Nach Süden, nach Süden

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... wollten wir fliegen, das war mein allerschönster Traum.

So isses nun geworden, denn ich habe mich entschieden, die Mecklenburger Seenplatte plus Ostsee aufgrund akut unschönem Wetters sausen zu lassen und die Kiste doch lieber nach Südwesten zu lenken.
Eine Rundfahrt an den französischen Schiffahrtskanälen soll es werden, mit 300km Anreise und dann jeden Tag gut 200km, am letzten Tag nochmal gut 300km bis nach Hause, da isses ja auch egal, wann ich ankomme. Mich haben die Kanäle in Frankreich interessiert, seit ich zur vorletzten WM in Frankreich war und dorthin am Rhein-Rhone-Kanal gefahren bin. Es gibt ja da noch eine große Menge mehr davon, und bei den meisten wurde dem Vernehmen (und Google Maps) nach in den letzten Jahren der Treidelpfad asphaltiert. Also habe ich eine 7-Tages-Runde zusammengestellt, die u.a. am Rhein-Rhone-Kanal, am Canal du Centre, am Loire-Seitenkanal, am Canal du Nivernais, am Canal du Bourgogne, an der Saone und am Canal de Vosges langgeht (Rechtschreibfehler seien mir bei den französischen Bezeichnungen verziehen, denn Je ne pas parlais francaise. Das ist für mich auch der Punkt, der mich am meisten zögern ließ, die Runde in Angriff zu nehmen - die Franzosen sprechen ja bekanntlich nicht so gern Fremdsprachen. Ich bin gespannt!

Losgefahren bin ich gestern gegen 7Uhr (ok, es war 7:15, ich werd es wohl nie on time schaffen) und es war Superwetter bis nach Neuf-Brisach, auf den bekannten Campingplatz. Das war ja im Prinzip ich-fahre-auf-die-Spezi mit Verlängerung. Sonst warte ich ja immer gespannt darauf, wann mich die Freundlichen das erste Mal anhalten, gestern hat es schon in Wörth geklappt! Ich war begeistert. Sie waren beeindruckt, wie ich leicht bergan die Rennradfahrer auf dem Radweg nebenan abgezogen habe, konnte sich jedoch nicht verkneifen, mir die Benutzung eines ebensolchen so oft wie möglich ans Herz zu legen. In Frankreich bin ich diesmal schon ab Straßbourg am Kanal lang gefahren, das war in der Stadt so lala und von ein paar Überraschungen begleitet, außerhalb dann sehr ok (im Vergleich mit den rauhen französischen Straßen), hin und wieder ein bißchen wellig, aber sonst sehr hübsch. Es war sehr warm - aber das habe ich mir ja so gewünscht. Nach 300km bin ich dann 17:30 angekommen und habe einen sehr netten Australier kennengelert, der seit seiner Verrentung im Februar mit dem Rad die Welt bereist. Es war sehr cool, seinen Abenteuern zuzuhören und ihm ein paar Hinweise zur geplanten Strecke am Rhein nach Holland zu geben.

Heute dann von Neuf-Brisach nach Osselle am Rhein-Rhone-Kanal, etwa 20km nach Besancon. Durch diverse Verfahrer waren es 215 statt 207km, und irgendwie hab ich den Tag gut rumgekriegt, ich war genau zu Sonnenuntergang da. In Montbeliard war ich nochmal im Decathlon (sehr nah am Kanal), denn ich hatte neben dem Quark und der Vanillemilch im Kühlschrank leider auch meinen Spork in der Schublade daheim vergessen. Es war sehr warm! Die Landschaft ist toll, insbesondere im Bereich zwischen Baumes-les-Dames und Besancon, den ich beim letzten Mal ja nicht bereist habe. Ich habe diesmal alle höhenmeterreichen Schlenker des EV6 ausgelassen, ob das immer so eine gute Idee war.. naja, dazu schreib ich nochmal was, wenn ich wieder daheim bin. Besancon konnte ich mir immerhin mal für 1h anschauen, hauptsächlich habe ich aber einen Supermarkt gesucht in der Stadt. Und ich habe Orangina getrunken, ohne dem ist ja kein Frankreichurlaub so richtig real hab ich mir sagen lassen.

