und das ist es doch, was ein VM-Fahrer mit seinem VM anstrebt.

Wir beginnen natürlich nicht - wie alle anderen Handbücher – mit dem Thema „Was tun bei einem Platten?“ sondern mit ganz existenziellen Fragen, wie „Was tun, wenn die Carbonschale ein Loch abgekriegt hat?“. Das ist nämlich das erste, das Dynamik passiert ist, bei 70 km/h und Seitenwind. Das mit dem Platten sparen wir uns für später. Für den Moment nur ein kurzer Hinweis: „Schläuche flickt man nicht, die wechselt man!“ und apropos Pneuheber: Die sind strengstens verboten! Schliesslich nimmt eine Prinzessin auch nicht eine Stahlfeile um die Nägel in Form zu bringen.
 
Was tun, wenn die Carbonschale ein Loch abgekriegt hat?

"VM-Fahren kann man erst, wenn man die ersten 10'000 km hinter sich hat" konnte man hier im Forum lesen. Wie wahr dieser "Lehrsatz" ist hat Dynamik nach 1000 km am eigenen Leib bzw. an meinem erfahren. Das Ergebnis sah so aus:

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Wie repariert man nun so ein Loch? Menschen brauchen für eine Erklärung in der Regel 10 Seiten und am Schluss sind alle verwirrt. Ich denke, wenn man für eine Erklärung mehr als 5 Sätze braucht, hat man es wahrscheinlich selbst nicht richtig verstanden. Also, Carbonschale flicken in 5 Sätzen:

1. Carbon-Reparaturset bei Elmi bestellen.
2. Lochkanten anschleifen (war hier nicht nötig, denn das hatten wir mit 200 m rutschen auf dem Asphalt schon besorgt.)
3. Drei runde Plätzli Carbongewebe ausschneiden, jedes etwas grösser als das vorhergehende.
4. Harz-Härter-Gemisch anrühren gemäss Anleitung (wie beim Kochen)
5. Aussen das Loch mit Klebband abkleben.
6. Innen natürlich zuerst reinigen und dann mit Harz bepinseln, kleinstes Carbon-Plätzchen drauf, nochmals bepinseln, dann zweites Carbon-Plätzchen drauf, wieder bepinseln, dann grösstes Carbon-Plätzchen drauf und zum Schluss nochmals grosszügig bepinseln. Fertig.

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Hält nun schon seit 3 Jahren.
 
wie sieht es auf der Außenseite aus?
Die Frage ist durchaus berechtigt. Es sah genau so aus wie vorher. Nur konnte man den Finger nicht mehr durchstecken. Dynamik hat dann mir zuliebe noch eine Kosmetikkur finanziert. Nachher sah ich wieder ganz jugendfrisch aus. Leider nicht allzu lange.

EVA
 
Service-Öffnungen

Hinterradausbau bei einem Velomobil gehört zu den "Höheren Weihen" der VM-Wissenschaft. Aus unerfindlichen Gründen wurden VM's so konstruiert, dass das Hinterrad nur nach dreistündiger Prozedur mit verrenkten Handgelenken und blutigen Fingern rauszuoperieren ist. Ja, und nicht vergessen, Luft ablassen! Beim Hinterrad natürlich. Und dabei ginge doch alles viel einfacher, wenn ich vom Werk aus schon Service-Öffnungen bekommen hätte.

Also, Service-Öffnungen in 5 Schritten:

1. Öffnung einzeichnen und zwar auf beiden Seiten so gleich wie möglich. Das Zentrum der Öffnung etwa dort wo die Hinterradachse ist.

2. Mit Dremmel Öffnung ausschneiden. Freihändig und unter höchster Konzentration! Ausschnitt nicht wegwerfen! Wird noch gebraucht.

3. Kunststoffplatte (aus leichtem Material) zuschneiden. Muss allseitig 3 cm grösser sein als Ausschnitt.

4. Löcher (etwa 4 sollten reichen) in Kunststoffplatte und passgenau auch in VM-Seitenwand bohren. Einschlagmuttern auf Kunststoffplatte kleben. (Zuerst Einschlag-Ecken flach schlagen)

5. Kunstsoffplatten innen an VM-Seitenwand schrauben und Ausschnitt von aussen an Kunststoffplatte kleben.

Ich muss noch anfügen, dass das mit dem "freihändig schneiden" einfacher gesagt ist als getan. Deshalb zeigt Dynamik normalerweise auch keine Nahaufnahmen seines "Kunstwerkes".

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Von weitem sieht es gar nicht so schlecht aus.

