Ein kurzer Bericht von mir .....aus der Sicht der Liegeräder.....wieder auf der Rennstrecke im Betteshanger Park in England. Ist das schon 10 Jahre her? Wahnsinn wie die Zeit vergeht. Die Anreise am Donnerstag nutzten wir (Peter und Ich) um das Basislager aufzuschlagen und den üblichen Kram zu bewerkstelligen. Anbauzelt aufbauen, Kaffee kochen und die ersten Gespräche mit verschiedensten Leuten die aktiv oder passiv an der WM teilnahmen.
Die Zeltbefestigungshaken wollten nur widerwillig in den Boden. Wie beschreibt der Niederrheiner die Wettersituation: 'Furz trocken'. Die 5km lange Radrennstrecke mit Top Asphalt in Kent, eingebettet auf oder in eine Bergbau Abraumhalde mit grüner Baum- und Strauchbepflanzung. Die 3,2 km lange Rennstrecke befindet sich auf einer renaturierten Halde und ist in Form einer großen Niere, mit in der Mitte 2 Einschnürungen, geschnitten. Dadurch besteht die Möglichkeit je eine eingekürzte untere und obere Strecke (Top Loop) für Short Track Racing zu nutzen. Leider kann man als Zuschauer und natürlich als Rennfahrer den kompletten Track nicht überblicken. Das Drohnen Video in der Tube zeigt aber sehr schön die Strecke.
Am ersten Renntag erwartete uns sonniges, vollkommen untypisches England Wetter. Zuvor habe ich mich meiner Sammelleidenschaft in Deal gewidmet. Dank meines Brompton hatte ich eine schnelle Sightseeingtour Tour machen können. Deal- eine richtig schöne Stadt am Ärmelkanal.
Back on Track stand der 50m Sprint mit ~1500m Anlauf an. Zuvor gings noch um die Fahrzeug Abnahme der Racecom. Startnummern, Goodies und Klebetransponder wurden ausgegeben und der M5CLR mit Helm gecheckt. Listen wurden abgeglichen, alles prima. Los gings mit dem ersten Punkt: Flying Sprint über 100m, oder waren es doch Yards ;-). Es galt den optimalen Punkt mit 'All Out' Max zu finden. Einen Streckenanlauf von 4-500m bis zur Messlinie schien für mich optimal zu sein, hatte schon 2 Wochen vorher im Urlaub in Nord-Holland versucht den Punkt zu finden. Nicht unbedingt meine Disziplin, dennoch war ich mit 63,7 km/h laut Strava hoch zufrieden. Mehr war nicht drin. Peter Welk hatte nicht ganz die 60 geknackt. Beim durchgucken der Starterliste war eigentlich schnell klar wer sich um vordere Positionen in den einzelnen Klassen bemühte, daran sieht man auch immer wie klein das Starterfeld auch bei einer WM ist. Unsere direkten Konkurrenten legten wie erwartet mächtig vor. Da die deutschen starken TV Fahrer nicht gemeldet hatten, rechnete ich mir schon eine Platzierung unter den ersten 5 aus. Also war nach dem Flying Sprint alles im Soll und der nächste Renntag konnte kommen.
Tag 2 begann mit einem ausführlichen Briefing zum Renngeschehen. Mit einer stillen Gedenkminute für den verstorbenen Christoph Hipp wurde an sein Engagement für die HPV Szene gedacht.
Startaufstellung für das 2,1km lange Zeitfahren. Dieses mal der untere Kreis. Es ging nach dem Start recht flott in eine Rechtskurve und dann mit leichtem Rückenwind in den unteren Teil des Racetracks. Ich denke das die Vollverkleideten hier mit 80km/h unten ankamen. Ich hatte dort als Max Geschwindigkeit 61km/h. Blöd war nur das nach der letzten Biegung es wieder Richtung Ziel leicht hoch ging. Ich sach mal so: die Lokomotive schnaufte ganz schön. Auch hier war meine Platzierung wieder unter den ersten Dreien. Ich rückte näher an Sandro mit seinem Birk und Geoffrey Zockra heran. Alles lief bestens. Plötzlich war Platz 3 in der Kategorie partlyfaired Recumbent möglich. Edgar Teufel mit seiner schnellen Troytec/Birk Kombi platzierte sich auf den 4ten Rang und unterstrich nochmal seine Leistung. Peter ist dann mit seinem TiCa Lowracer auf Platz 5 gerutscht. Dadurch hatte er sich auch den Einzug ins schnelle Kriterium verbockt.