Es ist übrigens sehr schön hier! Die Leute grüßen nett, und wenn sie meckern, verstehe ich es nicht.

Ich häng jetzt mal noch ein paar Bilder an, aber erstmal den Beitrag fertig absenden, bevor er noch verschütt geht.
[DOUBLEPOST=1568659846][/DOUBLEPOST]Noch in Deutschland:
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Abend über den Vogesen - da gehts drumrum:
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Nur meine Arbeitskollegen können die Tragweite dieses Bildes begreifen. Das gibts hier einfach so im Lidl zu kaufen - jeden Tag:
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Am Hafen von Dannemarie:



L Etape, ein Radladen mit Imbiß, am Kanal:
 
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Gute Entscheidung @Martin, im Norden ist es kalt und regnerisch geworden.
Die Strecke nach und um Besancone sind wir zur WM auch gefahren. Sehr schön, genieße es und weiterhin viel Spaß!
 
(y)
Ich wünsche Dir ein paar schöne Tage mit tollen Eindrücken und netten Begegnungen.
Und lass uns bitte weiter ein wenig teilhaben.
Die Kekse kannste ja per Post ins Büro schicken.;)
 
Schöne Touridee - Deine Strecke an den diversen Kanälen würde mich etwas genauer interressieren. Als Freiburger kenne ich natürlich die Kanalstrecken zwischen Straßburg, Mulhouse , Montbeliard und entlang des Doubs bis Dole recht gut, außerdem auch die Strecke entlang der Moselle westlich der Vogesen sowie den nördlichen Vogesendurchstich bei Saverne. Der Hafenkiosk bei Dannemarie ist bei jeder Jura-Tour gesetzt :D. Alles andere wäre Neuland für mich.
Hättest Du mich doch in Breisach aus dem Büro abgeholt, dann wäre ich am liebsten mitgefahren ;)
 
Das mit den Bilder hat ja total gut geklappt gestern ... dank toller Mobilinternetverbindung.

Heute bin ich von Osselle nach Digoin gefahren, erst am Rhein-Rhone-Kanal und dann ein Stück an der Saone bzw. auf Straßen daneben und dann ab Chalon-sur-Saone am Canal du Centre lang. Der war im ersten Teil total toll (davon unten ein Bild), wurde dann Richtung Scheitelhaltung etwas schlechter (Straße direkt daneben und nicht nur Radweg), auf der Scheitelhaltung gab es nicht den bei OSM versprochenen Weg (wirklich, ich habe gesucht) und irgendwann im absteigenden Teil wars dann sehr industriell, mit städteplanerisch einwandfrei einbezogenem Naturzugkühlturm (ich war leider zu schnell aus der tollen Sichtachse raus
und es war zu viel Verkehr, um ein Foto zu machen), und die zweite Hälfte ging dann wieder, zwar auch Straße neben dem Kanal, aber nicht sehr befahren und qualitativ so lala, aber immerhin ging es ja tendenziell abwärts.

Zu Anfang hat mich heut der erste Platten rechts vorn erwischt, eine böse kleine Glasscherbe. Da war ich noch nichtmal richtig warmgefahren, die Sonne war da leider auch grad nicht an der Stelle und mit noch recht nassen Klamotten dann nen neuen Schlauch einziehen ist auch nicht so die Welt - ok, es hat nicht geregnet und es war nicht richtig kalt oder dunkel. Man soll ja die positiven Sachen sehen. Kurz vor Paray-le-Monial hat mich eine Gruppe alter Herren auf Rennrädern gestellt (weil ich gerade am Straßenrand was gegessen habe - ich hatte sie vorher mal irgendwann überholt) und mich 10min lang festgehalten und französisch beaufschlagt. Einer konnte bissl Englisch, so daß ich wenigstens ein paar Informationen unter die Leute bringen konnte.
Was war sonst noch? Nur Sonne, warm, aber teilweise französische Straßen und ein paar Kanalradwegabschnitte, von denen ich abraten würde (hoffentlich finde ich das in der Nachbearbeitung daheim auch wieder). Ich sitz jetzt auch noch schön im T-Shirt draußen und genieße meine Kartoffel-Salz-Sticks. Es gibt hier übrigens Orangina-Fake im Aldi. Der Campingplatz ist recht voll, ziemlich teuer - im Gegensatz zu dem von letzter Nacht, der war ziemlich günstig, auch ok (nur mit wenig Infrastruktur für Leute ohne Mitnahmewohnung), sogar mit See und englischsprachigem Empfang, aber eben sehr leer. Aber hier sind eigentlich auch nur motorisierte Urlauber am Start.

