blaues Anthrotech aus Erfurt mit unklarer Herkunft

Übertreibt ihr es gerade nicht ein wenig?
Natürlich kommt es vor, das Menschen kein Interesse mehr an ihrem Eigentum haben, auch wenn dies in den Augen Dritter total hochwertig und teuer ist.
Deswegen landen immer noch heile und teilweise teure Dinge auf dem Sperrmüll oder Schrottplatz, werden verschenkt, landen beim Entrümpler usw usf.
Der Möglichkeiten gibt es in der Tat viele.
Gesundheitliche Probleme körperlicher Art, die eine Nutzung des Rades unmöglich machen.
Oder altersbedingter Verfall (wenn ich so denke, wie relativ schnell das bei meiner Mutter umschlug von Radfahren zu Pflegefall, so 2 Jahre ...) und wenn dann niemand da ist, der sich für so ein komisches Rad interessiert (dessen Verwertungserlös eh nur vom Pflegegeld abgezogen würde).
Oder auch psychische Erkrankungen oder andere unerwartete Lebensereignisse, die das Interesse an Rad und Erlös wegblasen, ...
Oder was besseres als Ersatz gefunden, keinen Platz oder keine Lust aufs alte mehr gehabt ...
...
Manche Leute ticken halt komisch ...
Wenn's anders wäre, gäbe es dieses Forum ja nicht
- weil niemand liegeradeln würde
- weil alle liegeradeln würde
je nach Sichtweise ... ;-)
 
Was @bergauf nun mit dem Wissen um die rechtliche Seite der Angelegenheit anfängt, ist seine Sache. Da er sehr viel Energie darangesetzt hat, die wahren Eigentumsverhältnisse zu ermitteln, bin ich davon ausgegangen, dass ihm an einer rechtlich sauberen Lösung des Falles sehr gelegen ist.
Interessant wäre m.E. noch eine Antwort auf meine obige Frage:
Stand das Rad denn in einem individuell vermieteten Keller, womit eigentlich der "eigentumsaufgebende" Mieter identifizierbar sein sollte *), oder in einem gemeinschaftlichen Radabstellraum?
Im ersteren Falle könnte er nach genau diesem alleine weiterrecherchieren, im letzteren wären weitere Recherchen und Schritte wohl relativ aussichtslos nach so langer Zeit ...
 
Ich sehe kein Problem.

Im grunde straft man den Verkäufer für seine, wenn auch nachträgliche, Ehrlichkeit.
Der hat jetzt auch dazugelernt und wird nächstesmal einfach behaupten es wäre seins.

Dem, dem es gehörte hätte sich kümmern müssen.

Vielleicht war es nicht mal Eigentum des ehemaligen Mieters sondern tatsächlich Diebesgut.
Die Suche nach dem Mieter muss also nicht zum Eigentümer führen.
Dieser behauptet dann er sei es und steckt die Kohle ein.
Damit hätte vor lauter Ehrlichkeit der Gauner den Gewinn.

Was soll bitte passieren?
Eure Schuldigkeit habt Ihr getan.
Sollte der Eigentümer auftauchen und Ansprüche stellen, muss der "Heler" den Kaufpreis erstatten.

Zufahren, zufahren! Wer viel frägt hat viel Probleme!
 
@bergauf
Super, das Du so gewissenhaft an die Problematik herangehst.

Hier meine Sicht der Dinge:
Der Erwerb eines Rechts von einem Nichtberechtigten setzt notwendig voraus, dass aus Sicht des Erwerbers der Anschein besteht, dass der Veräußerer Inhaber dieses Rechts ist.
Das war zum Zeitpunkt des Erwerbs gegeben.

Als zweites stellt sich die Frage, ob „redlicher Erwerb“ gegeben war. Erst das wäre hinreichend für den Eigentumserwerb des Käufers am gekauften Gegenstand.
Bei Diebstahl ist das regelhaft nie der Fall.
Aber wenn der ursprünglichen Eigentümer seinen unmittelbaren Besitz freiwillig aufgegeben hat ist redlicher Erwerb – abgesehen von den Ausnahmen gem. § 935 Abs. 2 BGB – möglich.