Aus der Reihenfolge der Sprints wurden die Teilnehmer am Mittag auf drei 60min Kriterium Rennen verteilt. Gerade in den Grenzbereichen solcher Einteilungen sollte man vielleicht nicht so einen harten Cut machen und vielleicht noch Starter auf freiwilliger Basis einen Gruppenwechsel zugestehen. Anyway die Gruppeneinteilung war gesetzt und galt auch gleichzeitig für das 15 Minuten Kriterium am nächsten Morgen. Das 3te 1h Kriterium war dann meins. Schnelle Velomobile, einige noch schnellere Einspurer und die UV und TV Riege auf dem 2,1k Kurs. Da war Spannung garantiert. Ich war schon recht nervös als die Startflagge fiel, schnell kristallisierten sich einzelne Grüppchen heraus. Gerade bei der UV Klasse lieferten sich Stijn und Marvin immer wieder atemberaubende Positionskämpfe. Dadurch wurde das Tempo immer wieder kurzzeitig angezogen. Ich hatte bis dahin gemerkt das das Rennen hier noch nicht entschieden wird. Ich hatte mich dann auch immer zurück gehalten und abgewartet. Und dann `patsch` ein lauter Knall, ein schlitterndes Geräusch und der Franzose Geoffroy Lelievre auf Zockra war plötzlich weg. Plattfuß. Damned... shit happens. Das ist ihm noch ein zweites Mal passiert, dann war er raus. Nach dem Rennen hatte er seine Schläuche um den Hals gewickelt und berichtete uns von den Plattfüßen. Also gings jetzt in diesem Rennen um Sandro und mich. Ich machte überhaupt keine Anstalten vorne zu fahren, weil die beiden Highracer Fahrer machten sich gegenseitig so madig. Da konnte man getrost auf seine Chance warten und entstehende Löcher wieder zu fahren. Das Intervalmässige Fahren sorgte bei Stijn van de Maele für Muskelprobleme. Er massierte sich wärend der Fahrt die Muskeln um den Krämpfen entgegen zu wirken. Für mich war auch klar das ich mich auf keinen Fall auf ein Kurzsprint auf der Ziellinie einlassen wollte. 300m vor der Ziellinie in einer leichten Bergaufpassage gegen den Wind? Nee, nicht gegen Sandro Bollina und seinem Birk Comet. Ungefähr 10 Minuten waren noch zu fahren, der Ausbruchsversuch musste kommen. Jetzt oder nie. Habs dann auch bis zur Glocke und bis zur Checkered Flag geschafft. Am Ende waren es dann 12sec Vorsprung. Bei den UVs hats Stijn auch geschafft aber es war wohl äußerst knapp. Der Tag war gelaufen und klang mit Nudeln ala Rabiata aus, natürlich gekocht auf dem Enders Brilliant Doppelflamm Kocher.
Gestärkt gings in den nächsten und letzten Renntag.
Direkt ab 930uhr waren 15min Kriterien angesagt. Die Gruppeneinteilung auch wieder wie am Tag zuvor, angelegt an die Sprint Platzierung. Peter war somit im 2ten und ich im 3ten Kriterium. Nach der Sinnhaftigkeit von einem 15min Kriterium vor einem 3h Kriterium brauchen wir erst mal nicht zu reden. Die 15 min Kriterien wurden schnell abgehakt. Bei diesem kurzen Krit war es sehr wichtig einen guten Startplatz zu erhaschen. Ich hatte mich dann mit meinem schmalen M5CLR direkt auf der Startlinie zwischen Richard 'Dooxie' (danke nochmals für die erste Kurve) und einem anderen Velomobilisten gequetscht. Direkt vom Start ging die Post ab. Schnitt von 48,8km/h in einem zerstückelten Feld sagt glaube ich alles. In der 12minute dann das entscheidende Manöver bzw. der entscheidende Antritt vom Franzosen. Sandro war eingekesselt zwischen anderen Fahrzeugen. Ich hab mich dann die letzten 3 Minuten bis ins Ziel hinten an den Franzosen dran gehängt. Perfekt. 2ter Platz im 15min Kriterium. Nächster und letzter Programmpunkt war das 3h Kriterium mit 120 Aktiven auf dem 3,25k Kurs. Ich hatte noch kurz die kompletten Klamotten gewechselt um genug Food und Flüssigkeit verstauen zu können. Da hat man es natürlich im Velomobil einfacher. 6Gels und 2,5L verdünnter Traubensaft mit Frubiase verteilt im Trinksack und in einer Plastikflasche mussten reichen um durch die 3stündige Fahrt ohne Anzuhalten zu kommen. Jeder hat da so sein eigenes Verpflegungskonzept für eine Ausdauerleistung.