Jetzt noch der Spoiler zu den Keksen:
Ich habe, als es genau die Kekse im Lidl im Angebot gab (sind keine Standardware) zwei Kisten á 20 Rollen für auf der Arbeit essen gekauft, weil sie so gut schmecken. Die Kollegen waren begeistert.

@ccp Ich wede versuchen, mich dazu zu motivieren, nach der Reise noch ein paar Infos zur Strecke reinzuschreiben. Ich denke, das kann für den einen oder anderen als Kurzurlaub schon interessant sein.
[DOUBLEPOST=1568749565][/DOUBLEPOST]Die habe ich heute in die ewigen Abfallgründe geschickt, die guten Holzhau-Socken:

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Dole im Sonnenschein:

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Au Revoier Saone erstmal:

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So schön wars am Kanal:

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Und hier in Digion ist eigentlich alles ziemlich abgeranzt, spannend ist nur die Kanalbrücke über die Loire und die Kirche, von der man aber, wenn man nicht direkt davorsteht, nichts sieht. Blick auf die Loire an der Kanalbrücke direkt zu meiner Ankunft:

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Das ist dann schon bissl später:

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Ich wünsch euch was (und mir auch, nämlich daß alles ganz bleibt und gut läuft morgen)!
 
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Sehr schön, da kommen doch glatt wieder Erinnerungen hoch, denn bis Dole bin ich praktisch die selbe Strecke gefahren. nach Dole aber nicht Richtung Chalon sondern Richtung St Germain du Bois. Weiterhin gute Reise und wenn man mit dem VM in Frankreich unterwegs ist, braucht man ja immer nur diese eine Frage beantwortenund dafür brauchts nicht viel französich
est-ce électrique? :D
 
Ach ja, an der Kanalbrücke über die Loire in Digoin war ich im letzten Sommer, Stop mit Wohnmobil auf dem Rückweg vom Atlantik. Wir hatten diesmal nur Falträder dabei und sind dort ein wenig am Kanal herumgeradelt, leider kein Vergnügen auf diesen Noträdern. Trotzdem dachte ich: hier müsste man mal mit einem gescheiten Rad hinfahren. Gute Weiterfahrt !
 
So ihr Lieben,

will ich doch erstmal die guten Punkte vom heutigen Tag erwähnen: Es sieht so aus, als wenn noch alles ganz ist. Es war wieder sehr sonnig, außer ganz in der Früh. Der Canal du Nivernais ist wirklich sehenswert.