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Service-Öffnungen haben enorme Vorteile. Nicht nur, dass Dynamik nun das Hinterrad in 10 Sekunden rauskriegt, nein, Handschuhe oder Butterbrote lassen sich so viel einfacher aus dem Schaltwerk entfernen. Kein Wunder, dass heute fast alle VM's werkseitig bereits mit Service-Öffnungen ausgestattet werden. Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.
 
Handschuhe oder Butterbrote lassen sich so viel einfacher aus dem Schaltwerk entfernen.

Schon praktisch, nur nicht ganz ausreichend wenn es sich um Bananen im Ritzelpaket handelt, welche in der Sommerhitze des Tages schön weich gekocht waren. Da käme dann ein Mini-VM-Kärcher gelegen, mit dem sich die Soße im gesamten Innenraum wegspülen ließe.
 
Servus EVA,

Du hast ja ein bewegtes Leben.(y)

„Oh that’s handy, if you crash, you are already in a box“
Klasse! Getreu dem Motto:"Praktisch denken -Särge schenken."(y)

Es sah genau so aus wie vorher. Nur konnte man den Finger nicht mehr durchstecken.
er hätte Dir an der Stelle ja auch einen Blinker oder Winker einbauen können*).:D

Und dabei ginge doch alles viel einfacher
einfach kann jeder. Und war Dynamik nicht bei des Meisters Schulung? Wenn Daniel beherzt am Hinterrad zog, sah das immer ganz einfach aus.:D

Service-Öffnungen haben enorme Vorteile. Nicht nur, dass Dynamik nun das Hinterrad in 10 Sekunden rauskriegt, nein, Handschuhe oder Butterbrote lassen sich so viel einfacher aus dem Schaltwerk entfernen.
ist der Antriebsstrang bei Dir auf der linken Seite?:confused:

Gruß
Felix

*) Der dann aber beim nächsten seitlichen rutschen etwas gedrückt hätte.

PS:
Wir beginnen natürlich nicht - wie alle anderen Handbücher
Was ist eigentlich mit dem Handtuch?:oops:
 
Zuletzt bearbeitet:
Antriebsstrang? Im Gegensatz zu den Menschen ist bei mir das Herz auf dem rechten Fleck, nämlich rechts.
 
wofür brauchts dann auf beiden Seiten eine Wartungsklappe? Normale Velomobile kommen doch auch mit einer Klappe rechts aus, wenn überhaupt.

Gruß
Felix
Ich glaube @Dynamik meinte rechts von vorn gesehen. So wie dein Herz, das ist von vorn gesehen auf der rechten Seite ;) Daher eine Klappe auf der rechten Seite (von vorn gesehen, Fahrtrichtung links)
 
Menschen haben auch zwei Herzklappen, warum soll ich nicht auch zwei Wartungsklappen bekommen. Uebrigens mit zwei Wartungsklappen gestaltet sich der Ausbau des Hinterrads noch viel einfacher. Man kann nämlich die Radachse von beiden Seiten fassen.
 
Aber die Luft muss er schon noch rauslassen - oder?
So ist es! Aber kann mir mal einer erklären, warum das so gebaut wurde? So teuer sind diese Carbonfasern auch wieder nicht, dass man daran hätte sparen müssen. Und der Mythos mit dem Geschwindigkeitsgewinn scheint mir etwas weit hergeholt. Auch die Begründung, dass, wenn man das Rad rausnimmt, die Luft eh schon raus sei, kann ich nicht gelten lassen.

Was ein echter VM-Fahrer ist - und Dynamik kann man schon irgendwie dazuzählen - , zerlegt sein VM in alle Einzelteile, bevor er auf Langfahrt geht. Und da muss eben auch das Hinterrad raus. Und zwar mit Luft drin!
 
Aber kann mir mal einer erklären, warum das so gebaut wurde?
ich kann mir vorstellen, daß für eine gute Traktion das Hinterrad möglichst nahe am Schwerpunkt sein sollte und für die Federung/Schwinge wird sowieso schon etwas an Platz gebraucht. Deswegen wird dort wohl auch geknausert und häufig ist die Luft eben für den Ausbau schon draußen.

Gruß
Felix
 
Das mit dem zu kleinen Radkasten war die Idee eines hier nicht mehr anwesenden VM-Bauers. Die Krankheit hat mein K leider auch noch.
Daher taugen die Anleitungen hier auch nur für eine kleine Schnittmenge an VMs, die dauernd auf der Seite liegen und ihr Hinterrad nicht hergeben wollen :)

Gruß,

Tim
 
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