Hintergrund ist, dass das Eigentum nicht schutzwürdig ist, wenn der Eigentümer durch freiwillige Besitzaufgabe das Risiko geschaffen hat, dass ein späterer Erwerber einen anderen für den Eigentümer hält. Deshalb mutet man ihm den Eigentumsverlust an den redlichen Erwerber zu.

Demnach hätte der ursprüngliche Eigentümer Ansprüche nur an denjenigen, der sich den Gegenstand nach freiwilliger Aufgabe des unmittelbaren Besitzes angeeignet hat, nicht jedoch an den späteren redlichen Erwerber.

Vorausgesetzt, obiges ist sachlich richtig, ist damit der Käufer ohne weitere Handlungsnotwendigkeit auch rechtlich Eigentümer des gekauften Rades.

Meinen Glückwunsch zu Deiner Haltung und dem Eigentum an Deinem neuen Rad!

Aber bitte ggf. nochmal mit einem Rechtsanwalt durchsprechen, das ist hier keine Rechtsberatung und ich bin kein Jurist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

nach langen Hin- und Her (und ein paar Nächten mit wenig Schlaf) habe ich mich dazu entschieden, den blauen Rollstuhl zu behalten.

Die Radscheune hat sich doch noch gemeldet, aber nur mitgeteilt, dass der Käufer von damals für sie nicht mehr erreichbar ist.
Vom Verkäufer habe ich gesagt bekommen, dass der ehemalige Eigentümer ziemlich kurzfristig ausgewandert sei und somit praktisch "unbekannt verzogen" ist.
Nachprüfen kann ich das natürlich nicht, aber andererseits habe ich auch keinen Grund, es anzuzweifeln. Alle Angaben, die ich nachprüfen konnte, habe sich als plausibel erwiesen.
Ich gehe also von einer, in meinen Augen allerdings immer noch etwas erstaunlichen, Besitzaufgabe aus, auch wenn der Verkäufer diesen Begriff nicht ausdrücklich benutzt hat.

Ich hebe den Kaufvertrag natürlich gut auf und werde im Falle eines Weiterverkaufs den Interessenten vorab informieren. Vermutlich ist ein Teil meines Unbehagens auch darauf zurückzuführen, dass ich alles erst im nachhinein erfahren habe.

Ich danke für alle Meinungen und Hinweise, speziell auch @Jusdeau, auch wenn ich letztendlich anders vorgehe. Es hat mich dazu gebracht, noch ein wenig in den Gesetzen und im Rechtsgeschehen nachzuforschen. Der Fall, dass Mieter ausziehen und irgendwelchen Kram stehen lassen sogar ziemlich häufig, und dementsprechend gibt es allerlei Rechtssprechung. Und weil offenbar eine eindeutige Regelung fehlt, fallen die Urteile höchst individuell und sehr unterschiedlich aus. Das ist eine richtige Rechtslücke. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich mit dem Anthrotech Schwierigkeiten bekomme.

Also, das Ding bleibt erstmal bei mir.

bergauf

P.S.: Versteh' einer das BGB. Zu den stehengelassenen Mietsachen steht kein Wort drin. Zum Eigentumsrecht an ausgeschwärmten Bienenvölkern(!) gibt es vier (in Worten: 4) Paragraphen, die alles ins Detail regeln, bis zum Betretungsrecht des Imkers für fremden Grund, wenn er den Schwarm verfolgt. Kommt keiner auf die Idee, die Gesetze mal an relevante Gegebenheiten anzupassen? Aber ich schweife ab...
 
Hallo,

inwieweit diese über das baujahr hinausgehen kann ich leider nicht sagen

Für das Baujahr muss man Anthrotech nicht kontaktieren, die ersten beiden Stellen der Rahmennummer geben das Baujahr an. Und eine Eigentümerkartei wird es dort allenfalls bezogen auf den Ersteigentümer geben wegen der Garantie.

Gruß, Klaus
 
Ich würde noch ein „Irisches Tagebuch“ von Heinrich Böll empfehlen. Da beschreibt er, was Auswanderer in den 50er Jahren zurück gelassen haben. Da ging es um ganze Immobilien bis hin zum nicht gekündigten Morgenmilchabo.
 
Zurück
Oben Unten