Für alles andere habe ich mir unterwegs tausend Formulierungen einfallen lassen, aber alle wieder vergessen. Es war viel anderes,..
Noch auf dem Campingplatz war erstmal wieder der Reifen platt. Ich hatt einen neuen Schlauch eingezogen gestern und der hat immerhin den ganzen Tag gehalten. Ich gebe zu, daß eine Kastenfelge mit zwei Lagen Gewebefelgenband nicht das Optimum darstellen, aber es ging bis jetzt IMMER. Dieser neue 6A Schlauch sah das halt anders. Tod über Speichennippel. Ich hatte noch einen neuen Schlauch und einen mit vier Flicken. Ich hab natürlich den mit 4 Flicken reingemacht. Der hat heute über den Tag gehalten, das läßt hoffen. Dann mußte ich leider feststellen, daß angebrochene Gummilösung irgendwann quasi leer ist, weil das ganze Lösungsmittel doch verdunstet. Schade, denn da konnte ich den ausgebauten Schlauch nicht gleich wieder reparieren. In Decice habe ich dann bei einem E.Leclerc Sport für sagenhaft günstige 1,30 ein Flickenset erworben, nicht ohne dem Verkäufer erst zeigen zu müssen, was ich denn genau brauche. Der Weg bis in diese Stadt (und bis ich ein Radgeschäft gefunden hatte) war allerdings steinig, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ich weiß jetzt, wie die tollen französischen Straßen gemacht werden, denn ich war live dabei. Und ich empfehle jedem, der auch mal in diesen Genuß zu kommen droht, JEDEN Umweg in Kauf zu nehmen. Die besprühen wahrscheinlich leicht mit Bitumen vorimprägnierte Steine mit irgendeiner Teerpampe, und die klebt nicht nur super an Rennradreifen, sondern liest auch noch viel superer dauerhaft alle Arten von Zeug von der Straße auf, ohne dabei vom Reifen abzugehen. Ich habe nach der Baustelle versucht, das Zeug wieder vom Reifen zu kratzen: Zwecklos. Dann habe ich Blut und Wasser geschwitzt, daß sich keiner der kleinen bösen Steine durch die Lauffläche arbeitet. Nach 10km oder so war dann der linke Vorderreifen wieder halbwegs sauber, der hintere ließ sich halbwegs reinigen, nur der rechte vordere war noch immer klebrig hoch drei. Ich hab gepult wie ein Held und dann den Reifen puderzuckerartig bestaubt. Und ich hatte Glück: Keine Panne.. puuuh.
Die letzten 20km Straße vor Decice waren dann nochmal zum Ignorieren schön, so gut war der Straßenbelag. Ich dachte, es könnte heute nicht schlimmer kommen - ich hätte mich nicht mehr irren können.

Offensichtlich war ich verwöhnt von den Vortagen. Offensichtlich hatte ich zu große Erwartungen an den mußtmaßlich schönesten Kanal Frankreichs. Wegetechnisch war es eine Katastrophe. Es fing schlimm an. Es wurde nicht besser, sondern teilweise eher schlechter. Wenn sich die Wegebauer nur halb soviel Mühe gegeben hätten wie die Kanalbauer einst.. haben sie aber nicht. Ich bin gute 130km oder so an dem Kanal langgerumpelt. Ich kam mir vor, als ob ich stehe. 30 war schon toll und es hat echt keinen Spaß gemacht. Immer mal wieder dachte ich: Ah, jetzt wird der Belag besser! Nix da. Es war nicht schön. Man kann dort mit nem Zweirad mit dicken Reifen sicher ganz toll langcruisen, aber fürs Velomobil isses nüschts. Die letzten 40km bin ich dann nur Straße gefahren, weil das dort dann zum Glück ging ohne zuviel Mehr-Höhenmeter, und die Straße war auch ok von der Qualität her. Schade, aber besser für Mensch und Material.
Schlußendlich bin ich dann an Vincelles vorbeigefahren bis nach Auxerre, einerseits, weil ich da endlich mal wieder richtig fahren konnte und mich versicherte, daß die Kiste ja doch läuft und andererseits wegen den Einkaufsmöglichkeiten. Dann hab ichs morgen bissl kürzer.
[DOUBLEPOST=1568834146][/DOUBLEPOST]Und noch ein paar Bilder (heute wieder über mobiles Internet, von dem ich nicht soviel habe, deshalb keine Schönheitskontrolle der Hochladeanordnung):

Ein toller Bahnradweg an der Loire (und es wird doch Herbst, nachdem es am Montag teilweise noch nach Frühling aussah):

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Man sieht das nicht richtig, in echt isses viel toller, das sind 3 Schleusen direkt übereinander mit ganz wenig Abstand (keine Abstellteiche dazwischen):

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Da haben sie gebuddelt wie die Helden und Tunnel gebaut an der Scheitelhaltung, es war sehr beeindruckend - und das alles für eine Wasserstraße:

20190918_144028.jpg Das war schon ziemlich weit unten, ich hab noch mehr solche Kalk(?)wände gesehen:

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Und die blaue Maus hat ganz viele neue Kratzer am Unterboden:

