AW: Langstrecke für Jedermann
Du kannst 15km/h schnitt über alles haben, das sind bei 300km z.B. 15h-Fahrt mit gemütlichen 20km/h und 5h-Pause.
Im Flachen vielleicht, bei nicht allzu viel Gegenwind. Hier im Hügelland musst du für einen 20er Fahrtschnitt über längere Zeit in der Ebene ständig so zwischen 25 -30 km/h fahren, und das schaffen nicht soo viele ganz locker mal nebenbei über einen ganzen Tag und dann noch in die Nacht hinein.
Ich schreibe nicht von Leistung, sondern von einer Person die es schafft immer im GA1 zu fahren, und bei den meisten Alltagsradfahrern wird der GA1 auf nem schnellen Rad sogar noch etwas höher gehen als nur 20km/h ohne Pausen.
Zu "Alltagsradfahrer": im Grunde ein hier irrelevanter Begriff, da er nichts über die antrainierte Ausdauer aussagt. Wer täglich so zwischen einer halben bis zu einer Stunde auf dem Rad fährt, und das womöglich noch eher im Sprint, der passt seinen Körper auf genau diese Anforderung an. Über seine Langstreckentauglichkeit sagt das wenig aus. Und ja, da sind auch sehr stark psychische Faktoren angesprochen, z. B. der "Biss", sich überhaupt an eine - (aus der Sicht von "Normalmenschen") - außerordentlich lange Strecke heranzuwagen.
Zu GA1: Auch das ist kein absoluter Wert, sondern hängt von mehreren Faktoren ab.
Theoretisch hast du recht, wer auf der gesamten Strecke in diesem Rahmen bleibt, kann auch vergleichsweise lange Strecken relativ mühelos bewältigen. Nur braucht es eben einiges an Erfahrung und zum Teil auch Selbstdisziplin, innerhalb dieser nicht genau definierten Grenze zu bleiben: Kennt doch jeder, da rollt es mal ganz gut, man trifft andere Radfahrer, die einen herausfordern und strengt sich stärker an, als es dem eigentlichen Plan entspricht, ohne dass es einem unbedingt bewusst werden muss. Auf jemanden, der seinen Körper und dessen Reaktionen noch nicht so gut kennt, trifft das erst recht zu.
Das ist bei GA1 nicht so einfach möglich. Hungerast bedeutet hauptsächlich Zuckerspeicher leergefahren, das merkt man daran dass sehr niedriges Tempo noch möglich ist, aber Leistungsspitzen nicht mehr gehen (schwere Beine). Sich die Beine leer zu fahren, passiert nur wenn man den GA1 verlässt.
Siehe oben. Dafür kann es etliche, auch total unvorhersehbare Gründe geben, die Unerfahreren natürlich eher drohen als den alten Hasen.
Im übrigen ist da gerade der Sommer mit seinen heißen Tagen keineswegs zwangsläufig die optimale Jahreszeit für Langstrecken: Überhitzung, zu viel Flüssigkeitsverlust durch zu wenig Trinken, Kälteeinbruch durch Gewitter, die zusätzliche Auskühlung durch Fahren in nasser Kleidung, etc...
Bitte tu also nicht so, als müsste man auf so einer Marathondistanz nur darauf achten, im GA1-Bereich zu bleiben, dass es quasi von selbst rollt.
Dazu kommt noch die ungewohnte Belastung durch die einseitige Haltung auf dem Rad. Ich selbst bin auf dem Rennrad früher auch Strecken von deutlich über 200 km gefahren, fühlte mich danach aber z.T. wie gerädert, einfach durch die Sitzposition, nicht durch die Anstrengung. Ich habe mein ganzes Rennradleben versucht, die für mich optimale Position und den bestmöglichen Sattel zu finden, mit äußerst mäßigem Erfolg. Ich bin offenbar kein Rennrad-Typ.
Die Entdeckung des Liegerades war für mich wie Heimkommen und heute würde ich mit einem Rennrad keine nennenswerten Strecken mehr fahren, egal mit welcher Intensität.
Bitte also auch den Willen nicht unter den Tisch fallen lassen. Mit innerem Widerstand gegen das Gerät auf dem er sitzt, wird kaum einer längere Strecken schaffen (wollen).
Ich würde behaupten die allermeisten schaffen ihren ersten 400er wenn das Wetter gut ist,
Einschränkung: Die "allermeisten, die sich bewusst zur Teilnahme entscheiden und in etwa wissen, was auf sie zukommt".
