Auch von mir erstmal vielen Dank an Arne (
@Brelinger Riese) für die Organisation dieser tollen Veranstaltung.
Ich bin mit dem Liegerad mitgefahren. Für mich war es die erste Fahrt über 300km an einem Tag. Trotz aller guten Vorsätze war ich am Anfang auch viel zu schnell. Die ersten fünf Runden bin ich an einer kleinen Rennradgruppe drangeblieben, aber im Windschatten zu fahren ist ja unsportlich, wenn man selber keinen geben kann, und den Rest der Tour bin ich dann alleine gefahren. Mein eigenes Tempo zu fahren fühlte sich wirklich viel besser an, obwohl ich die zweiten fünf Runden dann eher noch schneller durchgeheizt bin. Die ersten zehn Runden lagen immer so etwa bei 30 Minuten pro Runde (+- 2 Minuten).
Die Strecke war nahezu flach. Mein Navi zeigte mir laut barometrischer Höhenmessung ca. 15 Höhenmeter für den ersten Anstieg an, und 34 Höhenmeter für den zweiten, als 49 Höhenmeter pro Runde (Garmin Connect zeigt mit Höhenkorrektur knapp 46 Höhenmeter pro Runde an). Gemessene Rundenlänge 16,8km.
In den ersten Runden liess ich mich daher auch dazu verleiten, die Anstiege ohne gross runterzuschalten einfach hochzubolzen. Das bereitete mir in der 10ten Runde Krämpfe in den Oberschenkeln, und ab dann hiess es, den Anstieg mit hoher Kadenz hochzukurbeln. Damit hatte ich bergauf immerhin noch 22-25km/h die ich gut für den Rest der Zeit halten konnte.
Pausen hab ich alle fünf Runden gemacht. Zwischendurch hatte ich überlegt, das Pausenintervall auf sechs Runden (also 100km) zu erhöhen, aber der Körper hat sich immer deutlich gemeldet, wenn eine Pause fällig war. Nach 20 Runden war es 23:48, und die erste längere Nachtpause war fällig. An dieser Stelle stellte sich mir erstmals die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Weiterfahrens. Also hab ich mich ins Zelt gelegt und wollte eigentlich bis 02:00 schlafen, aber ich war noch so aufgeputscht, dass an Schlaf nicht zu denken war (zumal die laute Musik von dem Biker-Clubhaus auf dem Gelände auch jeden Schlaf verhindert hat). Da ich eh nicht schlafen konnte, bin ich um 01:30 aus dem Zelt raus, hab mir ein oder zwei Becher Kaffee gemacht, und sass dann pünktlich um 02:00 wieder auf dem Rad. Zum Glück war es die ganze Nacht lang trocken, und jetzt hatte sich der Himmel sogar aufgeklärt und man konnte ein paar Sterne sehen. Die Teilnehmerschaft hatte sich deutlich ausgedünnt, und es gab nur noch sehr selten Begegnungen mit anderen Fahrern. So war auch ich dankbar für die Velomobile, die regelmäßig an mir vorbeibollerten, und mir die Sicherheit gaben, nicht ganz allein auf der Strecke zu sein.
So kam ich die ganze Nacht durch gut voran und genoss auch die wechselnden Farben des Nachthimmels. Nach 25 Runden war es kurz vor fünf, und es war inzwischen wieder hell. Ich hab in der Pause mein Nabendynamolaufrad wieder durch das normale Laufrad ohne Dynamo ersetzt, und bin dann um 05:18 wieder ohne Licht weitergefahren. Die Krämpfe hatten sich nicht wieder gemeldet, und die Knie haben auch erstaunlich gut mitgemacht. Rein rechnerisch hatte ich noch genug Zeit, um auf 36 Runden, also 612km, zu gehen.
In der 29. Runde (nach 493km) kam dann ganz plötzlich eine schwere Müdigkeitsattacke, und ich konnte mich kaum noch auf dem Rad halten. An die 600km, die bis dahin noch in greifbarer Nähe wirkten, war plötzlich nicht mehr zu denken, und ich musste erstmals eine Pause nach weniger als 5 Runden machen. Es war 07:43, ich hatte also noch mehr als vier Stunden. Zeit genug, um mich zu erholen, und dann ganz entspannt zumindest noch die 500km voll zu machen. Ich legte mich wieder ins Zelt, und diesmal konnte ich sogar eine Stunde lang schlafen, bis mich der Wecker wieder wach machte. Ich setzte mich ans Feuer. Von jeglichen Leistungsgedanken befreit sass ich dort noch ein Stündchen bei Kaffee, Brötchen, Bananen, und netten Gesprächen.
Um 09:56 sass ich dann wieder auf dem Rad, und mit frischer Energie erreichte ich nochmal Rundenzeiten von unter 32 Minuten (nachdem ich in der Nacht eher bei 34 Minuten pro Runde gelegen hatte). Mit der 30. Runde hatte ich um 10:28 die 510km Marke erreicht, und hatte nun noch genau anderthalb Stunden Zeit. Knapp zu wenig, um noch drei Runden @32 Minuten zu fahren, und grosszügig viel Zeit, um noch zwei Runden zu fahren. Um 11:02 begann ich die 32. Runde. Im Rückspiegel sah ich mit ein paar hundert Metern Abstand einen Rennrad-Pulk hinter mir, der mich motivierte, nochmal alles zu geben, um diesen Abstand zumindest nicht kleiner werden zu lassen. Bei diesen unerwarteten Leistungsreserven stellte sich die Frage, ob ich nicht doch noch eine 33. Runde schaffen würde, aber noch eine Runde in diesem Tempo würde ich nicht durchhalten, und ich hatte es so verstanden, dass angefangene Runden nicht gewertet werden. Um 11:32 rollte ich dann mit einer Rundenzeit von 30:26 ins Ziel. Da es klar war, dass ich die nächste Runde nicht in 28 Minuten schaffen würde, liess ich diese letzte halbe Stunde also verfallen und beendete meine Tour nach 23 Stunden und 32 Minuten, mit insgesamt 32 Runden (oder 544km), und einer aktiven Fahrzeit von 18:28 mit einem Schnitt von 29,1 km/h.
Die längste Strecke unter den Rennradfahrern hat ein älterer Herr mit 40 Runden / 680km geschafft. Er ist (relativ) langsam aber stetig einfach weitergefahren und hat kaum Pausen gemacht. Darin sehe ich auch noch deutliches Verbesserungspotential für mich, dass ich mir für solche Langstrecken die Kraft viel besser einteile, und mich nicht dazu verleiten lasse, die ersten 150km zu schnell zu fahren, um damit alle überschüssige Energie zu verballern.
Insgesamt war es eine super Veranstaltung, und ich freue mich auf weitere Langstrecken-Events, von denen dieses eben mein erstes war.