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Hallo zusammen,

ein paar Worte zum heutigen Tag, Bilder gibts wahrscheinlich keine, dazu ist das Internet auf dem Campingplatz in Dijon zu schlecht. Es gibt nur 3G und kein H+, und damit wird das nix.
Heute war wieder ein angenehmerer Tag. Aber der Reihe nach: Da ich ja gestern bis Auxerre gefahren bin und heute auch ein bißchen weiter wollte als eigentlich geplant, um morgen die 240km etwas zu verringern, hatte ich mich entschieden, gleich direkt nach Tonerre an den Canal du Borgogne zu fahren und nicht den Bogen mit etwa 30km mehr über die Kanalnordschleife. Ob das so ne gute Idee war.. es ging doch ganz ordentlich hoch und runter auf den gut 40 Kilometern und ich hab meine Beine gut belastet, um die beladene Kiste da drüber zu drücken. Es war heute morgen recht kühl und den ganzen Tag über sehr windig, aber die Sonne schien wieder schön. Der Weg am Canal du Borgogne ist im ersten befahrenen Teil besser als der gestrige, aber nur so bissl. Das hat mich dann dazu gebracht, einige Kilometer auf der Straße zu fahren, aber das war auch nicht ganz ohne Höhenmeter. Ab Buffon bin ich dann wieder an den Kanal und der Weg war zum Teil regelrecht gut! Es gab heute mal einen Platten auf der linken Seite vorn, durch einen eingefahrenen Dorn verursacht. Das Panorama war im Aufstieg schon teilweise sehr hübsch, mit immer einer neuen Schleuse nach der nächsten Biegung, die da auf einen gewartet hat. Hatte schon was von Bilderbuch. Der Weg nach Pouilly-en-Auxois (Scheitelhaltung) zog sich dann, der Weg am Kanal war wieder so schlecht, daß ich auf der Straße gefahren bin, die da auch nicht gerade toll war, aber dafür mit ein paar ordentlichen Stichen gespickt. Von dem Ort hätte ich mir etwas mehr erwartet, immerhin haben die dort einen 3,3km langen Kanaltunnel. Dafür hat dann der Abstieg entschädigt, insbesondere im ersten Teil fantastische Aussichten, und das bei akzeptabler Wegqualität.
Jetzt bin ich auf dem Campingplatz in Dijon, der ist leider nicht sehr schön. Aber es gab günstig Trauben (aus Italien..) im nächsten Supermarkt. Ein bißchen Luxus muß sein!
 
Juhu, WiFi! Bilder von gestern:

Als erstes der elektrische Schlepper unter dem Dach in Pouilly-en-Auxouis. Ein Bild davon gibts auch bei Wikipedia, aber halt ohne Velomobil. Und in echt sieht die ganze Konstruktion auch nicht mehr so dreimal taufrisch aus (Velomobil UND die Überdachung vom Schlepper):

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Ein Bild vom Anfang des Kanaltunnels an der Scheitelhaltung, ein Wahnsinn, was die damals schon gebaut haben:

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Vom Ende habe ich leider kein Bild, das hat man nicht gut sehen können. Interessant waren noch die auf Wikipedia erwähnten Zwischenangriffe für den Tunnelbau, an denen konnte man direkt vorbeifahren. Natürlich kein Bild.

Der malerische Blick auf eine der ersten Abstiegsschleusen.
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Die Schleusenwärterhäuslein werden ja heute nicht mehr für Schleusenwärter benötigt, und deshalb gibt es sie in allen Bauzuständen, von total verfallen und eigentlich besser abgerissen bis zu wunderbar hergerichtet und mit Liebe begrünt.

Kanal und krasse Burg:

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Im übrigen reichte die Frequentierung der Kanäle von garnicht bis fast garnicht. Die Anzahl der Boote, die ich in den Tagen fahren gesehen habe, kann ich wohl noch an zwei Händen abzählen. Es sind ja an jedem Kanal sehr sehr viele Schleusen zu durchfahren, so daß man quasi ewig braucht, um einen Kanal vollständig per Boot zu erkunden (und viel los ist da ja auch nicht in der Umgebung). Am meisten ging noch in den touristischen Brennpunkten, aber größtenteils waren die Kanäle leer.
 