Der Start rückte näher und die Positionen wurden eingenommen. 3-2-1 Go! Das Rennen war eröffnet, schnell war die Rotte gefunden und der Zug gebildet. Wir fuhren mit 2 Highracern und 3 Teilverkleideten so um die 45km/h immer mit kurzzeitigen Spitzen um die 50km. Für die Spitzen sorgten unsere beiden Highracer Piloten Stijn van de Maele aus Belgien und Marvin Tunnat aus Deutschland, die sich keinen Meter schenkten auf den 3h. Immer wieder Attacken von Marvin um Stijn aus den Windschatten zu bekommen. Da wurde sich nichts geschenkt. Stijn wartete auf seine Chance. Es sollte dann in der UV Klasse wirklich auf den letzten Metern entschieden werden. Stijn wurde zum 4ten male Weltmeister in der UV Klasse. Glückwunsch nach Belgien. Der Zug mit den TVs wurde ab und an von den verschiedensten TVs und UVs durchgemischt. Gerade im letzten Zeitdrittel kam es immer wieder zu Situationen die rennentscheidend werden konnten. Eine Situation brachte mich auch ganz schön auf die Palme bzw. fast zum Abbruch. Die Gruppe mit Sandro, Stijn, Marvin, Geoffroy und mir wurde plötzlich bei 2h30min von den überrundeten Avenet und Lhostis durchmischt und übernahmen dann auch in einer Runde die Führungsarbeit. Wir steuerten dann zügig auf die Gerade zu, Sandro hatte sich dann schon links eingeordnet und hatte wohl schon geahnt was passiert. Avenet hält die Spur, ich 5cm hinter ihm, hinter mir mit leichtem Versatz Lhostis mit seinem NOCOM. Plötzlich bremst Avenet um sich ein Getränk anreichen zu lassen. Ich fahre ihm hinten ins Heck und Lhostis kommt hinter mir mit seiner Pedale in mein 3spoke, rutscht weg und legt sich erstmal ab. Ich komme ins trudeln und buchsiere das Rad gerade soeben in die Ausfahrt. Sofort verkrampfte sich meine Beinmuskulatur und ich war mächtig sauer, das ich am liebsten...
Jochem Leemans hatte die Situation auch gesehen, kam sofort herbei geeilt und konnte mein Bike halten. Thanks dafür Jochem. Mein Zug war natürlich weg. 30Minuten waren nur noch zu fahren. Ich hockte mich dann wieder auf den Lowracer und versuchte meine Muskulatur zu entkrampfen und wieder in einen Rhythmus zufahren. Nach der zweiten Runde war ich wieder wohlauf und fuhr mit 43km/h wieder auf die Gruppe um Sandro und Geoffrey. Die Gruppe fuhr mit ca. 40km/h was mir jetzt zu langsam erschien und bin direkt vorbei gefahren. Die letzten 10 Minuten hatte ich immer wieder über den Spiegel meinen Rückraum kontrolliert. Ich wollte mich nicht überraschen lassen. Dann kam die Glocke für die letzte Runde: nochmal die letzten Reserven raushauen...all out....Puls am Anschlag ...Zielflagge..fertig...TV Weltmeister. 2ter Sandro Bollina (Birk Comet) , 3ter Geoffroy Lelievre (Zockra), 6ter Peter Welk (M5TiCa) und 7ter Edgar Teufel (Troytec/Birk). Bei der Siegerehrung gab es als Sieger Trophäe ein Drahtmodel von der jeweiligen Fahrzeugklasse, überreicht von Mike Burrows. Thanks a lot BHPC, they did an amazing job and keep on the good work. Thanks.
HannsST,
(Pix by me, Steph Mills und Mevrouw van der Maele)