Bei dir klingt das so, als könnte ich x-beliebige Menschen von der Straße zusammenfangen, sie auf leichtlaufende Räder setzen und der Rest wäre dann kein Problem, falls sich alles im GA1-Bereich abspielt.
Glaub mir, die Probleme begännen schon damit, die Menschen auch nur dazu zu bringen, sich überhaupt auf den
Gedanken einer Teilnahme einzulassen, vom tatsächlichen Tun mal ganz zu schweigen.
Du scheinst das aus irgendeinen Grund zwar herunterspielen zu wollen, aber 400 km auf einem Rad - egal welchem - aus eigener Kraft und an einem Stück, sind durchaus eine Leistung, zu denen keineswegs jeder fähig ist, auch nicht jeder, der rein körperlich dazu in der Lage ist. Schon klar, das sind de facto mehr als die Willigen, aber dennoch: es kommt eben nicht nur auf die reine körperliche Leistungsfähigkeit an.
Nebenbei bemerkt: Sehr viele Menschen halten schon eine Strecke von 40 km für eine unvorstellbare Langstrecke, wenn sie sie aus eigener Kraft bewältigen sollen. Auch in einem Forum wie diesem sollten wir doch die allgemeinen Relationen im Auge behalten.
auch völlig ohne Erfahrung.
Tja, da wird es dann schon etwas kritisch, besonders wenn zur mangelnden Erfahrung auch noch Selbstüberschätzung und falscher Ehrgeiz dazukommen. Da kann dann unter schlimmen Umständen auch eine Tour, die deutlich kürzer als 400 km ist, zur Bedrohung der Gesundheit werden. Nicht zuletzt deshalb, weil in unserer Gesellschaft viele Menschen mangels Erfahrung kaum noch eine Beziehung zu ihrem Körper und seinen Reaktionen haben. Natürlich sagt er einem grundsätzlich, wann es ihm zuviel wird und was er nicht verträgt, das bringt aber wenig, wenn die Betreffenden nicht darauf hören (wollen) bzw. seine Signale einfach nicht verstehen.
Ich glaube hier fahren zuviele Langsstreckler auf Zeit und merken gar nicht, dass es ne ziemlich gemütliche Angelegenheit ist, wenn man wirklich die Maximalzeit ausnutzt.
Prinzipiell hast du da schon recht, auch Langstrecken können unter optimalen Bedingungen ganz gemütlich bewältigt werden, der Teufel steckt aber im "wenn", denn das ist eben nicht immer ganz so einfach einzuhalten.
Deshalb meine zwei Hauptpunkte:
Wer lange Strecken >100km fährt, hat durchaus das Recht, das als Leistung zu sehen und stolz darauf zu sein, auch wenn er dabei keinen Rekord aufstellt. Meistens ist dazu doch einiges an Selbstüberwindung erforderlich, denn wann hat man denn wirklich schon mal in jeder Hinsicht optimale Bedingungen?
Zweitens: Wer längere Strecken wie etwa Brevets plant, sollte sich langsam und allmählich daran annähern und sich nicht am Anfang zuviel zumuten. So locker, wie Ingmar das in der Theorie darstellt, dürfte die Praxis für die wenigsten aussehen, da so gut wie immer irgend etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommt. Deshalb kann ich auch nur den Rat geben, sich immer etwas Reserve für solche Fälle aufzubewahren.
Und zu meiner Person, damit ihr auch wisst, von wem der Rat kommt: Ich bin Vielfahrer mit ca. einer halben Million km in den letzten 25 Jahren. also ca. 20000km/a. Sind auch schon mal fast 30000 km geworden. Ich fahre allerdings nur Strecken,die ich innerhalb eines Tages auf eine Weise bewältigen kann, dass ich am nächsten Tag ohne Einschränkungen normal weiterleben und -arbeiten kann, und da liegt die Grenze bei mir etwa bei 250-300 km.
Ist bei mir jetzt hypothetisch, aber sobald ich merken sollte, dass mein Immunsystem geschwächt wird und ich anfälliger für Infektionen, Entzündungen und dgl. werde, würde ich mein Pensum sofort etwas zurückschrauben.
Genau dort sehe ich nämlich die möglichen Gefahren von (zu) langen Strecken: der Körper kann dabei durchaus ausgelaugt und überanstrengt werden, und genau das ist der Effekt, den ich durch Radfahren nicht erreichen will, im Gegenteil.