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Heute war die vorletzte Etappe und die letzte ganz in Frankreich verlaufende. Nach den letzten Tagen bin ich mit gemischten Gefühlen auf die Reise gegangen und das war auch gerechtfertigt, wie sich im nachhinein herausstellte. Aber: Die Luft blieb heute überall dort, wo sie sein sollte. Nur bei mir war sie teilweise raus.

Früh ging es durch Dijon durch, wovon ich natürlich nicht viel gesehen habe (dazu war auch keine Zeit..), aber Brouter hat sein bestes gegeben. Und ich war erstaunt, wie ruhig es in der Stadt größtenteils war. Es war wirklich auffallend still, trotz dem, daß es schon gegen halb neun war und auch eine Menge Leute unterwegs waren.

Anfangs waren die Straßen zum Freuen, aber irgendwann mußte ich dann links auf eine kleinere Straße abbiegen und das Elend ging wieder los: Die Straße mehr Schotter als Asphalt, die Geschwindigkeit bei etwa der Hälfte des Erwartungswertes. Aber es geht noch schlimmer. Nach einem kleinen, durchaus fahrenswerten Zwischenstück an der Saone nebst Kanaltunnelüberfahrung, bin ich dann durch irgendwelche Kuhdörfer im französischen Hinterland gefahren (im wahrsten Sinne des Wortes, einmal stand sogar eine Kuh direkt auf der Straße, irgendwo zwischen den Wiesen), und da gab es: Schotterstraßenbelag mit Rollsplit. Nicht Rollsplit, wie man ihn in Deutschland kennt, es war Rollsplitt der Körnung 10/30, also eher Rollkies. Ganz toll zu fahren. 2% bergab mit Mittreten so um die 20km/h. Meine Laune war bei -10. Und das ging viele viele Kilometer so. Irgendwann hat mich dann doch wieder eine richtige Straße vom Leiden erlöst. Nach einem kurzen Plausch mit einem älteren Ehepaar im Campinganhänger aus Wuppertal, das ich aus seiner Ruhe gerissen habe, nachdem ich mein Mittag verspeist hatte (vielen Dank für die Hilfe nochmal!) ging es dann etwa zu Kilometer 140 in Corre an den Canal du Vosges. Ich hatte schon die schlimmsten Befürchtungen bezüglich meines Zeitplans, wenn der von der Qualität her ähnlich denen der letzten Tage gewesen wäre. Aber ich wurde sowas von positiv überrascht: Zu 97% feinster, glatter Asphalt! Gefährlich war nur die Straßenauffahrt bei Fontenoy irgendwas, da hat mal jemand den abgesenkten Bordstein neu definiert: ne 60° Schräge an nem 12cm Bordstein. Ich war froh, daß ich da langsam genug rangefahren bin. Im Ort selber gings dann erstmal über Paris-Roubaix-verdächtiges Kopfsteinpflaster und zur Freude aller, die ein vollbepacktes Velomobil fahren, auch nochmal paar Meter mit 10% den Berg hoch (solche Stiche mit 8 bis 10%, nur etwas länger, gabs auch im Kuhdorfabschnitt hin und wieder).
Eine einzige Straßenquerung war noch spannend, ich weiß aber nicht mehr, wo das genau war: Da hatte die kreuzende Straße ca. 10cm tiefe, viertelquadratmetergroße Löcher. Ich konnte drumrumzirkeln, aber wirklich sehen tut man sowas über die Karosse nicht, da man ja vorher an dem Damm der Straße hochfährt mit Nase gen Himmel. Alles in allem war dieser Kanal eine echte Freude, landschaftlich steht er meiner Meinung nach den anderen in nichts nach. Ab dem Scheitel bin ich dann einen kürzeren Weg nach Charmes (kein sehr schöner Ort, als ich den Match-Supermarkt gefunden hatte, kam irgendwie dieses Rumänien-Gefühl in mir hoch) gefahren, aber der Canal du Vosges geht auch hier direkt am Campingplatz (der allerdings recht hübsch ist) vorbei. Wenn der Abstieg genauso gut in Schuß ist wie der Aufstieg dann bekommt dieser Kanal einen dicken Daumen nach oben!

