Ich komme mir ja bald vor wie an einem Laufsteg der nächtlichen Eitelkeiten -
Das Sehen in der Nacht ist kein Spaß, sondern verflucht reale Notwendigkeit. Zum Sehen gehört zwangsläufig auch das gesehen werden, welches automatisch ersterem folgt.
Ich hasse es wie die Pest, wenn ich auf unbeleuchteter Straße auf einmal eine dunkel gekleidete Knalltüte ohne Licht gerade noch rechtzeitig entdecke, während ich zum Beispiel wegen einem Fußgänger einen halben Meter oder mehr ausholen muss. Diese von Allmacht beseelten Freibriefler haben dabei sogar noch den Vorteil, dass ich ihnen ein Stückchen Weges zum Tage mache. Trotzdem sehen sie in ihrer Schwarzumnachtung nicht ein, selbst für ein Ausweichen oder eine kurze Geschwindigkeitsreduktion zu sorgen, sondern überlassen es dem, der sie gar nicht sehen kann.
Bei zwischenmenschlichen Beziehungen würde man ein solches Verhalten wohl als fehlende Fähigkeit zur Empathie einordnen, im Verkehr hört für mich alles auf. Es ist mir völlig wurscht, ob mich jemand versteht oder nicht. Im Zweifel - und wenn ich ihn mag - gibt es sicher genügend Gelegenheiten, zumindest eine Basis zu finden. Im Verkehr aber ist es genau in der Sekunde des Zusammentreffens auch schon vorbei. Hats gekracht, ist der schwarze Mann zwar der Depp, doch ich bin möglicherweise in der Folge ein lebenslanger.
Wenn mir jemand erklärt, dass solche Typen sich so sehr auf das Fahren ohne Licht einstellen, dass ihnen in der Regel vielleicht sogar weniger passiert als den erleuchteten, hat er solcherlei Begegnungen der höchsten Unart allzu selten gehabt. Zu seinem Glück!
Wir dürfen bei den versuchten Wertungen von Annahmen nicht irritieren lassen, dass Radfahrer und Radfahrern nachts nicht ganz so schnell fahren und fast alle nicht mehr außerorts auf völlig unbeleuchteten Straßen. Insofern dürfte die absolute Zahl der Unfälle zwischen Radlern, bei denen zu wenig Licht am Baum war, relativ klein sein. Auch mir ist ehrlicherweise außer fürchterlichem Schreck bisher noch nichts passiert. Das lag aber nicht am Schwarzkittel, sondern an meiner immer noch ausgezeichneten Reaktionsfähigkeit bei gleichzeitig großer Radlererfahrung auf allen Untergründen und Streckenführungen. Da entsteht irgendwann ein 10ter Sinn, eine seherische Fähigkeit, wo es durch fehlende Birnen nichts haptisches zu sehen gibt.
Anders sieht es beim gemischten Verkehr aus. Und diesmal gibt es wahrlich keinen Grund, Autofahrern Rüpelhaftigkeit zu attestieren, wenn ein Selbstmordradler durch die Stadt geigt. Nicht umsonst liegen die Maschinengewehre der Mafia immer im Geigenkasten...
Meine Bitte: macht aus Euren Rädern keine lichtflutenden Billigbuden, sondern klar definierte, in ihren Dimensionen, Fahrtrichtungen und Aktionsplanungen eindeutig und schnell (Sekundenbruchteile) erkennbare Gefährte. Alles andere ist Schnickschnack für den Jahrmarkt und die Hausparty.
Was aber gerade bei unseren Mehrspurern nachts gar nicht oder kaum erkennbar ist, scheinen mir als Abbiegeanzeiger herausgestreckte Arme. Meine Frau fuhr einmal vor mir und vergaß, dass sie Blinker von
@TitanWolf spendiert bekommen hatte. "Strecke wenigstens den Arm raus!", sagte ich ihr danach. "Habe ich doch....". Ein UP-Mitrad oder ein EssYouWie-Driver kann von seinem Gipfelkreuz das Ärmchen gegen den schwarzen Asphalt im Tal noch weniger unterscheiden. Da wäre es wohl besser, sich das Herausstrecken zu sparen, damit er nicht vor dem Abbiegen schon abgefahren wird.
P.S.: Gestern ist mir zum x-ten Mal in den letzten Tagen wieder so ein Schwarzfahrer auf einem Nebenweg begegnet. Ausgerechnet in einer Linkskurve, in der mein Licht rechts neben die Fahrbahn leuchtet. Ich weiche einer Fußgängerin aus und sehe im letzten Moment das Früchtchen haarscharf an mir vorbeipreschen. Der hat garantiert zwar mein Licht, nicht aber die Fußgängerin gesehen. Oder sie war ihm schlicht genauso egal, wie andere Menschen an sich. Ein ganz kleines Bisschen hat mich das aufgeregt. Ein ganz, ganz kleines Bisschen....