Ich bin gespannt, was morgen auf mich wartet. Ich habe auf der Heimreise noch ein paar kanalbegleitende Kilometer eingebaut (einmal quer durch einen See, so sieht das jedenfalls auf der Karte aus) und den Blies-Bahnradweg. Meine Kette quietscht ganz erbärmlich, WD40-Bike ist auf Dauer auch nicht so das Optimum, wenn man nicht alle paar hundert Kilometer mal nachtropft. Dafür ist die Kette aber immerhin sauber. Ich habe gestern und heute leider keinen einzigen Radladen gesehen und nach der ¨Guten Tag ich suche einen Radladen¨-Katastrophe vorgestern hab ich mir auch das erneute Bitten um Hilfe gespart. Sobald ich zurück in D bin, schau ich mich um.
[DOUBLEPOST=1569008742][/DOUBLEPOST]Die Bilder von heute zeigen:

1. Ein Stück guten Weg an der Saone
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2. Den Einschnitt zu einem Kanaltunnel zur Abkürzung einer Flußschleife der Saone (achso, ja, ich bin da rechts grad hochgefahren, war ganz toll):
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3. Wie gut der Weg am Canal du Vosges ist (die Umgebung an der Stelle grad nicht, das war kurz nach meinem Einstieg und ich war so glücklich über den guten Belag):
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4. Voll die krasse Schleusen-Kanal-kurz-nach-Sonnenuntergangs-Romantik, als ich vorhin mein Abendessen gleich neben dem Campingplatz eingenommen habe:
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Die Quintessenz des heutigen Tages: Brouter hat immer recht. Also fast immer.

Ich bin wieder daheim! Das ist erstmal ganz schön, denn das heißt, daß Mensch und Maschine das Abenteuer ¨¨Frankreich und seine Kanäle¨ weitestgehend unbeschadet überstanden haben. (Irgendwie funktionieren die Anführungszeichen mit der Bluetooth-Tastatur nicht so richtig.)

Meine heutige Strecke führte mich auf etwa 320km von Charmes zum Rhein-Marne-Kanal und an den Saarkanal, der vom erstgenannten abzweigt. Grundsätzlich war ich von den kanalbegleitenden Wegen positiv überrascht. Etwa 5km vom Weg des Rhein-Marne-Kanals waren schlecht, also rauh. Der Rest war gut fahrbarer Asphalt. An der 15m-Schleuse bei Rechicourt-la-Chateau gabs mal kurz schottrigen Weg im Aufstieg, aber das war verschmerzbar.

Warum hat nun Brouter eigentlich immer recht?

1. Ich dacht mir so am Campingplatz: Da fährste morgen nicht so wie der geroutet hat, sondern gleich noch ein Stück am Canal des Vosges lang, der Weg ist ja so schön asphaltiert. Dann bei Bayon weg vom Kanal und die D-Straße wieder bis zur originalen Route. Hm. Leider wars nach 3 von 10km vorbei mit dem schönen Weg. Ich mußte dann aber noch gute 500m bis zur nächsten Brücke auf so ner Art Feldweg zurücklegen, um zur Straße auf der anderen Seite des Kanals zu kommen. Meine Freude war groß. Zudem gings dann erstmal gepflegte 9% aus Bayon raus, da bin ich mir allerdings nicht sicher, obs auf der anderen Strecke besser gewesen wäre.

2. Brouter wollte mich eigentlich nicht auf die Kanalwege zwischen den gestern schon erwähnten Seen lassen. Und das, obwohl ich das Profil sehr radwegfreundlich eingerichtet habe. Hmm, da hab ich ihn halt einfach gezwungen, da lang zu fahren. Hätte ich mir mal mehr Gedanken gemacht und Zeit drauf investiert herauszufinden, warum das denn so sein könnte. Dann hätte ich vielleicht auch die Brücke entdeckt, die leider leider nur je eine Treppe als Auf- und Abstieg hat. Nun ja, eine seeeehr nette Frau (die erste Person die nach wenigen Minuten ahnungslos des Weges kam) hat mir geholfen, die Kiste die Treppen hoch- und wieder runterzutragen. Es war nicht schön! Ich hab mir einen GFK-Spreisel geholt, einen Teil der Nase eingedellt (konnte ich wieder rausdrücken) und meine arme Helferin hatte das sicherlich schwerere Heck zu tragen - das ist aber halt wesentlich handlicher und auch stabiler.

3. Es klappt aber halt nicht immer: Hier ganz in der Nähe wollte er mich über einen blöden Stich führen, obwohl die Umfahrung (höhenmeterfrei) garnicht soviel länger ist. Ich habe mich kurz gewundert und bin nach Erfahrung gefahren. Da muß ich nochmal das Verhältnis im Routingprofil bissl gegentesten.

Was gabs sonst so heute?
Der Blies-Bahnradweg ist empfehlenswert, auch wenn die Wegkreuzungen nicht ohne sind, weil ohne Drängelgitter (an sich ja erstmal gut), aber man muß halt auch wirklich bremsen. Und es waren - ist halt Samstag - ziemlich viele Leute unterwegs.
Es gab schon unerwarteterweise vor Sarregemuines ein 5km-Stück Bahnradweg, der hatte sehr velomobilfreundliche Drängelgitter mit 1,10m lichter Durchfahrtshöhe. Man muß halt aber auch trotzdem wirklich bremsen...
Die kleinen Straßen auf dem Weg zum Rhein-Marne-Kanal hatte mich heute wesentlich lieber als gestern. Der Schotter, aus dem die sog. Straße besteht, war nicht ganz so schottrig und man kam doch ganz gut vorwärts. Es gab glücklicherweise auch lange Stücken mit gutem Belag und in Deutschland war dann eh alles, alles gut.
Ich habe heute 3 Leute mit Spezialrädern gesehen: Eine Frau mit Dreirad mir unbekannter Marke (jedenfalls hab ichs nicht erkannt im Begegenungsverkehr), ein Tadpole-vorn-Liege-Tandem und einen Scorpion fs20 in grün. Da dacht ich mir so: Wenn der jetzt wüßte, wer ihm grad entgegenkam.. *ggg*
Leider war das Stück zwischen den Seen doch nicht ganz so spektakulär, wie es die Karte vermuten lies. Durch den dichten Baumbestand links und rechts des Kanals konnte man das alles nicht richtig sehen, und die tiefe Sitzposition im VM tut da ihr übriges. Egal, war trotzdem schön.
[DOUBLEPOST=1569095976][/DOUBLEPOST]Bilder

Monsterschleuse aus den 60ern (kein Schiffshebewerk):
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Nicht für Velomobile oder sonstige außergewöhnliche Fahrräder mit viel Gepäck geeignet - die Brücke am Abzweig des Saarkanals:
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Warum ich das gemacht habe, weiß ich nicht mehr, aber es ist mal ne Art Selfie (ich glaube, es sollten noch Schiffe mit drauf, die links am Kanal standen):
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So muß das: Bahnradweg vor Sarregemuines:
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Und noch ein Bahnradweg, nämlich der Selztalradweg zwischen Selzen und Gau-Bischofsheim. Leider sind Straßenquerungen mit dem VM schwer zumutbar (bin da schonmal mitm Tandem lang, da gings grad so):
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Gute Nacht!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein toller Reisebericht, gut und humorvoll geschrieben! Danke dass Du Dir die Mühe genommen hast ihn zu machen und hier zu posten.
 
Yo, viel Spaß noch im Urlaub - der Regen ist ja jetzt hoffentlich erstmal durch.

Vom Wetterstandpunkt aus gesehen war es bombastisch und genau die richtige Strecke zur richtigen Zeit. Den ganzen Tag Sonne, nicht zu warm, nicht zu kalt. Ich sitze wieder im Büro und denk mir so "I still got sand in my shoes ...", in dem Fall ist es mehr mentaler Sand, weil ich nicht an der See war.
 
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